Verschickungskinder –

Das waren in den 50er bis 90 er Jahren Kinder, die allein, ohne Eltern, in Kinderkuren, Kindererholungsheime und – Kinderheilstätten verschickt wurden.

Die Kleinkinder wurden allein und in Sammeltransporten in weit entfernt liegende “Erholungsheime” und Kinderheilstätten „verschickt“.  Nach vorläufigen Recherchen handelt es sich um mindestens 8 – 12 Millionen betroffene Kinder.  

Vorläufer waren die Kinderlandverschickungen in der Weimarer Republik und danach die in die NSV-Heime unter den Nazis. Die Verschickungskinder meldeten sich ab 2019 vermehrt mit erschütternden Berichten, in denen Sie ihre Kuraufenthalte häufig als traumatisierend erinnerten.

Es gibt dazu eine weiterführende Internetseite: www.verschickungsheime.de

Aktuelle PETITION

Erlebnisberichte sammeln wir öffentlich, damit man uns glaubt, unter diesem link:  http://verschickungsheime.de/zeugnis-ablegen-erlebnisberichte-schreiben/

443 Antworten auf “Verschickungskinder

  1. Liebe Frau Röhl,

    gestern erst unterhielt ich mich mit einer Frau ,deren Schwester im Alter von 8 Jahren auch dorthin geschickt wurde (Asthma) Ich wurde mit 4 Jahren dorthin geschickt,angeblich ,weil ich ein nervöses Kind war ?….sagte meine Mutter….6 unendlich lange Wochen !
    ich weiß noch ,dass wir uns am 1. Abend duschen sollten. Ich wollte nicht,mich schon gar nicht auf fremde Menschen einlassen….und ich wurde ja “fortgeschickt ” -Ich verstand ja gar nichts….ich sehe mich vor mir ,wie ich schreiend ,vor 2-3 Erzieherinnen durch das Heim rannte und sie mich aber doch bewältigten und mich mit Gewalt auszogen und unter die Dusche brachten.Irgenwie sehe ich Sammelduschen in einem Raum und irgendwie kam es mir vor,als wenn eine ? Erzieherin mitduschte,da ich weiß,dass mir eine zeigte und einbleute ,wie ich einen Waschlappen richtig einzuschäumen hätte…bis der Schaum spritzt ! Dann sehe ich mich in einem Schlafraum mit vielen Betten ,ich weinte erbärmlich….niemand war da…außer den anderen Mädchen im Raum. Das blonde Mädchen neben mir versuchte mich zu trösten.

    Morgens standen wir vor einem laaangen Bimssteinwaschbecken….nackt , um Zähne zu putzen,eine Erzieherin ging hinter uns vorbei und gab jedem Mädchen einen Klaps auf den nackte Po.

    Der Mittagsschlaf “musste” abgehalten werden -egal wie…ich war ein lebhaftes Kind und war nicht müde…ich öffnete die Augen und schloß sie nicht -vielleicht habe ich auch gepischpert . Auf jeden Fall war es dann so ,dass ich unter dem Stuhl der ” Aufseherin” liegen musste,sie saß in einem offenen Kabuff in …vor dem Schlafsaal .Ich weiß noch wie demütitigend das für mich war …

    Ich sehe mich auch bei den Mahlzeiten , mit einer Schüssel draußen -vor dem Eßzimmer-auf einer Treppesitzen-wurde mal wieder isoliert. Und das Gefühl dieser Unendlichkeit,die Fragen in mir…wann jemand kommt ,um mich zu holen …Besuch..ect. Dort war ein Hausmeister ,mit dem ich redete…ich glaube er war recht nett ?!!!! Ich habe heute noch sehr große Verlustängste und reagiere körperlich sehr stark ,wenn sich eine Bezugsperson nur einmal nicht meldet …meist sind das meine Partner…gerate schnell in Abhängigkeitsverhältnisse ! Denke dann auch-ich bin schlecht …wie damals,als niemand kam….????

    1. Hallo,Ute Zilonka
      war im Dezember1974 bis Januar 1975 dort und leider nur 2/3 Fotos…schlechte Erinnerungen an eine der Nonnen.
      Würde mich über Austausch sehr freuen.Habe noch ein 2 Gruppenfotos und eines wo ich von einem Jungen Händchenhaltend fotografiert worden bin er links und rechts von mir an m.Seite fin Mädchen das mich anlächelt.
      zu mir bin die blonde mit geflochtenen Zöpfen und ner knallroten Lederlatzhose und schwarzen fetten Boots‍♀️

      1. Hallo Ihr Lieben, mein Name ist Annemarie, auch ich wurde verschickt. Ich kann mich nur zu gut an den Haufen Pillen und die seltsamen Gefühlswelten/Zustände danach erinnern. Alles andere kann ich nicht komplett bestätigen oder verneinen, da wir alle andere Empfindungen und Reaktionen auf vieles zeigen. Der Punkt war ich war von Haus aus ein Kind das es nicht einfach hatte und viel einstecken musste. Ich habe auch den erzwungenen Schlaf gehasst. Da es sehr traumatisierend war von Beginn an: Zwang zur Blutabnahme, Zwang zum Einnehmen von Tabletten, was ich als Kind nicht kannte – zumindest so nicht-, bettnäßende Kinder wurden auch nicht gerade zimperlich behandelt. Es gibt so vieles wo wir drüber reden sollten. Wir haben garnichts falsch gemacht, wir sind toll wie wir sind. Jeder von uns. Wir haben überlebt, traumatisiert, verängstigt und seelisch sowie körperlich, etc. Ich finde wir sollten versuchen, die ganze Sache aufzurollen und zu schauen, dass wir eine Entschädigung bekommen. Es sollen und muessen von allen noch lebenden verantwortlichen Entschuldigungen kommen. Von allen daran beteiligten Menschen und Institutionen, den Krankenkassen, den Ärzten uvm. Uns aus den Elternhäusern rauszuzerren, in eine fremde Umgebung zu verbringen, uns schlecht zu behandeln – weil wir systemisch gut genug dafür waren- das ist ein Unding. Ein Skandal und ich gehe noch weiter schlicht menschenverachtend. Ich habe Jahrzehnte geschwiegen, dieses Schweigen ist nun vorbei. Ich bin es satt, dass die Menschen die sich um unser Wohlergehen kümmern sollten, uns missbraucht haben. Aber ein paar wenige Sachen waren auch schön, die Fährfahrt, die Freude wenn wir Milchreis bekamen- ein Highlight-, den Strand, die Luft, ein anderes Umfeld – Natur- usw. Sogar das Highlight das man die Karten schreiben musste. Ich war so klein, wusste garnicht was ich tat. Jahre später zeigte meine Mutter mir stolz und meiner Familie (da war ich 15 Jahre alt) meine handgeschriebene – bzw gemalte Karte- aus dem “Urlaub”. Ein wenig bizarr fand ich es schon . Denn sie war nie stolz auf mich. _ Kam mir schon vor wie angeben.- Ich wurde 1981 zurückgestellt in mit der Schule, das kostete mich ein gesamtes Jahr, auch 1981 ging es auf Verschickungsreise. Durch die Traumatisierungen, schaffte ich das übernächste Jahr die Schule nicht. Ich wurde vom Amtsarzt untersucht, der auch den Zahnstatus prüfte, ich wurde gewogen, etc. ich war zu klein – krank – und schwächlich für die Schule.
        Mein Markenzeichen waren meine braunen Kulleraugen und dazu knallblonde Haare. Ich konnte von ganz ungehorsam bis absolut nicht reagierend alles an Aktivitäten. Sang gerne, war auch gerne für mich alleine. Und dazu kam eine Stelle an meiner Unterlippe die blau gefärbt war, eine nette Hinterlassenschaft meiner Mutter. Später frug man immer ob ich am Füller oder in den Kugelschreiber gebissen hätte. Man lachte oft über mich wegen der Frisur. (Pott auf den Kopf und einmal drumherum.- und wenn es zur Kur ging, da war auch mal ein Friseur drin.)

    2. Ich kann alles was Sie sagen nur bstätigen. Heute würden die “pädagogischen Fachkräfte” hoffentlich alle ins Gefängnis kommen. Ich wurde als Kind 1972 dorthin “verschickt”. Zu meinem eigenem Wohle. Was man damals zum Wohle des Kindes verstand. Ich glaube ich habe dort einen “Knacks” fürs Leben bekommen.
      Ich würde mein Kind oder Enkelkind niemals in ein solches “Heim” zur Verschickung schicken!!!!

      1. Heutzutage läuft das in vielen Pflegeheimen genauso oder ähnlich weiter. Ich kenne Pelzerhaken aus den frühen 60ern und erlebe ähnliches als jetzt Mitte 60er erneut. Damals waren es alte Erziehungsstrukturen heute Sparmaßnahmen. Ciao Wolfgang

      2. Ich war 1972 da, es hieß Ober….. , die Betreuer hießen immer Tante Ingrid, Tante Renate etc. Viele sollten abnehmen, andere zunehmen etc. Ich fand es damals nicht schlimm, eigentlich gut.

    3. Liebe Frau Roehl, eine kleine Doku über “Verschickungskinder” und der Name des Ortes Bad Sooden-Allendorf schürte wieder eine Erinnerung, die ich durchaus ad acta legen konnte im Laufe meines Lebens. Interessant nur, dass es tatsächlich auch heute noch ein Thema sogar hier im Internet ist. Ich war im Kinderheim/Kindererholungs- oder Kurheim, wie immer sich dieser riesige Komplex auch nannte mit 4-5 Jahren aufgrund angeborener Herzschädigung. das war etwa 1948 oder 1949. In etwa gleiche Erfahrungen bei mir, aber auch mit Prügel! Ich hatte für die gerade überstandene NaziZeit für die Leiterin dort die falsche Haarfarbe und war durchgängig “der schwarze Zigeuner”. Wenn ich eine Plattform finde, möchte ich meine Geschichte gern aufschreiben. Hier wäre sie zu raumgreifend. Erwähnen sollte ich aber noch, dass ich 50 Jahre später mit meinem Mann durch Zufall nach Bad Sooden-Allendorf kam und wir an wunderschönen Fachwerkhäusern vorbei kamen. Plötzlich war ich nicht mehr zu halten und rannte los, an all den Fachwerkhäusern vorbei bis an das Ende dieses Stadtcenters, dann im Laufschritt nach links, mehrere Straßen weiter und immer weiter wie gelenkt und dann stand ich vor dem Grausen meiner frühen Kindheit. Und alles war wieder da, alles. Ich finde vielleicht eine Seite, denn manchmal tut es gut Menschen zu treffen, die Ähnliches erfahren haben, die verstehen, wenn man trotz vieler neuer Lebenserfahrungen noch immer diesen dunklen Punkt mit sich herumträgt. Entgegen meiner Emailadresse bin ich beruflich nicht mehr tätig. Ich bin Rentnerin!

        1. Hallo Frau Röhl, bei meiner Recherche bin ich auf ein Foto von Frau Kerstin Wiehage-Mürmann gestoßen und habe mich eventuell auf dem Foto wiedererkannt. Wie kann ich rausfinden wann und wo genau das Foto gemacht wurde. Es würde mich sehr weiterhelfen…

    4. Hallo Ute, ich war da auch um 1980! An das gemeinsme Duschen kann ichmich auch noch erinnerenund daran, dass JEDER ausgehende Brief und jeder eingehende Brief, bzw. jedes Päckchen geprüft und gelesen wurde; man durfte keine Süßigkeiten haben! Ich musste auch 6 Wochen dort sein und hatte solches Heimweh! Ich war dort, weil meine Mutter 4 Wochen zur Kur war. Und immer diese Kopftücher und seltsame Verhaltensregeln. Sie haben mir Esberitox gegeben und noch irgend etwas anders dieser Art. Ich hatte ja nichts. Sowas sollte man Kindern nicht antun. Ich fühlte mich sehr alleine und verlassen in dieser langen Zeit. Herzliche Grüße, Susanne

    5. Wenn ich die Sache mit den Verlustängsten so lese wird mir gerade unfassbar viel klar.
      Danke für deine Geschichte. Es macht mich traurig zu erkennen, was in mir damals durch den Kuraufenthalt kaputt gegangen ist.

    6. Also, Ute, ich staune … Du warst 4 Jahre alt… dazu muss ich sagen, ich hab bis heute ein TOP Gedächtnis, von allen bewundert, erinnere mich an viele Dinge, Erlebnisse, als ich 4 und älter war. Allerdings wundern mich deine detaillierten Aufzählungen über einen 6wöchigen Aufenthalt (schätze mal, an deine Einschulung kannst du dich nur noch bruchstückhaft! an kleine Dinge erinnern!).
      1964 im Februar wurde ich aber schon mit 6 Jahren unter Aufsicht fremder Frauen von Niedersachsen gen Baden-Württemberg, Schwarzwald Glottertal für 6 Wochen verschickt. Wir wurden dort – ich jedenfalls- nicht “misshandelt-! Obwohl es in meiner Erinnerung traurig war, erinnere ich mich genau, ans HEIMWEH, jeden Abend das Lied “Guten Abend, gute Nacht”, das wir singen mussten, auf dem Nachttisch ein BETTHUPFER’L … an eine Freundin MAIKE, dort und, dass ich seitdem keine Art von Nudelsalat anrühre, da ich davon nachts gebrochen habe.

      Daher finde ich es “sagen”haft, welche Momente, eigentlich ein ganzer Roman über Aufenthalt dort von einer 4!jährigen detailliert! erzählt wird … unglaubwürdig. Schätze mal, gesammelte Werke von Erzählungen anderer zusammen gefasst … sorry …

  2. Liebe Frau Röhl,

    gestern erst unterhielt ich mich mit einer Frau ,deren Schwester im Alter von 8 Jahren auch dorthin geschickt wurde (Asthma) Ich wurde mit 4 Jahren dorthin geschickt,angeblich ,weil ich ein nervöses Kind war ?….sagte meine Mutter….6 unendlich lange Wochen !
    ich weiß noch ,dass wir uns am 1. Abend duschen sollten. Ich wollte nicht,mich schon gar nicht auf fremde Menschen einlassen….und ich wurde ja “fortgeschickt ” -Ich verstand ja gar nichts….ich sehe mich vor mir ,wie ich schreiend ,vor 2-3 Erzieherinnen durch das Heim rannte und sie mich aber doch bewältigten und mich mit Gewalt auszogen und unter die Dusche brachten.Irgenwie sehe ich Sammelduschen in einem Raum und irgendwie kam es mir vor,als wenn eine ? Erzieherin mitduschte,da ich weiß,dass mir eine zeigte und einbleute ,wie ich einen Waschlappen richtig einzuschäumen hätte…bis der Schaum spritzt ! Dann sehe ich mich in einem Schlafraum mit vielen Betten ,ich weinte erbärmlich….niemand war da…außer den anderen Mädchen im Raum. Das blonde Mädchen neben mir versuchte mich zu trösten.

    Morgens standen wir vor einem laaangen Bimssteinwaschbecken….nackt , um Zähne zu putzen,eine Erzieherin ging hinter uns vorbei und gab jedem Mädchen einen Klaps auf den nackte Po.

    Der Mittagsschlaf “musste” abgehalten werden -egal wie…ich war ein lebhaftes Kind und war nicht müde…ich öffnete die Augen und schloß sie nicht -vielleicht habe ich auch gepischpert . Auf jeden Fall war es dann so ,dass ich unter dem Stuhl der ” Aufseherin” liegen musste,sie saß in einem offenen Kabuff in …vor dem Schlafsaal .Ich weiß noch wie demütitigend das für mich war …

    Ich sehe mich auch bei den Mahlzeiten , mit einer Schüssel draußen -vor dem Eßzimmer-auf einer Treppesitzen-wurde mal wieder isoliert. Und das Gefühl dieser Unendlichkeit,die Fragen in mir…wann jemand kommt ,um mich zu holen …Besuch..ect. Dort war ein Hausmeister ,mit dem ich redete…ich glaube er war recht nett ?!!!! Ich habe heute noch sehr große Verlustängste und reagiere körperlich sehr stark ,wenn sich eine Bezugsperson nur einmal nicht meldet …meist sind das meine Partner…gerate schnell in Abhängigkeitsverhältnisse ! Denke dann auch-ich bin schlecht …wie damals,als niemand kam….????

    1. Leider sehe ich erst jetzt diesen Kommentar, bitte melden Sie sich über Impressum meiner Webseite, ich bin dabei eine Interessengruppe Verschickungskinder zu gründen, es soll auch dieses Thema stärker in den öffentlichen Diskurs eingebracht werden, Anja Röhl

    2. Ich war auch in einem Heim in Bad Sassendorf 1966da gab es auch eine Anja und sie war 12ich war 6 habe keine schönen Erinnerungen an das heim es gab da eine Frau Brakemeier vielleicht erinnert sich ja jemand

    3. PS ich hab sogar noch ein Gruppenfoto, neben mir Maike, ich war auch dort die kleinste. Die Betreuerin sah aus wie meine Lieblingstante, sie war auch lieb zu uns
      Niemand wollte glauben, dass ich schon 6 war. Ich war sehr dünn, dünner als meine jüngere Schwester, die gut im Futter war, da ich mich damals schon vor Fleisch ekelte, aß schlecht, war auch ständig zu unruhig, lebhaft und agil, lachte schon als Kind zu viel (blieb bis ich 29 war)

  3. Werte Fr. Roehl,
    Ich habe nach anderen Leuten gesucht die auf Wyk auf Foehr zur “Kur” waren. Ich bin als 4 oder 5 jaehrige dorthin geschickt worden, und habe jetzt erst angefangen diese Zeit auf zu arbeiten. Ich habe den verdacht das viele meiner heutigen schwierigkeiten mit meiner zeit dort zu tun habe,
    Wurede weitere auskuenfte zu schaetzen wissen, da ich nur 1 oder 2 erinnerungen an die zeit habe. Und ich dachte das diese alptraeume waren.
    Ich wuerde mich ueber eine antwsort freuen
    Sabine

    1. Danke für Ihre Anfrage, ich fand sie erst jetzt, ich sammele noch die Berichte und schreibe dann einen Sammelbrief, es sind zu viele !Gern können Sie mich unter Impressum auch per mail kontaktieren,

      Danke

      Anja Röhl

      1. Ich war 1968 in St. Peter Ording. Leider hab ich wenig Erinnerungen. Ich weiss nur noch, dass es im Frühjahr gewesen ist und ich länger bleiben musste, da ich Windpocken oder Masern bekam.

    2. Danke für Ihre Anfrage, ich fand sie erst jetzt, ich sammele noch die Berichte und schreibe dann einen Sammelbrief, es sind zu viele !Gern können Sie mich unter Impressum auch per mail kontaktieren,

      Danke

      Anja Röhl

    3. Hallo, liebe Sabine,
      Auch ich bin als Kind nach Wyk verschickt worden. Sehr viele Erinnerungen habe ich daran nicht, aber das Heimweh, dass ich hatte, spüre ich oft heute noch…
      Vielleicht können wir uns einmal austauschen??
      Lieben Gruß
      Andrea

      1. So geht es mir auch. Ich war 1972 auf Westerland mit 10 Jahren. Das Heimweh spüre ich heute noch. Und auch, dass ich nach den 6 Wochen völlig weg war. Hätte man mich dann dort gelassen, wäre für mich normal gewesen

    4. Hallo Sabine,
      Ich bin auch mit etwa 5/6 Jahren, so in 1975/76, in Wyk auf Föhr zur Kur gewesen.
      Erst neulich habe ich darüber nachgedacht, welches Kindheitstrauma mich heute noch quälen könnten.
      Meine Erinnerungen sind auch nur schemenhaft, Gruppenduschen, aufessen – sonst kein Nachtisch und mit Zeitung auf den Kopf geschlagen, da ich mit meinem Bettnachbarn geredet habe.
      Meine Antwort auf die Frage meiner Eltern, wie es war, kam aus dem tiefsten Bauch heraus: SCHEISSE! Was und wann ich ihnen sonst erzählt habe, weiß ich auch nicht mehr. Später aber hatte ich was erzählt.
      Vlt kommen noch andere Erinnerungen, wenn man sich mit Gleichgesinnten austauschen kann.
      Viele Grüße, Carola

  4. Sehr geehrte Frau Röhl, ich habe schon eine Nachricht auf Ihrer facebook Seite hinterlassen, aber da Sie dort nicht so oft sind, hier noch einmal:
    Ich war, während meiner Grundschulzeit in mehreren Erholungsheimen, da meine Mutter glaubte, ich sei zu dünn. Das waren immer 6 wöchentliche Aufenthalte und es war nie besonders gut. Ein Heim sticht jedoch dabei hervor: Die sogenannte Kinderheilstätte Sonnleiten in Bayerisch Gmain. Ich war dort im Februar – März 1962 und war 10 Jahre alt. Die Erzieherinnen hatten wohl ihre Ausbildung bis 45 gemacht, jedenfalls war wohl mindestens eine Sadistin am Werk und die restlichen haben zumindest nichts dagegen gemacht. Morgens gab es immer eine Milchsuppe, immer wieder auch mit saurer Milch. Dieser Teller mit Suppe musste aufgegessen werden, auch egal wie lange es dauerte. Immer wieder erbrachen sich Kinder dabei. Diese Kinder mussten meist unter Tränen ihr Erbrochenes aufessen. Das habe ich mehrmals beobachten müssen. Mir ist das glücklicherweise nicht passiert, nur als meine Sitznachbarin mir über meinen Arm erbrach, wäre es bei mir auch fast so weit gewesen. Einmal wurde mein Kopf an den Haaren gerissen und mit dem Kopf eines anderen Kindes zusammengestoßen. Ich bin aber insgesamt gesehen relativ glimpflich davon gekommen. Natürlich wurde die Post, die wir nach Hause geschickt haben, kontrolliert. Wir konnten nichts über die Zustände dort schreiben. Als ich zu Hause war, habe ich davon auch nichts erzählt. Ich war froh diesem Terror entronnen zu sein.
    Meine Wut hält aber bis heute an. Ich habe mit der Stadt telefoniert, aber dieses Heim gibt es nicht mehr. Ich habe der DAK, die das damals bezahlt hat, versucht das zu berichten. Keine Antwort. Immer mal wieder habe ich im Netz gesucht, ob es jemand gibt, der darüber schreibt. Glücklicherweise habe ich jetzt Ihre Website gefunden. Es wäre schön andere Ehemalige zu finden, um sich auszutauschen. Ich habe auch noch Bilder von diesem Heim und von diesen Erzieherinnen. Würde ich gerne zur Verfügung stellen. Lustige Bilder von einer Faschingsfeier!
    Ich hoffe, dass Sie ein Buch über diese Erholungsheime realisieren können. Bitte halten Sie mich auf dem Laufenden.
    Mit freundlichen Grüßen
    Rosa Brandt

    1. Auch ich Frau Brand war 2-mal im Kinderhaus Sonnleiten, und können Sie mir bitte die Webseite zusenden, da ich daran sehr Interessiert bin, auch auf FB unter meinem Familiennamen Czeslick können sie sich melden.
      Mit freundlichem Gruß Wolfgang Czeslick

    2. Liebe Frau Brandt,
      ich war als Fünfjährige im Jahr 1959 für 6 Wochen in dieser Kinderheilstätte (ich wurde dort 6 Jahre alt). Solch schlimme Sachen, wie Sie sie schildern, habe ich zum Glück nicht erlebt. Aber die Tatsache, in diesem Alter für so lange Zeit alleine in die Fremde geschickt zu werden, war schon schlimm genug und hat auch Spuren in meinem Leben hinterlassen.
      Wir wurden in erster Linie von “Tante Frauke” betreut, eine junge Frau, die ich mit ihren schwarzen Haaren (kinnlang, Pony) sehr schön fand und die ich auch als sehr freundlich in Erinnerung habe.
      Ich habe gestern einmal meine Erinnerungen an diesen Aufenthalt aufgeschrieben und ich wäre an einem Austausch mit anderen “Ehemaligen” dieser Einrichtung interessiert. Wenn Sie mögen, können Sie gerne Kontakt mit mir aufnehmen.
      Freundliche Grüße, Margret Plaga

    3. Liebe Frau Brandt, auch ich war im November/Dezember 1959 als 7-Jährige für mehr als 6 Wochen in Sonnleiten in Bayrisch Gmain. Ich kann alles bestätigen, was Sie schreiben, insbesondere das Zwangsessen ist mir noch gut im Gedächtnis. Bis heute – 62 Jahre später – kann ich keinen Haferschleim riechen, geschweige denn essen. Das Gefühl von Angst, Hilflosigkeit, Einsamkeit und Traurigkeit begleitet mich bis heute. Falls Sie noch weitere Informationen zu dem Heim besitzen, würde ich mich freuen, wenn Sie mir antworten würden. Mit herzlichen Grüßen Monique Begall

    4. Guten Tag!
      Im Jahr 1983 war ich mit 5 Jahren auf Borkum wegen einem zweimal hintereinander kommenden KEUCHHUSTEN. Wir hatten eine sehr sehr nette Erzieherin, die uns in einem kleinen Laden sogar manchmal Dinge spendierte: eine Pfefferminzschoko oder Filzstifte! Sie war “Herzensgut” und so war es auch nicht schlimm, wenn abends jemand mal weinte, denn sie kam und tröstete die Kinder mit aufmunternden Worten und lustigen Geschichten im Dunklen. Leider wurde sie nach 1 Woche krank und musste abreisen. Ihre Nachfolgerin war ein echter ,,HAUSDRACHE”!!! Ich hatte gerade Nachts viel mit Husten zu kämpfen, war ja wegen KEUCHHUSTEN da! So kam sie oft WUTSCHNAUFEND in das Mehrbettzimmer gerannt, machte mich zur Schnecke, ich würde alle wecken und solle SOFORT AUFHÖREN MIT DEM GEHUSTE! Das hätte ich ja auch sehr gerne gemacht, die vielen tanzenden Sterne beim Husten waren wirklich grauenhaft… Ich musste dann sehr oft draußen auf dem Flur unendlich lange stehen = zur Strafe! Einmal hatte ich mein Bett mit einem Mädchen getauscht. Ich schlief normaler Weise unten und so war ich dann AUSNAHMSWEISE ein Hochbett dahinter OBEN! Mein Husten ließ sie reinstürzen und sie hat das Mädchen schräg unter mir fies beschimpft. Ich habe oben im Bett gelegen und sowas von in mich hinein gelacht, darüber lache ich noch heute mit meinen 43 Jahren… das war so was von lustig. Das Mädchen schlief “tief und fest” und der Drache hatte nichts vom Bettentausch gemerkt!
      Leider kam ein Päckchen meiner Eltern mit Süßkram an. Alle SÜßIGKEITEN wurden immer FÜR ALLE eingesammelt. Das war auch irgendwie gerecht! Abends gab es immer eine SÜßE RUNDE! Darauf freuten sich alle immer SEHR. Als dann “MEINE SACHEN VERTEILT WURDEN”, verbot mir der HAUSDRACHE etwas davon abzubekommen, da ich ja in der Nacht zuvor wieder so sehr gehustet hatte. DAS WAR GRAUENHAFT UND ICH HABE MICH VERGEBLICH BEI IHR BESCHWERT! An dem Tag habe ich mir geschworen später, wenn ich groß bin, mit Kindern zu arbeiten. Ich würde immer ganz herzlich sein, so wie unsere 1. Erzieherin! Und so ist es auch gekommen: Ich wollte immer Erzieherin werden und bin es auch: mit VOLLBLUT Erzieherin!
      Das waren meine Erlebnisse.
      Zuhause habe ich erst VIIIIELLLE JAHRE SPÄTER meinen Eltern von dem Drachen erzählt! Mein Vater war sehr enttäuscht darüber. Er hätte der damaligen Erzieherin den Kopf abgerissen!!!!! SCHADE, DAS WÄRE BESTIMMT DAS BESTE GEWESEN! Heute ärgere ich mich noch immer darüber, warum ich es NICHT GLEICH erzählt habe! IRGENDWIE war es damals aber MEINE GESCHICHTE, ICH HATTE ES IN DER KUR NICHT SELBST KLÄREN KÖNNEN, DAS WAR EINFACH ZU ENTTÄUSCHEND, ABER ICH WAR TROTZ SELBSTBEWUßT EINFACH NOCH ZU KLEIN… Ich bin heute sehr dafür, dass Kinder lernen ALLES, WO SIE MERKEN, DA IST ETWAS UNGERECHT, dass sie das auch jemanden erzählen! Der andere ist schließlich DER FEIND! Erwachsene sind nicht immer im Recht und machen zum Teil blöde Fehler! Kinder müssen das Verstehen und lernen sich HILFE zu holen!

      1. Das ist ja sehr intetessant….auch ich hatte mir als Kind, nach diesen schrecklichen Erfahrungen aus dem Adolfinenheim in Borkum, vorgenommen mit Kindern zu arbeiten-sie zu beschützen und alles besser zu mschen…und so bin ich auch Erzieherin geworden und habe zur Bearbeitung meine erste Stelle in eunem Kinderkurheim auf Langeoog für 6 Monate angenommen…
        Liebe Grüsse Petra

    5. Hallo
      Ich war 1964 als 7 jährige in Röt im Murgtal.
      Habe ähnliches erlebt- hab mich dann extra erfolgreich mit Masern angesteckt( hatte gehört,es wäre enorm ansteckend,und als Kranke ging’s einem ja gut)…Hatte Jahrzehnte lang eine Wut auf meine Eltern,dass sie mich einfach weggeschickt haben- aber keiner konnte sich vorstellen,mit welchen Praktiken dort ,die Erholung’ uns Kindern nahegebracht wurde.
      Gut,dass jetzt offen darüber gesprochen wird- damals hat man nichts gesagt,und es wurde einem auch nicht geglaubt.
      Alles,alles Gute Ihnen!
      M.Rompkowski

    6. Die Geschichte kommt mir gerade so bekannt vor. Genau das, dass Kinder ihr Erbrochenes essen mussten, hat meine Mutter mir erzählt. Sie war damals (Mitte/Ende der 50er) in Lüneburg. Es waren Nonnen. Deswegen ist meine Mutter auf Nonnen nicht gut zu sprechen. Sie ist dünner nach Hause gekommen, als sie vorher war. Aber dennoch ist sie da noch recht glimpflich von gekommen.

  5. Hallo Frau Röhl,
    ich habe ganz ähnliche Erfahrungen gemacht wie Frau Brandt, allerdings im Adolfinenheim auf Borkum. Auch dort wurden Kinder unter Schlägen gezwungen, ihr Erbrochenes zu essen. Im Rahmen von Strafmaßnahmen wurden kleine Kinder mit Atemwegserkrankungen gezwungen, ohne Decke auf nackten Holzbänken zu schlafen. Briefe wurden selbstverständlich zensiert oder gleich von den “Betreuerinnen” verfasst und Taschengeld oder Sendungen der Eltern einbehalten. Falls Ihnen dieser Thread noch nicht bekannt sein sollte: http://www.chefkoch.de/forum/2,22,248130/Adolfinenheim-auf-Borkum-alte-Kollegen-gesucht.html?page=5

  6. Ich war irgendwann Mitte der 60er Jahre für 6 Wochen in der Kinderheilstätte Sonnleiten in Bayerisch Gmain zu einem Kuraufenthalt gewesen. Deshalb würde ich sehr gerne einmal mit Frau Rosa Brandt in Kontakt treten, ihre Fotos würden mich sehr interessieren. MfG Walter Klein

  7. Ich bin als 4 oder 5 jährige auch in ein “Erholungs” Verschickungsheim in Nienhagen (Ostsee) gebracht worden.Aus meiner Erinnerung war es ein kirchlicher Träger ( evangelisch). Wenn ich meine Mutter heute dazu befrage ,warum sie mich als so kleines Mädchen weg von zu Hause geschickt hat, kommt keine vernünftige Antwort. Man wollte mir eigentlich etwas Gutes tun. Vielleicht war sie einfach nur naiv. Ich erinnere mich an Situationen , als nur mit Unterhemd bekleidet in der Kälte ( bei Schnee) draußen stehen. An die eklige Milchsuppe , an viele Tränen und Heimweh.Ich kam aus einem liebevollem , konsequenten Umfeld und habe wie andere auch dort viele Demütigungen erlebt.

    1. Liebe Kati,

      Ich war auch in diesem Heim, ca. 1966, mit 4 oder 5 Jahren. Ich war zu dünn und man wollte mich wohl aufpäppeln. Das ist gründlich schiefgegangen, nach dem Aufenthalt war ich krank und noch dünner. Es gab ein demütigendes System von Strafen und die älteren Kinder durften über die jüngeren herrschen, zum Teil auch die Strafen aussprechen. Von christlich habe ich nicht viel gespürt.

    2. Sehr geehrte Frau Kati,
      in Nienhagen hatten wir zwei Kinderheime zur fraglichen Zeit. Das eine wurde zuerst durch das DRK und ab 1942 durch die Nationalsozialistische Volkswohlfahrt (NSV) betrieben. Nach dem Krieg war das erst ein Waisenheim und später ein Vorschulkinderheim. Einen Artikel dazu finden Sie hier: https://www.ortschroniken-mv.de/index.php/Datei:2022-11-28_Villa_Buchwald.pdf#file%7C

      Da Sie von einem kirchlichen Träger schreiben waren Sie vermutlich aber im Jugend-Erholungsheim “Sonnenhaus” in der Strandstr. Dieses Haus befand sich in der Trägerschaft der Evangelischen Inneren Mission Schwerin. Wenn Sie es wünschen kann ich Ihnen Fotos (leider nur Außenaufnahmen) von dem Haus schicken. Ich würde mich sehr über weitere Informnationen, Erinnerungen (so weit das in dem Alter überhaupt möglich ist) freuen.
      Viele Grüße

    3. Hallo Kati, ich war auch als fünfjährige in diesem Heim zur Kur. An wirklich schlimme Sachen kann ich mich nicht erinnern . An diese eklige Milchsuppe kann ich mich allerdings auch noch sehr gut erinnern. Was ich als kleines Kind sehr ungerecht empfand war das die Betreuer uns bei Ankunft die Süßigkeiten die unsere Eltern uns mitgegeben hatten, weggenommen haben. Bei späterer Nachfrage wurde uns gesagt, das wir die doch schon aufgegessen hätten. Ich konnte mich aber nicht daran erinnern, das wir jemals welche bekommen hätten. Das klingt erstmal ja nicht wirklich dramatisch, aber danach wollte ich einfach nur noch nach Hause.

