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Männer und Frauenfilme

In „Was Männer sonst nicht zeigen“ werden finnische Männer, die auf ihren Arbeitsstellen beim saunern gefilmt, das findet in Finnland selbst in umgebauten Wohnwagen mitten im Wald statt, Köhler, Holz- und Stahlarbeiter unterbrechen ihre Tätigkeit und gehen in den kleinsten und unmöglichsten Kojen saunern und bei dieser Tätigkeit hat der Autor sie gefilmt und interviewt. Erstaunliches kommt dabei heraus, sie verlieren mit ihrer Kleidung völlig die Fesseln ihrer Rolle, ihrer Zwänge, ihrer Klassen, sie zeigen ihr bloßes Menschsein, gleichsam zurückversetzt in eine Art Kindlichkeit, als gäbe es noch keine Kleider, schildern sie Erlebnisse ihres Lebens. Und während ihnen die Schweißperlen über die unterschiedlich geformten Körper strömen, sie gleichsam weich werden und ins Fließen kommen, beginnen sie nun auch zu sprechen, und vor allem zu weinen, und werden als weiche, einsame, problematische, liebenswerte Menschen wie ich und du sichtbar. Am Ende geht die Kamera dann noch einmal über alle Mitwirkenden hinweg. Nun sind sie wieder angezogen, man  sieht sie in die Anzüge ihrer Klassen gequetscht, mit den Gesichtern, die ihnen ihre jeweilige Rolle seit Jahrzehnten aufmarkiert hat, aber nun singen sie etwas:  Ein Lied von einem Eichhörnchen, das ein Nest sucht: Haben davon nicht vorher alle erzählt, von der Suche nach Geborgenheit, Familie, Liebe und Wärme. Kam das nicht überall, bei allen heraus? Da waren zB die zwei Obdachlosen, sie erzählten ihr ganzes gescheitertes Leben, reflektierten es, beschrieben ihre Schicksalsschläge, sehnten sich da heraus, man gewann sie lieb dabei. Dann zogen sie sich an, erst da merkte man, dass es sich um Obdachlose handelte. Noch nie habe ich so die männliche Nacktheit im Film gesehen, nur den Mensch zeigend, den weichen Mensch, voller Wünsche, ob Soldat, Bettler oder Bärenbändiger, Sehnsüchte, Liebe, frei von jeder Erotik.

In dem Film „Zwischen den Jahren“ wird geschildert, wie ein Mann, der aus dem Knast kommt, (sehr einfühlsam gespielt von Peter Kurth), als Wachmann ein neues Leben beginnen will, woran ihn aber einer hindert, und das ist der Mann, dem er vor Jahren Frau und Tochter totgeschlagen hat. Nun scheinen die Rollen vertauscht, der Verfolgte scheint der, der ins bürgerliche Leben zurückstrebt, gut sein will, sich bessern möchte, und sein Verfolger ist der Durchgeknallte, der Verrückte, der ihn mit stetig wachsender krimineller Energie verfolgt, bis es zum Unglück kommt. Ein Film über die Unmöglichkeit damit klar zu kommen, einen Menschen getötet zu haben. Ein düsterer trauriger Film über die Abgründe von Schuld, die man nicht mehr los wird.