  8. Liebe Anja,
    dein Engagement finde ich super und total wichtig! Du hilfst dadurch nicht nur anderen Betroffenen, sondern klärst die Menschen auf, die diese Zeit anders erlebt haben oder gar erst später geboren wurden.
    Was mich angeht, so bin ich von meinen Eltern im April 1967 nach Wyk auf Föhr “verschickt” worden. Sechs Wochen lang war ich im DRK Kinder- und Erholungsheim “Jungborn” zur sogenannten Erholung. Auch dort herrschten die gleichen Zustände wie in den anderen Häusern. Von unserer ungelernten Gruppenleiterin wurden wir nicht nur bestohlen, sondern erfuhren auch Grenzverletzungen was unsere Intimsphäre anging. Dazu kam, dass unsere Briefe streng zensiert, der Inhalt der Pakete unserer Eltern an alle anderen Kinder verteilt wurden und das Essen eine Katastrophe war. Außerdem gab es eine Art “Sonderbehandlung” am Morgen. Der Hausmeister wurde von der Heimleitung beauftragt, in einem großen Bottich frisches, kaltes Meerwasser anzukarren, was er uns anschließend unter Zwang kübelweise über den Kopf schüttete. Seit den 90-ziger Jahren recherchiere ich zum Thema “Jungborn” und stehe kurz vor Abschluss meiner Arbeit. Interessierte können sich gerne mit mir in Verbindung setzen. Meine Mailanschrift lautet: info@initiative-gegen-gewalt.de
    Beste Grüße
    Johannes Heibel

  9. Hallo Frau Röhl,

    ich freue mich, dass jemand wie sie dieses heikle Thema aufgreift.
    Auch ich war mit 13J 1963 auf Borkum im ADOLFNENHEIM. Leider fehlen mir sehr viele Erinnerungen an diese Zeit. Ich weis das es sehr sehr streng zu ging. Ich kann mich an einen Vorfall erinnern.
    Wir waren ein paar Jungs im Zimmer und mussten zum essen gehen. Unsere Gruppenleiterin war da. Die Zimmertüre stand auf, ich wurde von hinten gestossen so das ich durch die offene Tür ging. In diesem Moment kam die Leiterin und meine Hand landete in ihrer Magengegend, wo ich nicht für konnte. Die Gruppenleiterin hat es gesehen und nichts dazu gesagt. Ich wurde sehr hart bestraft. Ich bekam kein Essen und Trinken.
    Was ich hier gelesen habe wurde auch in diesen Heim praktiziert
    Viele liebe Grüße
    Toni

  10. Liebe Frau Röhl,

    danke für die Gelegenheit, hier auch meine Erfahrungen, die ich 2x in einer sogenannten Erholung in Hude (Norddeutschland) machen mußte. Auch hier herrschte eine rigide, kalte Ordnung mit täglichem Mittagsschlafzwang, wobei bei der geringsten Ruhestörung mit “Nachschlafen” -(man mußte sich während der allgemeinen Mittagsschlafzeit in den kalten Flur auf einen Stuhl setzen und dann, wenn die anderen wieder aufstehen durften, sich allein ins Bett legen, während alle anderen Kinder spielten oder einen Geburtstag feierten.)- bestraft wurde.
    Auch der Essenszwang, wie in vorherigen Berichten beschrieben war hier an der Tagesordnung.
    Wenn man bei dem strengen Haltungsturnen nicht, ohne auch nur die geringste Zögerung mitmachte, wurde auf den Hintern geschlagen. Eine vertraute freundliche Person gab es, so weit ich mitbekommen habe für niemanden.
    Das waren die Zustände 1965, als ich 7J. alt war und auch noch 1967 als ich 9 J.
    -……..

    beste Grüße
    Andrea

    1. Danke für Ihren kleinen Beitrag, ich möchte Sie alle unbedingt einmal zusammen einladen, bitte versuchen Sie sich noch an weitere Einzelheiten zu erinnern! Wann sind Sie “verschickt” worden, wie lange mussten Sie dableiben, viele Einzelheiten braucht man, um es verständlich zu machen!

  11. Hallo, ich wurde um das Jahr 1974 mit 6 oder 7 Jahren für sechs Wochen nach Bayerisch Gmain (Sonnleiten?)geschickt wegen chronischer Bronchitis. Kontakt zu den Eltern durfte man nur per (zensierter) Briefe haben, Besuche der Eltern waren verboten. Es war während der Grundschulzeit, dort fand aber keinerlei Unterricht statt. Ich erinnere mich an Eckenstehen, Kasernenhofton und “du bleibst sitzen, bis du aufgegessen hast”. Ich habe das bis heute nicht vergessen. Würde mich freuen von anderen Betroffenen zu hören.

  12. Liebe Frau Röhl,

    die “Erholungszeit” in Hude bei Oldenburg , Norddeutschland, dauerte mindestens 4 Wochen oder 6 Wochen von Mai- mitte Juni, während der Schulzeit. Für den Besuch zu einer weiterführenden Schule -Gymnasium oder Realschule reichten die Leistungen in der 4. Klasse dann nicht mehr aus, so das ich erst später an weiterführenden Schulen das Abitur gemacht habe.

    1. Sehr geehrte Frau Röhl,

      auch ich war 1968 nach Hude verschickt, ich habe diese Zeit eigentlich verdrängt, bis ich Heute die Sendung im Fernsehen gesehen habe.

      Ich war damals 8 Jahre und ein sehr kleiner und schmächtiger Junge und weil ein damals schon sehr Alter Arzt der Meinung war das ich zu dünn sei wurde ich nach Hude verschickt.
      Die Strafen und die Mittagsruhe oder Essenszwang waren für mich grausam.
      Einmal hatte ich Durchfall Nachts im Bett ,da mußte ich die ganze Nacht im Kofferzimmer im stehen übernachten. Auch musste ich ganz dicke Brotscheiben mit rohem Naturquark essen , bis ich es wieder erbrochen habe.
      Meinen Kindern konnte ich sowas nicht antun, obwohl mein Sohn Krupp-Husten hatte , habe ich das nicht zugelassen.
      Mit freundlichen Grüßen Andreas

      1. Das ist toll, dass Sie es anders gemacht haben! Das sagen alle Betroffenen, die mir schreiben, dass sie das ihren Kindern nicht zugemutet haben. Das ist toll, hoffentlich erhält sich diese Empathie in Kleinkinder auch in den nächsten Generationen.

  13. Liebe Anja Röhl,
    ich war von April bis Mai 1969 für sechs Wochen im Adolfinenheim auf Borkum. Ich war 9 Jahre alt, dünn und nervös, wurde darum zur Kur geschickt.
    Es war ein düsterer, bedrohlicher Bau auf einem Hügel. Wir waren mit 12 Jungen in einem Schlafsaal, wurden jeden Tag gezwungen, einen Mittagsschlaf zu machen. Wir mussten einmal unter Androhung von Gewalt eine Milchsuppe essen, die der Koch dämlicher weise gesalzen satt gezuckert hatte.
    Ein Junge meinem Zimmer wurde körperlich gezüchtigt. Die Betreuerin schlug ihm mit einem Holzlatschen auf den nackten Po. Von weiterer Gewalt hatte ich nur während meines Aufenthalts gehört.
    Ich lernte dort allerdings, wie ich meine Schuhe putze.
    Jahre später sah ich das Adolfinenheim während einer Jungendfreizeit wieder. Dr Anblick gruselte mich.

  14. Ich war 1964 mit 4 Jahren in der Eifel…meine Mutter erinnert sich wohl nicht mehr genau,ob es Eifel oder Harz war.
    Sie hat mich mit 4 Jahren für 6 Wochem weg geschickt.
    Es war gruslig…ich hasse heute noch Schwarzbrot u bin sichtlich geschädigt worden,fürs Leben.Leider bekam ich dort noch die Windpocken u habe nur geweint u wollte zu meiner Mutter…Iwie habe ich ihr das nie verziehen u sie mag darüber absolut nicht reden…

  15. Hallo Frau Röhl
    Ich war mit meiner Schwester 1969 auf Borkum..Ich 9 Jahre meine Schwester 8 Jahre alt..Ich glaube es war das Adolffinenheim.Wir wurden sofort bei Ankunft getrennt.Habe meine Schwester erst Wochen später wiedergesehen.Wir wurden gezwungen Milchbreit oder Grießbrei zuessen (ich mochte beides nicht)habe es erbrochen und bekam sofort einen neuen Brei.Es waren grosse Schlafsäale viele Kinder weinten den ganzen Tag.Eine Schwester ging immer mit dem Rohrstock umher im Schlafsaal wenn man sich zuviel bewegten kam der Rohrstock zum Einsatz. Am Strand mussten wir immer nackt rumlaufen.Sie haben uns auch privatein Sachen abgenommen und wir durften nicht nach hause schreiben es wurde kontrolliert. Ab und zu rede ich noch heute mit meiner Schwester darüber ..Es war wirklich entsetzlich dort….lg

  16. > Hallo Frau Röhl ,
    >
    > auch ich wurde von meinen Eltern dahin verschickt und war 1963 für 6 Wochen in Bayerisch Gmain . Es ist und bleibt eine unvergessene Zeit .
    > Am schlimmsten war es beim Mittagstisch unter Aufsicht seinen Teller leer zu essen und sich
    > dann auch noch Nachschlag holen musste .
    > Mein Alptraum bis heute war und ist Sauerkraut mit Kümmel und zum Abend roten Tee .
    > Ich habe mal ein paar Fotos hinzugefügt , der Schein trügt ein wenig , wir waren nicht immer
    > so froh gelaunt .
    >
    > Liebe Grüße aus Wetzlar in Hessen
    >
    > Gerold Hoßbach

    1. Hallo Herr Hoßbach,
      ich wurde im Zeitraum zw. ca. 1966 und 1968 aus Wetzlar verschickt.
      Ich suche Infos über die Verschickungen aus Wetzlar, den Träger bzw. Organisator der Verschickungen.
      Mein Heim war im Kleinwalsertal, vermutlich war es das Heim Marienhöhe.
      Ich würde mich über Infos zu Wetzlar und zum Kleinwalsertal freuen.
      Viele Grüße
      Oliver

      1. Hallo Oliver,
        auch ich wurde 1962 als 5jährige von Wetzlar aus in ein Heim im Kleinwalsertal verschickt.Vermutlich war es auch das Heim Marienhöhe, ich habe so gut wie keine Erinnerungen daran. Sie schreiben Sie würden sich über Infos zu Wetzlar freuen. Ich wohne hier und kann Ihnen vielleicht weiterhelfen.
        Viele Grüße
        Sabine

  17. Liebe Frau Röhl,
    ich habe schon einmal vor längerer Zeit nach Foren gesucht, in denen es um
    ” Erholungs”-Kinderheime geht und hatte nichts gefunden. Sollte damals wohl so sein, denn die Seele schützt uns ja auch durch Verdrängung.
    Nun hatte ich mich heute noch mal auf die Suche begeben und bin hier gelandet.
    Ich wurde mit 4 Jahren – 1958 – von meinen Eltern mit dem Schiff nach Wyk auf Föhr in ein Kinderheim gebracht. Ich soll immer zu dünn gewesen sein und schlecht gegessen haben..
    Kinderfotos von mir zeigen ein kleines niedliches normal-gewichtiges Mädchen.
    In meiner Erinnerung sah ich immer ein kleines Kind, welches sein Erbrochenes aufessen mußte. Erst später wurde mir klar, dass ich das kleine Mädchen war.
    Sonst kann ich mich an GARNICHTS von dieser KINDERKUR erinnern.
    Ich leide seit Jahrzehnten an Panikattacken, wenn es mir oder anderen Menschen schlecht geht und es sich so anfühlt, dass ich mich übergeben könnte!!!!! oder die anderen Menschen sich überrgeben könnten.
    Trotz Therapie gab es bisher nur kleine Verbesserungen.

    Es hat mir noch einnmal deutlich gemacht, dass meine Erinnerung keine Spinnerei war.
    Und ich habe mir diese Geschichte nicht ausgedacht. Das dachte ich viele Jahre lag.
    Herzlich danke ich Ihnen für Ihr Forum.
    Sabine Rosina aus Hamburg

    1. 30.01.2022
      Inzwischen, viele Therapiestunden später und an Hand von alten Tagebüchern meiner verstorbenen Eltern – ich hatte immer das Gefühl: die kann ich nicht einfach wegwerfen – weiß ich, daß ich von meinen Eltern mit dem Schiff am 15.03.1958 auf die Insel gebracht wurde und bis zum 15.05.1958 auf Wyk auf Föhr im Kinderheim Irmgard Reme Südstrand bleiben mußte. Abgegeben hatten meine Eltern mich bei einer Schwester Herzland Riese – so schrieb es mein Vater in seinen kleinen Buchkalender von 1958.
      Während meines Augenthaltes erkrankte ich am 31.03.1958 an Masern. Mein Vater hatte bereits am 27.03.1958 – scheinbar sein einziger Anruff in dieser Zeit – mit Frl. Reme telefoniert. Die Eltern holten mich aber nicht nach Hause zurück. Am 15.05.1958 besuchten mich meine Eltern im Kinderheim, holten mich aber erst am 17.05.1958 im Kinderheim ab um danach mit mir wieder nach Hamburg zu fahren.
      Ich hab diese Zeit immer noch total verdrängt und kann mich immer noch an NICHTS erinnern.
      Kennt jemand die Namen Irmgard Reme und Herzland Riese?
      Sabine Rosina aus Hamburg

      1. Hallo Sabine Rosina,
        ich kann mich an die zwei Frauen erinnern. Ich war mit meinem Bruder ca. im Sommer ’76 dort. Da waren sie schon recht alt. Sie waren ekelhafte, fiese, alte Hexen! Genau so, wie ich mir KZ-Wächterinnen vorstelle. Als meine Mutter uns abgab, waren sie unglaublich freundlich zu ihr und auch zu meinem Bruder und mir. Kaum war meine Mutter weg, wurden Sie extrem unfreundlich, streng und herrisch. Als Erstes nahmen sie uns die Süssigkeiten weg, die unsere Mutter uns zum Trost mitgegeben hatten. Aus heutiger Sicht würde ich sagen, die Behandlung grenzte an Misshandlung, auch wenn ich vermutlich viele Details vergessen und verdrängt habe. Es hat Ohrfeigen gegeben, in der Ecke stehen, Zwangsmittagsschlaf und der gleichen überkommene, schwachsinnige “Erziehungs”-methoden. Sonntags gab es zum Frühstück “Kinderkaffee”. Keine Ahnung, was das für ein Gebräu war – es schmeckte einfach ekelhaft. Wer es nicht trank, wurde bestraft. Der ganze Aufenthalt war ein komplett spaßbefreiter Alptraum und mein Bruder und ich haben nur dem Ende entgegengesehen. Ich erinnere mich dunkel, dass meine Beziehung zu meinen beiden Eltern einen ernsthaften Knacks abbekommen hatte, weil mein Bruder und ich ihnen wirklich übelgenommen haben, dass sie uns das zugemutet haben – und sie wenig Einsicht zeigten. Letzteres zeigt wohl, dass Erziehungsstile, wie in diesen Heimen praktiziert, damals in Deutschland noch weit davon entfernt waren so in Verruf zu geraten, wie sie es zu Recht heute sind!
        Viele Grüße,
        Constantin

  18. Sehr geehrte Frau Röhl,
    Ich habe schon einmal über Google versucht das Adolfinenheim auf Borkum einzugeben,da ich um 1967 mit 13 Jahren dort war. So wie manche es hier Schildern fand ich es eigentlich nicht so schlimm. Zwar musste man sein Mittagsschlaf halten und andere die vom Gewicht her zu viel drauf hatten, ihr Salzwasser Trinken mussten, was ich mir vorstellen kann das,dass nicht so schön war. Wir hatten ein Schlafraum wo 12 Kinder waren auf jeder Seite 6 Betten neben einander. Die Nachtwache war auf dem Flur und man musste immer sich bei Ihr Abmelden,wenn man zur Toilette wollte. Ansonsten war es so weit alles in Ordnung. Am Tage sind wir Viel gewandert mal in die Innenstadt oder zum Strand. Am Dienstag bekam ich immer meine Sport Zeitung zugeschickt von zu Hause damals noch die Bremer-Sport. Da ich ein großer Fußballfan war,habe ich ja nichts mit bekommen vom Wochenende. Die Pakete die mir zu geschickt wurde mit ein paar Süßigkeiten wurden dann aufgeteilt. Ich kann mich heute noch an alles erinnern und möchte diese Zeit nicht missen.

    Viele grüße
    Ronald

  19. Hallo Frau Röhl,

    mein Aufenthalt im Adolfinenheim auf Borkum begann am 2.3.1971 und dauerte 6 Wochen. Ich wurde dort 10 Jahre alt und gehörte damit zur 2. Altersgruppe. Im großen Schlafsaal nebenan weinten die kleineren Kinder oft, ein Kontakt war nicht erwünscht.
    Es herrschte allgemein eine sehr strenge Atmosphäre und Beaufsichtigung, schwatzen und kichern bei den Mahlzeiten und während des Mittagschlafes waren nicht erlaubt und wurden bestraft. So wurde einem die Bettdecke über den Kopf gezogen und unter dem Kopfkissen festgesteckt. In diesem Zustand verharrte man bis zum Ende der Schlafenszeit.
    Beim nächtlichen Toilettengang wurde man von der Nachtwache, eine Schwester in kirchlichem Ornat, ebenfalls kontrolliert. Dies war sehr demütigend und der Sinn hat sich mir nicht erschlossen, nur Angst gemacht.
    Unsere Kleidung befand sich zwar in unserem Zimmer, wir durften davon aber keinen freien Gebrauch machen, uns nicht einmal eine frische Unterhose nehmen.
    Zur (wöchentlichen?) Untersuchung gingen wir in den gegenüberliegenden Jungstrakt und warteten dort frierend in Unterwäsche.
    Ich habe muß mich dort sehr einsam und verlassen gefühlt haben, denn ich habe versucht, mir den Arm wund zu kratzen. Immerhin konnte ich mich mit einem anderen Mädchen anfreunden, das muß tröstlch gewesen sein.
    Zu dem Aufenthalt auf Borkum kam es auf Initiative einer Mitarbeiterin des Gesundheitsamtes. Mein Vater war krank, ich galt alt tendenziell unterernährt und man wollte mir wohl etwas Gutes tun.
    Meine Mutter erinnert sich, von meinen Erzählungen schockiert gewesen zu sein, hüllte sich aber aus Scham und schlechtem Gewissen in Schweigen. Auf dem Gesundheitsamt hatte man ihr jedenfalls kein Gehör oder Glauben geschenkt.
    Ich habe nur diese wenigen negativen Erinnerungen an diese Zeit, bin aber 1975 nochmals zur Kur in ein privat geführtes Heim im Harz verschickt worden und habe dor t 4 sehr glückliche Wochen verbracht.

    Mich würde interessieren, wie Sie mit unseren Berichten verfahren und was Sie im Weiteren planen.
    Mit freundlichen Grüßen,
    Ute, Berlin

    1. Ich sammle zunächst diese Berichte und schreibe die Leute per Mail an, ob sie Lust hätten, eine Interessengemeinschaft zu gründen, mit dem Ziel größerer öffentlicher Beachtung des Themas, und ob sie sich eventuell durch ein vertiefendes Interview an einem Buch beteiligen würden
      Grüße
      Anja

      1. Sehr geehrte Frau Röhl,

        Ich war im August 1978 für 4 Wochen auf der Insel Föhr im Kinderheim Goltermann . Ich kann mich nur an wenige Situationen erinnern, obwohl ich doch schon 8 Jahre war.
        Ich musste immer aufessen . Es war egal ob man satt war oder es einem nicht schmeckte. Die zwei Stunden Ruhezeit Mittags habe ich gehasst. Ich tat immer so als wenn ich schlief und bekam mit wie andere Kinder, die die Augen nicht zu hatten von der Aufseherin geschlagen wurden.
        Das unerträgliche Heimweh nach meinem zu Hause und meinen Eltern bringt mich heute noch zum weinen.
        Wenn ich heute nach der Arbeit am Bahnsteig des Münchner Hauptbahnhofs entlang laufe zu meinem Zug nach Hause, sehe ich das kleine 8 Jährige Mädchen stehen mit dem Schild um den Hals.
        Ich werde dieses Jahr nach Föhr fahren und das ehemalige Heim aufsuchen. Ich hoffe, dass Erinnerungen zurückkommen. Die Leere in meinem Kopf und die Verdrängung belasten mich.
        Mein Leben war geprägt von Verlustängsten und ist manchmal noch von Existenzängsten überschattet. Ich hoffe , dass das sich stellen meiner Vergangenheit mir Erleichterung und Heilung bringt.
        Liebe Grüße
        Daniela

        1. Hallo Daniela. Ich was von September-November im Kinderheim Goltermann. Mir hat es dort gut gefallen. Klar mi meinen 10 Jahren hatte ich Anfangs Heimweh. Es wurde immer geschaut, dass wir bei der Mittagsruhe schliefen. Ich kann mich nicht an Schlägen oder ähnlichen Psychoterror erinnern. Die Chefin Frau Nickel und die “Tanten” – besonders Fräulein Neuhaus waren sehr nett.

    2. Ich kopiere die Kommentare und mache eine Liste, die ich allen zuschicke mit der Frage nach gemeinsamer Vernetzung, eventuell weitere Interviews mit dem Ziel eventuell eines Buches

  20. Hallo Anja Röhl,

    ich war vom 25.08.- 19.10.1967 im Hamburger Kinderheim in Wyk auf Föhr, weil ich ein dünnes Kind war. Kerngesund, aber dünn. Vielleicht war es auch ganz schön, dass jüngste von drei Kindern mal los zu sein. Aus meiner Sicht gab es jedenfalls keinen Grund, ein so kleines Kind so lange wegzugeben.

    56 DM Zuzahlung haben meine Eltern damals geleistet für 56 Tage. So steht es im Bescheid der Freien und Hansestadt Hamburg, den ich in meinen Akten gefunden habe.

    Ich war 4 Jahre alt und alles, an was ich mich erinnere, ist furchtbar. Natürlich gibt es in diesem frühen Alter wenige konkrete Bilder und viel Diffuses. Meine Mutter hatte meinen Koffer gepackt und einen Zettel in den Deckel geklebt. Dort stand nicht nur der Inhalt des Koffers, sondern auch wie damit zu verfahren sei. So konnte ich das rote Kleid nur mit dem weißen Pullover darunter aushalten. Es war aus Wolle und juckte. Es war den Erzieherinnen völlig schnuppe, was meine Mutter sich da überlegt hatte. Sie machten sich darüber lustig und zogen mich damit auf. Ich musste mich so anziehen wie sie wollten. Punkt. Verweichlichungen wurden nicht geduldet.

    Einmal gingen wir raus und nur die Erkälteten durften eine Mütze aufsetzen. Mir war kalt und ich zog eine Mütze an, obwohl ich nicht krank war. Da musste ich zurückbleiben. Ich weiß nicht mehr, was dann mit mir geschah, aber ich erinnere völliges Unverständnis von mir. Mir war kalt. Wo war das Problem? Ich gab mir ja Mühe nicht anzuecken. Aber das war echt schwierig. Dass ich mit Messer und Gabel essen konnte? Wurscht. Es gab sowieso nur einen Löffel in die Hand. Das Essen erinnere ich als ganz schlimm. Ich erinnere völligen Unglauben, dass ich das essen sollte.
    Das ist mein vorherrschendes Gefühl zu dieser Zeit: Unglaube. Wieso muss ich mir selber die Haare waschen, was ich noch nicht konnte und das Haarwaschmittel brennt in meinen Augen, aber Messer und Gabel bekam ich nicht. Wenn ich heute darüber nachdenke, muss es so gewesen sein, dass ich es gewohnt war, dass Ver- und Gebote begründet wurden. Hier herrschte nur Befehl und Lieblosigkeit.

    Meine Mutter schickte mir jeden Tag eine Postkarte und die Erzieherinnen lasen die Karte bei Tisch allen vor. Ich erinnere der Scham, die ich dabei empfand. Zwei dieser Karten habe ich noch. “Mein süßes Mottchen. Diese Karte hat Doris für dich ausgesucht.” Das war mir offenbar peinlich.

    Am schlimmsten aber war der Mittagsschlaf. Wie alle Kinder wollte auch ich den Erwachsenen gefallen und gab mir Mühe den Erwartungen zu entsprechen, aber Mittagsschlaf war für mich Zuhause schon abgeschafft gewesen, da ich schon immer weniger schlief als andere. So war es jeden Tag stundenlanges bescheuertes Stillliegen. Mir ist auch so, als wäre es irgendwie im Kalten gewesen.

    Gegen Ende der Verschickung gingen wir Muscheln sammeln und dann bekamen wir alle eine Plastiktüte mit Muscheln mit nach Hause. Wahrscheinlich sollten unsere Eltern denken wir hätten einen schönen Badeaufenthalt gehabt.

    Seit ich selbst ein Kind habe und realisiert habe, wie klein ein vierjähriges Kind ist, bin ich fassungslos wie meine Eltern das haben tun können. Am Bahnhof wurde ich in den Zug gesetzt. Es waren viele Kinder im Zug und vielen Eltern auf dem Bahnsteig. Der Zug fuhr los und von dem Moment an, fühlte ich mich schutzlos ausgeliefert. In meiner Erinnerung hatte ich solange Angst etwas falsch zu machen bis ich wieder Zuhause war.

    Ich bin sehr froh über Ihre Initiative. Denn immer noch herrscht die Einschätzung vor, wir hätten eine schöne Ferienreise machen dürfen und es hätte vielleicht die ein oder andere kleine Unannehmlichkeit gegeben. So war es eindeutig nicht. Andere haben es hier auf der Seite schon vor mir formuliert und ich schließe mich an: Es waren die schlimmsten Wochen meines Lebens.

    Schöne Grüße

    Valerie Lenck

  21. Während einer langen Eisenbahnfahrt 1960 vom Kölner Hbf nach Emden, stiegen bis zum Ruhrgebiet immer mehr Kinder in den dampflokbetriebenen Zug. Es war Januar und bitter kalt. In Emden mussten wir unter Deck eines nicht allzu großen Schiffes, weil der Wellengang der Nordsee recht heftig war. Es handelte sich wohl um einen Fischkutter, das konnte ich mit meinen knapp sechs Jahren noch nicht richtig einschätzen.
    Unser Kinderheim auf und in Borkum befand sich direkt in unmittelbarer Nähe zum neuem Backsteinleuchtturm, dessen Leuchtfeuer unser Zimmer mit 6 Kindern (oder auch 8?) nächtens einmal taghell erleuchtete und dann wieder für Sekunden ins Dunkel schickte. Die gelben Gardinen konnten dagegen nichts ausrichten.
    Die einfachen Waschbecken in langer Reihe waren sehr niedrig angebracht. Auch gab es Badewannen, die auf Füßen standen und mit salzigem Wasser gefüllt waren (habe ich ausprobiert!). Es gab große Räume mit Höhensonnen, deren Strahlen wir uns regelmäßig aussetzen mussten.
    Völlig ungewohnt für mich war die Zwangsmittagsruhe. Eine ganze Stunde Bettruhe! Ich habe mein ganzes Leben lang niemals Mittagsruhe oder gar -schläfchen gehalten. Für meinen natürlichen Bewegungsdrang war das eine einzige Zumutung. Mein Bettchen stand
    gleich neben dem Schrank mit dem zimmereigenem Spielzeug. Obwohl streng verboten, konnte ich der Versuchung nicht widerstehen, mit Spielzeug unter der Decke zu spielen, um die Stunde umzukriegen. Natürlich wurde ich dabei erwischt. Die Strafe: Völliger Liebesentzug der Erzieherinnen. Für kleine Kinder ist das schon ziehmlich hart – Haue wäre mir jedenfalls lieber gewesen.
    Das Essen war…ungewöhnlich für mich. Meine Lieblingsspeise – falls man davon überhaupt reden kann – war Knochensuppe mit wenigen Nudeln. Den täglichen gekochten Fisch konnte ich bereits nach drei Tagen in etwa nicht mehr sehen. Essen musste ich ihn dennoch. Noch Jahrzehnte später hatte ich mit gekochten Fisch große Probleme: Essen.mag ich ihn bis heute nicht.
    Weil mein Pseudokrupp (keine Ahnung, ob es damals schon so hieß) sich während der regulären sechs Wochen offensichtlich nicht gebessert hatte, erhielt ich eine Verlängerung. Während die anderen Jungs nach Hause fuhren, musste ich bleiben. Mein Heimweh erreichte ungeahnte Dimensionen. Ein kleiner Trost war, dass ich allein im Spielzimmer mit allen Lego-Klötzchen spielen durfte.
    Den 6. Geburtstag “feierte” ich im Speisesaal. Die Erzieherin öffnete mein Paket, dass in der Haupsache wohl von der Oma stammte, forderte die Runde auf mir zu gratulieren und verteilte an die Kinder den Inhalt des Paketes. Meine Geburtstagssüßigkeiten! Ich fühlte mich sehr verlassen…
    Gelegentlich durften wir ins Freie: Seil mit Knoten, Kinder dran und los. Wegen der dauernden starken Winde, hatten wir Südwester auf. Sah bestimmt putzig aus, war aber sehr unbequem. Wir mussten einen Respektabstand vom Wasser halten und durften auch auf keinen Fall in die Dünen. Ich erinnere mich daran, dass ein gestrandeter Kutter schräg auf dem Strand, halb im Wasser, lag,
    Die wenigen Läden hatten bereits österlich “dekoriert”, die Narzissen blühten schon. Im Andenkenladen roch es nach getrocknetem Fisch, was vielleicht von dem ausgestopften Hai(?) ausging, der über dem Tresen hing. Ich kaufte für meine Eltern als Andenken einen goldenen Blechleuchtturm, dessen Leuchteinheit mittels Schräglamellen von einem Teelicht angetrieben wurde. Der Leuchtturm stand noch lange in der elterlichen Vitrine.
    Jeden Sonntag ging es in die Kirche. In die evangelische Kirche. Ich war zwar noch ein kleiner Junge, aber der Unterschied zu einer katholischen Kirche fiel mir sofort auf. Der Pastor hielt von der Kanzel quasi Religionsunterricht mit donnernder Stimme ab und bezog auch uns Kinder mit ein. Furchterregend…
    Kurz vor meiner Einschulung im April 1960 kam ich wieder in Köln an. Am Bahnhof empfingen mich Mutter und Oma und kleines Schwesterchen. Die Leute kamen mir seltsam fremd vor…
    Insgesamt war ich – wenn ich das recht in “Erinnerung” habe – 12 Wochen von zu Hause weg. Für einen kleinen Jungen eine sehr, sehr lange Zeit.
    Misshandelt oder schickaniert wurde ich offensichtlich nicht, kann mich an so etwas jedenfalls nicht erinnern. Allerdings war ich auch ein ruhger, schüchterner Knabe, der keine Probleme bereitete.

  22. Bevor der Aufenthalt in meiner Hölle begann, war ich ein glücklicheres keines 6 jähriges Mädchen. Mein Bruder 11 Jahre und ich wurden 1962 nach Bad Reichenhall verschickt. Ein 6 wöchiger Aufenthalt der mir mein ganzes Leben in Erinnerung geblieben und mein Leben, wie ich erst jetzt weiß, verändert hat. Ich lese so viel von ehemaligen Heimkindern aber für mich haben diese 6 Wochen gereicht. Wir mussten uns bei der Ankunft alle nackt ausziehen wurden untersucht und mussten uns waschen. Wie sich dabei herausstellte hatte ich die Masern und wurde in ein Zimmer gesperrt, daß mit Bett, Tisch, 2 Stühle und ein Waschbecken ausgestattet war. Ich bekam Haferschleim und Kümmelbrot bestrichen mit Butter. Ich verbrachte dort gefühlte 2 Wochen. Was ich in dieser Zeit empfand, weiß ich heute nicht mehr denn den Schmerz habe ich wohl in mir verschlossen. Mein Bruder war in der Nähe und der Gedanke an Ihn, so habe ich immer geglaubt, hat mich zudieser Zeit gerettet. Aber er durfte nicht zu mir. Meine Erinnerung setzt wieder ein im Bett sitztend in einem großem Schlfsaal. Drei Schwestern in grauer Trach un weißen Haube stehen in der Tür und warnen uns davor noch einen Ton von uns zu geben denn sonst würde ma in den Ofen gesteckt und müsse verbrennen. Ich bin noch heute sicher ich war nicht schuldig und doch rissen Sie mich aus dem Bett und stecken mich in einen großen Wäschesack aus festen Stoff. Ich habe geschrien, getobt und getreten aber alles half nicht. Ich wurde in den Keller geschleppt im Todeskampf. Der Sack war schon ganz zerrissen doch ich sehe immer noch den großen schwarzen Ofen, die geöffnete Klappe und das lodernde Feuer vor mir. Ich hatte Todesangst denn ich war sicher, jetzt muss ich sterben. Mehr weiß ich nicht mehr. Erst heute wird mir bewusst welche Auswirkungen die Ereignisse auf mein spähteres Leben hatten und noch haben. Immer habe ich davon erzählt und nie bin auf den Gedanken gekommen das mein Leben nie zufrieden und glücklich war. In der Schule konnte ich nicht lernen hatte keine Freunde, war abhängig von meiner Mutter, war immer nervös und unruhig, krank, oft wütend, verletzt, kam mit Veränderungen nicht zurecht. Jede Belastung im Leben war und ist eine Toutur für mich und immer Angst. Die Liste lässt sich ellenlang fortsetzen. Für alles hatte ich eine Erklärung, habe andere Schuldige gefunden. Gesundheitlich geht es mir nicht gut und es ist mir bewusst geworden wie oft ich verletzt und mich verletzt gefühlt habe und das Leiden geht weiter. Ich denke, so richtig kann mich keiner begreifen. Ich möchte meinen Kinder helfen, ein zufriedenes Leben zu führen, weil ich glaube ich habe dazu beitragen, daß auch Sie viele meiner schlechten Eigenschaften übernommen haben und wir hatten uns von einander entfernt. Ich denke Sie sind das Beste von mir, doch ich will helfen und weiß nicht wie. Ich hoffe darauf eine Antwort zu bekommen.

  23. Bevor der Aufenthalt in meiner Hölle begann, war ich ein glücklicheres keines 6 jähriges
    Mädchen. Mein Bruder 11 Jahre und ich wurden 1962 nach Bad Reichenhall verschickt. Ein 6 wöchiger Aufenthalt der mir mein ganzes Leben in Erinnerung geblieben und mein Leben, wie ich erst jetzt weiß, verändert hat. Ich lese so viel von ehemaligen Heimkindern aber für mich haben diese 6 Wochen gereicht. Wir mussten uns bei der Ankunft alle nackt ausziehen wurden untersucht und mussten uns waschen. Wie sich dabei herausstellte hatte ich die
    Masern und wurde in ein Zimmer gesperrt, daß mit Bett, Tisch, 2 Stühle und ein Waschbecken ausgestattet war. Ich bekam Haferschleim und Kümmelbrot bestrichen mit Butter. Ich verbrachte dort gefühlte 2 Wochen. Was ich in dieser Zeit empfand, weiß ich heute nicht mehr denn den Schmerz habe ich wohl in mir verschlossen. Mein Bruder war in der Nähe und der Gedanke an Ihn, so habe ich immer geglaubt, hat mich zudieser Zeit
    gerettet. Aber er durfte nicht zu mir. Meine Erinnerung setzt wieder ein im Bett sitztend in einem großem Schlafsaal. Drei Schwestern in grauer Trach un weißen Haube stehen in der Tür und warnen uns davor noch einen Ton von uns zu geben denn sonst würde derjenige in den Ofen gesteckt und müsse verbrennen. Ich bin noch heute sicher ich war nicht schuldig und doch rissen Sie mich aus dem Bett und stecken mich in einen großen Wäschesack aus
    festen Stoff. Ich habe geschrien, getobt und getreten aber alles half nicht. Ich wurde in den
    Keller geschleppt im Todeskampf. Der Sack war schon ganz zerrissen doch ich sehe immer noch den großen schwarzen Ofen, die geöffnete Klappe und das lodernde Feuer vor mir. Ich hatte Todesangst denn ich war sicher, jetzt muss ich sterben. Mehr weiß ich nicht mehr. Erst heute wird mir bewusst welche Auswirkungen die Ereignisse auf mein spähteres Leben
    hatten und noch haben. Immer habe ich davon erzählt und nie bin auf den Gedanken gekommen das mein Leben selten zufrieden und glücklich war. In der Schule konnte ich nicht lernen hatte keine Freunde, war abhängig von meiner Mutter, war immer nervös und unruhig, krank, oft wütend, verletzt, kam mit Veränderungen nicht zurecht. Jede Belastung im Leben war und ist eine Toutur für mich und immer Angst. Die Liste lässt sich ellenlang fortsetzen.
    Für alles hatte ich eine Erklärung, habe andere Schuldige gefunden. Gesundheitlich geht es mir nicht gut und es ist mir bewusst geworden wie oft ich verletzt und mich verletzt gefühlt habe und das Leiden geht weiter. Ich denke, so richtig kann mich keiner begreifen. Ich möchte meinen Kinder helfen, ein zufriedenes Leben zu führen, weil ich glaube ich habe dazu beitragen, daß auch Sie viele meiner schlechten Eigenschaften übernommen haben und wir hatten uns von einander entfernt. Ich denke Sie sind das Beste von mir, doch ich will helfen und weiß nicht wie. Ich hoffe darauf eine Antwort zu bekommen.

  24. Hallo, auch ich bin damals mit 3 Jahren “verschickt” worden nach Bad Salzuflen, weil ich zunehmen sollte. Ich hatte noch nie solches Heimweh!!! Tagelang habe ich geweint, aber Schwester Gerda sagte es würde kein Zug in den Norden fahren. Dann bekamen wir alle die Windpocken. Wir schliefen auch in einem großen Schlafsaal mit weißen Gitterbetten. Bei den Bettnässern wurden Strumpfhosen an die Gitterstäbe gebunden. Zum Einpudern gegen die Windpocken mussten wir uns alle nackt in unseren Betten aufstellen. Als wir wieder gesund waren durften wir tagsüber in einen großen Raum an Tischen sitzen,wo sich Spielzeug befand. Schwester Gerda saß an ihrem Pult und kümmerte sich nicht um uns. Sie bekam nicht einmal mit, dass ich ein Holzhaus von einem Monopoly Spiel verschluckte. Dass wir überhaupt einmal draußen waren erinnere ich nicht. Als ich mit dem Zug zu Hause ankam erkannte ich meine damals 1 jährige Schwester nicht. Meine Mutter weinte. Zugenommen hatte ich nicht. Jahre später fand ich Briefe von Schwester Gerda ,in denen Sie meinen Eltern schrieb wie toll ich es fand auf der Kur. Bis heute war ich nie wieder in Bad Salzuflen und werde auch nie wieder in diesen schrecklichen Ort zurückkehren. Vielen Dank an die schreckliche Schwester Gerda!!!!!!

  25. Ich war als Fünfjähriger zur Verschickung sechs Wochen 1965 nach FÖHR.
    Ich musste mit, damit mein Cousin, der angeblich Lungenprobleme hatte nicht so allein war.
    Es war der Horror – vor allem wegen des Heimwehs.
    Ich habe selbst drei KInder und hätte sie niemals alleine sechs Wochen auf eine Insel geschickt.
    Es gab keinen Kontakt nach Hause oder zu Verwandten/Bekannten.
    Aus Sicherheitsgründen hat mein Gehirn die Erinnerungen wahrscheinlich abgeschaltet. So kann ich mich nur noch stückweise erinnern.
    An den Schlafsaal mit den hölzernen Betten und der angeordneten Mittagspause. Es herrschte immer ein kühler, liebloser Ton.
    Die einzige Postkarte, die ich erhielt, wurde von einer strengen Erzieherin vorgelesen, ich durfte die Karte aber nicht behalten.
    Noch heute, wenn ich im Frühling die Nordseeluft rieche oder den Geruch von Feuersteinen in der Nase habe, kommt diese Erinnerung zurück. Durch drei Therapieverläufe wurde es zwar besser, aber es geht wohl nie weg.
    Wir haben auch versucht zu flüchten, aber bekamen wohl nicht mit, dass es sich um eine Insel handelte.
    Noch heute kann ich nicht dorthin fahren – und wenn, kommt das Erlebte zurück bzw. es ist immer vorhanden.
    Ich weiß noch, dass dort ein fieser dünner Frieseur war, zu dem man alle zwei oder drei Wochen musste und der beim Haareschneiden ruppig war.
    Und die Duschen, wo man nackt herumlaufen musste, was ja normal ist, aber als verstörter Fünfjähriger empfand man das noch schlimm.
    Insgesamt muss ich sagen, dass der allerschlimmste Gedanke (auch in den Therapien) immer war:
    “Warum um Himmels Willen habt ihr mich einfach so weggeschickt – ohne Grund – ”
    Was ihr mir damit angetan habt – Das habe ich nie verstanden.

  26. Hallo Frau Röhl,
    alles was vorher beschrieben wurde von den Betroffenen kann ich bestätigen.Ich war 5 Monate in Kur im Schwarzwald Kinderheilstätte Stieg Albruck.Die letzten 2 Jahre sind bei mir Verlustängste ,seelische Schmerzen wie ich sie nur aus dieser Zeit kenne und unbändige Wut hervorgetreten.Es kann doch nicht sein das dieser Albtraum solange anhält.Nach 55 Jahren muss es doch verarbeitet sein

  27. Im Zuge meiner Traumatherapie bin ich auf diese Seite gestoßen.
    Ich war 1974, mit 4 Jahren auch auf einer Kinderverschickung. Leider habe ich nur sehr wage Eckdaten. Viel mehr trage ich Erinnerungsblitze und schmerzliche und quälende Emotionen diesbezüglich mit mir.
    Ich wurde in den Schwarzwald, nach/ um Freudenstadt verschickt.
    Es gab dort Ordensschwestern.
    Winterzeit ( Schnee ).
    Brachiale Dusch- und Waschrituale.
    Keinerlei Bezugspunkte, außer andere Kinder.
    Essensaufnahme unter Folteranwendung.
    Ich war dort krank, Masern od. Windpocken? Musste bei einer Ordensschwester auf ihrer Zelle sitzen.
    Telefonat am Ankunftsabend mit der Mutter zu Hause und meiner Frage nach dem „Warum“.
    Vernichtendes Heimweh und unglaubliche Einsamkeit.

    Da ich den Kontakt zu meiner Ursprungsfamilie ( Mutter ) komplett abgebrochen habe, versuche ich nun über meinen Bruder ( Kontakt besteht ) an Eckdaten zu kommen.

    Mein Transport ging von Hagen / NRW mit der Eisenbahn, wie gesagt in den Schwarzwald.

    Ich bin sehr an dieser Thematik und weiterer Aufklärung dieser Verbrechen interessiert.

    1. Liebe Astrid, ich bin 1969 als Fünfjährige von Hagen in den Schwarzwald nach St. Michael in die Nähe von Freudenstadt verschickt worden. Könnte es sich um dieses Heim handeln? Ich kann mich noch an diese schrecklichen Puddingsuppen erinnern und regelmäßige Höhnensonnenbestrahlungen Ich habe während der Kur wieder ins Bett eingenässt und kam als völlig verstörtes Kind wieder zurück.
      Dein Eintrag ist zwar schon lange her, aber ich sehe gerade auf ARD History den Beitrag” Verschickungskinder”.

  28. Hallo, ich bin 1964 mit 6 Jahren auf Wangerogge gewesen und ich kann kaum da drüber. schreiben was mir da alles passiert ist. Mein ganzes Leben besteht nur aus Angst. Habe mich nie davon erholt. L.g. Anke

  29. Hallo, meine Eltern haben mich vermutlich 1969 oder 1970 für 6 Wochen nach Borkum geschickt. Leider habe ich keine genauen Zeitangaben, mein Vater sagt, die Krankenkassenunterlagen habe er weggeschmissen. Also es war noch vor der meiner Schulzeit, für 6 Wochen mit vielen fremden Menschen (nur Mädchen? und Erzieherinnen) zusammen. Auf den Fotos haben wir Mützen auf, vielleicht war es im Frühjahr. Ich habe es nicht verstanden, warum meine Eltern mich weggeschickt haben, ich hatte Heimweh. habe nur diffuse Erinnerungen an Mittagsschlaf und Spiele mit den anderen Mädchen. Wir haben auch viel gesungen, das war für mich schön. An das Essen kann ich mich nicht erinnern, aber ich war oft alleine und habe mich mit den anderen Kindern nicht immer gut verstanden. Mit einer Magen-Darm-Infektion habe ich eine Woche isoliert auf der Krankenstation gelegen. An den Geruch und die wütend das Bettzeug wechselnde Schwester kann ich mich erinnern. Einmal in der Woche sind wir gewogen worden. Es ist wie ein dichter Nebel, der die Erinnerung überdeckt.
    Ich bin auf diese Seite gestossen, weil ich Infos für ein paar Tage Urlaub auf der Insel einholen wollte. Ich würde gerne mehr wissen über die Zeit dort als kleines Kind. Aber es macht mich auch sehr, sehr traurig.
    Ich habe noch alte SW-Fotos, die auf Anfrage verschicken kann-sind ja auch Menschen drauf die ich nicht um Erlaubnis fragen kann.
    Frau Röhr, vielen Dank für ihre Aufklärungsarbeit.

  30. Sehr geehrte Frau Röhl,
    ich freue mich, diese Seite gefunden zu haben und möchte gerne mit meinen Erinnerungen dazu beitragen, dass lose Enden verknüpft werden können.
    Der Begriff “Allerheiligen”-Caritasheim war lange Jahre mit viel Wut verbunden. Tief im Schwarzwald in der Nähe von Freudenstadt, immer noch die vorhandenen früheren Kinderhäuser-inzwischen Tagungshäuser. Beim Betrachten der aktuellen Bilder auf der EOS-Homepage wurde mir deutlich, wie groß das Heimweh, die Einsamkeit und Hoffnungslosigkeit dort war.
    1968 entschied unser Hausarzt,dass ein Aufenthalt im Caritasheim in Allerheiligen angebracht wäre. Völlig gesund , mit Namensschild um den Hals ,von einer Caritasbetreuerin per Zug aus ganz Deutschland Richtung Schwarzwald gekarrt. Getrennt nach Junge und Mädchen in die beiden Häuser kaserniert und alles was wir wussten war, dass wir in 6 Wochen wieder nach Hause dürften.
    Hauptziel war “zunehmen” – Griesbrei,Haferbrei, roter Tee- buchstäblich bis zum Erbrechen.
    Ein Zwillingspaar aus Düsseldorf hatte große Probleme die Hafersuppe zum Frühstück zu essen, musste Strafsitzen vor dem Teller, erbrach sich, weiter sitzen, der Teller wurde neu gefüllt und so ging es immer weiter bis das Mittagessen kam…Ein mahnendes Beispiel an alle anderen Kinder und heute noch spüre ich die Ohnmacht, damals nicht helfen zu können.
    Wöchentlich wurde gewogen, bestraft bei “Nichtzunahme”. Die Stirn wurde mit Schwung gegen die Standwaage geknallt- somit wusste jeder, was er nächste Woche zu bringen hatte.
    Zwangsschlafen nach dem Mittagessen, völlig unausgelastet,da wir uns kaum bewegen, spielen, toben konnten.
    Es gab/gibt eine kleine Kapelle ,Maria Goretti war abgebildet und wurde uns Mädchen als verklärtes Vorbild präsentiert. Die Möglichkeit der Beichte wurde schnell als einzige Möglichkeit erkannt “Freigang” zu bekommen. Ich habe mir Sünden zusammengelogen, damit ich etwas zu beichten hatte…aber es war ein kleiner Spaziergang ,weg vom Heim.
    Während der 6 Wochen erkrankte ich – sehr hohes Fieber, vermutlich Mandelentzündung,ganz sicher aber,schlimmstes Heimweh.Ich lag gefühlt 10 Tage völlig alleine auf der Krankenstation und bekam zur Beschäftigung Gebete und Durchschlagpausen von Arztberichten,die ich auf andere Freiflächen mit dem Fingernagel durchdrücken durfte.
    Einmal am Tag eine portugisische? Reinigungskraft ohne Sprachmöglichkeit 3 x Haferschleim und eine Verlassenheit, von der ich als Kind wirklich dachte, dass sie nie wieder aufhört.
    Meine Mutter wurde von meiner Erkrankung nicht informiert( das ergab sich aus dem Rückkehrschreiben).
    Rückblickend waren wir eine Gruppe von verstörten, verängstigten, verlassenen Kindern-ich glaube nicht, dass eine dabei war,die diese Zeit als “schön” erlebt hat.
    Es gab eine gute Seele in diesem Heim-ein Fräulein Himmelsbach.Freundlich, tröstend und gelächelt hat sie auch.
    Nach 6 Wochen war der Spuk vorbei-Abreise,ein Hinweis im Gepäck,dass mir bei Ankunft zu Hause der Kopf gründlich zu waschen sei…ich war völlig verlaust,der Rest im Zug somit auch.Kein Wunder, denn einmal in der Woche ein Wannenbad (mit mehreren in der Wanne), ALLE !! Kinder mit einem Kamm gekämmt..das hinterlässt Spuren.
    Meine ganze Familie hatte dann Läuse und die Nachbehandlung des Kopfes und die darüber geäußerten Kommentare liessen ein fröhliches “Willkommen” zu Hause ganz schnell sehr klein werden.
    _____________________________

    Zufall…am Wochenende war ich in der Nähe von Allerheiligen, Gedanken,Gefühle brachen wieder durch,Recherche nach den Häusern und die Bilder der Innenräume- hier jetzt noch meine Erinnerungen..ich werde diesen Ort nochmals aufsuchen ,mich auf ihn einlassen und das Gefühl der Wut und Ohnmacht vielleicht geklärter erleben können.
    Tatsächlich hat sich dies wie ein roter Faden durch mein Leben gezogen-Unrecht erleben,hilflos sein und die Erkenntnis,dass dort ein Grund dafür schlummert.
    Ich wünsche allen von damals: Freude am JETZT und hoffentlich Wohltat beim Lesen der Texte- das Gefühl der damaligen Einsamkeit wurde bei mir dadurch besser.
    DAS wünsche ich ALLEN die damals “VERSCHICKT” wurden.
    Anna (Annegret)

  31. Hallo Frau Röhl, ich wurde zum ersten Mal im Alter von 5 Jahren für 5 Wochen in ein Kinder-“Erholungs”-Heim in Braunlage verschickt (Name nicht mehr erinnerlich). Meine einzigen Erinnerungen daran sind: Nur der Gestank von angebrannter Milchsuppe, und daß ich wohl 5 Wochen lang durchgeheult habe. Bei Rückkehr, auf dem Bahnhof meiner Heimatstadt, wurde mir später berichtet, soll ich blicklos an meiner Mutter vorbeigerannt sein, ohne sie zu erkennen. – Zum zweiten Mal wurde ich mit 11 Jahren 1962 verschickt – nach Langeoog, ans “Haus Hapke”. Bereits bei Ankunft auf dem Inselbahnhof wurden wir, eine, in Erwartung wunderschöner Ferien am Meer fröhlich schnatternde Kindergruppe, von den uns erwartenden “Tanten” im Kasernenhofton bösartig angeherrscht, in Zweierreihe Aufstellung zu nehmen, augenblicklich zu SCHWEIGEN, andernfalls, wer auch nur EINEN Laut von sich gebe, “ohne Essen ins Bett” geschickt werde. Das ergab dann einen endlos scheinenden Gänsemarsch schockierten, eisigen Schweigens durch den ganzen Inselort. – Ansonsten war alles wie bei den meisten anderen hier Berichtenden: Das Essen war ekelhaft – am klebrigsten blieben die Haferflocken voller, Übelkeit erregender, Spelzen und die steinharten Kartoffeln in Erinnerung, an denen sich regelmäßig die Gabelzinken verbogen. Den Rest des Fraßes habe ich offenbar verdrängt. Jedenfalls hat es Jahre gedauert, bis mir Essen überhaupt wieder ein genußfähiger Vorgang war. – Wer bei Tisch, auch nur EIN Wort sprechend, “erwischt” wurde, hatte in einem stockfinsteren Verschlag (ohne Fenster oder irgendeine andere Art Beleuchtung – in der Ecke stapelten sich große Papiersäcke mit besagten widerlichen Haferflocken, was man aber nur beim Hinein – bzw. Hinausgeführtwerden wahrnehmen konnte) STEHEND weiter zu essen. Allgemein herrschte das Klima eines selbstgefälligen Sadismus seitens der, zumeist noch relativ jungen, “Tanten”. Geschlagen wurde gern; und ein Junge, der sich im Schlaf offenbar immer wieder eingenäßt und mehr als einen nassen Schlafanzug aus Angst unter der Matratze versteckt hatte, bekam die vollgepißten Textilien bei Entdeckung vor aller Augen um die Ohren geschlagen, verbunden mit der Aufforderung an uns: “Jetzt lacht ihn alle aber mal richtig aus!” – Während der mittäglichen Zwangs-Schlafperiode spielten einige Mitsträflinge, die natürlich um diese Zeit NICHT schlafen konnten, Karten: Es erschien die alte Hapke SELBER, prügelte mit einem Latschen ausnahmslos JEDEN systematisch durch – Spieler wie Nicht-Spieler. Danach ward nicht mehr Karten gespielt. – Post wurde selbstverständlich kontrolliert – eingehende wie ausgehende. Wer etwas verfaßt hatte, das für den Geschmack der Damen offenbar zuviel Wahrheitsgehalt besaß, mußte alles “neu” schreiben. – Stubenarrest (ganz – oder mehrtägig) für geringste “Vergehen” wurde immer wieder verhängt. Am Übelsten erscheint mir noch heute das gezielte Gegeneinander – Ausspielen der Kinder durch die erwachsenen “Tanten” in dieser grundsätzlichen Atmosphäre von Lieblosigkeit, allgemeiner Unterdrückung, Angst, und daraus resultierendem Opportunismus mit entsprechender “Hackordnung”. – Abends wurden wir manchmal noch in die Dünen geführt, zu irgendeinem Bombenkrater, in dem dann die jüngeren “Tanten” mit “auserwählten” 14 – 16 Jährigen, die insgesamt privilegierter waren, zärtlich sexueller Vor-Lust hingaben. Wobei wir “Kleinen”, vollkommen uns selbst überlassen, wie Zaungäste zuschauten oder herumbalgten – durchaus nicht moralisch schockiert, sondern eher pflichtschuldig uns “amüsiert” gebend – und auch etwas neidisch. Das alles entsprach möglicherweise einer gewissen Vorstellung der Erzieherinnen von “Romantik”. Allerdings würde man jene Vorgänge im Juristendeutsch wohl inzwischen “Unzucht mit Abhängigen” nennen. – Am Morgen der Abreise wurde mir, gerade erwachend, noch von einer jener liebesbereiten Damen eine meiner Hosen, die ich beim Packen am Vorabend, im bereits LEEREN Spind, um keinen Preis hatte finden können, unter Beschimpfungen mit Schwung genußvoll rechts und links um die Ohren gehauen – die “Tante” hatte sie angeblich “gerade entdeckt”. – Als ich dann endlich – nach den endlosen 6 Wochen – wieder auf dem Fährschiff saß, entstand ganz bewußt, ganz kalt, mit voller Klarheit, plötzlich der Gedanke: “Jetzt fühle ich garnichts mehr.” – Die Abschiedsworte übrigens, der so schlagend liebevollen “Tante” an mich, waren sinngemäß: “WIR sind ja nun KEINE Freunde geworden.” – – – Übrigens wurden wir alle, unter Androhung fürchterlichster Konsequenzen, vor der Heimreise dazu verdonnert, “unter keinen Umständen” späterhin irgendetwas über unsere Erlebnisse auf der Insel, gegen wen auch immer, verlauten zu lassen. – Ich fürchte, wir alle haben uns bis zum heutigen Tage daran gehalten. – – – Als ich, mehr als 30 Jahre später, noch einmal vor jenem Haus stand, befiel mich eine Atemnot, die erst nach einem längeren Gang am Strand wieder losließ. Schon längst bin ich sicher, daß, unter anderem, mein “Erholungsaufenthalt” im “Haus Hapke” ein schweres, nachhaltiges Trauma zur Folge hatte.

  32. ps.: Alles von mir Berichtete ist natürlich bruchstückhaft erinnerlich, und nur kleine Teile des insgesamt Erinnerten kommt hier vor.

  33. Hier doch noch ein eher winziger Zwischenfall, aber evtl. geeignet, die latente Perfidie des “Systems Hapke” zu illustrieren: Der routinemäßig vorgesehene Arzt war da, der, uns allen – die wir ja Gewicht zulegen und uns angeblich “mal so richtig gut erholen” sollten – nacheinander den üblichen Holzspachtel auf die Zunge legend, jeden aufforderte, kurz “A” zu sagen. Als die Anweisung an den Jungen vor mir erging, wollte ich dummerweise ausgerechnet in jenem Moment etwas ausnahmsweise Lustiges beitragen und rief meinerseits freudestrahlend “B”: Augenblicks hatte mich das Argusauge der danebenstehenden “Tante” erfaßt (die ich übrigens bis dahin als die noch am ehesten menschenähnliche empfunden hatte). Sie schoß auf mich zu und zischte bitterböse: “Du meldest dich nachher bei mir”. – Mich selbst eben noch als geradezu unübertrefflich unterhaltsam und witzig wahrnehmend, stürzte ich ob der so überhaupt nicht heiteren Reaktion augenblicklich ins Bodenlose. Längst durch die Umgangsformen jenes Heims in den dort allgegenwärtigen Zustand latenter Furcht getrieben, schlich ich drei Tage lang herum, einerseits angstgeschüttelt, andrerseits verzweifelt hoffend, die vermeintlich gutmütige Person werde mein “Vergehen” – mit einem Mindestmaß menschlicher Größe und Großzügigkeit – auf sich beruhen lassen. Aber besagte Dame war eine ERFAHRENE “Pädagogin”: Am VIERTEN Tag, als ich bereits wagen wollte, ganz leis aufzuatmen, schoß sie zielstrebig auf mich zu: “Du solltest dich doch bei mir melden?!” – Im Innersten getroffen (“Gottes Mühlen mahlen langsam, aber trefflich fein”, lautete die damals übliche, herzlos dumme Floskel), stammelte ich völlig aufgelöst und hochrot irgendeine läppische wie wirkungslose “Erklärung”. – Die Strafe: Ein ganztägiger Stubenarrest, der sich allerdings unwesentlich ausnimmt, neben der sorgfältig herbeigeführten, ungeheuerlichen Demütigung des elfjährigen Kindes. Besagte “Tante” hatte eben NICHT “vergessen”, gar “verziehen”. Sie hatte ein SEHR gutes Gedächtnis – selbst gegenüber einem derart mikrobisch winzigen Kindes – “Vergehen” – das in Wahrheit natürlich nicht einmal im Ansatz als “Vergehen” gemeint gewesen war: NIEMAND sollte gestört, beleidigt, oder gar verletzt werden. Es war gehofft worden, daß evtl. wenigstens EINMAL in dieser Gruft gelacht werde – mittels eines allerdings, zugegebenermaßen, etwas arg schwachen “Witzes”. Meine damalige “Lehre” aus jener, zum ganzen Elefanten angeschwollenen Mücke: “NIEMAND, nicht EIN Mensch in diesem Haus, ist im Geringsten “großzügig” oder gar “groß”. Und damit lag ich wohl richtig. Es wurde, wie übrigens zumeist auch in der Schule, einfach nur die Methode der vollkommen lieblosen Schwarzen Pädagogik des Hinhaltens und präzisen Zugriffs im geeigneten Augenblick – wenn das Opfer sich fast schon in Sicherheit wähnt – gekonnt ausgeübt.

    1. Danke für deinen Kommentar, es ist erschütternd, was in den Verschickungsheimen passierte, ich sammle die Kommentare und schreibe euch alle gesondert nochmal an, wichtig, dass das bekannt wird! Grüße, Anja

  34. Ich bin 1947, 1948 und1949 dreimal für jeweils einen Monat “verschickt” worden, das erstemal nach Langroog. Ich hatte 1947 Typhus gehabt und war eine unwahrscheinlich dünne 11jährige. Die Schwester meiner Klassenlehrerin war Leiterin dieser DRKaktion. An diese Zeit habe ich wunderbare Erinnerungen. Als Einzelkind fand ich es himmlisch, einige Wochen in einer Gruppe zu verleben. Unsere Gruppenleiterin war Ruth Fischer. Wir waren bei Privatleuten untergebracht, in einem 4Bettximmer. Ich nahm auch etwas zu, war aber immer noch zu untergewichtig, dass ich im folgenden Jahr wieder verschickt wurde, diesmal, im November 1948, nach Bockswiese, wo meine Gruppenleiterin wieder eine Schwester Ruth war, Ruth Zick. Auch an diese Zeit habe ich nur wunderbare Erinnerungen. Ich wollte überhaupt nicht mehr nach Hause und war selig, als ich Ostern 1949 wieder nach Bockswiese durfte. Bis zu meiner Zeit in Langroog hatte ich nie ein eigenes Bett gehabt. Wie meine Mutter die Kosten für diese Kuren aufgebracht hat, weiß ich nicht, habe mir auch nie Gedanken darüber gemacht. Aber beI mir von Trauma keine Spur, es waren die schönsten Monate meiner Kindkeit.

    1. Ich habe diesen Kommentar jetzt schon mehrfach freigeschaltet, wie kann das sein? Haben Sie es mehrmals geschickt? Wie kommen Sie auf die Idee, dass es auf dieser Seite nicht erwünscht sei, Heime positiv zu beurteilen? Was kann ich für die Langlebigkeit trauriger Kindheitserinnerungen? Sicher haben manche Menschen auch positive Erlebnisse in den Heimen gemacht, so wie sie, diejenigen scheinen aber in erheblicher Minderheit zu sein, was doch sehr traurig ist. Ich habe hier keinen Kommentar zensiert!

  35. Hallo in die Runde,

    mein Bruder und ich waren 1976 für 6 Wochen in Plön im Seehof, dass von der Heilsarmee betrieben wurde. Mein Bruder war 6 und ich 5 Jahre alt. Diese 6 Wochen zählen absolut zu meinen allerschlimmsten in meinem Leben. Auch ich habe Albträume verbunden mit aufkeimenden, negativen Gefühle und Auswirkungen in Bezug auf diese traumatischen Erlebnisse. Ich erinnere, dass ich mich regelmäßig übergeben musste, da die Betreuerinnen dort uns das Essen reingestopft haben, schließlich sollten wir ja zunehmen. Eines nachts schaffte ich es nicht mehr rechtzeitig zur Toilette und ich habe mich auf dem großen, riesen Holzfußboden übergeben. Die Betreuerin brachte mir einen Eimer und einen Feudel und ich die Sauerei entfernen. Hilflos habe ich mein Erbrochenes hin und her geschoben, da ich nicht so recht wusste, wie ich den Boden wieder sauber kriegen könnte. Die Betreuerin nahm mir den Feudel aus der Hand und hat ihn mir ins Gesicht geklatscht mit den Worten “du alte Sau sollst das wieder sauber machen!”
    Meine Eltern haben uns dort besucht, da ich während der Zeit dort Geburtstag hatte. Das war eigentlich nicht erlaubt, aber meinen Vater hat das nicht interessiert. Es gibt einen kleinen Super 8 Film und dort ist auch diese Frau zusehen, die mir den Feudel durchs Gesicht gezogen hat. Ich habe mir immer geschworen, sie irgendwann aufzusuchen und sie zur Rede zu stellen. Das habe ich nie gemacht, aber ich würde sie schon gerne mal treffen. Es gibt sehr viele, schlimme Erinnerungen an diese Verschickung, aber diese mit dem Feudel spüre ich noch immer, als sei sie gestern gewesen, dabei ist sie nun 42 Jahre her.

    Liebe Grüße,

    Regina

  36. Ich bekomme den Eindruck, daß positive Kommentare auf dieser Seite nicht erwünscht sind, finde es aber wichtig, daß auch die andere Seite gehört wird. Der zweI der Verschickungsaktionen unmittelbar nach dem Kriege war unbestrittenerweise, uns extrem unterernährte Kinder aufzupäppeln, und das Essen war sowohl in Langeoog als auch in Bockswiese gut und reichlich und darauf ausgelegt, uns Kriegskinder aufzubauen. In Langeoog war ich in die “Schongruppe” eingeteilt. Einige der Gerichte, die wir dort bekamen, koche ich heute noch. In Bockswiese bekamen wir zum Abendessen oft eine schöne Griessuppe mit Rosinen und zwei Scheiben Brot, eine mit Butter und eine nur mit Marmelade. Besonders unterernährte Kinder wie ich bekamen eine mit beidem. Dazu gab es Malzkaffee mit Milch. 1947/48 war das paradiesisch. Wir mußten zwar auch Mittagsruhe halten aber in unserem Zimmer hatten wir eine Zeichensprache erfunden, dieZeichen kann ich heute noch. So konnten wir uns unterhalten. Wir machten jeden Tag wunderbare Spaziergänge, sammelten Moos, Früchte und Steine, mit denem wir Schmuckteller für die Tische bauten, wir haben gebastelt, gespielt und viel, viel gesungen. Auf Langeoog übten wir ein Spiel über den Feuermann von Storm ein, in Bockswiese war es “Das Bettel-Ei”. Ich habe noch Fotos davon. Alle Schwestern und Jugendleiterinnen waren freundlich und wenn unter den kleinen Kindern vielleicht mal eins Heimweh hatte, haben wir uns alle um sie gekümmert.. aber dasoaßt wahrscheinlich alles nicht in Ihr Konzept, liebe Anja. Schade.

  37. Hallo, Frau Röhl,
    heute (9.7.18) las ich im Tagesspiegel einen Artikel von Caroline Fetscher zum Thema “Ferienverschickung…” Auch ich habe mit 14 Jahren (1961) traumatische Erlebnisse im Kinderkurheim Cuxhaven-Duhnen, Wehrbergsweg 63, erlebt. Frau Hussmann war die Heimleiterin (ein Nazi-Weib im wahrsten Sinne des Wortes). Die Adresse hat sich aufgrund meiner negativen Erlebnisse in mein Gehirn eingeprägt! Heute bin ich 70….
    Falls erwünscht, könnte ich meine Erlebnissr ausführlicher darstellen.
    Gruß M. Vossoug

    1. Das ist unbedingt erwünscht, ich sammele diese Kommentare, gern können Sie sie mir hier auf die Seite, oder auch per mail schicken: anjairinaroehl@gmail.com, ich würde mich freuen, wenn ich Sie dazu einmal besuchen und interviewen dürfte, es dauert bloß noch, weil es enorm viele sind, die hier kommentieren und ich alles gut und datenschutzrechtlich abgesichtert ordnen möchte. Dann werde ich auch noch Interviewanfragen verschicken

  38. Ich war vermutlich 1965 als Vierjähriger(!) für 12 Wochen in einem Heim auf Norderney. Als Strafmaßnahmen sind mir in Erinnerung: Einsperren in einer dunklen Abstellkammer und Fesseln ans Bett nachts, da ich mich wegen Neurodermitis viel Kratzen musste. Meine Mutter wunderte sich über mein verstörtes Verhalten, als ich wieder nach Hause kam.
    LG Stephan Hempel

  39. Ich bin Jahrgang 62 und wurde ,weil ich immer dünn war, 2× für 6 Wochen noch vor Schuleintritt mit ca.5 Jahren verschickt.St.Peter-Ording und Bad Salzdetfurt . Es waren diese Erlebnisse ,wie Erbrochenes aufessen müssen, wieder zum Bettnässer werden , tagelanges nicht mit mir sprechen ,weil ich bestimmt was Dummes getan habe, mein liebevoll verpacktes Geburtstagsgeschenk von zu Hause wurde verteilt, man wurde zum Essen gezwungen ….Drohungen,Bestrafungen.Ich bin nicht daran zerbrochen. Ich habe es anders mit meinen Kindern gehandhabt, ich habe sie NIE gegen ihren Willen weggeschickt.Das sind Gefühle für ein Kind ,die starke körperliche und seelische Schmerzen verursachen.Als ich meinen Eltern von den Erlebnissen erzählte,wurde diese ungläubig abgetan” na,da weißt du mal wie gut du es zu Hause hast. ” Das wollte ich hören! Heute ,gut 50 Jahre später,erzähle ich immernoch davon .Es existiert ein lustiges Faschingsbild der Gruppe aus Bad Salzdetfurth ,nur hat nie eine Party stattgefunden. Das Foto wurde für die Eltern gemacht,wie gut es uns doch geht..Aber was sollen die damals dafür Verantwortlichen zu Rechenschaft gezogen werden.Lernen wir daraus, machen es besser und ja, reden wir darüber.Wir sollten aber nicht in Selbstmitleid versinken .Mich hat es auch ein Stück weit trotzig gemacht.

  40. Liebe Fr. Röhl,
    auch ich bin eingebranntes Kind gewesen und hatte 1962 und 1968 zweimal das “Vergnügen”, in einem “Erholungsheim” jeweils für 6 Wochen untergebracht worden zu sein. Die Reisen waren von der Deutschen Post in Berlin organisiert und wurden für angehörige Kinder und Postangestellte zu günstigen Konditionen angeboten.
    Besonders Ziel dieser Reise war jeweils Gewichtszunahme sowie das Brechen junger Seelen. Die erste Reise, ich war gerade 5 Jahre alt, ging im Winter nach St. Peter Ording an der Nordsee. Es nannte sich “Kinder-Erholungsheim”.
    Ich kann mich an sehr viele Gegebenheiten erinnern. Oftmals habe ich die schrecklichen, traumatisierenden Dinge bis dahin verdrängt, indem ich glaubte, alles nur “geträumt” zu haben. Nur meine 1 3/4 Jahre ältere Schwester holte mich immer wieder in die Realität zurück, indem wir oftmals unsere Erinnerung gemeinsam teilten (bis heute !)
    Auch eine zufällige Begegnung mit einem Studenten, der am gleichen Ort auch in sehr jungen Jahren 6 Wochen seines Lebens verbringen musste, bestätigte meine grässlichen Erinnerungen.
    Mittels Spiegelstrichen möchte ich Teile meines dortigen Aufenthaltes in Form eines Brainstormings beschreiben:
    -die dortigen “Erzieherinnen” verlangten als “Tante” angeredet zu werden.
    -jeden Morgen verpflichtend 2 tiefe Teller voll mit Haferschleim zu essen. Kein Brot
    -die Essenseinnahme wurde strengstens kontrolliert.
    -jeden Vormittag dasselbe Programm bei Wind und Winterwetter; stundenlange Spaziergänge
    -Mittagessen: Man wurde gezwungen, große Portionen einzunehmen, auch wenn man keinen Bedarf mehr hatte. man musste solange an seinem Platz sitzen, bis man seinen Teller geleert hatte.
    Toilettengang: Im direkten Anschluss an das Mittagessen, musste man in langen Schlangen vor den Toiletten anstehen. Eine “Tante” teilte jeweils in rationierten Mengen Toilettenpapier zu. Da wir oftmals keinen Drang zur Notdurft hatten, schloss ich mich in der Toilettenkabine ein, um gemeinsam mit meiner Schwester zu weinen. Wir hatten nicht den Mut, den Toilettengang zu verweigern. Es war auch die einzige Chance, mal für ein paar Minuten unbeobachtet zu sein.
    -Mittagsruhe: Danach wurde eine 2-stündige Mittagsruhe verordnet. In dieser Zeit war es verboten, den Schlafsaal zu verlassen (ca. 10 Mädchen pro Saal). Also war es auch nicht möglich, nach Bedarf die Toilette aufzusuchen. Auch ein Nachttopf wurde am Nachmittag nicht bereitgestellt.
    -Imbiss: Direkt nach dem Mittagsschlaf wurden Brote mit Pflaumenmus verteilt. Wer keinen Appetit hatte, wurde bestraft.
    -Post: Jeden Tag wurde die Post (heißersehnt) verteilt. Kinder, die keine Post erhielten, wurden nicht getröstet, sondern in ihrer Enttäuschung ignoriert.
    -Briefe an die Eltern: Von uns geschriebene Briefe wurden seitens der “Tanten” kontrolliert. Es durfte nichts Negatives geschrieben werden, ansonsten mussten wir erneut Texte verfassen. (Ich war noch zu jung, um zu schreiben. Ich malte Bilder an die Eltern in der Hoffnung, von den “Tanten” gelobt zu werden.
    -Nachtruhe: Auch in der Nacht war es verboten, das Bett zu verlassen. Es wurde in den Schlafsaal (ca. 10 Kinder) ein Nachttopf zur Verfügung gestellt.
    Sollte man nach Mitternacht einen Drang zum Urinieren gehabt haben, musste man, um an den bereits übergelaufenen Topf zu kommen, durch erkaltete Urinlachen laufen (stets von der Panik begleitet, andere Exkremente zu verlieren). Deswegen ist es mir einmal passiert, dass ich in die Hose machte und am nächsten Tag wurde ich von den “Tanten” offiziell ausgelacht und mit den Worten bedacht: “Seht her, wir haben einen kleinen Hosenscheißer unter uns ! ” Der verschmutzte Schlafanzug wurde den anderen Kindern gezeigt, was eine große Peinlichkeit bei mir auslöste.