In „Salisman“ geht es um Gewalt gegen Frauen im Iran. Die käufliche Liebe ist das höchste Stadium sexueller Unterdrückung, ein Mensch wird zum Ding degradiert, mit dem andere machen können, was ihnen beliebt, ohne Rücksicht zu nehmen. Ein für Geld gemieteter lebendiger Sklave, der seine Menschlichkeit für diese Zeit der Benutzung verliert. Die starke Verdeckung aller die Frau ausmachenden Äußerlichkeiten mit dem Argument der angeblichen Aufreizung der Männer führt zur Tabuisierung, Verteufelung und Unterdrückung der schönsten sexuellen Gefühle der Menschen und damit zur Vermischung von Gewalt und Sex. Dies wird an einem Beispiel sichtbar gemacht, das ein Irrtum ist.  Ein Paar mietet unwissentlich eine Wohnung, die früher einer Prostituierten gehört hat, ein ehemaliger Kunde verwechselt die bürgerliche Ehefrau mit der Vormieterin, die daraufhin in schwerem Maße angsttraumatisiert ist. Ihr Ehemann macht sich auf die Suche nach dem Täter, dieser entpuppt sich als ein armseliger Jedermann, von dem niemand annähme, dass er überhaupt zu Prostituierten gehen würde.  In diesem Drama werden viele Facetten dieses Themas glaubwürdig dargeboten, es ist ein sozialpolitisch großer Wurf, obgleich doch nur ein privates Drama gezeigt wird, ausgelöst durch einen Irrtum. Wie die Frau an Selbstwert, an Kraft, an auch öffentlicher Achtung verliert, allein durch ihre, doch völlig unschuldige Rolle, wie der Ehemann, ein fortschrittlich-aufgeklärter und reflektierter Mann, Schauspieler und Regisseur kritischen Theaters, plötzlich in sich Racheimpulse fühlt, die ebenso die Frau zu etwas machen, was sie nicht ist und nicht sein will: Nämlich sein Eigentum. Wie der Mann, der Täter, strukturiert ist, angepasst, bieder, ängstlich, scheu, alt, gebrechlich, völlig unpassend zu der Angst, die die Frau vor ihm entwickelt hat, der aber doch genau das durch seine Handlung, sich selbst durch den eine Frau benutzenden Akt, auslösen wollte. Tief psychologisch wirkender Film über das gesellschaftliche Verhältnis zwischen Mann und Frau, das fälschlicherweise oft biologisch gedeutet wird.

Ein weiterer iranischer Film ist: „Nur wir drei gemeinsam“. In Rückschau erzählt hier der in Paris lebende Regisseur, vom Leben seiner Eltern erst als Revolutionäre gegen den Schah, ( 60er Jahre), dann als illegale Kämpfer gegen die Khomeni-Diktatur und endlich deren abenteuerliche Flucht mit dem Einjährigen über die Berge und etliche grünen Grenzen nach Paris. Dort wird der Vater, dem hier ein wunderschönes Denkmal gesetzt wird, zum Sozialarbeiter in einem der Brennpunktbezirke und beweist durch eine engagierte Sozialarbeit, die auf Selbstwert und basisdemokratischer Gestaltung aufgebaut ist, dass Sozialarbeit gesellschaftlich verknöcherte Strukturen aufbrechen kann.  Der Regisseur hat den Film seinen Eltern gewidmet, die sich durch ihr ganzes Leben ihrer Sache, dem Leben der Menschen und ihrem Kind gegenüber, den sie niemals zurückgelassen, immer mitgenommen haben, solidarisch erwiesen haben.

„Der junge Marx“ macht neugierig auf ein Frühwerk, das Hoffnung unter die Menschen gebracht und die aus dem Christentum herrührenden Utopien ideologisch überwunden hat, zeigt, dass wir heute noch immer dieselben brennenden Probleme haben und das wir sie nur in Solidarität und im Kampf gegen die Gesetze des Kapitals überwinden können. Dazu zeigt es die inspirierende Kraft enger Freundschaft und gemeinsamer politischer Arbeit, diese sowohl zwischen Marx und Engels, als auch zwischen Engels und seiner irischen Fabrikarbeiterin-Liebsten, sowie Marx und seiner aus gutem Hause stammenden Jenny. Wem das zu privatim ist, der darf nicht in diesen Film gehen, der recht konventionell und populär-emotional gedreht ist, jedoch keinerlei Diskriminierung des Marxismus enthält, ganz im Gegenteil neugierig auf dessen Gedankengebäude macht. Das ist schon sehr viel, in einer Zeit, wo die DDRler noch Jahrzehnte nach dem Ende ihres Staates als aus dem „Unrechtsregime“ kommend gebrandmarkt werden. Der Film zeigt die Phase des frühen Marx bis zur Abfassung des Kommunistischen Manifests. Danach sollte man in den philosophischen Manuskripten und in den vielen Schriften lesen, die die beiden Vordenker zusammen herausgegeben haben, es lohnt sich.