    “Erholungsreise” 1968 nach Lenggries (Oberbayern)
    Leider habe ich nicht so viele Erinnerungen an diesen Aufenthalt. Bruchstückhaft kann ich mich nur erinnern:
    -da ich zu der jüngeren Gruppe gehörte, wurde ich nachts räumlich von meiner Schwester getrennt. Weil ich protestierte und weinte, gab man meinem Wunsch nach, mit meiner Schwester in einem Raum zu schlafen. Bei mir waren allerdings die Betten kürzer, sodass meine Schwester 6 Wochen lang in einem viel zu kurzen Bett schlafen musste.
    -Briefe: Da mein Vater von den Briefkontrollen wusste, hatte er bei der Reise nach Lenggries die raffinierte Idee, die Briefe mit Nadelstichen (Note 1 bis 6; 1 Stich bis 6 Stiche) zu versehen. Natürlich stachen wir jeweils 6 Nadelstiche, bei jedem Brief !
    Allerdings reagierten unsere Eltern nicht !
    -Heimreise/Ankunft: Meine Mutter und ich können uns ungenau daran erinnern, wie ich mich beim Wiedersehen in ihre Arme stürzte und endlos lange weinte.

    1. Danke für Ihren erschütternden Bericht! alles, was Sie beschreiben, haben viele andere auch so oder ähnlich erlebt. Es gehört an die Öffentlichkeit, und es waren keine Einzelfälle, sondern eine bestimmte Tendenz in der damaligen Pädagogik, zu der heute schon wieder aufgerufen wird, das darf sich aber nie wiederholen, unsere Aufgabe ist es, diese Erinnerungen für die Zukunft zu erhalten, so dass sich ein Bewusstsein erhält: Uns ist Unrecht getan worden! Kinder darf man so nicht behandeln! Das sind so schwere psychische Belastungen, unter denen steht dann der sich noch entwickelnde Mensch, eine schwere Bürde, die nicht selten zu schweren Persönlichkeitsstörungen und lebenslangem Selbstwertverlust geführt haben. Unschuldig! Das muss gesagt werden. Diese Kinder hatten nichts, aber auch gar nichts verbrochen, sie sollten sogar eine gesundheitliche Erholung erleben! Eltern glaubten massenhaft, ihren Kindern Gutes anzutun!

  41. Zwischen 3-6 war ich verschickt 1970-74 ich habe es positiv in Erinnerung …..doch mit dem Aufessen und vor die Tür stellen sowie mittagsschlafenzwang……kann ich mich auch noch gut daran erinnern…..wir waren mit Sparten täglich am Strand und hatten ein sehr konservativen Rhythmus ….schlimmer fand ich die verschickungsreisen nach Holland zu den Pflegeeltern und später in Hausbesetzerzeiten unter der Jugendhilfe in der linken…..in Berlin West.
    Heimkind aus dem Fond,natürlich arbeite ich an meinen Buch und Theater sowie aufarbeitung Berlin West mit den Minderheitenschutz für die West Berliner Insulanerkinder und unsere Neue Freie Volksbühne Berlin West.
    Wir sind Generationsübergreifende Heimkinder in unsere Familie und meine Kinder haben im übrigen heute auch noch solche Erfahrungen machen dürfen.

    Betroffene

    Bühnenbildnerin

    Tischlerin
    Mutter von der Baustelle.

    Jeanette Schirrmann

    “Elitärer Sonderschulabgang 1985

    Heimleitung Berlin West in Selbstverwaltung”

    Ständige Vertretung Berlin West

    “Schülerschule-Drugstore SSB e.v/SFE/Rauchhaus….
    TKS-Theaterkommuneschirrmann e.v……”

  42. Wir sind nicht allein! Das dachte ich im ersten Moment, als ich den Artikel über die Verschickungen gelesen hab.

    Auch ich wurde verschickt, allerdings erst 1972, da war ich 9 Jahre alt. Es war das Haus Quisisana in Sankt Peter Ording. 6 schlimme Woche, nie vergessen, haben mich geprägt, aber auch im positiven Sinne. Auf dieser Verschickung habe ich mir geschworen, ich werde selbst Erzieherin, weil ich wollte, dass Kindern so etwas erspart wird.

    Es wurde schon so einiges genannt, was in den Heimen getrieben wurde. Hier meine Erlebnisse:

    Wir mussten uns direkt nach der Ankunft komplett nackt ausziehen, in einem großen Raum mit lauter anderen nackten Neuankömmligen in eine Schlange stellen. Wir wurden dann von einem Arzt untersucht, ob wir was Ansteckendes haben. Eine Schwester kämmte allen Kindern mit einem Läusekamm die trockenen Haare durch. Ich hatte Locken. Das tat weh.

    Nachts durften wir nicht mehr auf Toilette gehen. Wer nachts musste, musste in einen Topf der unterm Bett stand pullern! Wir waren drei Mädchen im Alter von 9-11 Jahre. Da ist es einem peinlich vor anderen Leuten in den Topf zu machen.

    Briefe wurden kontrolliert, wenn was falsches drin stand, zum Beispiel, dass man abgeholt werden möchte, wurden sie vor den Kindern zerrissen und in den Müll geworfen.

    Zum Essen mussten wir uns alle am Tisch versammeln und erst einmal so lange stehen und leise sein, bis einer lachen musste oder den Stuhl scharrte. Derjenige wurde dann ohne Essen ins Bett geschickt. Ich konnte mich auch einmal nicht beherrschen und musste losprusten. Also ab ins Bett, ohne Essen.

    Ein krankes Mädchen sollte einen Grießbrei essen. Ihr war schlecht, sie hatte einen Magendarm-Virus, wie nach und nach alle Kinder. Die Tante schrie das Mädchen an sie würde die Eltern anrufen, wenn sie nicht aufessen würde und ihnen sagen wie unartig sie ist. Dann müsse sie noch länger hier bleiben! Sie wurde nicht getröstet, weil sie krank war, sie wurde angeschrien! Das muss man sich mal vorstellen!

    Ich bekam diesen Virus auch und musste mich übergeben. Da wir am anderen Ende des Flures unser Zimmer hatten, habe ich es nicht bis zur Toilette geschafft und auf dem Weg mehrere Pfützen hinterlassen. Ich war fix und fertig, eben krank! Da kam die “Tante” mit dem Wischlappen und einem Eimer, gab ihn mir in die Hand und dann sollte ich meinen Dreck schön selbst aufwischen. Sie stand wie ein Wärter hinter mir und sagte mir wo ich noch besser wischen soll. Ich konnte gar nicht richtig sehen was ich dort tat, weil mir die Tränen die Augen vertrübten.

    Ich kann mich nur an einen Spaziergang erinnern. Aber das war nur marschieren, nicht wie man sich einen Kinderspaziergang vorstellt. Zu zweit in Reih und Glied. Soviel zu Seeluft schnuppern!

    Wir hatten eine Praktikantin in der Zeit, die hieß Frauke. Die war so lieb und hat uns so gut es ging geholfen. Sie sollte in mein Poesiealbum reinschreiben. Leider sah eine von den fiesen Tanten als sie es mir zurückgeben wollte und nahm mein Buch und schrieb ohne mein Einverständnis in das Buch und gab es mir erst kurz vor der Abfahrt wieder.

    Das war 1972. In einem liebevoll geführten Kinderheim!

    Nach der Fahrt wurden alle Kinder interviewt. Ich weiss nicht von wem die Leute waren, jedenfalls waren es die Erzieher die uns abgeholt haben und wieder nach Hause gebracht haben, mit der Bahn. Da kam so einiges raus. Ich weiss aber nicht, ob das zur Schließung oder zu Verbesserungen führte. Aber zumindest waren damals schon ein paar Leute an der Misere dran.

    1. In diesem Kinderkurheim “Quisisana” in der Kurpromenade 3-7 in St.-Peter-Ording war ich im Sommer 1979 und ich muss leider sagen, dass sich bis dahin leider nichts geändert hatte. Habe dort sehr ähnliche Erfahrungen wie Simona Moore gemacht, bis auf die Magen-Darm-Grippe – zum Glück blieb mir die erspart!
      Ich hatte nur noch Bruchstücke in Erinnerung, aber diese noch sehr deutlich negativ und als ich den Bericht las, war nun einiges davon wieder da. Ich weiß noch, dass es von einem Ehepaar geleitet wurde. Sie habe ich als sehr herrisch in Erinnerung, ihn als extrem dickbäuchig und nicht ganz so präsent.

      Ich erinnere mich zudem, dass jeden Abend im Wechsel 2 oder 3 Kinder eingeteilt wurden, um zu überwachen, dass auch alle Kinder still in ihren Betten liegen bleiben. Als ich dran war mit der “Aufsicht” gab es Gekicher und Geplapper und schwupps, war die “Tante” da und hat uns angebrüllt.

      Auch weiß ich noch, dass ein Mädchen bei mir am Tisch immer Schwierigkeiten hatte, mittags aufzuessen. Sie musste sitzenbleiben, bis sie komplett aufgegessen hatte und wehe, man wurde dabei erwischt, wie man ihr half, indem man einfach mit aß.

      Dann durfte man – bei vorbildlicher Führung – zur Belohnung hoch zu dem Ehepaar und fernsehen. Ich weiß noch, dass es ein Zimmer im Hippie-Stil war und ich meine mich zu erinnern, dass die Beiden geraucht haben – zumindest ist mir noch deutlich in Erinnerung, dass mir dort schlecht wurde und ich viel lieber zum Strand gegangen wäre…

      Und da kommen wir zum nächsten Punkt. Da ich heute eine Karte in den Büchern meiner Mutter fand, die sie mir damals geschrieben hatte, wusste ich nun endlich nach so vielen Jahren, wo dieses Kinderkurheim war und wie es hieß. Ich wusste bis heute nur, dass es in St.-Peter-Ording war. Als ich las “Kurpromenade” wurde ich schon stutzig. Auf der Karte sah ich dann das, was ich befürchtet hatte: das Kinderkurheim war direkt hinter dem Strand und wir waren NICHT EINMAL dort. Ich weiß das so genau, weil ich das Meer schon als Kind geliebt habe und ganz unglücklich war, dass wir nie an den Strand gingen. Nur einmal waren wir außerhalb den Grundstücks, genauso wie geschildert, zu zweit in Reih und Glied und sind über einen Feldweg gelaufen.

      Ich hatte vor der Reise auch gehofft, dass wir schwimmen gehen… es war ein warmer Sommer, doch wir wurden nur zwischendurch mal mit dem Gartenschlauch abgeduscht. Das war dann das Highlight für uns Kinder.

      Ansonsten kann ich mich noch an das Grundstück erinnern und dass rechts ein Graben verließ, in dem die Jungs kleine Frösche gefangen hatten, mit denen sie die Mädchen ärgern wollten.

      In der Zeit hatte ich auch meinen 8. Geburtstag. An den Geburtstag selbst kann ich mich auch nur wenig erinnern. Zum einen, dass mir ein Schokoladenkuchen mit Kerzen darauf, ich glaube, an den Tisch gebracht wurde, der mit großer Freude unter den Kindern aufgeteilt wurde. Das war ist leider die einzige positive Erinnerung an dieses Heim. Und zum anderen, dass die Smartiepackung und noch eine Süßigkeit, die ich von meinen Eltern bekommen hatte und die ich in meinen Schrank für später gelegt hatte, am nächsten Tag verschwunden waren.

      Nach dieser Verschickung wollte ich NIE WIEDER alleine irgendwohin fahren und ich weiß noch, dass ich am Bahnsteig vor Erleichterung sehr geweint habe, als ich endlich wieder meine Eltern vor mir hatte.

  43. Hallo zusammen,

    Ich heiße Gaby und bin jetzt 59 Jahre alt.Ich komme gerade von einem bewusst unternommen Besuch der Insel Föhr , in der Hoffnung das Kinderheim wieder zu finden im das ich Mitte der 1960 Jahre 6 Wochen zum Aufpäppeln verschickt wurde. Ich war damals ca.5-6Jahre alt. Mir wurde dieses Ansinnen damals in der Mütterberatung sehr schmackhaft gemacht: viele Kinder, Strand und Meer. Ich weiß noch wie heute, wie ich am Bahnhof Altona in Hamburg von meiner Mutter alleine in den Zug gesetzt wurde, nur mit einem Zettel um den Hals, wo es mit mir hingehen sollte. Ich kam aber erstmal gar nicht auf Föhr an sondern mit einem Pulk von Kindern auf Amrum ….erinnern tu ich mich u.a. auch noch an die großen Waschräume , dass ein Mädchen unserer Gruppe dort auch regelmäßig hinschiss und es immer wieder selbst beseitigen musste, die Arme.
    Das Heim wieder zu finden war nicht schwer. Ich erkannte es sofort an seinen hohen Fenstern,dem roten Backstein und dem erdrückenden, beklemmenden Gefühl, dass mich sofort übermannte, als ich Kinder dort krakelen hörte. Ich schaffte es auch nicht, das “ehrenwerte Haus” zu betreten. Es hätte mich erstickt. Und dass noch nach so vielen Jahren und 4 Therapien später..
    Ich habe mir dass alles also wohl nicht eingebildet-so schließe ich aus den gelesenen Schicksalsberichten eurer seits.
    Vielen Dank für`lesen
    eine Überlebende

  44. Hallo zusammen,
    mein Name ist Wolfgang und ich bin mittlerweile 62 Jahre alt. Ich habe einen Bericht ueber friesische Inseln gesehen und mich an den Aufenthalt in Wyk auf Foehr erinnert. Dann habe ich ein wenig recherchiert und bin zufaellig auf diesen Artikel gestossen. Ich war wie Gabi, auch in dem gleichen Zeitraum auf Foehr in dem Heim zum ,Aufpeppeln,.
    Kann mich auch novh an diverse gute und schlechte Dinge erinnern, wobei die schlechten weit ueberwiegen.
    Schlechtes Essen(angebrannte Milchsuppe mit Schaumkloesschen zum Fruehstueck), der Toilettengang, eingesperrt werden, selbstreinigen der Waesche , und die Maersche am Strand sind mir noch in Erinnerung.
    Gutes waren die Inland Landgaenge bei denen man die Kaninchen und Hasen beobachten konnte, und die abendliche gruselgeschichte die der Gruppe vorgelesen wurde.
    ich wuerde diese Statte auch gerne nochmals aufsuchen, weis aber ueberhaupt nicht mehr wo sie sich befindet. Vielleicht kann mich Gabi ja mal anschreiben, wenn sie moechte.
    Bis dann
    Wolfgang

  45. Ende der sechziger Jahre war ich im Herbst mit etwa neun Jahren in einem Kinderheim in der Röhn nahe der Wasserkuppe. Ich sollte kräftiger, widerstandsfähiger werden und vor allem zunehmen.
    Es gab im Vorfeld eine Kleiderliste was wir von zu Hause mitzubringen hatten z.B.. Anorak, kurze Lederhosen, kurze Turnhose, Kniestrümpfe, Pullover, Gummistiefel. Alles musste mit einem Namensschild versehen sein. Bei der Ankunft und nach der Zuteilung des Vierbettzimmers wurde von der Erzieherin alles das weggeschlossen, was sie für unpassend hielt. Warme Sachen u. lange Hosen waren unerwünscht, da wir ja gesund abgehärtet werden sollten. Es musste das getragen werden was die Erzieherin bereit legte. Die kurze Lederhose war Pflicht, wobei das einzige Zugeständnis an kühlen Tagen Kniestrümpfe waren.
    Wenn man den Anweisungen nicht folgte, setze es eine schallende Ohrfeige.
    Was wir zu essen bekamen kann ich mich nicht mehr erinnern. Morgens waren es wohl Brotscheiben mit Vierfruchtmarmelade und Milch mit Kakau.
    Täglich mussten Wanderungen und Sport in der Turnhalle gemacht werden. Beim Sport durften wir nur kurze Turnhosen tragen sonst nichts. Wir mussten mit dem Medizinball eine Art Ball über die Schnur spielen, was eine völlige Überforderung war. Wenn man den Ball fing knallte man unwillkürlich auf den Holzboden und holte sich blaue Flecken.
    Morgens hatte es gelegentlich schon Frost, für die täglichen Märsche durch den Wald und im Gelände waren wir viel zu dünn angezogen und mussten oft frieren. Da ich keine Wanderstiefel hatte musste ich die Gummistiefel tragen. Die waren nicht gefüttert und ich hatte neben kalten nackten Beinen auch noch eiskalte Zehen.
    Mein Zimmergenosse erkältete sich so, dass er wochenlang im Krankenzimmer war.
    Es kam auch ein Arzt, dem wir einzeln vorgeführt wurden und uns dabei nackt ausziehen mussten.
    Briefe wurden von der Erzieherin durchgelesen bevor sie abgeschickt werden durften – es durfte nichts negatives berichtet werden, sondern nur wie schön alles sei.
    Nachts bekamen wir Besuch von älteren Jungen, die sich gegenüber den Erziehern andienten für Ordnung zu sorgen. Sie versuchten die Jüngeren mit Schlägen einzuschüchtern und hatten ihren Spaß daran, Willkür auszuüben.
    Ich habe damals auch gegenüber meinen Eltern nie die wahren Begebenheiten berichtet, da sie glaubten ich hätte dort eine schöne Zeit gehabt.

    1. …was wieder einmal zeigt, dass schmerzhafte und demütigende Erlebnisse von den Kindern oft ihren Eltern nicht erzählt werden. Eine Sache, der man psychologisch nicht genug Aufmerksamkeit widmen kann.

  46. Ich bin auf diese Seite gestoßen, weil ich im Rahmen einer Psychoanalyse gerade mein Leben verarbeite.
    Ich bin Jahrgang 1962 und wurde im Alter von ca. 5 Jahren, für 6 Wochen, zur Erholung nach Bad Salzdetfurth geschickt. Dies lief über die Post, bei der meine Mutter angestellt war. Ich habe leider kaum eine Erinnerung an diese Zeit. Ich weiß nur noch, dass ich sehr gelitten habe. Gibt es hier jemanden, der über die Zustände zwischen 1967 und 1968 berichten kann. Ich würde mich gern erinnern, um zu verarbeiten.

    1. Bisher war kein Verschickungskind aus Bad Salzdethfurth, aber es soll zu einem bundesweiten Kongress zu diesem Thema 2019 kommen, da werden wir öffentlich aufrufen, und uns dann auch nach den Heimadressen sortieren, so dass es leicht ist, betroffene aus demselben Heim zu finden

  47. Hallo,
    seit Jahren versuche ich schon aus eigener Betroffenenheit hierzu zu recherchieren. Ich war für 6 Wochen in Bad Sooden-Allendorf Jan./Feb.1963 im Alter von 6 Jahren. Iniziiert wurde das von der ‘Postgewerkschaft’. Danach war ich gebrochen an Leib und Seele. Ich kam abgemagert, mit einer doppelseitigen, verschleppten Mittelohrentzündung und traumatisiert zurück. Und meine Eltern haben das Drama verleugnet, gerade auch vor sich selbst, obwohl das Heim in den nächsten Jahren wegen Auffälligkeiten geschlossen wurde. Trotz meiner Psycho-Therapie im Erwachsenenalter, die teilweise geholfen hat, bleibt etwas, was nicht reparabel ist und Teile meines Lebens immer noch beherrscht: Panik bei bestimmten Geräuschen, morgens starr und verkrampft bis zur Bewegungslosigkeit aufwachen o.ä.
    Es ist eine Geschichte, die ich gerne erzählen würde.

    1. Wärest du auch zu einem persönlichen Interview bereit? Es ist so wichtig, dass wir, die wir viel erinnern, denjenigen von uns helfen, die keine oder nur verschwommene Erinnerungen haben, deshalb die Idee dieses Blogs, eines bundesweiten Kongresses zu dem Thema, und dann mglw. die eines Buches, melde dich über meine mailadresse, liegt unter Impressum auf dieser Seite,
      Grüße, Anja

  48. Hallo Anja, in dem Beitrag von Kerstin Schatz, am 10. Juli 2018, wird das Haus in Bad Salzdetfurth, kurz erwähnt. Ich habe im Internet ein Foto vom Waldhaus gesehen und es sofort wiedererkannt.

  49. Hallo Anja,
    ich wäre gerne zu einem persönlichen Interview bereit! Die weitere Vorgehensweise können wir persönlich besprechen. Wenn Du mir an meine Mail-Adresse direkt schreibst, teile ich Dir auch gerne meine Telefon-Nummer mit.
    Liebe Grüße
    Ute Hirsch

    1. Danke, das ist sehr gut, wir freuen uns, ich bin dran, es dauert alles etwas.Danke für den Kommentar und an alle die hier kommentieren! Es bleibt nichts ungelesen und unbeachtet!

  50. Hallo Wolfgang,

    Unser Kinderheim wird jetzt von der Rudolf Ballin-Stiftung geführt.

    Adresse:
    Hamburger Kinder Jugend Haus
    Wyk auf Föhr
    Sandwall 78

    direkt hinter der Promenade am Ende der Touristenmeile. Vom Hafen aus, vom Schiff kommend, nach links halten…

    Wenn du den Strandabschnitt siehst und das Haus hinter den Hecken , weißt du es sofort, denn auch dein inneres Kind hält wahrscheinlich vor Schreck die Luft an.

    LG Gaby

  51. Hallo, ich bin Tochter einer ehemaligen aus dem
    Sonnleiten. Meine Mama verstarb leider plötzlich doch ich möchte ihr Leben erforschen. Bitte wer in sonnleiten war oder Fotos hat (muss so 1968-75 grob gewesen sein) , ich bin sehr interessiert. Danke

  52. Hallo lieber Andreas, niemand kümmert sich bisher um diese Verschickungsheime, es gibt keine Aufarbeitungsstelle oder Sammelstelle für diese Erfahrungen oder Nachforschungen, ich versuche hier aus den bisher über 100 Kommentatoren meiner Seite eine Liste von Betroffenen zu erstellen, sowie die Beiträge zu sammeln, daher kann ich dir noch nichts sagen über andere Betroffene. Ich möchte das Ganze aber in die Öffentlichkeit bringen, so dass wir größere Aufrufe starten können, dann ergibt sich vielleicht etwas, dass du andere kennenlernen kannst, die auch dorthin verschickt waren. In der Regel waren fast alle Erfahrungen damals ähnlich schlimm, positive Kommentare bekomme ich meist von damals Älteren und solchen, die in Gewerkschaftsheimen waren oder besonders Glück gehabt haben mit ihrem Heim, Du bekommst Post von mir, bitte habe nur etwas Geduld, es ist auch ein Buch geplant, dauert aber alles

  53. Ich war ca. 1968 in Bayrisch Gmain im Haus Sonnleitn. Habe auch noch Fotos, die ich zur Verfügung stellen könnte.
    Bitte um Anfragen mit Mailadressen.

    1. Hallo Herr Ickert,
      ich lese heute erst Ihren Betrag. Ich war im November 1961 an meinem 9. Geburtstag in Bayrisch Gmain und daher sehr an den Bildern interessiert. Ich bin Ihnen dankbar, wenn ich sie bekommen könnte.
      MfG Beate Sommer

  54. Hallo Anja,
    ich bin auch betroffen, ich war als kleines Kind im Waldhaus in Bad Salzdetfurth, es war für mich ein zutiefst traumatisches Erlebnis. Ich sende Dir meine Erinnerungen per Mail. @Christina Schneider, ich würde gerne Kontakt zu Dir aufnehmen! Sabine

  55. Hallo, irgendwie tröstlich, eure Erfahrungsberichte zu lesen. Fast so, als wäre man nicht mehr allein damit, obwohl man doch so allein war!
    Ich wurde 1968 im Alter von 4 Jahren nach Langeoog geschickt, als moralische Unterstützung meines 6jährigen Bruders, der im Gegensatz zu mir schüchtern und ängstlich war, ein ” schlechter Esser” zudem. Ich erinnere mich, dass ich etwas stolz war, als “Kleine” auf meinen großen Bruder aufpassen zu dürfen.
    Wenn ich an das kleine Mädchen denke, welches ich damals war, möchte ich es in den Arm nehmen, mitnehmen, es beschützen!
    Ich habe keine Erinnerung an die Hinfahrt, an andere Kinder, an die Tanten. Meine erste Erinnerung gilt einer Situation beim Essen: Graupensuppe
    Ich kannte keine Graupen, es schmeckte schrecklich, doch ich wurde gezwungen, einen zweiten Teller zu essen. Die Erinnerung an den Geschmack, an den Löffel in der Hand fehlt, ich weiß nur, dass ich mich im Speisesaal erbrach. Über die Schuhe, die Kleidung der Tante, die wohl dicht neben mir gestanden hatte, das Erbrochene klatschte auf den Boden und spritzte weit, alle schrien : Iiiih.
    Meine nächste Erinnerung gilt dem Schlafsaal, ein für mich riesiger Saal, mein Bett stand weit entfernt vom Fenster an einer Wand, der Bettbezug war weiß, ich kann mich an den steifen, harten Stoff erinnern, kann ihn beinah noch spüren.
    Ich lag in diesem Bett, tagein, tagaus. Als Strafe? War ich krank? Ich muss Fieber gehabt haben, ich hatte Träume. Die Bettdecke wurde eine weiße Felsenlandschaft, ich war winzig klein und konnte nicht vorankommen. Ich rutschte ab, fiel tief und tiefer, versank immer und das Weiß der Landschaft blendete.
    Ab und an war die Felsenlandschaft, in der ich umherirrte auch schwarz, unheimlich, ich konnte nichts sehen und hatte große Angst.
    Möglicherweise Tag und Nacht?
    Ich lag in diesem Bett, ab und zu schaute eine Frau in den Schlafsaal, weit entfernt stand sie in der Tür, mit einer weißen Schürze. Die Köchin, die nach mir sah? Ich glaube mich an die Worte erinnern zu können: Ich muss doch für die Kinder kochen, meine Kleine.
    Ich war den ganzen Tag allein, manchmal standen Kinder in sicherem Abstand vor meinem Bett und kicherten.
    Irgendwann erinnerte ich mich an meinen Bruder, fragte wohl nach ihm. Erst glaubte man mir den Bruder nicht, doch einmal stand er vor mir, sagte etwas, dann ging er wieder.
    Ich vergaß wer und wo ich war, ich war gar nicht mehr da…
    Irgendwann sagte man mir, alle würden jetzt nach Hause fahren, zur Mutti. ( Die Verschickung dauerte 6 Wochen)
    Ich erinnere mich, mich auf der Heimfahrt im Zug übergeben zu haben ( Hatte man mir zu essen gegeben, damit ich nicht so schwach war?) Die Tante hat so geschimpft, sie war außer sich, mit Papiertüchern musste ich beim Saubermachen helfen, ich erinnere mich an den Gestank, an die Schreie der Kinder, die sich angeekelt abwandten.
    Dann wurde ich auf einen Bahnsteig geschoben, ich höre noch: Nun geh schon, da ist deine Mama.
    Ich sah sie tatsächlich, ich ging auf sie zu. Ein ausgestreckter Arm, ein Zeigefinger, ihre Worte: Geh zurück, du hast dich noch nicht bei den Tanten bedankt!
    Ich kann mich erinnern, was mir durch den Kopf ging: Meine wirkliche Mutter kommt bestimmt noch!

    Soweit meine Erinnerungen…

  56. Hallo,
    endlich !!!! habe ich unter dem Stichwort “Verschickungsheim” etwas über meine Pein im Jahre 1967 gefunden.
    Ich möchte sehr gern meine Geschichte erzählen und endlich Gehör finden.
    Ich war vom Januar bis Mitte Februar in Berchtesgaden, also für 6 Wochen in Kinderkur und erlebte dort so einiges – ich war 5. Wahrscheinlich hat sich vieles erlebtes bis heute festgebissen. Wäre schön wieder von Ihnen zu hören, lesen.

    1. Ich bin grade krank, melde mich per mail, dauert aber etwas, da ich hier jetzt schon ein Projekt habe, das auf über 100 Leute angewachsen ist. Nichts wird vergessen, ich sortiere und ordne und dann melde ich mich ausführlicher

      Grüße
      Anja Röhl

  57. Hallo!
    ich wurde im Alter von 5 oder 6 Jahren ca. 1974 für 6 Wochen über die Barmer Ersatzkasse nach Lenggries verschickt. Meine Mutter sollte sich erholen.
    Ich kann mich an keinen Missbrauch in dem Sinne erinnern. Es gibt nur ein paar schemenhafte Erinnerungen. Eine der Heimmitarbeiterinnen erinnerte mich sehr an meine Mutter, was ich als sehr schlimm in Erinnerung habe. Ich hatte die komplette Zeit furchtbares Heimweh. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass man sich seelisch um mich kümmerte (dass mich jemand in den Arm nahm oder liebevoll zu mir war). Ich lief irgendwie immer so mit und habe die Ausflüge und sportichen Aktivitäten mitgemacht.
    Ich kann mich auch nicht erinnern, Kontakt zu meinen Eltern gehabt zu haben. Ich habe Postkarten an meine Eltern geschickt, die andere Kinder für mich geschrieben haben, da ich noch nicht schreiben konnte. Hier habe ich wohl nie von Heimweh gesprochen bzw. dass es mir schlecht ging.
    Als meine Eltern mich nach 6 Wochen am Bahnhof abgeholt haben, habe ich stundenlang geweint, weil ich so glücklich war, wieder zu Hause zu sein.
    Meine Eltern haben aber offensichtlich nach meiner Rückkehr irgendwie mitbekommen, dass die Verschickung für mich sehr schlimm war, denn mir wurde in den kommenden Jahren immer wieder damit gedroht mich erneut zu verschicken, wenn ich nicht spurte und lieb war. Ich erinnere mich noch daran, wie erleichtert ich war, als ich 13 wurde. Denn die Verschickung war nur bis 12 Jahre möglich.
    Ich kann nicht sagen, ob jetzt nur die Verschickung mich negativ geprägt hat (ich denke nicht), aber in meinem Leben ist dann einiges nicht so gut gelaufen. Ich hatte Jahrezehntelang eine schwere Essstörung und meine meist kurzen Beziehungen waren größtenteils destruktiv und geprägt von liebloser Behandlung durch meine Partner, die ich immer ertragen habe. Ich habe die Männer dafür noch abgöttisch geliebt.
    Ich bin sehr froh, Frau Röhl, dass Sie dieses Thema zur Sprache bringen!
    Andrea

  58. Hallo Betroffene und interessierte,

    Das Haus Sonnleiten wurde nach Schließung, Ende der 1970er Jahre, von der Familie Schmölzl gekauft und als Mittarbeiter Unterkunft genutzt. Seit Mitte der 1990er ist das Haus Sinnleiten und die umliegenden Gebäude (Betreuerwohnungen etc.) größtenteils unbewohnt.

    Da von einem Abriss in den kommenden Jahren auszugehen ist, habe ich angefangen über die Vergangenheit zu recherchieren.

    Ich Teile gerne alle Informationen die ich zum Haus Sonnleiten habe (historische und aktuelle Fotos).

    Erreichbar bin ich unter Lukas1@schmoelzl.de

  59. Guten Tag, ich habe im Alter von vier Jahren (geb. 1969) eine Kur auf Amrum gemacht. Ich habe nur bruchstückhafte Erinnerungen. Erst vor kurzem ist mir diese Kur durch ein Gespräch mit einer Kollegin wieder eingefallen. In jedem Fall sind es merkwürdige Erinnerungen die ich nicht richtig einordnen kann. Gibt es Erfahrungsberichte aus Amrum? Für eine Rückmeldung wäre ich dankbar. Mit freundlichem Gruß
    Anja

    1. Liebe Anja
      Es gibt sehr viele Betroffene, die aus Amrum berichten, meist “Haus am Meer”, allein hier auf den weiteren Seiten gibt es über 100 Kommentare, viele davon aus Amrum, es muss dort sehr schlimm für viele Kinder gewesen sein.

  60. Hallo, mein Name ist Axel. Ich bin 1964 geboren und in Schwelm (bei Wuppertal) zusammen mit zwei Brüdern in einer Handwerkerfamilie aufgewachsen.
    Ende der sechziger Jahre sind mein älterer Bruder und ich mit 6 / 7 Jahren für fünf oder sechs Wochen zur “Kinderkur” in ein Heim nach Muggendorf, einem kleinen Dorf bei Bamberg in der fränkischen Schweiz “geschickt” worden.
    An viele Sachen kann ich mich nicht mehr erinnern, an einige schon. Vor allem an die lange Bahnfahrt. Ganz alleine, nur mit unseren Koffern und einer Pappkarte mit unseren Daten um den Hals. Ich glaube das wurde damals über die Krankenkasse abgewickelt. Besonders in Erinnerung geblieben ist mir die Trennung von meinem Bruder für die gesamte Zeit. Wir wurden, wegen des Altersunterschiedes, in verschiedene Gruppen gesteckt und konnten uns während des Aufenthaltes nur selten sehen. Ganz stark ist noch die Erinnerung an das Heimweh … aber irgendwie haben wir das überstanden. Betreut wurden wir von Schwestern. Ich kann mich erinnern, dass wir sehr viel in der Gegend unterwegs waren und uns vieles angeschaut haben. Eine oder zwei Höhlen waren dabei. In negativer Erinnerung ist mir das einseitige Essen geblieben. Seit dieser Zeit habe ich eine Aversion gegen rote Beete, denn die gab es praktisch zu jedem Essen. Und die genau geregelten Schlafenszeiten, auch Mittags, sind mir noch in Erinnerung geblieben. Ebenso, dass uns von den Schwestern diktiert wurde, was wir auf die Ansichtskarten nach Hause schreiben sollten. Allerdings ist das noch einigermaßen nachvollziehbar, da ich mit sechs Jahren noch nicht wirklich schreiben konnte. Ich weis noch, dass wir viel draußen gespielt haben. “Misshandelt” worden sind wir dort ganz sicher nicht, wenn mal einmal davon absieht, dass es für sechsjährige nicht gerade toll ist, so lange alleine von zuhause weg zu sein.
    Viele Jahre später bin ich auf einer Fahrradtour einmal an dem Haus vorbeigefahren und habe es sofort wiedererkannt. Heute ist das Haus ein Pflegeheim des bayerischen roten Kreuzes .

  61. Ich habe auch eine schlimme Erinnerungen an eine Kinderkur, in die für 6 Wochen verschickt wurde weil ich zu dünn war. Ich bin 62 geboren und das muß in einem Alter zwischen 4 und 6 Jahren gewesen sein. Das war in Stetten am kalten Markt . Da waren evang. Ordensschwestern. Es war eine alleinstehende weiße große Villa (das ist so in meiner Vorstellung). War vielleicht noch jemand dort. Niemand hat mir geglaubt was ich dort erlebt habe.
    Würde mich über eine Rückmeldung sehr freuen. Leide an Panikattacken und Depressionen.

    1. Liebe Heike

      Ich glaube, in Stetten war bisher niemand, es gibt allerdings hier über 100 Kommentare und ich bin noch nicht ganz fertig mit der Auswertung. Wenn du magst, schreibe mir ausführlicher, ich sammele Berichte aus Verschickungsheimen, jedes kleine Fitzelchen Erinnerung ist wichtig, es heilt, wenn man sich erinnert, und es hilft, wenn man es zusammen mit anderen Betroffenen tun kann. Ich schreibe in Abständen alle an und möchte zu dem Thema Öffentlichkeit herstellen, dass sich sowas nicht wiederholen darf!
      Anja Röhl

    2. Hallo Heike
      Ich war auch dort 1977.
      Meine Erinnerungen ist nicht ganz so negativ wie bei Dir.
      Würde mich freuen von Dir zu hören und was Du noch so weisst.
      Fahre jetzt am Samstag eine Tag nach Stetten und Versuch mehr bin Erfahrung zu bringen.
      Viele Grüße Achim

      1. Lieber Achim

        Ich kann diesen Kontakt zu den hier Hunderten von Kommentierenden, nicht schnell herstellen, da wir auf der Webseite: http://www.verschickungsheime.de, sogar Tausende Betroffene haben, bin ich, trotz stundenlanger Arbeit am Tag, sehr lange mit all den Anfragen beschäftigt. Mach es einfach so, gib du in deiner Antwort an diejenigen eine Telefonnummer oder neutrale mailadresse an, wo du ansprechbar bist, das wäre der leichteste Weg. Ansonsten kannst du auf der Verschickungsheime-Seite auch ins Forum gehen, dort Unterhaltungen führen. Weiteres auf: http://www.verschickungsheime.de.

        1. Liebe Frau Röhl,
          durch Zufall bin ich auf diese Seite gestossen und dadurch sind Erinnerungen wach geworden.
          Ich bin 73 Jahre alt und auch ein sogenanntes Verschickungskind. Ich habe nicht viele Erinnerungen daran aber ich war ungefähr 4 oder 5 Jahre alt. Da ich klein und spillerich war wurde ich zur Erholung nach Bad Salzuflen geschickt. Ich weiss noch das ich furchtbar geweint habe denn ich wollte nicht von meiner Mutter fort. Woran ich mich genau erinnern kann ist, das ich irgendetwas essen musste wovor ich mich ekelte. Ich habe das Essen ausgebrochen und musste das erbrochene wieder essen. Die Eltern durften uns nicht besuchen und die Post wurde allen vorgelesen. Das allerschlimmste war mein Heimweh aber getröstet wurde man nicht.
          Ansonsten kann ich mich nicht mehr an diese Zeit erinnern. Ich habe wahrscheinlich vieles verdrängt aber Gott sei Dank für den Rest meines Lebens kein Trauma zurückbehalten.
          Als ich wieder nach Hause kam habe ich weniger gewogen als vorher. Ich habe schrecklich geweint als meine Mutter mich abgeholt hat . Sie war entsetzt und hat mir geschworen das ich nie wieder weggeschickt würde.
          Die Eltern hatten es ja nur gut gemeint.
          Viele Grüsse
          Marion

          1. Auch ich der Bruder von Marion bin ein Verschickungskind 1955 oder 1956 Wyk auf Föhr.Habe keine negativen Erinnerungen.Nur beim WC Gang mußte man mit 3 Blatt Papier auskommen.

  62. Zufällig bin ich bei der Suche nach einem Kinderheim in Byern auf dieser Seite gelandet und war sehr erstaunt, wie ähnlich es vielen anderen Menschen mit diesen unsäglichen „Verschickungen“ ergangen ist.
    Eines abends wurde ich in Hamburg in einen Zug mit vielen, vielen anderen Kindern gesetzt und musste sitzend durch die Nacht fahren.
    Meine eigenen Erinnerungen mit „Heim“ und „Tanten“ decken sich in erschreckender Weise mit den Berichten hier.
    Ich war als 8-Jähriger um Ostern 1966 herum für 6 Wochen in einem „Heim“ in Berchtesgaden, irgendwo am Fuß des Jenners. An den Namen kann ich mich nicht erinnern, aber sehr wohl an die Namen der beiden Häuser, in denen wir untergebracht waren: Haus „Sonnenschein“ und Haus „Fröhliche Wiederkehr“. Ich glaube, man konnte vom Grundstück aus auf die Talstation der Jennerbahn sehen, aber konnte die Gebäude bei Google Earth nicht verifizieren. Weiß jemand etwas über dieses Heim?
    Ich erinnere, wie so viele andere hier, absolut ungeniessbares Essen, sich erbrechende Kinder, hundsgemeine Straf- und Mobbingaktionen der „Tanten“, riesige Schlafsäle mit 12 und mehr Betten und ältere Kinder, die uns jüngere drangsalierten.
    Es gab nur eine einzige Jungentoilette und ich weiß noch, wie unerträglich es war, beim abendlichen befohlenen Toilettengang in einer langen Schlange zu warten, um dann in diesen unerträglichen Abort zu müssen…
    Schon bei der Ankunft wurde ich von einer „Tante“ vor den anderen Kindern lächerlich gemacht, weil sie beim auspacken des Koffers meinen geerbten, schon reichlich abgeliebten Steiff-Teddy fand und ihn mir unter dem Gejohle der Älteren wegnahm, weil ich doch schon viel zu alt für so etwas wäre. Oder ob ich ein Mädchen werden wollte? Ich sah ihn nie wieder.
    Auch erinnere ich mich, dass wir zweimal fotografiert wurden. Es gab dort zwei Ponys, „Peter“ und „Freya“. Jeder von uns wurde einmal draufgesetzt, musste fröhlich winken und musste dann sofort wieder absteigen. Das zweite Foto entstand auf dem Schneefeld. Einmal auf den Schlitten setzen, fröhlich winken und wieder absteigen.
    Viele Erinnerungen mehr, beispielsweise auch das kontrollierte schreiben von Briefen nach Haus, teile ich ebenfalls.
    Das „Betragens-Zeugnis“, dass wir mit nach Hause brachten, ist leider nicht erhalten, so dass ich mich freuen würde, wenn jemand mehr über diese kleine Kinderhölle in Berchtesgaden/Königsee weiß!

  63. hatte schon länger das gefühl,bei mir ist seelisch was im argen,auf der strecke geblieben,oder liegt im mantel eines traumas in mir verborgen und will nach hilfe schreien…habe endlich meinen vater danach befragt,zunächst wohin es damals ging und wie lange,wie alt ich war und so fort…erschreckend mit welcher gleichgültigkeit er meine bedenken aufgenommen hat bezüglich der folgen und erinnerungen diese erholungsaufenthalte betreffend,wie sie genannt wurden….also finde ich hier offensichtlich gleichgesinnte ,denen diese wochen weg von zuhause mehr als zugesetzt haben…sie haben uns verändert,unserer naiven seite beraubt,uns ins unbekannte gestossen und angst in uns gesät,auf jeden fall grosse vorsicht oder mißtrauen,den glauben an die liebe genommen,die wir als schutzlose wesen ersehnen und so dringend brauchen
    katja pauk

    1. Liebe Katja, Du sagst es, so ist es! Leider nehmen viele Eltern von damals es gleichgültig auf, wenn man davon erzählt, dahinter verbirgt sich uneingestandenes Schuldgefühl, das bei uns leider nur das Gefühl, im Stich gelassen worden zu sein, als man es nötig brauchte, verstärkt. Die wenigsten Eltern haben die Größe, ihre Kinder deshalb um Verzeihung zu bitten. Dabei ist das doch so einfach…

  64. Hallo,

    ich war (leider) auch verschickt. Im Harz, Bad Harzburg, Haus Sonnenschein. Ein unerträgliches Martyrium, welches ich mit meinem Bruder getrennt erlebte. Ich war fünf Jahre alt und er drei Jahre älter. Wir durften uns während des Aufenthalts nicht sehen. Strafen waren an der Tagesordnung, z. B. Erbrochenes wieder aufessen. Ich kann mich an keine sichere Minute erinnern.

  65. Ich bin aus Zufall auf diese Seite gestossen, moechte ueber mein Erlebnis berichten. Es war wohl nicht gar so schlimm wie manche andere die ich gelesen habe, aber es war schlimm genug. Ich wurde misshandelt. Es war im Sommer 1971. Ich wurde zur Kur nach Mittenwald verschickt, in das Haus am Schmalensee, so hiess es, glaube ich. Ich wurde einfach alleine in einen Zug nach Mittenwald gesetzt und wurde dann am Bahnhof abgeholt. Ich traf noch zwei weitere Kinder im Zug mit denen ich mich anfreundete und sie waren ebenfalls auf den Weg nach Mittenwald. Als wir in unserem Haus ankamen fragte mich die jugoslawische, roothaarige “Tante” ob ich Schokolade oder Kekse in meinem Rucksack haette. Ich mochte diese Frau auf Anhieb nicht, aber ich nickte und zeigte ihr meine Schokolade und Kekse die sie prompt konfiszierte. Die anderen Kinder von meinem Schlafsaal waren schlauer und verheimlichten ihre Naschsachen. Ich denke wir waren vielleicht 8 oder 10 Kinder in einem Raum mit bunk beds. Mein Bett war gerade neben der Tuer und ueber mir war auch eine “Andrea” mit der ich mich anfreundete. Wir mussten taeglich Sport treiben und wandern und wir wurden gezwungen unter eiskaltem Wasser zu duschen. Die Kind neben mir weinten und schrien. Ich zog mir den Keuchhusten zu und bekam keine Behandlung. Nacht fuer Nacht hustete ich so schlimm dass sich die anderen Kinder beschwerten weil sie nicht schlafen konnten, aber mir wurde medizinische Hilfe verweigert. Ich bekam Geld und Spielsachen zum Geburtstag geschickt. Das Geld unterschlug diese roothaarige Jugoslawin und meine Spielsachen verteilte sie an die anderen Kinder. Nur meine Puppe durfte ich behalten. Als ich an meine Eltern schrieb und mich beklagte und heraus kam dass ich mein Geburtstagsgeld nicht bekommen hatte, bekam ich nachts einen Besuch von der jugoslawischen Betreuerin. Sie drohte mir und ich sollte ja nichts mehr negatives ueber sie sagen. Sie zischte “Du bist dummes Kind, weisst nicht was ist Geld” in ihrem gebrochenen Deutsch. Gottseidank waren die 6 Wochen fast vorbei und ich war so froh wieder zu Hause zu sein und bekam nun medizinische Versorgung fuer meinen Keuchhusten zu Hause. Ich ueberlegte mir ein paar Mal einfach aus dem Heim auszureissen und auf die naechste Polizeistelle zu laufen oder irgendwie nach Hause zu kommen. Ich wollte nur weg von dort. Waere es nicht fuer die Maedchen gewesen mit denen ich mich befreundete haette ich es gar nicht ausgehalten. Nun ja, diese Jugoslawin ist wohl schon lange tot und kann nicht mehr zur Rechenschaft gezogen werden, aber ich hoffe vielleicht hilft auch mein Beitrag jemand oder vielleicht liest es jemand der auch dort in Mittenwald war im Sommer 1971. Wir wurden immer angeschrien und das Essen war auch nicht so gut und nicht genug meistens, und wie gesagt wir mussten unter eiskaltem Wasser duschen dass so kalt war dass wir Kinder schrien und weinten vor Schmerzen und der Kaelte, aber wir wurden noch mehr angeschrien. Trotz allem haben mich diese Erlebnisse nicht gebrochen. Ich war intelligent genug um damit fertig zu werden und arbeitete auch das auf was ich in der Schule versaeumt hatte was fuer mich gar kein Problem war.

  66. Ich hätte eine Frage an Christine Gäbel, die einen Kommentar am 12. September 18 hinterlassen hat. Bis dato ist es mir nicht gelungen, jemanden zu finden, der/die auch in den 60 er Jahren zur Kinderkur explizit auf Langeoog war. Meine Mutter konnte sich nur daran erinnern, dass die Verschickung über die Ev. Kirche gelaufen ist. Fragmentarische Erinnerungen an diesen Aufenthalt sind schlimm. Nur ein Beispiel: als ich im Kurheim ankam und 2 “Tanten” meinen Koffer öffneten, die schöne Kleidung sahen, die meine diesbezüglich begabte Mutter selbst genäht hatte, war mein Schicksal besiegelt. Schikanieren und sanktionieren waren an der Tagesordung. Meine Frage an Christine ist die nach dem Namen des Heims.
    Gudrun Dietrich

  67. Servus,

    ich wa in den 80ern insgesamt viermal auf Verschickung (Posterholungsheim). Ich war auf Langeoog, in St. Peter Ording (das war echt kacke) in Niendorf und in Baiersbronn. Nur vom Quisisana in St. Peter Ording hab ich noch schlechte Erinnerungen. An den Doktorbesuch kann ich mich noch erinnern und an das schlechte Essen und dass das allgemein eine etwas sehr abgefuckte Bude war. An den Schlafsaal kann ich mich noch erinnern.

    Aber gut dass ich vieles vergessen hab.

  68. Ich war im August/September 1973 als fünfjährige nach Berchtesgaden verschickt worden. Nach den Briefen muss es in Schönau gewesen sein. Ich habe schwere Traumafolgestörungen diagnostiziert die mein Leben bis heute beeinträchtigen.
    Ich habe viele Erinnerungen, die ich hier nicht preisgeben möchte, weil das evtl andere zu sehr triggert.
    Aber ich erinnere mich an den Baukörper des Hauses, an den Metallpilz im Garten an dem man sich dranhängen und drehen konnte. Und an die Lage des Hauses in der Landschaft, also wo eine Straße war, wo es Bäume gab, wo man Berge sehen konnte, in welcher Richtung vom Haus es bergauf oder Bergab ging…Es gab eine Art „sportgeräteraum“ in einer Barracke auf dem Grundstück wo ich mich oft versteckt habe. Man durfte (aus gutem Grund) nachts nicht auf die Toilette, was mir zum Verhängnis wurde.
    Ich versuche seit vielen Jahren herauszubekommen wo genau (örtlich) ich war, schon weil es mir therapeutisch gut tun würde den Ort nochmal aufzusuchen. Wenn jemand etwas weiß welches Heim das gewesen sein könnte? Ich habe noch Fotos vom Schlafsaal und auch von Wanderungen in der Gegend. Und Briefe. Vor allem einen einer von der Pflegerin, die dort arbeitete. Ich glaube mich an sowas wie eine Schwesterntracht zu erinnern. Ich wäre dankbar, andere Betroffene zum Austausch zu finden, oder jemand der den Ort kennt und Willens wäre bei Nachforschungen zu helfen. Es war grausam.

    1. Liebe Serena
      Die über 100 Berichte hier werden von mir gesammelt mit dem Ziel, sie der allgemeinen Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen, und dem Verschickungsthema im Heimkinderdrama einen gebührenden Platz einzuräumen, da dieses Thema noch kaum bis gar nicht im öffentlichen Diskurs ist. Davon sind viele Hunderttausende betroffen, denn es gab weit über 1000 Kinderkurheime in Deutschland. Wenn Du Angst hast, deine Erlebnisse hier ausführlich zu schildern, dann schicke sie mir doch per mail, wenn du magst (mailadresse auf dieser Webseite unter Impressum). Ich bin der Meinung, wenn man sich zusammenschließt um eine Öffentlichkeit zu diesem Thema zu alarmieren, dann muss die Wahrheit schonungslos ans Licht. Ich halte sehr viel davon, seine Leidenserfahrungen genau zu erinnern, um dann vielleicht Ursachenanalyse zu betreiben und daraus folgend sich klar zu machen, man war nicht daran schuld! Durch das Zusammentragen vieler solcher Erfahrungen erfährt der Einzelne Trost, denn auch das bestärkt ihn in dem Gefühl: Ich war nicht dran schuld! Das hat man mir angetan, wie auch Tausenden anderer Kinder, aus Gründen, die außerhalb meiner Person lagen und ich tue mich mit den vielen zusammen, die das auch erlebt haben, um es bekannt zu machen. Damit erforscht werden kann, welche psychohistorischen Ursachen das Ganze hatte, um es in Zukunft für immer zu vermeiden. So das große Ziel. Ich bemühe mich zZ darum im Sommer 2019 einen Kongress zu diesem Thema auf die Beine zu stellen, der Ort ist noch nicht bekannt. Alle, die hier kommentieren, werden von mir angeschrieben, liebe Grüße, Anja

    2. Hallo Serena,
      ich bin durch Zufall nach Lektüre eines Artikels https://taz.de/Kuraufenthalte-von-Kindern/!5818643/ auf diese Posts hier gestoßen. Ich kann mich nur noch an sehr wenig meinen Aufenthalt in Berchtesgaden erinnern. Ich muss dort Ende Juni 1973 angekommen sein und den Juli dort verbracht haben. Ich kann mich an ein langgestrecktes wahrscheinlich zweistöckiges Gebäude in einer Hanglage erinnern, wo sich die Schlafräume befunden haben müssen. In aufsteigender Hangrichtung schlossen sich weitere Gebäude an – wohl Verwaltung, Küche etc. – und die Isolierstation, auf der ich die letzten Tage meines Aufenthalts wegen einer Mumpsinfektion verbringen musste. Ich wurde dann vorfristig von meinen Eltern abgeholt. An den Metallpilz habe ich keine konkrete Erinnerung, es kann aber durchaus sein, dass es so etwas auf dem in meiner Erinnerung großen Grundstück gab. Jedenfalls standen dort hohe Nadelbäume (ich würde sagen Fichten oder vielleicht auch Tannen.) Zumindest abschnittsweise gabe es einen massiven Eisenzaun. In der unteren linken Ecke des Grundstücks gab es ein aus Bruchsteinen gemauertes Gebäude, das wir Kinder “Kerker” bzw. “Gefängnis” genannt haben, und um das einen weiten Bogen gemacht worden ist. Ob es dafür einen Grund gab, oder das nur unserer Vorstellung entsprungen ist, kann ich nicht mehr sagen. Ich meine auch, dass dort Nonnen waren. Und es gab, glaube ich, eine freundliche Schwester Mareike. Vielleicht hilft das ja bei der Suche nach der Örtlichkeit. Eventuell könntest Du auch mal im Berchtesgadener Stadtarchiv suchen – alte Stadtpläne etc. Im Internet lassen sich auch alte Postkarten von den Heimen finden.

  69. Ich bin sehr interessiert an Erfahrungsberichten zu einem Erholungsheim im Schwarzwald/Freudenstadt. Ich weiß nicht wie dieses Heim hieß. Die Verschickung war im Februar 1969 und wurde von den Stahlwerken Südwestfalen für deren angehörige Kinder zu günstigen Konditionen angeboten. Ich habe nur vage Erinnerungen. Ich weiß nur aus Erzählungen meiner Mutter, dass ich verändert und ängstlich wiederkam, davor ein fröhliches und ausgeglichenes Kind.Ich wurde gerade vier Jahre alt und wurde zusammen mit meiner Schwester (5 1/2) für 6 Wochen dorthin verschickt. Ich leide Zeit meines Lebens unter Panikzuständen und versuche im Moment nach Ursachen zu forschen. In Therapien war dieses Heim immer ein Thema und ich denke, dass ich es verleugne, dass es irgendwas damit zu tun hat, bis ich zufällig auf diese Seite gestoßen bin.

    1. Hallo, ich war im Schwarzwald im Heim Schuppenhörnle. Ich hatte Heimweh und es gab ekligen roten Tee, und einen Mittagsschlafsaal.
      Ich war aber noch in einem anderen Heim. Vielleicht verwechselt ich auch etwas. Es war einfach gemein mich weg zu schicken allein aus meinem wohlgehüteten Zuhause

  70. Hallo! Ich interessiere mich auch für das Thema Kindererholungsheim. War 1971/72 für 6 Wochen in Stetten am kalten Markt. Damals 5 Jahre alt. Erinnerungen habe ich so gut wie keine mehr. Meine Eltern haben wohl geahnt, dass die Entscheidung mich in “Kur” zu schicken nicht sehr gut ist, sie wurden aber von der Hausärztin und dem Gesundheitsamt unter Druck gesetzt. Das Kind ist zu dünn…! Allein die Tatsache ein Kind in diesem Alter für einen solchen Zeitraum aus einer sehr behüteten Situation wegzugeben, lässt mir heute die Haare zu Berge stehen. Habe auch mit Angststörungen und Depression zu tun. Den Text von Heike Maurer habe ich gelesen und bin natürlich beunruhigt…

  71. @serena, @anja
    Ich erinnere mich, dass ich auch in Schönau war im Jahr 63 oder 64. Es waren 6 grausame Wochen, die mir Traumata beschert haben. Abstruseste Erinnerungen, bis auf ein Foto wo ich als 5 jähriger auf einem Pony sitze, weiß ich nicht mehr viel. Die Eltern sind längst verstorben. Insofern interessant, dass es auch anderen so ergangen war, die offensichtlich auch lebenslange Folgen davongetragen haben. Und – die Idee einen Kongress zu veranstalten zu dem Thema klingt interessant. Ob das ein Zielpublikum findet muss sich zeigen.
    Herzliche Grüße
    Anonymous

  72. Durch Zufall bin ich auf diese Seite gestoßen, als ich über das Kinderheim Gutermann in Oberstdorf im Allgäu recherchiert habe, in dem ich im Januar/Februar 1957 für 6 Wochen zu einer Kinderkur war. Damals war ich 6 Jahre alt und wurde mit einem „Kindertransport“ dorthin „verschickt“ Ein halbes Jahr zuvor in 1956 hatte ich sechs Wochen nach meiner Einschulung einen Unfall auf dem Schulhof, bei dem ich mit einem Jungen der achten Klasse beim Spielen zusammengestoßen und auf Rücken und Hinterkopf gefallen bin. Ich hatte eine schwere Gehirnerschütterung und war über eine Stunde bewusstlos. Der Krankenhausaufenthalt, der auf den Unfall folgte, hat ebenfalls seine Spuren hinterlassen, die aber nicht vergleichbar sind mit denen aus der Kinderkur. Die behandelnde Kinderärztin war damals der Meinung, dass ich vor meiner erneuten Einschulung in 1957 (ich war nach dem Unfall für ein Jahr vom Unterricht zurückgestellt worden) unbedingt eine Erholungskur machen sollte. Das Kinderheim Gutermann war meinem Vater von der DAK als ein sehr gutes Haus empfohlen worden. Ich weiß noch genau, dass ich mich auf eine Zeit gefreut habe, mit anderen Kindern zusammen zu spielen und Schlitten zu fahren. Meine Mutter kaufte mir schöne neue Sachen zum Anziehen Es gab eine Liste, was alles mitgebracht werden sollte. In alle Kleidungsstücke wurden Schilder mit meinem Namen eingenäht.
    An alles was danach kam, sind meine Erinnerungen nur noch sehr lückenhaft. Ich erinnere mich an einen Speisesaal, in dem eine bedrückende, angstvolle Atmosphäre herrschte. Morgens gab einen Teller Haferschleim ohne Zucker, voll bis zum äußersten Rand, und anschließend noch ein unverhältnismäßig dickes Brot mit Marmelade. Man musste sitzenbleiben bis alles aufgegessen war. Die zugeteilte Menge war viel zu viel für einen kleinen Kindermagen und man musste über das „Sattsein“ hinaus weiteressen. Einmal hat ein Junge am Tisch erbrochen. Er bekam dann das gleiche Essen nochmal vorgesetzt und musste es aufessen. Der Kurerfolg wurde damals an der Gewichtszunahme gemessen.
    Ich wurde nach ein paar Tagen krank und bekam Windpocken. Man war ärgerlich auf mich und ließ mich das spüren, weil ich aufgrund der Ansteckungszeit „die von zu Hause mitgebracht haben musste“. Ich fühlte mich schuldig. Weil ich ansteckend war, brachte man mich in einer Dachkammer unter zusammen mit einem anderen Mädchen, was Masern hatte. Als meine Windpocken vorüber waren, bekam ich dann anschließend die Masern und das andere Mädchen die Windpocken. Ich habe von den sechs Wochen Kinderkur vier Wochen in der Dachkammer im Bett liegend verbracht ohne Kontakt zu den anderen. Wie ich diese Zeit überstanden habe, weiß ich bis heute nicht. Ich habe auch absolut keine Erinnerung daran, was ich die ganze Zeit über gemacht habe. Das einzige an das ich mich erinnere ist, wo mein Bett in dieser Dachkammer stand und wo das Fenster war, aus dem ich den anderen Kindern beim Schlittenfahren vor dem Haus zuschauen konnte. Einigen von ihnen hatte man meine neuen Kleider, die ich noch nie angehabt hatte, angezogen, weil sie nicht so viel mitgebracht hatten und ich die Kleider ja nicht brauchte, weil ich ja im Bett liegen musste. Das war die Erklärung. Meinen Eltern hatte man zwar gesagt, dass ich krank sei und im Bett liege, aber dass es mir gut gehe. Meine Mutter schickte daraufhin ein Paket an mich mit Süßigkeiten und meiner Lieblingspuppe. Dieses Paket habe ich nie bekommen. Meine Puppe haben sie mir auch nicht gegeben, die habe ich im Spielzimmer gefunden, als ich wieder aufstehen durfte. Da hatten inzwischen andere Kinder mit gespielt.
    Ich erinnere mich auch noch daran, dass man uns bei der Ankunft im Kinderheim mitgeteilt hatte, dass wenn jemand ganz großes Heimweh bekäme, er sich melden könne und dann nach Hause dürfe. Ich bin in dieser Zeit vor Heimweh fast umgekommen und als ich es nicht mehr aushalten konnte, habe ich es gesagt in der Hoffnung dann wie versprochen nach Hause zu dürfen. Aber da wollte man von diesem Versprechen nichts mehr wissen. Damals habe ich das Vertrauen in die Zusagen von anderen Menschen gänzlich verloren.
    Ein Satz von damals hat sich bei mir bis heute besonders eingebrannt. Wir wurden regelmäßig gewogen und da ich aufgrund meiner langen Krankheit trotz des vielen Essens in der ganzen Zeit nur ein Pfund zugenommen hatte, bekam ich gesagt, dass wenn ich nicht mehr zunehmen würde, ich nie mehr nach Hause dürfe. Mit schnürt sich heute noch der Hals zu, wenn ich an diesen Satz denke. Ich glaube ich hatte damals die Hoffnung aufgegeben, mein Zuhause jemals wiederzusehen.
    Ich bin wieder nach Hause gekommen, allerdings als ein anderer Mensch. Meine Eltern waren entsetzt, welches Kind da aus dem Zug stieg. Zu den Krankheiten, von denen sie bereits wussten, hatte ich noch drei verbundene Finger, die sich, wodurch auch immer, entzündet hatten.
    Meine Eltern waren ebenfalls entsetzt als sie die dicken Brotscheiben sahen, die man uns als Proviant für die nächtliche Zugrückfahrt mitgegeben hatte und konnten kaum glauben, dass wir diese immer essen mussten. Ich weiß auch, dass mein Vater sich bei der DAK nach meiner Rückkehr über dieses Heim beschwert hat.
    Die Folgen dieser 6-wöchigen Kinderkur haben mich ein Leben lang begleitet und mein Leben sehr eingeschränkt.
    Ich bin inzwischen selbst Traumatherapeutin mit einer eigenen Praxis und habe viel über Trauma gelernt und geforscht, um den Ungereimtheiten meines Lebens auf die Spur zu kommen und ich weiß inzwischen, dass vieles davon seinen Ursprung in den damaligen Erlebnissen hat.
    Durch einen erneuten Sturz auf den Rücken vor einigen Wochen sind die Erinnerungen an damals reaktiviert worden und ich erlebe gerade selbst an mir, dass Trauma im Körper gespeichert ist mit allen dazugehörigen Emotionen. Ich habe nicht im Entferntesten geahnt, welche Ladung durch die damaligen Erlebnisse da in mir gespeichert ist. Kolleginnen und Kollegen, begleiten mich liebevoll mit körperorientierter Traumatherapie durch den Verarbeitungsprozess, damit die Ereignisse von damals endlich ihren Schrecken verlieren können. Im Sommer werde ich eine Woche Urlaub in dem Haus machen, in dem ich vor 61 Jahren die schlimmsten Wochen meines Lebens verbracht habe und das inzwischen zu einem Landhaus mit wunderschönen Ferienwohnungen umgebaut ist. Mein Mann begleitet mich und wir haben eine Wohnung unterm Dach angemietet, die beworben wird mit dem Zusatz „eintauchen in alte Zeiten“ – wie wahr! Es ist mir wichtig, neue Erfahrungen an diesem Ort und speziell in diesem Gebäude zu machen, um die Vergangenheit von der Gegenwart zu trennen und Vergangenes endlich hinter mir lassen zu können, damit es mein Leben hier und heute nicht länger beeinflusst.
    Ich habe gelesen, dass für 2019 ein Kongress geplant ist, an dem ich gerne teilnehmen würde, wenn gewünscht gerne auch aktiv mit einem Beitrag über die Möglichkeiten der Traumaverarbeitung von Schock-, Entwicklungs- und Beziehunsgstrauma, wo ich sowohl aus der Theorie als auch aus meiner eigenen Erfahrung berichten kann. Gibt es für den Kongress schon einen Termin?

    1. Eine Wahnsinnsgeschichte! Man muss weinen, wenn man Ihren Bericht liest! Unser Kongress wird wahrscheinlich am 22./23.11. auf Sylt stattfinden, die Verhandlungen dazu laufen noch, alle, die hier Kommentieren, bekommen in den nächsten Tagen Bescheid. Sylt ist in die nähere Wahl gekommen als Nordseeinsel (viele der Betroffenen waren auf Nordseeinseln), und als ein öffentlichkeitswirksamer Ort, denn Ziel ist es, einmal durch das Zusammentreffen vieler Betroffener aus dem Gefühl herauszukommen, man war allein mit dem Problem, daher einen kleinen Ansatz von Heilung zu erfahren, gern mit weiteren Tipps, zum anderen die öffentliche Aufmerksamkeit auf dieses Thema zu lenken und für die Zukunft zu fordern, dass man nie wieder solche Erziehungspraktiken zulassen darf! Es wird also einen Erfahrungsaustauschs-Part und einen Mini-Referententeil (2-3) geben. Zur Vorbereitung des Kongresses werde ich gesondert Interessierte im Sommer zu einer nicht öffentlichen Sitzung einladen.
      Mit freundlichen Grüßen
      Anja Röhl

  73. liebe anja,
    das haus was serena sucht ist wahrscheinlich kinderheim carola in schönau am hanottenweg am elisen weiher.ich war etwas später dort april 1975 6wochen . denke kann ihre traumatischen erfahrungen teilen auch ich musste einiges erleben…bin aber nochmal nach schönau gereist um aufzuarbeiten.leider steht das haus nicht mehr nur noch die alten spielgeräte konnte ich noch finden.gerne würde ich ihr helfen habe alte postkarten vom haus.lg vera frankenberger

  74. Hallo zusammen, ich war in den 70zigern mit meiner Schwester in der Kinderheilanstalt in Bad Dürrheim. Ich kann mich heute noch an das lied erinnern das wir sangen, auch an den aller ersten Tag wo wir da ankamen, es gab einen ekelhaften Müsli Brei, ich konnte den nicht Essen und bekam somit den ganzen Tag nichts mehrzu Essen, ich wollte sofort Heim! Auch durften wir nur Postkarten schreiben und die wurden noch diktiert wie gut es einem gehen würde! Auch war das Fieber messen, das noch rektal durch geführt würde immer sehr brutal vollzogen! Das Baden war auch sehr schlimm, wenn man nicht wollte, kam ein Holzdeckel auf die Wanne wo nur der Kopf rausschaut! Meiner Schwester erging es sehr schlecht, sie nässte ein und somit bekam sie selten bis nicht’s zu essen was das einnässen nicht verbesserte. Pder sie musste kalt Baden. Viele Dinge waren grausam ! Wer nicht gehorchte wurde bestraft! Ich selbst musste 2 Nächte in der Küche verbringen durfte nicht in mein Bett. Ich musste 2 mal dieses Heim besuchen 8 Wochen am Stück, meine Schwester nur einmal, sie kam mit 35 kilo nach Hause!! Ich denke das dieses Heim auch in der Hitlerzeit genutzt wurde um schändliches zu tun, ich denke meine Mutter wusste nicht wie grausam es war.
    Danke fürs lesen! Ich bin heute 52

  75. Ich war 1960 oder 1961 in Bad Soden Allendorf in der Verschickung. Ich habe bis heute noch schlimme Erinnerungen an die Zeit. Meine Mutter hat es nicht interessiert und dann meinen jüngeren Bruder dort hingeschickt. Der kam traumatisiert zurück . Was dort passiert ist war Kindesmisshandlung und Psychoterror an Kindern.