In „Kundschafter des Friedens“ wird die Würde von Menschen, die aus dem „Unrechtsregime DDR“ stammen, ein wenig wiederhergestellt, drei große Schauspieler lehren die Westler Mores, ein Film mit sehr viel Komik und Selbstironie!

Der italienische Film „Die Überglücklichen“ handelt von zwei Frauen, die in einem reformpsychiatrischen Projekt leben und eines Tages von dort ausbrechen. Es werden die Hintergründe ihrer Seltsamkeiten, einer Manie und anderer psychiatrischen Auffälligkeiten humorvoll und „ressourcenorientiert“ aufs Korn genommen, so dass sich der Zuschauer in Liebe und Einfühlungsvermögen in Menschen schult, die ihm normalerweise seltsam und angsterrregend vorkommen, witzig, offen, mit Blick auf eine wundervoll gelungene Reformpsychiatrie, neben der aber die alte wegsperrende und diskriminierende Psychiatrie im heutigen Italien schon wieder aufsteht, also nie wirklich überwunden wurde.

Der Film: „Eine unerhörte Frau“ ist ein Frauenfilm, der die Kraft einer Mutter beschreibt, sich für ihr Kind erfolgreich eingesetzt hat, als diese an einem Tumor erkrankte, den fünf Jahre lang keiner entdeckte. Sie selbst hatte in ihrer Kindheit ein Trauma erlebt, und trotzdem die Kraft gefunden, den Täter anzuzeigen, das Schlimmste daran war immer gewesen, dass ihr niemand geglaubt hatte. Als nun ihre eigene Tochter Symptome entwickelt, die alle, einschließlich einer Ärztin für simuliert halten, hält sie standhaft zu ihrer Tochter, auch wenn daran fast alle anderen Beziehungen schon zu zerbrechen drohen. Als dann entdeckt wird, dass das Kind an einem Hypophysentumor erkrankt ist, ist die Zeit abgelaufen und dieser angeblich inoperabel. Sie schafft mit viel Kraft aber nun auch noch, einen Experten zu finden, der das Kind operiert und es überlebt und gesundet. Die Geschichte der traumatisierten Mutter, die aus diesem Trauma die Ressource geschöpft hat, einfühlsam auf ihre eigene Tochter zu achten, ist gut ineinander verwebt gezeigt worden. Im Allgemeinen werden Traumata für Menschen nur als schwächend gewertet, dem widerspricht dieser Film, der einem echten Fall nachempfunden wurde.

Nun noch der Oskar-Film „Moonlight“, ein Film, der nur unter schwarzen Menschen spielt, und den Weg eines kleinen Jungen verfolgt, der in einem Elendsviertel bei einer alleinerziehenden Mutter aufwächst, die drogensüchtig, unstet, stimmungsschwankend und verzweifelt ist. im Gegensatz zur landläufigen Erwartung, wie so ein Kind auf solche Situation reagiert, ist dieses Kind sensibel, weich und schwach, es ist auch ruhig, redet keine drei Worte. Es ist eingeschüchtert und einsam. Dieses hat zur Folge, dass es die Hölle von seinen Mitschülern erlebt, er wird zum geborenen Opfer und jeder Weg durch die Straßen und in die Schule zum Spießrutenlauf. Bis er eines Tages einen Mann trifft, der sich seiner erbarmt und ihn ein wenig versteht, ab und an mit nach Hause nimmt und für ihn zu einer wichtigen Bezugsperson wird. „Mir ging es früher auch so“, sagt dieser und damit ist alles gesagt. Die weitere Entwicklung dieses Menschen wird gezeigt und wartet mit Unerwartetem auf. Ein zwar sehr amerikanisches, aber unerhört tiefgründiges psycho-soziales Drama. Wollte man starke Szenen aufzählen, man müsste den ganzen Film benennen, die schauspielerische Leistung der Protagonisten ist einzigartig, das Geschick des Regisseurs, über krank machende Verhältnisse aufzuklären ebenfalls. Unbedingt empfehlenswert! Auch ein Film, der über die gesellschaftliche Entstehung der Rolle und Bedeutung des angeblich  „Männlichen“ aufklärt, und wie sich dies heute wieder mehr und mehr zum Soldatischen hin entwickelt.

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