    1. Hallo, Eva, habe erst jetzt die Anfrage gelesen. Ich war 1963 oder 1964 im Alter von 8 oder 9 Jahren “Haus Holtermann” oder so ähnlich in Wyk auf Foehr. Damals lebte ich noch in Brackwede bei Bielefeld. Mittlerweile wohne ich in Florida. Habe hier in den USA Jemanden in meinem Alter kennengelernt, der zu der Zeit ebenfalls zur Kur in Wyk war.
      Viele Gruesse von Monika

      1. Das ist ja spannend, in den USA haben wir schon andere Betroffene, geh mal auf unsere Webseite: http://www.Verschickungsheime.de, dort haben wir unter KONTAKTE auch Auslandskoordinatorinnen, da ist eine für die USA zuständig, ich weiß nicht, wie aktivste ist, aber da wir untalentierte per online treffen, geht das ja auch Wohnort übergreifend. Eine Wyk-Gruppe gründet sich grade neu, melde dich da bei Interesse gern bei Stefan von der Buko, auch unter KONTAKTE dort, liebe Grüße, Anja

  76. Hallo zusammen,
    nachdem meine Mutter 1981 einen Postbeamten geheiratet hat, kamen meine Schwester ( geb.1970) und ich ( geb.1972) in den Genuss über die Post “verschickt” zu werden. Das erste Mal, ich war Carl.8 Jahre alt, waren wir in Bad Sooden. Dort wurden wir von Nonnen betreut. Wir waren im Grunde alle wegen Untergewicht dort, außer ein Mädchen, die war zu dick. Wir wurden regelrecht gemästet, und sie durfte nur das hauseigene Heilwasser trinken. Dort mussten wir auch immer Solbäder nehmen, was ich nicht sehr angenehm fand. Aber sonst kann ich sagen, dass es keine schlechte Zeit war. Unsere Eltern kamen uns sogar einmal besuchen und wir waren auch ” nur” vier Wochen dort. Aber die Zugfahrt, die man alleine antreten musste, fand ich auch nicht angenehm.
    Die zweite Kur war schon eine ganz andere Nummer…. Wir waren in Maquardstein, das ist im tiefsten Bayern ( wir kommen aus Lübeck, Schleswig-Holstein), eingeschlossen von riesigen Bergen. Die Heimleitung und die Erzieher waren wirklich gruselig und sehr herrisch. Ich kann mich noch erinnern, dass wir zuerst ein wirklich schönes Zimmer hatten. Dann bin ich krank geworden, eine schlimme Grippe und mit dem Wissen von heute muss es eine Nebenhölenvereiterung gewesen sein. Als ich morgens aufwachte, war mein ganzes Bett und meine geliebten Kuscheltiere voll mit blutigem Eiter. In der Nacht muss es aufgegangen sein und lief schön die ganze Nacht in mein Bett. Wir haben dann natürlich gleich Bescheid gesagt, aber frische Bettwäsche wurde mir verweigert, weil es noch nicht Zeit zum wechseln war. Dann, ich weiß nicht mehr warum, müssten wir das Zimmer wechseln. Wir kamen dann in eine Dachkammer, die wir mit einem Mädchen teilen mussten, die immer ihre Finger-und Fußnägel aß und ins Bett machte ( beide Geschäfte). Diese vier Wochen zogen sich wie Kaugummi.
    Dann war meine Schwester 12 Jahre alt, und durfte nicht mehr mit. Ich fuhr dann nach Münsingen, was mir wirklich sehr gut gefallen hat. Ich kann mich noch erinnern, dass dort ein Mädchen war dass von ihrem Vater missbraucht wurde. Damit konnten wir Kleinen nicht viel anfangen. Aber ich fand es gut, dass man, trotzdem sie schon 15 Jahre alt war, sie dort aufgenommen hat.
    Dann, als ich gerade 12 Jahre alt war, verstarb meine Mutter an Krebs. Es war eine sehr schwere Zeit für uns. Ich durfte ausnahmsweise dann auch in diesem Jahr noch an einer Kur teilnehmen. Ich bin nochmal nach Münsingen gefahren. Dort gab es etwas außerhalb einen kleinen Hof mit ein paar Tieren und wir hatten dort viele Freiheiten.
    Wenn ich jetzt speziell an das Essen denke, muss ich ehrlich sagen, dass es überall nicht die Wucht in Tüten war. Aber ich kann mich nicht daran erinnern, dass es uns förmlich reingeprügelt wurde. Da waren die in den 80ern schon sichtbar weiter. Auch die Zeit war zum Glück kürzer, aber auch vier Wochen können lang sein.
    Im Großen und Ganzen habe ich wohl mit meinen Einrichtungen Glück gehabt. Aber trotzdem hätte ich meinen Kindern das niemals angetan.
    Bei mir steht jetzt gerade eine Reha an und ich dachte so über meine Kuren als Kind nach. Dann kam ich auf diese Seite. Aber ich arbeite gerade meine familiäre Vergangenheit auf und kann alle sehr gut verstehen die durch so etwas traumatisiert sind. Kann man sagen: sie wussten es nicht besser??? Ich glaube nicht…
    Ich drücke allen die Daumen dass es besser wird
    Liebe Grüße

  77. Schon länger habe ich nach Informationen zu Kindererholungsheimen gesucht und bin heute auf Ihrer Seite angelangt.

    Erinnerungen habe ich nur wenige an meinen Aufenthalt (vermutlich 1958); dazu gehört zuerst der Abschied an der Bahn von Mutter und Großmutter – allerdings sehe ich uns nur von außen und ohne die Gefühle von Abschiedsschmerz und Angst.
    Dann sehe ich einen großen Schlafsaal mit Metallrohrbetten, die in Reih und Glied nebeneinander stehen.
    Bedrückend ist die Erinnerung an den Speiseraum, an eine Milchsuppe in Schalen, auf deren Grund eine Dörrpflaume lag. Wie von vielen hier berichtet, musste alles aufgegessen werden; nicht allen war das möglich. Einige erbrachen sich. Es gab einen Katzentisch, an den diese Kinder gesetzt und zum Essen gezwungen wurden.
    Ich erinnere mich, ganz deutlich und hierbei mit gutem Gefühl, an eine Wiese, durch die ein schmales Bächlein floss, mit blühenden Schlüsselblumen.
    Da ich noch nicht schreiben konnte, sehe ich eine “Tante” vor mir, die eine Karte beschriftete, aber nicht so schreiben mochte, wie ich es vorgab.
    Und schließlich erinnere ich mich nach der Rückkehr an das Entsetzen meiner Mutter, als sie mich empfing. Ich war ungepflegt, hatte raue Handrücken, die über den Knöcheln borkig und aufgerissen waren.

    Ganz tief und fest hat sich der Name des Ortes in meine Erinnerung eingegraben, Bühl Baden, Kappelwindeck. Wie die Einrichtung hieß, weiß ich nicht.

    Vielleicht gibt es jemanden, der auch an diesem Ort war, das Heim kennt und Erinnerungen teilen kann!

    Ihnen, Frau Röhl, danke ich für die Aufmerksamkeit, die Sie diesem dunklen Kapitel von Kindheit zukommen lassen.

  78. Sehr geehrte Frau Roehl, danke für ihr Engagement zunächst…und: es tut gut,mit diesen Erfahrungen nicht allein gelassen zu werden….wohnhaft waren wir damals in Baden-Württemberg, geboren wurde ich 1965 im kalten Januar in einem Örtchen nahe Villingen-Schwennigen geboren. Ich muss von Geburt an krank gewesen sein, denn mit ca. 3 Jahren schickte mich meine Mutter für viele Wochen oder gar Monate? in das Kinderheim auf Norderney. Das Heim gibt es heute noch. Meine eigene Tochter – heute 19 – sollte von der Barmer mit 7 Jahren ebenfalls dorthin verschickt werden – ich habe es verweigert. Warum nur, hat meine Mutter das damals zugelassen?…ich erinnere mich an einen dunklen, gewölbeartigen Schlafsaal mit vielen kleinen Betten, an die Hoffnung, wenn die Post kam und die Enttäuschung wenn man nichts bekommen hatte, an die Scham , wenn die Briefe und Karten von den Schwestern (es war eine kirchliche Einrichtung) diese vor allen vorlasen, die Pakete, die Mama gepackt hatte- für mich..die aber an alle verteilt wurden, damit man Demut übte, die lange Reihe an kleinen Waschbecken, die Kleidung, in die überall meine Name eingenäht war, an die Kinder mit Neurodermitis, die nicht kratzen sollten und deshalb mit Plastikschienen an den Armen und Beinen bewegungsunfähig in ihren Bettchen lagen und standen, an den Mittagsschlafzwang, an den Tag, als ich dringend mal musste, aber das Geschäft durfte nicht in den Topf, den alle unter Aufsicht in der Mitte des Raumes benutzen mussten, ich habe dann beim Spaziergang in zweierreihen in meine Strumpfhose gemacht und habe mich so geschämt, da es laut verkündet wurde, ich sei unsauber, an die Kontrolle meiner Nägel, an das Hinknien in der Mitte des Raumes, an die Schläge auf die zerkauten Hände mit dem Lineal, an das Messen des Bauchumfangs, hatte man zugenommen? An die Milchsuppe, die mich zum Würgen brachte,,,,,an meine unendliche Sehnsucht, an meine Einsamkeit, die Frage: Mama, wo bist du und warum kommst du nicht mich abholen???…Das habe ich sie dann auch gefragt, als sie mich abholte damals, in Norderney, am Zaun…ich habe sie auch heute immer wieder gefragt: Mama, warum hast du das getan? Du musst mich doch vermisst haben? …*Das hat man damals so gemacht, und du hast auch immer Briefe geschrieben (mit DREI) , das es dir gut geht, und auf den Bildern hast du gelacht….

    Mit 11 Jahren wurde ich nochmals verschickt – nach Markt Schellenberg in Berchtesgaden..ich habe auch geschrieben, gebeten, mich bitte wieder zu holen….offensichtlich taten sie das auch – aber ich wollte wohl nicht mit…der Aufenthalt dort war als Mädchen in der Pubertät beschämend…es gab unschöne Ereignisse, die Pädagogen hätten alle verdient in der Hölle zu schmoren…

    Ich habe eine schwere psychische Erkrankung, wohl seit früher Juged, die durch ein Trauma hervorgerufen wird, durch emotionalen, seelischen Missbrauch…noch immer leide ich unter Verlustängsten, Depressionen uvm….im Laufe viler Therapien , Selbstreflexion, Lebenserfahrung frage ich mich nicht mehr, woher das kommt….die Verschickung war mit Sicherheit massiv ausschlaggebend…ich frage mich, warum Eltern bis heute nicht erkennen, was sie ihren Kindern damals angetan haben….ich bin sleber Mutter!!…NIE NIEMALS hätte ich das meinem Kind angetan….ich habe einmal auf Norderney angerufen und wollte mehr Auskünfte zu den Geschehnissen….”Ja, da sind wohl viele Kinder traumatisiert worden”, lautet die Auskunft…und auch meine Therapeuten ignorieren das Thema…..es ist nicht präsent…dieser Missbrauch…hat man halt so gemacht damals….

    Uff…da kommt viel hoch….danke fürs Lesen

  79. Ich war 1961 ( mit 8 Jahren) und 1963 ( mit 10 Jahren) ohne Eltern auf Langeoog ( Gruß u.a. an Gudrun Diedrich) und habe nur schwache Erinnerungen daran. Der Grund meiner Kur war zu zunehmen. 1963 konnte ich kein Fleisch mehr essen, die Folge war, dass ich bis Nachmittags stundenlang allein am Tisch bleiben musste, während die anderen Kinder sich draußen zum Spielen und wandern befanden. Diese Tortour musste ich wochenlang durchstehen.

  80. Hallo,
    Habe diese Seite gefunden, als ich Kinderkurheim Schönau am Königsee 1975 bei Google eingab. Ich wurde 1975 wegen Lungenbeschwerden zur „Luftveränderung“ für 6 Wochen nach Schönau verschickt, erinnere mich an einen Garten leicht abschüssig mit einem Gartenhaus, einem Spiel-Pilz zum drehen. Es wurden Ausflüge gemacht, wovon auch ein Foto existiert. Erinnere mich an Fernsehnachmittag mit der Zeichentrickserie Wicki, und an Vorlese und Rätselstunden. Erinnere mich auch an die Nacht, in der ich ohne Bettzeug im Vorleseraum, ein Raum zum Garten mit großen Fenstern und länger Holzbank, wegen Fehlverhaltens schlafen mußte. Erinnere mich auch an die älteren „Kinder“ vor denen ich Ängste hatte, es kommt zwar vor, dass sich Kinder untereinander „schlecht behandeln“ aber bei 6 Wochen permanenter Quälereien ohne Einschreiten von Aufsichtspersonen war ich froh wieder zuhause zu sein. Manchmal kommen Bilder hoch, Habe aber auch vergessen können. Viele Grüße J.

    1. Ein Schlittenfoto besitze Ich auch noch von Jenner. Ich musste mit einen blonden Jungen zusammen ein Alles ist gut Foto machen für Zuhause.

  81. Hallo Zusammen,

    endlich werden auch diese Missstände von damals aufgegriffen. Auch ich habe schlimme Erinnerungen an meine “Verschickung”. Das war1962, ich war 6 Jahre und wurde nach Bad Sooden-Allendorf “verschickt”, weil ich für die Einschulung zu schmächtig schien.
    Viele Erinnerungen habe ich nicht, es sind nur schlechte. Ich kam nach den furchtbaren 6 Wochen mit beidseitiger Niererenbeckenentzündung und über 40 Grad Fieber zurück nach Hause. Meine Mutter hatte mir viele gesondert markierte warme Kleidungsstücke mitgegeben – es war zur Winterszeit. Meine warme Kleidung wurde anderen Kindern angezogen, ich habe iimmer gefroren, das weiß ich noch genau. Die Nächte im riesengroßen Schlafsaal – Mädchen und Jungen in einem Raum – waren schlimm. Wir Kinder durften nicht auf die Toilette gehen, sondern mussten “Pinkeltöpfe” benutzen, die in der Mitte des Saals standen. Die waren natürlich schnell voll und ich habe mich geekel, mich darauf zu setzen..Die Schwestern waren Drachen – so habe ich es damals empfunden – die haben uns geschlagen, wenn sie uns dabei erwischt haben, wenn wir uns doch auf die Toiletten geschlichen hatten.

    Viele Kinder hatten großes Heimweh und haben viel geweint. Ich auch, war aber meistens in mich gekehrt. Ich weiß auch noch, dass ich zwei Postkarten nach Hause schicken durfte. Die wurden von den Schwestern geschrieben und alles war natürlich toll. Ansonsten war jeder Kontakt untersagt. Ach ja, und dann waren da noch die Spaziergänge auf steilen vereisten Waldwegen. Ich bin andauernd hingefallen und war dann pitschnass.
    Wenn ich heute über den Aufenthalt dort nachdenke oder erzähle, bekomme ich eine Riesenwut. Das Trauma ist immer noch in mir. Ich möchte mir gar nicht erst vorstellen, was Kinder durchgemacht haben, die in solchen Heimen aufgewachsen sind und auch noch sexuell missbraucht wurden.

    Auch von mir danke, Anja, dass Sie das Thema adressieren, ich bin sicher, da gibt es eine große Zahl von Menschen, die ähnliches erlebt haben. Vielleicht ist es ja auch mal einen Bericht in einem kritischen TV-Magazin wert.

  82. Auch ich habe immer wieder nach Gleichgesinnten gesucht, die Erfahrungen mit Kinderverschickung gemacht haben. Bis ich die Seite hier gefunden habe, dachte ich an ein Einzelschicksal oder dass ich mir das alles nur eingebildet habe. Aber es scheint nicht so zu sein. Ich war kurz vor der Einschulung, Frühjahr 1971 müsste das gewesen sein, zum ersten Mal auf Verschickung. Mein heißgeliebter Opa (ich bin bei meinen Großeltern aufgewachsen) ist gerade verstorben und ich bin 6 Wochen nach St. Peter-Ording geschickt worden. Mein älterer Bruder war auch dabei aber ich habe ihn kaum gesehen in der Zeit.

    Ich kann mich wie heute daran erinnern, wie es dort gerochen hat. Wenn man von draußen rein kam, musste man irgendwie mit den schmutzigen Schuhen durch eine Art Keller. Es roch noch Schuhcreme, Bohnerwachs, Hagebuttentee und Puddingsuppe. Den Schlafsaal, in denen unzählige Betten standen (meins war auf den linken Seite, ziemlich dicht an der Tür) habe ich noch vor Augen. Das Zimmer durfte man nach 18:00 Uhr und in der Mittagszeitschlaf nicht verlassen. Auch nicht, um auf die Toilette zu gehen. Ich musste aber und die Strafe folgte.

    Geduscht oder gebadet wurde einmal die Woche, die Unterwäsche durfte nur danach gewechselt werden. Ich sehe auch noch den Kiosk vor mir, wo man von seinem kleinen Taschengeld was zu Naschen kaufen konnte. Die anderen Kinder haben von zu Hause Pakete bekommen – für mich war nie was dabei. Ich hatte unendlich Heimweh und dachte, ich müsse für immer da bleiben. Selten war man mit der Gruppe draußen an der frischen Luft, nur an den Wandertagen. Zu zweit in Reih und Glied in den Ort. Die Zeit an der Nordsee habe ich nur als Albtraum in Erinnerung. Ich wurde ein paar Jahre später nochmal verschickt – nach Braunlage. Diese Zeit habe ich als im Gegensatz zu SPO als schön in Erinnerung.

  83. Hallo Anja Röhl,
    ich hoffe sie hatten einen schönen Urlaub und danke für die Mühe die sie sich machen! Meine Eltern haben darmals das Angebot der Krankenkasse BEK gerne angenommen mich zu “Erholung” zuverschicken.Habe Dank meines Vater noch den gesammten Briefverkehr.Mein Kinderkurheim “Carola”in Schönau am Königsee lag an einem Weiher mit vielen Spielgeräten ,unter anderen einen Drehpilz ,Bolzplatz Rutsche einen Geräteschuppen …Wir nannten
    es Poolhaus und einen Schwimmbecken was ich wieder gefunden habe.Meine Erholung bestand daraus 6 Wochen in der Ecke vom Speisesaal zustehen,weil ich nicht Milchreis und co essen wollte.Einmal in der Woche war Wiegetag was Horror für “Alle” Kinder war.Wehe man hat nicht zugenommen oder ab….! Bestrafungen wegen Bettnässen oder laufen auf dem Gang waren Nächten auf einer Holztruhe zuverbringen.Klar haben wir Ausflüge gemacht und auch ich habe ein Foto mit Schlitten auf dem Jenner.Wie ich hier lese sind einige Berichte Ähnlich und auch nach solanger Zeit für die ehemaligen Verschicken KInder immer noch ein Trauma.Deshalb nochmal Danke das Sie für dieses Thema, diesen Raum lassen.
    Liebe Grüße Vera F.

  84. Ich war 1968 im Alter von knapp fünf Jahren für sechs Wochen “verschickt” in einem Kindererholungsheim im Cuxhavener Stadtteil Duhnen. Die Erinnerungen sind sehr bruchstückhaft, um so mehr sind die wenigen Bilder ins Gedächtnis eingebrannt.

    Leider war ich ziemlich zu Beginn an den Windpocken erkannt – das wurde hier in den Kommentaren ja schon mehrfach geschildert … Bei mir hat die Genesung offenbar recht lange gedauert, genaues weiß ich nicht mehr; gefühlt war ich drei von den sechs Wochen krank.

    Ich erinnere mich sehr deutlich an eine Wanderung mit der Gruppe: Nach meiner Genesung ging es auf dem Deich an der Küste entlang. Ich muss wohl noch recht geschwächt gewesen sein, so dass ich bei starken Gegenwind nicht mithalten konnte. Hilfe oder Trost erhielt ich nicht, im Gegenteil: Ich wurde von den Betreuerinnen ungeduldig ermahnt, mich nicht so anzustellen. Ich konnte nur mit größter Anstrengung ein Bein vors andere setzen, so sehr ich mich auch gegen den Wind stemmte, und kämpfte verzweifelt darum, nicht den Anschluss zur Gruppe zu verlieren. Schöner Stoff für wiederkehrende Alpträume …

    Zweite Szene: Wir Kleinen mussten Mittagsschlaf halten, ob wir wollten oder nicht. Der Schlafsaal mit vielen Stahlrohrbetten war nur vereinzelt belegt. Unter meinem Bett wurde menschlicher Kot gefunden, und ich als vermeintlicher Verursacher (sprich: zu Unrecht beschuldigter) bekam Handfeger und Schaufel in die Hand gedrückt. Vor allen Kindern musste ich unters Bett kriechen und die Kackwurst beseitigen. Dass ich dies als ungerecht und zutiefst entwürdigend empfunden habe, muss ich wohl nicht betonen.

    Dritte und letzte Szene: Meine Mutter holt mich am Hamburger Hauptbahnhof ab. Ich freue mich, dass sie meine Lieblingsspeise vorbereitet hat. Fortan bin ich kein “schlechter Esser” mehr – zumindest ein Erfolg der Maßnahme, denn nun ist mir offenbar bewusst, wie gut ich es zu Hause habe.

    Nach zwei Fehlgeburten bekomme ich wenige Monate später ein Brüderchen, im Jahr darauf noch eines. Falls meine Abwesenheit entlastend hierzu beigetragen haben sollte, so erhält diese Erfahrung wenigstens diesen Sinn. Wenn auch um den möglichen Preis langfristiger gesundheitlicher und psychischer Kosten – das ist natürlich spekulativ, ließe sich aber durchaus noch detaillieren.

    Ach, und als meine Mutter ein paar Jahre später mir gegenüber äußerte, eventuell auch meine kleinen Brüder “verschicken” zu wollen, soll ich ernst und bestimmt gesagt haben: “Tu das nicht, Mami. Tut – das – nicht!” Meine Eltern waren beeindruckt und haben meinen Rat befolgt.

    Ich bin interessiert an einem Berliner Vorbereitungstreffen teilzunehmen.

  85. Sehr geehrte Frau Röhl,

    mit Interesse lese ich über Ihre Recherche sowie die veröffentlichten Kommentare dazu.

    Ich bin selbst Betroffener und kann nur sagen, danach war alles anders!

    Keine Ahnung ob ich 4 od. 5 Jahre alt war. Ich habe an diese Zeit keine Erinnerungen mehr, ausser der Zugabfahrt am Bahnhof Düsseldorf und meinen Teddybären.

    Danach, 6 Wochen später, war alles weg. Mein Teddy, meine Unversehrtheit, mein Vertrauen. Mein Selbst hatte sich gravierend verändert.

    Es ist ein schreckliches Trauma!

    Von daher wäre ich sehr dankbar, wenn Sie mich in Ihren Verteiler aufnehmen könnten.

    Ich möchte nicht mit meinem Namen genannt werden.

    Vielen Dank für Ihr Engagement!

    Beste Grüße

  86. Ich erinnere mich noch mit Schrecken das Kinderheim in Plön. Ich war das erste Mal 1962 dort mit 6 Jahren. Für ganze 6 Wochen.
    Wie meine Vorgänger schon schrieben war es furchtbar.

    Ich habe besonders die Einsamkeit in Erinnerung.
    Auch gab es “Essen als Strafe” – alles was ich damals essen musste (Milchsuppe, Milchreis, Rosinen u.v.m.)

    Viele andere Kinder bekamen Pakete von Zuhause – ich leider nicht.

    Ich dachte als kleines Kind, ich komme nie wieder nach Hause. Einmal waren meine Eltern zu Besuch und erzählten mit, dass sie in der Zeit im Urlaub gewesen wären und meine Klagen über das gezwungene Essen konnten sie auch nicht verstehen. Zuhause musste ich auch essen was auf den Tisch kam, schrecklich.

    Im Alter von 14 Jahren war ich noch einmal dort, es war alles noch genauso schlimm.

    Um allen zu entgehen bin ich mit 17 Jahren Zuhause ausgezogen, eine Befreiung.

  87. War mit meiner Schwester 1961in Bad Rothenfelde. Wir haben auch solche Erfahrungen gemacht. Meine Schwester ist für eine Aufarbeitung sehr dankbar!! Ich war mit 4 Jahren noch zu klein. Erinner mich aber noch sehr gut!!!

  88. Ein freundliches Hallo,

    auch ich, jetzt 64 Jahre, bin mehrmals als kleines Kind verschickt worden.

    In Bad Rothenfelde war ich 2 mal, in Königsfeld 3 mal und in Niendorf/Ostsee 1 mal.

    Vieles kann ich bestätigen was hier schon geschrieben wurde, u.a. kann ich mich auch noch an eine große Badewanne erinnern, die durfte man keinesfalls anfassen, da war Strom drauf. Mal mehr, mal weniger, als Kind saß man darin im Wasser. Ich glaube im Nachhinein wurde da mit Stromstößen experimentiert. Vieles schleppe ich, wie die meisten hier im Unterbewusstsein mit mir herum und ich habe das Gefühl es wird jetzt im Alter schlimmer. Phobien und Unsicherheiten und auch die blöde Angst vor Strom. Sollte noch ein Tagungsplatz frei sein, würde ich mich auch freuen, dabei sein zu dürfen.

  89. Ich bin gerade durch ein Buch an meine Zeit in einem Kinderlandverschickungsheim erinnert worden und stieß dann auf diese Seite.
    1966 – im Alter von sechs Jahren – war ich wegen Bronchitis sechs Wochen über die Caritas in einem katholischen “Erholungsheim” in Bad Reichenhall, vermutlich in dem gleichen, das hier schon in einem Kommentar erwähnt wurde. Ich kann bestätigen, welch ein Horror das war. Kinder, die ins Bett gepinkelt hatten, mussten sich gemeinsam ausziehen und wurden in einer langen Reihe im gekachelten Waschraum mit einem Schlauch abgespritzt, aus dem eiskaltes Wasser kam, gerne auch mitten in der Nacht. Es war kalt und danach Haare trocknen saß nicht drin. Viele wurden krank. Ebenfalls habe ich mehrfach erlebt, dass Erbrochenes wieder aufgegessen werden musste. Und wieder erbrochen wurde. Die Schläge, die es zudem gab, waren fast harmlos gegen diese speziellen Foltermethoden, ich kann es nicht anders nennen. Als ich nach Hause kam und meiner Mutter davon erzählte, wurde mir nicht geglaubt. Ihr schien es einfach zu unfasslich. Mit der Zeit dachte ich selbst, dass ich das alles schlimmer abgespeichert hatte als es war. Doch nun, wo ich diese ganzen Berichte hier lese, weiß ich, dass meine Phantasie nicht mit mir durchgegangen ist.
    Ich finde es sehr gut, wenn auch dieses dunkle Kapitel aus deutscher Heimgeschichte an die Öffentlichkeit kommt. Vielen Dank für diese Seite und all die Betroffenen, die mir erlaubt haben, ihre erschütternden Erinnerungen zu lesen.

  90. Im Sommer 1967, nach dem Tode meines Vaters, fuhren wir alle zur „Kur“. Ich war damals im Sommer lange sechs Wochen im Kloster Wessobrunn! Fürchterlich!

  91. Sehr geehrte Frau Röhl

    Auf der Suche nach meinem verschwunden Kuscheltier …..

    …habe ich hier die anderen gebogenen Kinderseelen gefunden.

    Danke, das Sie hier diese Tafel aufgestellt haben. Mögen noch viele Betroffene ihr inneres Leiden erkennen und sich nicht mehr einsam fühlen.
    So viele vergossene Kindertränen an diesem Ort.

    Meine Eltern haben mich mit 4 oder 5 Jahre nach Wyk auf Föhr verschickt.
    Es kam ein fremdes gebrochenes kleines Kinderherz nach Hause.
    Meine Erinnerungen an den Aufenthalt im Verschickungsheim waren all die Jahre sehr diffus und meldeten sich erst viel später als Flashbacks zurück. Zuerst dachte ich was sind das für schlimme Träume – Nein meine Erinnerungen pulsten zurück in mein Leben. Des schlechte Essen und der Zwang alles aufessen zu müssen – wer sich übergab musste sein Erbrochenes essen. Die ewige andauernden Spaziergänge mit einem unerträglich Durst. Verletzung der Intimsphäre in den Waschräumen durch ältere Kinder. Die jetzigen Erinnerungen an die Nächte in den Schlafräumen sind ein Matyrium. Wer einnässte wurde verspottet und musste in einem kalten Raum ohne Bettzeug warten. Die ganze Nacht über waren neben mir auch die andere kleinen Kinder am weinen. Der schlimmste Schmerz war aber das Heimweh. Niemand fand einen Trost und ich mein einziges Kuscheltier nicht mehr. Es blieb für mich unerklärlich verschwunden. Schrecklich! Die Briefe von den Eltern wurden vor allen anderen Kindern vorgelesen. Bis heute leide ich unter Verlustängsten und fehlender innerer Nähe und habe eine andere soziale Wahrnehmung im Alltag.
    Bin dankbar über die die mich ertragen.

    So etwas darf sich niemals wiederholen

    Gruß aus Berlin
    Armin

  92. Durch Zufall bin ich auf diese Seite geraten.
    Es muß 1961 gewesen sein. Ich wurde verschickt ins fränk. Muggendorf.
    Ich weiß, dass ich die Bahnfahrt mit Schild um den Hals allein angetreten hatte.
    Es muß die erste Klasse gewesen, wo ich mich damals befand.
    Als verängstigtes Kind wurde ich gesehen.
    Gut, kann ich mich an den tägl. Mittagsschlaf erinnern Wenn ich nicht einschlafen konnte, wurde mir das Kissen aufs Gesicht gedrückt.. Ich hatte viel geweint, vor Heimweh!
    Einen liebevollen Ton vermisste ich.

  93. Diese Seite habe ich durch Zufall erreicht. War zwischen 1964 und 1968 (6. – 11- Lebensjahr) viermal zur “Verschickung” in Bad Sachsa, Bad Pyrmont, Wyk auf Föhr und Norderney. Armins Anmerkung zum Essen von Erbrochenen kann ich bestätigen. Bei mir war es die ekelige Haferschleimsuppe mit Vitaminpille auf nüchternen Magen. Dazu wurde ich von einer alten Nonne gezwungen. Allerdings landete der Teller auf dem Boden und ist zerbrochen.

    Nachts auf die Toilette zu gehen war auch verboten. Dies mündete im Verbot von Getränke. Voller Freude habe ich mich gerächt, in dem ich mit voller Absicht es habe laufen lassen. Besser wäre es gewesen den Teppich einzusauen.

    Die Verschickung fand überwiegend in der Schulzeit statt, sodass ich viele Unterrichtsstunden versäumt habe. Bei einem Aufenthalt gab es auch Unterricht, allerdings war der nicht kompatibel zum Stoff in der Schule. Mir wurde das nicht geglaubt und ich wurde als Lügner hingestellt.

    Das Essen war recht durchwachsen. Der Umgang mit uns Kindern war nicht altersgerecht und – besonders das ältere Personal – war im Umgang mit Kindern fies. Ich führe dies heute auf die faschistische Gesinnung zurück. Da jüngere Personal hatte einen anderen Umgang und das fand ich gut. Nicht gut war, dass ich mir bei einem Aufenthalt sofort die Windpocken habe eingefangen.

    Die Folgen dieser Verschickungen war ein schlechter Hauptschulabschluss und der Verlust der Zugehörigkeit der Klassengemeinschaft in der Schule. Alles nur wegen den Folgen einer nicht erkannten und falsch behandelten Hausstaubmilben Allergie die als Asthma Bronchiale behandelt wurde.

  94. Ergänzung: Bestätige Susanne K. Auch ich wurde vom Gesundheitsamt zu den “Kuren” gezwungen. In der Folge bin ich dann schulisch abgestürzt. Meine Sprachbehinderung (Stottern) könnte imo auch damit in Zusammenhang stehen. Wobei ich sich diese wesentlich gebessert hat. Trotz Berufsausbildung zum Bürokaufmann bin ich in Hartz IV gerutscht.

    Wir können die Erlebnisse nicht rückgängig machen und mit der Beweiskraft is es auch so eine Sache. Wir waren damals Kinder und die dafür Verantwortlichen haben sich psychisch an Kinder vergangen. Wie hoch ist die Quote derer, die unbehandelt an Traumata leiden? Gewiss war nicht alles mies, aber positive Erlebnisse können dies nicht annähernd ausgleichen.

  95. Anfang 1972, ich war gerade Sieben geworden, wurde ich für 6 Wochen ins Kinderkurheim Quisisana nach St.Peter Ording geschickt. Meine ältere Schwester war mit von der Partie.
    Gesehen haben wir uns dann in all den Wochen genau 2x und auch das nur im Vorbeigehen, da wir in streng voneinander getrennten Gruppen waren.

    Darüber hinaus kann ich alle negativen Schilderungen wie lieb- bis herzlose Behandlung, fiese Strafen für Lächerlichkeiten wie z.B. Nichtschlafen undsoweiter leider bestätigen.
    Überblickend würde ich sagen, es war mehr wie ein Straflager (nur dass ich leider nicht wusste, wofür ich verurteilt worden war).
    Ich dachte lange Zeit, ich wäre mit meinen Empfindungen der Einzige bzw. ich sei als Kind vielleicht empfindlicher als Andere gewesen.
    Heute weiß ich, dass meine lebenslangen Empfindlichkeiten wohl eher damit zu tun haben, was man mit uns damals angestellt hat.

  96. Liebe Anja, danke für das Projekt und den Kongress in Sylt im November. Ich war 13 mal
    weg. Norderney, Borkum, Spiekeroog, Bad Reichenhall, Sankt Peter Ording, Sylt. Norderney und Borkum mehrmals. Ich verarbeite das ganze gerade auf meien Art. Anbei ein Schlüsselerlebnis zw. dem 9. und 10. Lebensjahr. Viele Grüsse Arno

    Kinderland

    Zwischen 04.00 Uhr und 06.00 am Morgen sind Bahnhöfe schummrige Vasallenplätze,
    die Nacht dünstet noch vor sich hin.
    Heute war es anders am Gleis, es war hell erleuchtet, da stand auch dieses schwarze Ungetüm, groß schwarz fauchend, für die Modellbahn zu Hause ein Kindertraum, hier leibhaftig einfach nur ein schwarzer fauchender Drache.
    Wir waren schon selbst in diesen jungen Jahren alte Bekannte, doch diese Reise sollte einen anderen Verlauf nehmen als die vorherigen.
    Es war Oktober 1967.
    Der Zug hatte mit seinen Anhängseln ein Sondergleis, Sonderzonen mit Rotkreuz-Schwestern, zu denen Erwachsene mit ihren Kindern pilgerten, die dann einen Ausweis umgehängt bekamen, danach trennten sich auch deren Wege, als den Kindern ihre Abteile zugewiesen wurden.
    Das Bild sollte sich entlang der langen Strecke vielmals wiederholen. Viele Kinder waren zum ersten Mal alleine unterwegs mit Proviantbeuteln und Taschentüchern.
    Die Düsternis des anbrechenden Tages hinter der Silhouette des vom Zugrauch verblassenden Doms sollte anhalten, sich verändern zu bleigrau.
    Der Tag dümpelte ratternd dahin in einer auf- und abschwellenden Kakophonie. Spätnachmittags kam dann Wasser in Sicht, als wir in Norddeich ankamen und ausstiegen.
    Weiter ging es dann zum Fähranleger, an denen einige hochseetüchtige Nussschalen vor sich hin dümpelten und das ganze staunende Kindergeschrei in ihren Bäuchen aufnahmen.
    Zielhafen – Norderney, eine aus heutiger Sicht sicher große schöne ostfriesische Insel, damals einfach nur unerreichbar weit weg von zu Hause.
    Die Überfahrt war angenehm, weil die Fähre kein Wasser aufnahm, sondern sicher über die Nordsee stampfte; dafür füllten sich die ausgegebenen Tüten mit den unverdauten Resten von Obst, Süßem und Saurem.
    Die meisten waren bereits von der Reise erschöpft und zum ersten Mal in ihrem Leben sahen sie das Bleigrau der Nordsee, hörten das Geschrei der Möwen, die im Kielwasser der Fähre hinabstießen wie Bussarde, um dann blitzschnell wieder aufzusteigen.
    Erschöpfung, Müdigkeit, Allein gelassen sein auf den tanzenden bleiweiss-grauen Nordseekronen, rundum, alles fremd an Gleichaltrigen und Aufsichtspersonen zwischen zwei fremden Ufern.
    Irgendwann landeten wir dann im Hafen, torkelten von Bord, und nach dem allgemeinen Sammeln fuhren wir los. Unser neues „Zuhause“ für die nächsten geplanten sechs Wochen war ein riesiger alter Backsteinbaukomplex, der aus mehreren Häusern bestand.
    Gebaut in der Mitte des 19. Jahrhunderts für Kuren in der rauen Seeluft besonders bei Atemwegserkrankungen, aber auch bei Unter- oder Übergewicht, Exzemen und anderem.
    Es gab unterernährte Kinder aus Berlin, Übergewichtige aus dem Süddeutschen, viele kamen aus dem Ruhrpott, wo der Tag manchmal schwärzer war als die Nacht, oder aus Gegenden mit Kalkabbau, wo eine Steinstaub-Dunstglocke über dem Blau des Himmels lag.
    Nun … hier waren wir jetzt, wurden vor dem Gebäude in Gruppen eingeteilt, und dann ging es in dieses Backsteinverlies. Zunächst in den hallenartigen Speisesaal, später in unsere Schlafsäle mit bis zu 40 Metallbetten eng aneinander.
    Nach de Betteneinteilung ging auch bald das Licht aus, mit einer Nachtwache vor den Türen. Alles war anders. Ich kannte das nun schon, aber das Wimmern höre ich bis heute.
    Morgens nach dem Aufstehen wurden die Bettnässer, Bettschisser aussortiert. Strafen gab es noch nicht, aber Ermahnungen. Dann später in den Speisesaal, schon auf dem Weg drehte sich der Magen um bei dem Geruch nach dieser ekelhaften warm-süßen Milchsuppe, danach eine dicke Scheibe Brot aus dem Münsterland mit Marmelade wie im Krankenhaus.
    Die Milchsuppe musste gegessen werden, egal wie, blieb sie nicht, wo sie hin sollte, gab es eben neue. Davon war genug vorhanden, zum Nachschlag.
    Der Alltag ab jetzt, jeden Morgen Besuche der Schwestern, Pinguine wegen ihrer Ordenstrachten, mit Medikamenten. Unter- und Übergewichtige wurden jeden 2. Tag gewogen, die einen wurden zusätzlich drei Mal am Tag mit Lebertran beglückt, die andern mit Sport und Obstphantasien.
    Einmal in der Woche ging es ins Wellenbad. War toll, viele konnten gar nicht schwimmen.
    Sonntags Rosinenbrot, ein Ei und ab in die Kirche. Zwischen verschiedenen Anwendungen in der Woche … lange Spaziergänge an den Strand, die Dünen oder auch nach der zweiten Woche in die Stadt. Die Andenkenläden freuten sich. Briefe oder Karten nach Hause, Post im Allgemeinen, alles war streng organisiert, kontrolliert.
    Päckchen waren geöffnet, wenn sie ankamen, Geld nahmen die Schwestern in Verwahrung. Zumindest konnten wir nach spätestens zwei Wochen die Betten exakt nach den Anleitungen richtig machen.
    Zwischen Milchsuppen-Exzessen, Höhensonne, Turnen, Wellenbad, Inselschule, modernem stahl gefülltem Schlafsaal, Käfighaltung mit nächtlichem Düngen ,verging die Zeit dann doch, zumindest die ersten sechs Wochen.
    Wegen einer schweren Grippe durfte ich in die Verlängerung und das … war dann ganz anders. Krankenstation. Wochenlang, der November ging vorbei, die Vorweihnachtszeit fing an.
    Mittlerweile waren ja die meisten zu Hause, Neue waren angekommen, von denen ebenfalls die meisten noch vor Weihnachten wieder zu Hause waren. Dann kam Weihnachten.
    Im großen Spielzimmer war ein Tannenbaum aufgestellt, Tische an den Wänden, auf denen Gebäck stand, es gab für Kinder koffeinfreien Milchkaffee, es wurde gesungen, im Eingang stand eine große Tanne und dann bekamen wir die Päckchen von zu Hause und konnten uns damit beschäftigen.
    Das war der Heilige Abend, wie ich ihn noch nicht erlebt hatte. Draußen türmten sich im Sturm, der seit Tagen über die Insel fegte, Schnee und Eis. In der Brandungszone türmten sich riesige Eisschollen. Fähren zum Festland fuhren nicht mehr. So wurde aus Weihnachten … Silvester und Neujahr.
    Der Januar ging dahin. Und dann, Anfang Februar wurden meine Koffer gepackt … Es ging zur Fähre und nach Norddeich zurück und mit dem fauchenden Ungetüm und einem flauen Gefühl zurück nach Hause. Mitten in der Woche. Auf den Bahnhof ausgespuckt warteten meine Eltern.
    Viel hatte sich verändert nach vier Monaten. Was sich dauerhaft veränderte, war, dass Weihnachten fortan keine Bedeutung mehr hatte. Der Glanz, das Besinnliche, war weg und kam nie wieder. Eine von vielen Begebenheiten, die sich verändert hatten. Zu Hause gab es den Weihnachtsbaum noch, obwohl es schon fast Karnevalszeit war.
    Freude kam da nicht mehr auf … und zwei Tage später war er auch entsorgt. Die Geste … ein Alibi. Das wieder Ankommen schwer in allem, was nun wieder Familienalltag war.
    Meine Emanzipierung hatte jetzt, nach diesen Erlebnissen, eingesetzt, und fortan würde ich auf der Suche sein nach etwas, das ich in mir verloren hatte …

    Arno G. März 2018

  97. Liebe Anja Röhl, durch Zufall kam ich auf Ihre Seite.Was ich dort las,hat mich total gefesselt.Auch ich wurde im Jahr 1974 im Alter von 9 Jahren in das Kinderkurheim von Frau Schiller auf Borkum(Haus Allenburg) verschickt,weil ich so blass und schmächtig war! Ich habe nur gruselige Erinnerungen an diesen Aufenthalt! Schon die Zugfahrt mit mehreren Kindern und einem Betreuer war scheußlich.Wir mussten in der Bahnhofsmission Tee trinken,der ekelhaft schmeckte,so ging die Reise los.Auf Borkum begann dann eine sechswöchige schlimme Zeit für mich. Jeden Tag verging ich vor Heimweh und war gefühlt die gesamte Zeit am Weinen.Niemand interessierte sich für meine Gefühle! Als ein Päckchen von zu Hause mit der Handschrift meiner Mutter und allerlei Süßigkeiten ankam,war der Gipfel der Traurigkeit erreicht,denn ich durfte nichts davon behalten. Wir mussten essen,egal ob wir Hunger hatten oder nicht.Es gab mehrfach Brotsuppe,vor der ich mich ekelte,aber sie musste gegessen werden. Eines nachts mussten sich fast alle Kinder übergeben und hatten Durchfall,aber es waren nur einige wenige Toiletten vorhanden.Der blanke Wahnsinn! Heute, im Alter von53 Jahren,erinnere ich mich noch an alle Namen der sogenannten Betreuer,aber es waren wohl eher eine Art Gefängniswärter.Nach dieser schrecklichen sogenannten Kur,wobei es das Wort Martyrium eher trifft,hatte ich gravierende Verlustängste, die mich bis zum heutigen Tag begleiten. Von da an war für mich klar, niemals würde ich einem Kind derartiges zumuten. Meine Mutter wusste es wohl damals nicht besser,ich mache ihr keinen Vorwurf! Vielleicht gibt es ja auch noch andere Kurkinder,die in diesem Haus ähnliches erlebten. Viele liebe Grüße und Hut ab,Frau Röhl, dass Sie sich dieses Themas annehmen!

  98. Liebe Gudrun Dietrich, Kommentar am 8. Nov. 18
    ich war 1964 oder 1965 als 11 oder 12 jährige für ein paar Wochen in Langeoog. Es war das Ev. Kindererholungsheim “Loccumer Hospiz”. Leider habe ich nur sehr wenige Erinnerungen. Ich weiß nur, dass ich es schlimm fand. Ich glaube, mir wurde eingeredet, ich hätte mich schlecht benommen (obwohl ich sicherlich eher ein angepasstes Kind war). Meine Mutter beschwerte sich in einem Brief an mich, dass ich nur von Essen, Schlafen und spazieren gehen geschrieben hätte und sonst nichts. Briefe und Postkarten wurden zensiert, und ich musste meinen Brief/Karte neu schreiben (der Inhalt war nicht genehm). Ich erinnere mich in eine dunkle Besenkammer eingesperrt worden zu sein. An eine lange Bettreihe, und daran, dass ich mittags nicht schlafen konnte, wir aber still die Zeit abliegen mussten. Ich erinnere mich nicht an Strandspaziergänge, überhaupt das Meer gesehen zu haben. Ich las später einen Kommentar meiner Oma, ich sei wohl sehr “still” nach meiner Rückkehr gewesen.
    Ich glaube, das Heim war nicht so schlimm wie so viele hier von anderen Heimen berichten. Ich erinnere mich nicht an Schläge oder Mißhandlungen oder Erbrochenes aufessen zu müssen. Allerdings musste ich wohl auch lange am Tisch sitzen bleiben, weil ich nicht aufessen konnte. Aber das ist so dunkel und vage. Sollte ich mich an weitere Vorgänge erinnern, werde ich noch einmal schreiben.
    Es hat mich zutiefst entsetzt, was Kindern alles angetan wurde!
    Liebe Grüße
    Christiane

  99. Ich war im Winter 69 oder 70 im Kinder KZ Brilon. Belegt wurde das Haus von der Barmer Ersatzkasse. Eine zusammenhängende Erinnerung habe ich heute nicht mehr. Aber ein paar Dinge sind mir in Erinnerung geblieben. Das Haus lag recht einsam in einer schönen Umgebung mit Blick über ein Tal.
    Bei der Ankunft wurden uns alle persönlichen Dinge abgenommen. Insbesondere das Taschengeld. Das Taschengeld bekamen wir am Tag unserer Abfahrt “zurück”, damit wir es gleich in Geschenke für unsere Lieben daheim eintauschen konnten. Dazu gehörte auch ein Bild mit Pony, was ein Fotograf jeweils von allen Kindern gemacht hatte. Dann haben sie uns allerlei Müll angedreht, bis alles Geld verbraucht war.
    Geprägt war der Aufenthalt von militärischem Drill, Bloßstellung und willkürlichen, drakonischen Strafen für Nichts. Stundenlanges in der Ecke stehen und Isolation von der Gruppe. Es gab brutalen Esszwang, öffentliches Wiegen mit der Androhung einer Verlängerung, wenn man nicht genug zunähme. Abgeduscht wurden wir mit einem Wasserschlauch im Keller. Alle Kinder standen nackt im Treppenhaus und die Kellertreppe hinunter bis in die Waschküche. Das Wasser war viel zu heiß und ich wurde verbrannt. Das ganze Prozedere war erniedrigend und ich habe mich unglaublich geschämt. Ich bin mir nicht ganz sicher, vor Allem weil mir als damals naiver Neunjähriger aus wohlbehütetem Elternhaus einfach die Vorstellungskraft dafür fehlte, aber ich erinnere mich an ein “komisches Gefühl” bei diesen Duschveranstaltungen. Vermutlich wurden wir da befingert und es waren erstaunlich viele Leute anwesend, die ich sonst nie im Haus gesehen habe, darunter auch zwei Männer. Aus heutiger Sicht vermute ich, dass sich da ein paar Pädophile an den nackten Kindern aufgegeilt haben. An einen direkten Übergriff kann ich mich aber nicht erinnern. Ich denke, ich hätte das auch nicht als solchen erkannt oder benennen können. Da hätte ich noch nicht einmal Worte für gehabt. Nur dieses Gefühl, was ich selbst heute nicht genau beschreiben kann.
    Was ist geblieben und hat es mir dauerhaft geschadet?
    Geblieben ist der Blick auf den gegenüberliegenden Berghang. Ich war im Winter dort. Ständig zogen Wolkenfetzen durch das trübe Tal und die Bäume am Hang gegenüber. Ich habe die ganze Zeit aus dem Fenster auf diesen Berg gestarrt. Bis heute beschleicht mich Beklemmung, wenn irgendwo in den Mittelgebirgen einen ähnliches Panorama entdecke. Ein Gefühl von unendlicher Einsamkeit und hoffnungsloser Verlassenheit.
    Es gibt eine Essmacke, die ich auf den Aufenthalt dort zurück führe. Ich kann es nicht leiden, wenn mir bei Tisch jemand etwas auf den Teller tut und bestimmte Speisen verursachen mir ekel.
    Es gibt einen Traum, den ich dort geträumt habe. Diesen Traum träume ich heute noch manchmal. Geblieben sind auch die bereits geschrieben Erinnerungen und Gefühle, die ich auch Heute nicht genau beschreiben kann.

    Ich habe aber nach dieser Zeit dort nicht an irgend welchen Folgen gelitten. Außer vielleicht daran, dass aus einem dünnen Hering ein fetter Mops geworden ist. Das könnte eine Folge der Kindermast gewesen sein. Aus damaliger Sicht, war das sicher ein grandioser Erfolg.
    Ansonsten kann ich mich nicht an Albträume oder sonstige schreckliche Dinge erinnern, die mich verfolgt hätten. Ich habe das vermutlich als normal empfunden. Meine Unwissenheit hat mich wahrscheinlich auch irgendwo geschützt. Mir war es wohl eher peinlich, dass ich mich nicht geschickt habe. So ein großer Junge hat Heimweh wie ein kleines Kind. Da habe ich mich wohl eher für geschämt.

    Erst als ich erwachsen war konnte ich die Dinge anders bewerten und einordnen. Sicher war es ein traumatisches Erlebnis. Das es ein bleibendes Trauma bei mir hinterlassen hat, würde ich jetzt mal verneinen. Aber dieses Gefühl der unendlichen Verlassenheit, ist mir beim Schreiben dieser Zeilen wieder sehr präsent. Und sicher hat diese Zeit dort auch das Potential gehabt, bleibende Schäden zu hinterlassen.
    Letztendlich reflektiert habe ich diese Zeit nur, weil es dazu von außen Impulse gab. Berichte in Medien und auch bei Erzählungen von Zeitgenossen, die sich an Ihre Zeit in der Kinderverschickung erinnerte. Nicht alle Berichte meiner Zeitgenossen waren wirklich negativ. Meine Erinnerungen waren bis dahin auch eher wertfrei. Erst in der distanzierten Betrachtung ist mir klar geworden, was man uns damals angetan hat.
    Zusammengefasst würde ich sagen, ich wurde definitiv körperlich und seelisch misshandelt. Eventuell auch sexuell missbraucht. Das es vermutlich tausenden Kindern in dieser Zeit ähnlich ergangen ist und es keinerlei Aufklärung gab, scheint aus heutiger Sicht nahezu unvorstellbar. Durch Krankenkassen finanzierte Kinderquälerei und Eltern die das noch als eine Art Privileg empfunden haben. Vermutlich war genau das der Grund, warum es keinen Aufstand gab. Das konnte ja einfach nicht sein. Mein Kind hat sich halt nur nicht geschickt…..

  100. Nach so vielen Jahren beschäftige auch ich mich mit meinem Aufenthalt in einem Kinderkurheim. Muss so Ende der 60ziger – Anfang der 70ziger gewesen sein. Es war ein echter Alptraum und lange habe ich das wohl verdrängt.
    Zwangsessen- und schlafen, tägliches Wiegen, Salinenbäder und Höhensonne, damit man gesund aussieht. Ich habe Hilferuf-Briefe an meine Eltern geschrieben, die aber wohl nie abeschickt wurden. Pädagogik fand nicht statt, dafür waren Strafen an der Tagesordnung – vielleicht der Grund, warum ich dann später Erzieherin geworden bin. Ich war so unglücklich dort!

  101. Hallo,

    mit großem Interesse habe ich die Erfahrungsberichte auf den vorherigen Seiten gelesen. Immer wieder musste ich zustimmend nicken und denken, genauso war es. Ich bin jetzt 53 und war als Kind auf Norderney im Kinderkurheim ‘Opstalboom’. Im Sommer 1972 wurde ich eingeschult, knapp nach dem 1. Halbjahr, im Frühjahr 1973 wurde ich zum Zunehmen für 6 Wochen auf die Nordseeinsel verschickt. Unser damaliger Hausarzt war der Meinung ich bin zu dünn und kam dann auf diese glorreiche Idee und hat mir dadurch ein großes Kindheitstrauma verursacht. Vorweg, die Zunahme hat funktioniert, wenn auch erst 2 Jahre später. Mein Trauma liegt unter anderen darin, dass ich auch heute noch Inseln hasse. Nach spätestens 1 Woche, wenn ich mich mal durchringe, bekomme ich ein Unwohlsein und muss zurück auf das Festland. Ich habe auch schon versucht, dieses Trauma zu bekämpfen und bin zurück an diesen Ort gefahren. Heute (seit 1982, so sagt die Inselchronik) ist das Gebäude eine Bank. Detaillierter berichtet die Inselchronik über das Kinderkurheim aber nicht. Vor meinem geistigen Auge sehe ich noch die weißen Namensbändchen mit roter Schrift, die in jedes Wäschestück eingenäht werden mussten.

    Bei uns gab es ständig Milchreis mit Zimt zu essen. Ich erinnere mich, dass es eine Bonusportion für die Verweigerer gab. So war schnell klar sich anpassen zu müssen, wenn man diesen unfreiwilligen Nachschlag nicht wollte. Auch nach fast 50 Jahren weckt Zimt die schlimmen Erinnerungen in mir. Da macht jede Weihnachtszeit so richtig Freude. Die beschriebenen Schokoladenpuddingsuppen muss es bei uns auch gegeben haben. Anders kann ich es mir nicht erklären, warum ich Schokolade mag aber an die Puddingversion nicht ran kann. Ein typischer Trigger ist der Geruch von Kakao und Bohnerwachs. Ich sehe die großen Metallkannen mit Klappdeckel auf den Tischen im Gemeinschaftsraum förmlich vor mir. Jeden Nachmittag wurde dieses Ritual abgehalten. Bei den Spaziergängen gab es Wanderungen zum Leuchtturm oder in die Dünen.

    Auch den vorgegebenen Grußkarten nach Hause muss ich zustimmen. Die Schreibstunden, wenn man das so nennen kann bei einer Schulerfahrung von etwa 6 Monaten, waren Auslöser heftigster Heimwehattacken. Aber auch hier gab es die Parole, nichts negatives zu schreiben, sonst werden die Eltern traurig. Die völlig tränendurchnässten Postkarten sprachen eine andere Sprache. Die Gedanken an zu Hause ließen alle Dämme brechen.

    Selbst die ausgewählten Erinnerungsbilder, die es zu Abschluß gab, waren durchdacht und sollten wahrscheinlich eine heile Welt in die Köpfe zurück zaubern. Aber diese Welt war leider zerbrochen. Vermutlich würde ich mich heute fürchten, wenn mich ein Arzt zur Kur schicken würde. Einen solchen Antrag habe ich bis heute nicht gewagt.

    Heute bin ich ein introvertierter Mensch, brauche eine Zeit um Vertrauen zu fassen. An einer Aufarbeitung in einer Gruppe Gleichgesinnter bin ich auch interessiert.

  102. Hallo zusammen,

    Ich bin 48 Jahre und war zweimal für sechs Wochen in Bad Rothenfelde. Die einzigen Erinnerungen die ich bis heute habe sind durchweg Negativ. Heimweh, erniedrigendes Massen Duschen, in den Schlaf weinen….Schrecklich. Bis heute kann ich meine Eltern nicht verstehen wie sie ihren sechsjährigen Sohn so einfach verschicken könnten. Unbegreiflich.

  103. Hallo zusammen Ich war in den 70 Jähren im Kinderheim Quisana! Sankt Peter Ording „ Wer war noch da und hat Erfahrungen. Bei mir sind es Vermutungen und ich sitze hier gerade vor den Alten Postkarten die ich an Schreibtagen Schreiben mußte und wundere mich. Durch Google über dieses Kinderheim bin ich hier auf die Seite gekommen! Danke

  104. Sehr geehrte Frau Röhl

    Ich bin heute durch Zufall als ich nach dem Kinderheim recherchiert habe auf ihrer Seite über die Verschickungsheime gestoßen.
    Vielen Dank.
    Ich war ungefähr 1975 in Sankt Peter Ording in dem Kinderkurheim Quisisana.
    Schon immer war mir bewusst dass diese Zeit ein Trauma in mir ausgelöst haben muss.
    Aber jetzt wird mir das alles noch bewusster und klarer.,
    Angeblich wurde ich wegen Asthma und Übergewicht mit sechs Jahren dorthin verschickt. Angeblich zur Kur Zum abnehmen.
    Heute als ich die Postkarten las die ich schrieb oder die Briefe meiner Mutter wurde mir noch bewusster wie schlimm ich das empfand.
    Ich verstehe bis heute nicht wie man ein kleines Kind so lange alleine wegschicken konnte.
    An Mißhandlungen kann ich mich bewusst nicht erinnern.Habe nur Vermutungen aberdas unendliche Gefühl von Heimweh und Einsamkeit noch bis heute . Eventuell Geht die Büxe der Pandora ja noch auf.
    Viele Probleme die ich heute mit mir rumschleppen ließen sich damit erklären oder es war zumindest ein Auslöser
    RLS Verlustängste kein Urvertrauen evtl auch ADHS.,
    Das alles wühlt mich gerade ziemlich auf.
    Es tut gut zu sehen das es noch viele Betroffene gibt. Aber es ist gleichzeitig schrecklich was für ein Leid entstanden ist. Wieviel Kinderseelen zerstört wurden.
    Vielen Dank für ihre Arbeit!
    Sollten Sie noch mehr Infos über Vorgänge in diesem Kinderheim haben würde ich mich sehr freuen.
    Mit freundlichen Grüßen
    Carolin Hild

  105. Liebe Anja, ein tolle Initiative!

    Liebe Schönau-Kinder, lieber Andreas Scheerbarth:

    Auch ich war dort – auch ich als Achtjährige Ostern 1966, auch von mir existiert sowohl ein Foto auf einem der Ponys als auch eins auf einem Schlitten – und eine Fülle von Erinnerungen…

    Sabine

  106. Hallo Frau Roehl… Habe lange nach einer Möglichkeit gesucht mich über meine Erfahrungen äußern zu können. Ich 1962 oder 1963 mit meiner älteren Schwester nach Bad Salzuflen verschickt und habe dort nur grausames erlebt, von Zwangseinfütterung bis Einsperrung in den Waschraum bis ich dann erbrechen habe, es waren einfach nur thraumatisirende Erlebnisse die mich heute noch belasten. Leide heute an der sogenannten Fibromyalgie, die durch solche Erlebnisse ausgelöst werden kann. Habe vier Jahre eine Phytotherapie gemacht.

  107. Scheidegg – Sechs Wochen in einer Kindererholungsstätte

    Ich fuhr mit dem Zug nach Scheidegg. Wahrscheinlich, denn erinnern kann ich mich daran nicht. Doch auch die Rückreise fand im Zug statt und so wohl auch die Strecke in das Allgäu. Scheidegg liegt im bayerisch-schwäbischen Landkreis Lindau und ist ein staatlich anerkannter Kneipp- und heilklimatischer Kurort. Mein Arzt schickte mich für 6 Wochen dorthin, damit meine Bronchien Erholung finden sollten, denn ich litt schon als Baby unter Atemnot. Von allen gut gemeint, waren es sehr, sehr schwere Wochen für mich. Ich hatte meinen grauen Teddy dabei. Unten am rechten Fuß befand sich auf einem aufgenähten Schildchen mein Name. Ich war 6 Jahre alt und besuchte zu der Zeit die 1. Klasse in der ich oft röchelnd und schnaufend saß. Die Nächte verbrachte ich oft sitzend und pfeifend im Bett. Konnte nicht schlafen, weil der Atem zu knapp war. Meine Kissen türmte ich auf, um irgendwann dann wenigstens ein bisschen Schlaf zu finden. Spastische Bronchitis, warnte der Arzt. Und eine mir fremde Frau sagte zu meiner Mutter in meinem Beisein: „Das wird später mal Asthma“. Na, danke! So fuhr ich also mutterseelenallein auf Kur. Vielleicht hatte ich eine Begleitperson. Ich weiß es nicht mehr. Vieles weiß ich nicht mehr aus diesen 6 Wochen. Der Speisesaal blitzt auf. Wir wurden eingeteilt für Essensausgabe. Alle waren einmal dran. Wir saßen zu mehreren am Tisch. Ich mochte die Fettbrocken im Essen nicht und warf sie unter den Tisch, nachdem ich mich immer vergewissert hatte, dass keine von den Erzieherinnen mich beobachtete. Es ging streng zu. Ein Mädchen übergab sich beim Essen. Alles wurde weggewischt…und ein neuer Teller vorgesetzt. Mahlzeit! Wieder ein Bild, der Schlafsaal. Ziemlich groß. Viele Kinder in ihren Betten und in der Mitte stand dann nachts der Nachttopf. Gab es keine WCs? Und dann der Schulunterricht. Es wurden Noten mit Sternchen vergeben. Das weiß ich noch. Und Sportunterricht gab es auch. Im angrenzenden Garten. Habe ich da mitmachen können? Im Flur befand sich ein Schrank, in dem Naschsachen waren. Wir standen außen herum und wurden aufgerufen. Dann bekamen wir etwas Süßes. Und in den vielen langen Wochen hatte ich keinen Besuch von der Familie, von Niemanden den ich kannte. Ich scheues, stilles Kind befand mich für lange Zeit unter wildfremden Menschen. Kein Telefonanruf. Nichts. Vielleicht ein oder zwei Telefonate. Ich weiß es nicht mehr. Und ein strenges Regiment herrschte dort. Wie habe ich das nur ausgehalten? Ach ja – und dann gab es dieses Lied: Kinder wollt ihr nach Scheidegg fahren, faria, faria, ho. Müsst ihr erst den Doktor fragen, faria, faria, ho. Die Melodie geht nach dem Lied: Lustig ist das Zigeunerleben. Ich hätte auf diese Erfahrung verzichten können. Ich weiß nicht, wie mir dieser Aufenthalt hätte helfen können, Kurort hin oder her. Die Luft dort war sicherlich gut, aber wenn doch eine Kinderseele sich so furchtbar einsam fühlt… Wie könnte da etwas genesen? Aber damals, 1973, das waren eben noch andere Zeiten. Nach 6 Wochen dann die Heimreise, diesmal kann ich mich an eine begleitende Frau erinnern. Wir kamen in Erlangen an und ich stieg aus. Und da sah ich meine Eltern und meine Schwester stehen. Und ich rannte heulend auf meine Schwester zu und stürzte mich in ihre Arme und heulte immerzu. Kinder wollt ihr nach Scheidegg fahren….

    Ich habe diese Zeit unterschätzt. Unzählige Therapien liegen hinter mir. Ellenlange Listen von Diagnosen wie posttraumatische Belastungsstörung, rezidivierende Depression, soziale Phobie, selbstunsichere Persönlichkeit, Ängste (Verlustängste) etc.. Gestern, durch das Lesen der vielen, vielen Kommentare zum Thema Kinderverschickung wurde mir klar, was ich als 6-jähriges Kind alles durchgemacht haben muss. Du hast geschrieben: „Es waren keine Einzelfälle, sondern eine bestimmte Tendenz in der damaligen Pädagogik“. Ich staune, an wie viele Einzelheiten sich manche Betroffenen erinnern können. Ich habe alles weggepackt, tief in mich vergraben. Und trotz intensiver Therapien und jahrelangem Tagebuch schreiben bleibt ein Teil in mir verschlossen und unbelebt. Unlängst lass ich das Zitat von John Bradshaw (Das Kind in uns): „Man kann nur das heilen, was man fühlt“. Das hat mich nachdenklich gemacht. Denn ich fühle eine immerwährende Traurigkeit in mir. Eine weitere Diagnose: Dysthymia. Umso mehr bin ich sehr dankbar, auf deine Seite gelangt zu sein, erkenne ich mich doch in den Erzählungen der Anderen wieder, bzw. in deren Gefühlen. Ein Bild existiert aus dieser Zeit. Es zeigt mich sitzend, blass mit ernstem Gesicht. Die Eltern bekamen es zugeschickt. Ein Gruß aus dem fernen Allgäu. Vielleicht war Muttertag. Das Bild gibt es noch. Später, als Jugendliche erwähnte ich meiner Mutter gegenüber, wie schlimm die Zeit damals für mich war. Und sie glaubte mir und sagte, sie würde mich nicht wieder dorthin schicken. Das zumindest war ein Trost.

    1. Hallo Petra
      Bin auch gerade zufällig auf diese Seite gestoßen. Ich ware auch 1975 als sechsjähriger für 6 Wochen in Scheidegg in der Kur. Das war damals aufgrund einer immer wiederkehrenden Bronchitis gewesen. Ich kann mich nur noch an wenige Dinger erinnern. Zum Beispiel wie ich damals von Offenburg mit einer Zugbegleiterin zum an der der Scheidegg nächstgelegenen Bahnhof gebracht wurde.
      An den ersten Abend wie man mir die Ohren mit Wattestäbchen putzte (was ich damals als schmerzhaft empfand und ich erst einmal weinen musste). Meine Eltern die mich später aus der Kur abholten hatte ich anfänglich sehr vermisst. Ich weiß noch das ich 2 Briefe in der Zeit von Ihnen geschickt bekommen habe. Außerdem ein Paket mit einem Matchbox Auto.
      Unter anderen kann ich mich erinnern das mir der Umgang mit dem Waschlappen beigebracht wurde, wie man Hemd und Hose richtig zusammenfaltet etc….
      Die Oberin Schwester hieß Zita. Nach anfänglichen Fremdeln empfand ich die 6 Wochen als durchaus spannend und in Nachgang positiv weil eben auch sehr spannend, diverse Wanderungen unternommen, Sport getrieben und ein paar netter Bekanntschaften gemacht. Ich kann mich noch an ein Great erinnern das die Ohren gewärmt hat…außerdem war ich öfters beim Inhalieren.
      Zu der Zeit war ich aber auch noch nicht in der Schule gewesen. Ich kann mir durchaus vorstellen
      das es fuer einige ein traumatisches Ereignis war soweit und allein von zuhause….

    1. Ich war selbst 2mal 6 Wochen in einem Kinderheim, 1968 im Februar (mit 5 Jahren) und 1970 in den Sommerferien (mit 7 Jahren), beide Male in einem Posterholungsheim in Niendorf an der Ostsee (Timmendorfer Strand). Ich wurde wegen häufiger Bronchitis, Erkältungen, Mttelohrentzündungen von meiner Heimat Nürnberg ins “Reizklima” an der Ostsee geschickt, auf Anraten eines HNO-Arztes. (Gegen die Mittelohrentzündungen hat’s geholfen.)

      “Die Deutsche Postgewerkschaft hatte zu diesem Zeitpunkt die drei Erholungsheime in Glashütten im Schwarzwald, Brannenburg und Bad Niendorf an der Ostsee, der Erholungsfürsorge der Bundespost zur Verfügung gestellt.”
      Quelle: https://de.m.wikipedia.org/wiki/Posterholungsheim

      Meine Mutter sagt:
      Da war eine Kollegin (Helga) von Papa aus der Oberpostdirektion durchgehend dabei, die nur unsere Gruppe von Kindern von Postlern der OPD in Nürnberg betreute, mit uns mit dem Zug nach Niendorf gefahren ist, die 6 Wochen da geblieben ist, und mit dem Zug wieder zurück nach Nürnberg. Sie hat laufend mit meinem Vater telefoniert.

      In den ersten beiden Wochen durfte wegen Ansteckungsgefahr kein Besuch kommen. Danach waren meine Eltern auch zu Besuch (erinnere ich nicht).

      Ich bin auch dort sehr krank gewesen, aber die Betreuer sagten, das sei normal. Mein Vater wollte mich sofort nach Hause holen, aber meine Mutter überzeugte ihn davon, daß das zum normalen Regenerationsprozeß des Körpers gehört. (Für den Körper hat’s ja auch funktioniert – für meine Seele wohl eher nicht.)
      ____________

      Erinnerungen:

      Ich habe nur wenig Erinnerungen daran, an meine Kindheit generell – leide aber seit ca. 35 Jahren an chronifizierter atypischer Depression (seit 5 Jahren mit Pseudodemenz und mit Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung), deren Ursache ich auch in vielen jahrelangen Therapien nicht herausfinden konnte (wobei eine Therapeutin die Vermutung eines Mißbrauchs hatte, der in meinem familiären Umfeld aber unwahrscheinlich ist. Erinnern kann ich mich an nichts.).

      Daher interessiert mich, ob es zu dem Heim, in dem ich damals war, Aussagen von anderen Betroffenen gibt.

      Ich erinnere mich nur daran, daß es sehr strenge Regeln gab. Z.B. durften wir Sachen, die uns die Eltern schickten, nicht behalten (da es nicht zu Ungerechtigkeiten kommen sollte, dadurch, daß eine/r etwas hat, was ein anderer nicht hat – kann ich nachvollziehen.) Weil ich meine Lieblings-Barbie-Puppe so sehr vermißte, hat meine Mutter sie mit Süßigkeiten in einem Paket geschickt. Die Süßigkeiten mußte ich teilen – was mir nichts ausmachte – aber die Barbie wurde bis zu meiner Heimreise eingelagert. – Ich hätte gern alle Süßigkeiten hergegeben, wenn ich meine Puppe hätte behalten dürfen!
      (Meine Mutter sagt, ich habe die Puppe nur in der Nacht bekommen – aber ich bin mir sicher, daß ich sie nicht bekommen habe.)

      Und wir durften wohl jede Woche einen Brief nach Hause schreiben bzw. einer Erzieherin diktieren, als wir noch nicht schreiben konnten.

      Als meine Mutter mich nach meiner Heimfahrt am Bahnhof abholte, war sie schockiert, daß ich Hochdeutsch sprach und wie dressiert war, so daß sie mich kaum wieder erkannte.

      Ich war ihr gegenüber distanziert und fühlte mich wohl zu Hause auch erst fremd.

      Wir mußten wohl immer morgens sehr früh aufstehen und eiskalt duschen – das hab ich meiner Mutter erzählt, und zu Hause wohl ein paar Tage so weiter gemacht (aber nicht lange).

      Ich hab sie auch abends gefragt, wo mein Hocker sei, auf den ich meine Sachen zur Nacht zusammengelegt ablegen müsse.

      Mehr als in diesen Hocker paßte, durften wir nicht besitzen.

      Ich erinnere mich auch an einen großen Schlafsaal mit vielen Metallbetten. Am Kopfende war eine kleine Kammer, durch einen Vorhang abgetrennt. Hinter dem saß nachts eine Aufsicht.
      Und an einen großen langen Flur mit Linoleumboden. Dort waren große Einbauschränke, wo die Sachen verschlossen wurden, die wir nicht haben durften.
      Das mit der Zwangsernährung, Milchbrei und Erbrechen betraf nur andere Kinder, die wegen Untergewicht geschickt worden waren. Das Problem hatte ich nicht, aber hatte großes Mitleid mit ihnen.
      Und ich erinnere einen Spaziergang in eisiger Kälte im starken Wind auf einer steinernen Promenade am Wasser entlang, aber daß wir nicht an den Strand durften.

    1. Liebe Bernadette, ich schaffe es nicht, jede Kommentatorin, die hier anfragt, mit den Betreffenden per Hand zu vernetzen, da es so viele sind. Falls du eine Frage hast an alle, müsstest du deine mailadresse offen schreiben um dann die Gelegenheit anzubieten, mit Dir in Kontakt zu treten. Ich bekomme jetzt Hilfe, vielleicht lässt es sich irgendwann anders machen, momentan geht es nicht automatisch, bitte habe Verständnis. Momentan wird noch an einer Listenerstellung gearbeitet, wo die Kommentierenden nach Orten geordnet sind. Auf unserem geplanten Kongress im November wird es zu einer Gruppenorganisation kommen, dass sich die aus den gleichen Heimen, einander zuordnen können.

    2. ich war da auch weiss aber nicht mehr genau ob es 68 oder 69 war. kaum noch erinnerungen aber eins ist sicher in diesem alter ohne eltern hinterlässt spuren

    3. Hallo Bernadette,
      ich war ca. 1970 im Oktober/ November im Kinderheim in Nussdorf/Inn. Zunächst Im Schneewittchen-Zimmer im Obergeschoss /Dach als eines von 7 Mädchen. Ich bin dort sehr krank geworden und habe die letzten 2 Wochen von 6 im Keller verbracht und es endete dann im Krankenhaus in Rosenheim, wo mich meine Eltern nach weiteren 2 Wochen endlich abholten.
      Ich erinnere mich noch an einzelne Dinge wie den Arzt und das Verbot, Erlebnisse nach Hause zu schreiben. (Meine Oma hatte mir allerdings eine Postkarte aufgehoben, die ich in diesem Dorf aus Verzweiflung ohne Marke in einen Postkasten eingeworfen hatte und zu ihr nach Hessen gesendet hatte, und vor ihrem Tod gegeben)
      Seit dem weiss ich, dass ich mir das nicht eingebildet hatte, was ich dort erlebt habe.
      Das Haus gibt es noch, wird wohl heute als Kindergarten genutzt. Ich habe es vor einigen Jahren mit meinem Partner mal aufgesucht.
      Im Garten sieht man noch Fragmente der Terrasse und des Pools. Dieser war aber nicht für die Kinder damals, sondern für die Betreiber.
      Ich kann mich noch an die Namen von 2 anderen Mädchen bis heute erinnern.
      Ich finde es ganz super von Frau Röhl, dass Sie diese Seite initiiert hat und sage herzlich Danke ! für soviel Empathie und Engagement.
      Bea Elisa

  108. Liebe Anja, liebe Schönau-Kinder,

    ich habe gerade unsere Beiträge noch einmal durchgesehen:

    Kann es sein, dass es zwei unterschiedliche Heime in Schönau/Berchtesgaden gegeben hat?

    Vera (Beitrag vom 14.01.19) spricht von einem Kinderheim Carola am Hanottenweg/ Elisenweiher. Der Hanottenweg befindet sich in Oberschönau, ein Stück weit nördlich von Schönau.

    Ich selbst war im “Kindererholungsheim Ponyhof” der BEK in Schönau. Dieses Heim (ich hab noch eine Postkarte mit Foto vom Haus samt Ponys und obiger Beschriftung), muss etwas südlicher gelegen haben, näher am Königssee und an der Jennerbahn. Wir sind über den Königssee gefahren, ich erinnere, dass es nicht sehr weit dahin war. (Und der Watzmann war sehr präsent, ich erinnere noch Legenden, die von dem Berg erzählt wurden und dass irgendjemand den Watzmann aus Grießbrei nachgebaut hat – im Speisesaal mit den langen umlaufenden Bänken an der Wand…)

    1. Hallo Sabine!
      Ja es gab den Ponyhof. Auch ich war dort als 8jährige im Oktober 1965.
      Es muss noch ein größeres Haupthaus gegeben haben. Die Leiterin beider Häuser kam regelmäßig zur Kontrolle.
      Ich kann mich noch an viele Begebenheiten und Erlebnisse erinnern.
      Für mich war es einerseits eine sehr schöne Zeit, anderseits eine Zeit geprägt durch unglaubliches Heimweh.
      Das Zimmer mit der umlaufenden Bank war der Aufenthaltsraum (zu meiner Zeit) und nur
      das 8er Schlafzimmer nahm seine Mahlzeiten in diesem Raum ein. Nebenan der Speiseraum der übrigen Kinder. Insgesamt waren im Ponyhof um die 40 Kinder untergebracht.
      Gerne würde ich das Haus noch einmal wiedersehen. Es wird aber wohl nicht mehr als Kurhaus genutzt.

      1. Ich war 2005 nochmal am ehemaligen “Ponyhof” und fragte, ob hier mal ein Kinderkurheim war. Eine nette Frau meinte, dass das Haus jetzt in Privatbesitz ist und schon lange kein Kurheim mehr war. Das Haus wurde dazwischen noch für Ferienzimmer genutzt. Ich war 1979 da und habe ähnliches erlebt, besonders das An- der-Wand- Stehen im Sammelbad ist mir noch in Erinnerung, wenn man keinen Mittagsschlaf machte.

    2. Hallo zusammen, hallo Sabine.
      Ja, es gab definitiv 2 Kinderheime unter gleicher Leitung in Schönau bei Berchtesgaden (Ich weiß auch noch den Namen der Heimleitung). Ich war im Juli 1964 im Ponyhof und damals fast 12 Jahre alt. Zwei Pony´s und ein Fohlen gab es dort. Das eine hieß “Frigga”, den Namen des anderen weiß ich nicht mehr. Das Fohlen hieß, glaube ich Hansi, wenn ich mich nicht irre. Im Garten gab es ein rechteckiges gemauertes Planschbecken und im Aufenthaltsraum eine Kasperltheaterbühne (aber nie eine Theater-Vorstellung).
      Das erst Mal alleine von zu Hause weg und das ganze 6 Wochen – da war das Heimweh natürlich groß. Und am ersten Abend gab´s Griesbrei mit Pflaume – den bekam ich nicht runter. Ich kann aber nicht sagen, dass ich irgendwelche negativen Erlebnisse hatte. Wer gehorsam war und sich angepasst hat, hatte nichts zu befürchten. Die Betreuerinnen nannte man “Tante”. Es gab Wanderungen, Ausflüge und die berühmte Schifffahrt nach St. Bartholomä, mit der Trompete und dem Echo. Und man erzählte uns von dem Mann mit dem VW-Käfer, der im Winter 63/64 auf dem zugefrorenen Königssee einbrach und ertrunken ist. Der Käfer steht heute noch in 130 m Tiefe. Wir alle waren sechs Wochen dort. Vor der Abreise wurde ein Erinnerungsfoto (DIA) von jedem Kind (auf einem Pony sitzend) gemacht. 2006 habe ich mit meiner Familie ein paar Tage Urlaub in Schönau gemacht. Das Haus Ponyhof habe ich allerdings nicht gefunden. Aber unser Hauswirt sagte, es sei in Hinterschönau und mittlerweile im Privatbesitz. Ich habe übrigens auch noch eine Postkarte von dem anderen Haus mit Pony´s und Kutsche davor. Watzmann und Jenner waren natürlich präsent und man zeigte uns die “Schlafende Hexe”. Die hatte ich ganz vergessen, bis ich sie in 2006 wieder sah – und sie schläft immer noch. 🙂

      1. Hallo Manfred,
        das zweite Pony hatte den Namen Schneewittchen. Neben dem Haus, auf dem Grundstück, gab einen Bach, in dem wir spielen konnten. Unterhalb vom Haus befand sich nur eine Wiese auf denen die Ponys waren und die Talstation der Jennerbahn. Wenn ich in Google Maps nachsehe, kann es sich nur um das Haus in der Jennerbahnstr. 32 handeln

  109. Sehr geehrte Frau Röhl, ich freue mich, dass ich endlich eine Seite gefunden habe, die sich mit diesen Schrecken beschäftigt!

    Ich selbst habe durch meine gesamte biologische Familie ALLE Arten des Missbrauchs über die ersten 17 Jahre meines Lebens erfahren. Da der erste sexuelle Missbrauch mit 4 Jahren durch meinen Vater erfolgte, entwickelte ich sofort eine schwerwiegende Essstörung und wurde “zu dick”.

    Als ich 8 Jahre alt war (1994), wurde ich dann von heute auf morgen zur “Kur” nach Wyk auf Föhr geschickt. Damals hat man mir nichts erzählt, sondern nur gesagt, ich müsse jetzt zur Kur, weil ich zu fett sei. Ich reiste mutterseelenallein auf einem Schiff mit über hundert anderen Kindern zwischen 2 und 10 Jahren. Alle weinten und waren schwer verstört.

    Das Heim selbst war ein sehr großes, kahles Gebäude, das wie ein Krankenhaus aussah.
    Da mir erst jetzt mit 32 langsam durch meine Therapie bewusst wird, was mir dort noch zusätzlich angetan wurde, kann ich mich nur an sehr wenig erinnern.

    Man musste durch einen dunklen, langen Keller gehen, bis man im Inneren des Gebäudes war. Mädchen und Jungs wurden sofort getrennt. Ich musste mit 18 fremden Mädchen in einem Zimmer schlafen und hatte keine Privatsphäre.

    Nach 18 Uhr durfte man das Zimmer nicht verlassen und nachts nicht auf die Toilette. Morgens musste man bis zur Erschöpfung Sport treiben und bekam so gut wie nichts zu essen. Magerquark und Paprika waren an der Tagesordnung.

    Ein Mal pro Woche erfolgte das große Wiegen, vor dem wir alle Angst hatten. Wir mussten uns bereits auf dem Flur vor allen anderen bis auf das Höschen ausziehen, damit der Wiegevorgang so schnell wie möglich von statten ging.

    Es wurde nicht mit uns gesprochen, und es wurde auch nicht gespielt. Gut, das kannte ich von zu Hause nicht anders, für die anderen Kinder, die normale Eltern hatten, war es aber ganz schlimm.

    Furchtbar fand ich, dass jeder ständig Zugriff auf mein bisschen Eigentum hatte, das ich mitnehmen durfte. Ständig schlugen mich die anderen Kinder und stahlen meine Sachen. Auch das kannte ich von zu Hause nicht anders.

    Das Schrecklichste war allerdings, dass wir kaum etwas zu Trinken bekommen haben, vor allem um 18 Uhr beim “Abendbrot”, das für uns “Dicke” sehr spärlich ausfiel. Wenn man dann nicht in Sturzbächen den ekligen Tee in sich hineingekippt hatte, gab es bis zum nächsten Morgen um 9:30 nach dem Sport keinen Tropfen.

    In diesem Verschickungsheim wurden zu „dicke“ und zu „dünne“ Kinder aufbewahrt, um eben ab- oder zuzunehmen. Ich selber kann nur von uns Dicken erzählen. Die „Dünnen“, die es, nach unserem Empfinden, „besser“ hatten, wurden durch eine Trennwand im Speisesaal von uns abgeschottet.

    Vor einigen Wochen wurde mir plötzlich vieles von damals wieder bewusst. Ein Betreuer, vor dem viele von uns, vor allem Mädchen, wahnsinnige Angst hatten, hat mich dort sexuell missbraucht.

    Was uns allen passiert ist, haben viele hier schon erwähnt. Dennoch möchte ich es der Vollständigkeit halber nicht auslassen.

    Unsere Betten und Habseligkeiten wurden, wenn die Betreuer Lust hatten, durchwühlt, um zu verhindern, dass wir heimlich naschen. Es gab dort weit uns breit nichts, außer dem Strand, sodass wir uns nichts richtiges zu essen und auch nichts zu naschen kaufen konnten.
    Zu dem sexuellen Mißbrauch möchte ich keine Einzelheiten öffentlich nennen, damit niemand schwer getriggert wird.

    Generell lief das dort alles ab wie beim Militär, oder wie bei mir „zu Hause“. Ich kannte es nicht anders und war deshalb ein sehr leichtes Opfer.

    Dieses Verschickungsheim wurde 1995 oder 1996 geschlossen, weil es Kinder gab, die sich an den sexuellen Missbrauch erinnern konnten und das Glück hatten, Eltern zu haben, die sich für sie interessierten und ihnen zuhörten. Diese stellten Strafanzeige und das Heim wurde geschlossen.

    Diesen Umstand habe ich nur aus der Zeitung erfahren, als meine Mutter abfällig zu mir meinte: Ach, das ist doch das Kurheim, in dem du warst! Das wird jetzt geschlossen, weil sie dort reihenweise Kinder vergewaltigt haben.“ Ob mir da etwas passiert ist, hat niemanden interessiert.

    Leider gab es damals noch kein Internet und heutzutage findet man über diese Einrichtung keine Informationen mehr. Lediglich, dass die AOK 1998 ein bestimmtes Heim aufgekauft und renoviert habe – Das könnte es sein.

    Zumindest weiß ich, dass die AOK diese Verschickung damals bezahlt hat.

    Natürlich lagen die drei Monate, die ich dort bleiben musste (wer zu wenig abnahm, musste zur Strafe noch einen Monat länger bleiben) in der normalen Schulzeit.

    Unterricht gab es dort nicht. Wir mussten unsere Schulbücher mitnehmen und sollten in unserer Freizeit eigenständig lernen.

    Das einzig „Positive“, an das ich mich erinnere, ist, dass wir damals den ersten Ghostbusters- Film auf einem winzigen Schwarz-Weiß-Fernseher sehen durften und dazu einen Lebkuchenmann bekamen.

    Ich hasste Lebkuchen schon damals und würgte das Ding unter Tränen runter, da ich froh war, überhaupt mal etwas zu Essen zu bekommen.

    Es war im Speisesaal, dieses Mal ohne die Trennwand, und so saßen wir mit ca. 250 Kindern eng gedrängt in dem Raum und starrten wie gebannt auf den Mini- Fernseher.

    Wir wurden gezwungen, alles, was wir aßen, penibel aufzuschreiben und, bevor wir es essen durften, den Kalorienwert zu schätzen. Wer weinte, Heimweh hatte oder sonst irgendwie seinen Gefühlen freien Lauf ließ, wurde extra bestraft. Dieses Prozedere kannte ich bereits von „zu Hause“, daher war ich perfekt angepasst und weinte nur direkt nach dem sexuellen Mißbrauch, was auch wieder hart bestraft wurde.

    Ich fühle mit allen Menschen, die jemals so ein abartiges „Kinderkurheim“ von Innen sehen mussten und kann viele Geschichten hier nur bestätigen. Die schwerwiegenden Traumata, die allein durch diese Verschickung angerichtet wurden, hätten gereicht, um eine zarte Kinderseele vollends zu zerstören.

    Da ich persönlich „zu Hause“ genauso behandelt wurde, habe ich eine schwere komplexe posttraumatische Belastungsstörung, chronische Migräne, Alpträume, Sozialphobie, Burn-Out, und chronische Depressionen entwickelt.
    Es ist einfach nur grausam, was sie uns damals alles angetan haben, vor allem auch noch legal! Der Zusatzparagraph für schweren sexuellen Missbrauch wurde erst 1998 eingeführt. Alles, was davor liegt, verjährte bereits innerhalb von drei Jahren, manchmal sogar innerhalb eines Jahres.

    Diese Verschickungsheime waren einfach nur Gefängnisse für unschuldige Kinder, um die sich niemand kümmern wollte, mit denen nie jemand geredet hat und die mit härtestem NS- Drill gebrochen wurden.

    Es ist wichtig, dass wir uns wieder erinnern können und uns endlich trauen, zu sagen, was man dort mit uns gemacht hat! Nur, weil es damals niemanden interessiert hat, dürfen diese massiven Verbrechen gegen die Menschlichkeit nicht totgeschwiegen werden!

    Für mich ist es kaum zu ertragen, dass diese „Betreuer“ oder „Erzieher“ dort auch noch richtig gut an uns verdient haben. Dafür, dass sie nichts getan haben, außer uns zu quälen und zu foltern.

    Bitte, wenn auch Du, der oder die das hier liest, dich an deine Verschickung erinnerst, erhebe deine Stimme! Es darf nicht noch weiter bagatellisiert werden.

    1. Es erschreckt mich, Ihre Jahreszahl zu sehen, 1994! Erst dachte ich, ich hätte mich verlesen, und Sie meinten 1964, aber dann lese ich, dass Sie heute 32 Jahre alt sind, also können wir nicht, wie ich dachte, davon ausgehen, dass die Kinderkurkliniken, sich wie die Fürsorgeheime, nach 1975 doch allmählich verändert haben. Nun ja, bei den Fürsorgeheimen gab es Aufstände, Selbstmordserien, Bambule, Skandale, die an die Öffentlichkeit kamen, so dass die Institutionen sich umbauen mussten, was gab es hier? In sechs Wochen Kinderkur-Aufenthalten entsteht unter den Kindern keine Gegenwehr, kein Aufstand, keine Bambule. Kleinkinder und Schulkinder reagieren nur mit Bauchweh, Erbrechen…und sind ja dann auch schon wieder weg. Danke für die sehr wichtige Erkenntnis! Aber immerhin wurde es dann ja 1998 geschlossen. Und sexueller Missbrauch war auch dabei, da wurde man zum Milleniumzeitpunkt wohl schon etwas sensibler, wir hätten, wie einer der früher Verschickten schreibt, gar nicht gewusst, wir wir das benennen sollten, es gab noch kein Wort dafür…

  110. Ein kleiner Nachtrag zu meinem Kommentar:

    Durch die vielen hilfreichen Kommentare der anderen Leidensgenossen und Leidensgenossinnen habe ich mit Entsetzen eben erfahren, dass dieses grausame Heim, in das man mich 1994 verfrachtet hat, immer noch existiert! Es wurde wohl zwischentzeitlich (ca 1995 oder 1996) geschlossen, aufgrund der Strafanzeigen wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern und dann aufgekauft und renoviert. Jetzt existiert es wieder, wenn auch in einem anderen äußerlichen Gewand.

    Es war das Hamburger Kinder / Jugend Haus, Wyk auf Föhr, Sandwall 78 in 25938 Wyk auf Föhr.

    Vielen Dank an alle anderen, die hier kommentieren, endlich komme ich dem Schlüssel all meiner schweren Erkrankungen auf die Spur!

  111. Hallo V.W.

    ich bin auf Grund deiner Schilderungen erstaunt und entsetzt.
    Ein Teil deines Leidensweges kommt mir sehr bekannt vor, aber ich war 1967 in so einer Einrichtung.
    Ich habe nicht gedacht, dass es 1994 noch immer so schlimme Zustände gab.
    Weiß jemand, wann dieser Irrsinn mit den Verschickungen endgültig eingestellt wurde?

    MfG
    Christian

    1. Hallo lieber Christian, es gibt sie immer noch, solche “Kinderkurheime”, aber heute werden Kinder bis zum 12. Lebensjahr i.d.R. nicht mehr allein verschickt, erst ab 12. Lebensjahr nimmt man sie ohne ihre Eltern auf, und “Sammeltransporte” gibt es auch nicht mehr, die Eltern kommen im eigenen Auto und bringen die Kinder. Kinderkurkliniken von heute haben Webseiten, auf denen alles wunderschön aussieht, mit vielen positiven Bewertungen. Erst wenn eine Öffentlichkeit darüber hergestellt wird, kann man das ganze Ausmaß überhaupt erfassen. Dann melden sich so viele Augenzeugen, dass man genaueres über die Wandlungen der Pädagogik in diesen vielen Jahrzehnten bis heute sagen kann. Es betraf zb allein zwischen 1963 und 1973 wahrscheinlich an die 4 Millionen Kinder. (Die Zahlen können belegt werden. Ich arbeite daran!)

  112. Hallo Frau Roehl!
    Auch ich war zur „Verschickung“. Ich war 5 Jahre alt und obwohl meine Eltern immer fragten, ob ich gerne weg wollte und ich immer mit ja geantwortet habe, so war mir nicht im klaren, wie lange 6 Wochen sind. Der Arzt hielt mich für zu dünn. Es ging mit anderen Kinder mit dem Bus nach Hanstedt in der Nordheide. Die Einrichtung hieß Klinik Hansenbarg. Es war in der Zeit Oktober/November 1970. Es gab dort eine Frau Birkenstock. Kann mich aber nicht mehr an sie erinnern. Es waren nur Mädchen dort und liefen wohl alle ziemlich verwahrlost rum. Unsere Schürsenkel waren offen und die Laufnasen wurden auch nicht gesäubert. Wir mussten unsere Teller immer aufessen, auch wenn wir satt waren. Ich habe mich jeden Abend in den Schlaf geweint und dachte, meine Eltern seien tot. Erinnern kann ich mich noch, dass wir beim wandern das Lied „Wenn die bunten Fahnen wehen“ gesungen haben.

    Das mit dem Aufpäppeln hat ganz gut geklappt : mit 6 Jahren hatte ich schon Übergewicht ! Jetzt Adipositas, Diabetes Typ 2 und Lymph- und Lipödeme. Vielleicht durch Trauma .

    So, das ist meine Geschichte

    Mit freundlichen Grüßen

    Maren Urbisch

  113. Sehr geehrte Frau Röhl,

    als erstes möchte ich Ihnen meinen Respekt und meinen Dank aussprechen, dass Sie sich diesem Thema annehmen. Lange Zeit habe ich, wie viele andere hier, alles verdrängt und gedacht, dass das früher zu dieser Zeit einfach normal war.
    Ich war 1962 in der Zeit während der Sturmflut für 6 Wochen in St. Peter Ording. Ich war gerade 5 Jahre alt. Meine Eltern hatten damals erst Bedenken, weil ich noch so klein war, aber auch sie beruhigte man damals damit, dass ja mein älterer Bruder dabei sei. Wir sind mit dem Zug von Hamburg nach St. Peter Ording gefahren. Kaum waren wir dort angekommen, wurden wir getrennt. Ich habe meinen Bruder dort in den 6 Wochen einmal ganz weit weg gesehen. Kontakt hatten wir in dieser Zeit nie, das war auch strengstens verboten und wurde verhindert.
    Wie das Verschickungsheim hieß weiss ich nicht. Ich habe aber die gleichen Erinnerungen wie Susanne J., die am 25.02.2019 auf dieser Seite geschrieben hat. Man musste durch so eine Art Keller und dort wurden die Schuhe an- und ausgezogen. (Ich sehe mich aber auch öfters in diesem Kellerraum sitzen und meine Schuhe putzen, weil sie angeblich soo schmutzig waren). Auch an den Geruch kann ich mich erinnern. Es roch genau wie Susanne J. es beschrieben hat nach Schuhcreme, Bohnerwachs, Hagenbuttentee und Puddingsuppe.
    Ich wurde sofort einer Tante zugewiesen, Tante Gerda oder Tante Gertrud hieß sie. Sie war sehr streng und böse. Ich glaube mich auch zu erinnern, dass ein etwas älteres Mädchen die Aufgabe von der Tante hatte, mich zu kontrollieren und zu bewachen. Sie war irgendwie immer um mich herum und hat sofort alles gepetzt.
    Einmal gab es Milchsuppe mit Sagos zum Verdicken. Das besagte Mädchen saß neben mir und sagte mir, dass das „Froschaugen“ sein. Ich konnte diese Suppe dann nicht mehr essen. Dafür wurde ich bestraft und die Tante saß neben mir in diesem riesigen Speisesaal bis tief in die Nacht und zwang mich diese Suppe zu essen.
    Dann habe ich es einmal nicht zur Toilette oder auf den Topf geschafft. Auf jeden Fall habe ich meine Schlafanzughose verschmutzt. Das besagte Mädchen hat es mitbekommen und sofort an die Tante gepetzt. Ich sehe heute noch das Bild vor mir von diesem bösen, garstigen Gesicht und wie sie mich vor allen Anderen geschimpft, angeschrien und ausgelacht hat. Ich musste dann ganz allein in den riesigen Waschraum und meinen Schlafanzug auswaschen.
    Wir haben dann auch einmal einen Ausflug mit dem Bus gemacht. Ich war als Kind immer reisekrank. Ich habe demnach also furchtbar spucken müssen und meine ganze Kleidung vollgespuckt. Ich kann mich daran erinnern, dass keiner mir irgendwie geholfen hat oder mich gesäubert hat. Ich durfte bei der Ankunft zwar aussteigen, wurde dann aber sofort isoliert und alleine zurückgelassen. Ich durfte nicht mit den anderen mit. Ich kann mich noch daran erinnern, dass ich ganz alleine an einem Pferdezaun stand und ein Pferd, das zu dieser Zeit riesengroß für mich war, versucht hat, mir meinen vollgespukten Mantel vom Leib zu reißen. Ich hatte wahnsinnige Angst.
    Ich durfte auch einmal eine Karte an meine Eltern schreiben bzw. schreiben lassen. Was ich darauf schreiben wollte, hat den Tanten nicht gefallen und die Karte wurde sofort zerissen. Ich glaube, ich wurde dafür auch irgendwie bestraft.
    Ob ich jemals geschlagen oder eingesperrt wurde, daran kann ich mich nicht mehr dran erinnern.
    Fraglich ist nur, warum ich bei der Ankunft in Hamburg alle Menschen, die sich mir nur genähert haben, an mir vorbeigegangen sind oder mich nur angeguckt haben, furchtbar angespuckt habe, als musse ich mich gegen den Rest der Welt wehren.
    Auch habe ich bis heute Platzangst und kann mich nicht in ganz dunklen Räumen oder Räume ohne Fenster aufhalten.

    Für alle, die diese Seiten hier lesen und nicht Opfer, sondern Täter oder Mittäter waren, so wie die Tanten, Hilfskräfte und alle, die da mitgemacht haben, auch die ernannten Petzen. Schämt Euch, was habt Ihr mit uns gemacht? Wir waren kleine, hilflose Kinder .

  114. Endlich spricht mal jemand darüber. Mir hat das ja keiner geglaubt. Das waren Hirngespinste eines Kindes – alles Einbildung. Das erste Mal auf Kinderverschickung war ich 1965 auf Langeoog, da war ich 7 Jahre alt. 4 Wochen vom,17.4 bis 18.5 so lautet der Eintrag im Fotoalbum und die eingeklebte Postkarte, die ich meinen Eltern geschickt habe. Ich erinnere mich an kilometerlange Spaziergänge an der ” guten frischen Luft ” – ich vertrage bis heute keinen Wind – und an das schreckliche Essen. Am meisten hasste ich den Fisch, der in einer roten Soße daher kam. Erst wenn wir diesen grässlichen Fisch gegessen hatten, bekamen wir auch Nachtisch – allerdings aus dem selben Teller in dem der Fisch vorher war. Ein Jahr später wurde ich nach Norderney verschickt – auch wieder für 4 Wochen aus denen dann allerdings 7 Wochen wurden, da ich am letzten Abend vor der eigentlichen Abreise ärztlich untersucht wurde und Windpocken festgestellt wurden. Ich kam zusammen mit einem anderen Mädchen in Quarantäne , auf eine Krankenstation mit vergitterten Fenstern und verschlossener Türe. Das war eine ganz schlimme Zeit- es hat sich niemand um uns gekümmert. Wir lagen einfach nur so in den Zimmern – ohne Spielzeug, ohne Zuwendung, ohne Kontakt zu anderen. Ich erinnere mich an die Wolken , die ich durch die vergitterten Fenster sah. Die verschiedenen Wolkenformen und wie schnell sie vorbei zogen, das war meine Unterhaltung. Bis heute weigere ich mich an die Nordsee zu fahren – diese Inseln sehen mich nicht wieder. All die rüden Erziehungsmethoden und Strafen kann ich nur bestätigen. Ich habe vieles verdrängt, kann mich aber gut an Züchtigungen und Strafen erinnern.

  115. Hallo Anja,

    dann wollen wir mal hoffen, dass es heute zumindest eine medizinische Notwendigkeit für den Aufenthalt in einer Kinderkurklinik gibt.
    Bei mir und vielen anderen Kindern war es in den 60ern nicht so.
    Damals kam bei mir die Verschickung nicht wegen einer Indikation durch unseren Hausarzt zustande. Zu der Zeit erschien jedes Jahr in unserer Schule ein Arzt (woher er kam und wer ihn beauftragt hat, weiß ich nicht mehr). Der hat dann alle Kinder “untersucht”, immer ca. 30 % der Kinder aussortiert und deren Eltern die Verschickung dringend angeraten. Dies waren ganz normal entwickelte Kinder. Während meines Aufenthaltes im Verschickungsheim habe ich dort auch keine kränklichen Kinder gesehen. Ich kann mir heute immer noch nicht den Hintergrund dieses Handelns erklären. Wahrscheinlich hat dort jemand oder irgendeine Institution gut dran verdient.
    Danach fing einige Monate später das Elend mit dem Sammeltransport und Pappkarten um den Hals an. Was dann geschah, ist hier ja schon beschrieben worden. War bei mir nicht anders. Ich kann mich noch gut an viele Details meines Aufenthaltes erinnern.
    Ich könnte hier noch viel schreiben, ob ich es noch mache, weiß ich noch nicht.
    Es geht es mir schlecht, wenn ich mich an die damalige Zeit erinnern muss.

    Viele Grüße
    Christian

    1. Ich verstehe dich genau, es ist auch für mich oft sehr schwer,die ganzen Berichte zu lesen. Oft verfolgen mich die Geschichten in meinem Träumen. Was mich aufrichtet, ist, dass wir so eine Öffentlichkeit herstellen, dabei will ich mithelfen, den Kindern von damals eine Stimme geben. Damit die Kinder von heute, wenn Sie irgendwo noch ebenso leiden müssten, dafür Worte und Leidensgenossen finden können, die ein Vorbild sein könnten,dafür, Dass man sich wehren darf. Die sie verstehen und an die sie sich wenden könnten. Da der jüngste Bericht hier von 1994 ist, könnte man auch überlegen, ob man nicht darauf dringen soll, eine unabhängige Beschwerdestelle auch für heutige Alleinreisende Kinder in Kurheime anzubieten, aber diese Beschwerdestelle sollte dann von uns besetzt werden. Ich sehe es wie du und vermute auch, dass damals den Schul- und Kinderärzten für jedes Kind, dass sie zur Verschickung anmeldeten, eine Geldprämie ausgezahlt wurde. Das werden wir noch erforschen. Da wird sich vielleicht plötzlich eine Sprechstundenhilfe erinnern. Wir müssen uns beeilen, damit nicht alle der damals Erwachsenen schon tot sind.
      Grüße
      Anja

  116. Hallo Andrea Röhl,
    ich habe im Mai hier einen Kommentar zum Nonnenhaus in St. Peter Ording abgegeben, aber er erscheint hier nicht . Wie kommt‘s?
    Freundliche Grüße
    Christiane L. Aus Hannover

  117. Ich war im März 1962 in Westherbede bei Bochum, weil ich nicht essen wollte und zu dünn war. In dem Heim habe ich auch auf den Teller erbrochen und musste das dann essen. Es gab dann Schläge durch die Nonne.
    Wieder zuhause, habe ich nichts erzählt weil ich Angst vor weiterer Bestrafung hatte weil ich den Erfolg der Kur nicht brachte. Ich war fünf.

    Wer kennt noch Westherbede? Finde im Netz nichts mehr.

  118. Ende der 60er war ich auf Borkum, ich glaube im Haus Concordia.
    Die beschriebenen Demütigungen waren an der Tagesordnung. 6 Wochen lang würde ich nicht mit meinem Namen, sondern als „27“ angesprochen, jeder hatte eine Nummer bekommen. In Erinnerung sind mir noch Wanderungen durch die Dünen, unabhängig von den Temperaturen musste jeder eine blauweiße Strickmütze tragen. Es wurde mit Angst gearbeitet. In den Dünen abseits der Wege würden Tretminen aus dem Krieg liegen, Fehltritte seien tödlich. Gebadet haben wir in den 6 Wochen ein Mal, und das bei schlechtem Wetter. Der Stuhlgang wurde auf ausreichende Menge kontrolliert, ggfs. würde man bestraft, gerne mit tagsüber im Bett liegen. Nachts war die Strafe – für was auch immer- nackt oder nur mit Unterhose bekleidet im Treppenaufgang zu stehen. Schikanen rund ums Essen usw.
    Das schlimmste für mich war, dass ich mich nicht wirklich gewehrt habe. Man hat uns gesagt, wenn wir uns nicht fügen würden, kämen wir später oder im schlimmsten Fall nie mehr nach Hause. Ohne diese Drohung hätte ich mich niemals derart schikanieren lassen. Selbst zu Hause erzählte ich zunächst nichts. Mir war gedroht worden, man könne mich auch wieder zurückholen. Erst nach langem und guten zureden durch meinen Vater und dessen Versprechen, mich zu schützen, berichtete ich nach und nach über die Vorgänge.
    Insgesamt handelte es sich um ein zutiefst sadistisches und willkürliches System.

  119. Ich wurde 1975 nach Bad Salzuflen geschickt. 6 Wochen lang. Während dieser Zeit habe uch meinen 6. Geburtstag gefeiert. Meine Erinnerungen sind bruchstückhaft aber die Erinnerungen, die ich habe, sind alle negativ und wecken eine grosse Traurigkeit in mir. Ich wurde meinen Eltern auf dem Bahnsteig von einer fremden Frau entrissen und in ein Abteil mit anderen Kindern gesteckt. Meine Eltern wusste noch nicht einmal, ob ich im richtigen Zug sass, so schnell ging das. Dann erinnere ich mich, dass ich mit vielen anderen Kindern in einem grossen Schlafsaal mit Gitterbetten schlafen musste, u.a. wurde man gezwungen Mittagsschlaf zu machen, auch wenn man nicht müde war. Meinen Eltern haben anfangs jeden Tag angerufen, ich glaube am vierten Tag wurde ihnen von dem grässlichen, alten und völlig unempathischen Arzt des Hauses mitgeteilt, dass sie dies gefälligst zu lassen hätten. Das würde mich nur verwirren. Ich war 5! Es ging mir sehr schlecht. Ich hatte Heimweh ohne Ende und hatte Angst. Die Schwestern und überhaupt alle Angestellten in diesem Heim waren völlig kalt und emotionslos. Die sozialen Fähigkeiten und vor allen die pädagogischen Fähigkeiten aller Schwestern und Pfleger waren quasi nicht vorhanden. Wir wurden gezwungen morgens Lebertran zu uns zu nehmen. Dabei habe ich mich fast jedes Mal übergeben. Mein 6. Geburtstag kam und ging sang-und klanglos. Ich wusste ja nur, dass ich Geburtstag hatte, weil meine Eltern mir eine Karte geschickt hatten, die auch tatsächlich ankam. Ansonsten kann ich mich noch erinnern, dass ich einmal als Bestrafung mehrere Stunden ganz alleine auf einem Stuhl in einem Zimmer sitzen musste. Was bitte schön kann den ein 5/6 jähriges Kind angestellt haben, um so eine Bestrafung zu verdienen? Wie gesagt, ich habe noch andere Erinnerungen, aber bruchstückhaft. Was mich beunruhigt, sind die negativen, fast schon depressive Gefühle, die diese Erinnerungen in mir erwecken. Ich wäre an einer Teilnahme an dem Seminar intressiert.

  120. Komisch, jetzt wo ich diese Erinnerungen zulasse und nicht wie sons sofort blockiere, tauchen immer neuere Erinnerungen auf. Meine Eltern hatten mir zum Geburtstag nicht nur eine Karte, sondern auch ein Paket geschickt. Das Paket durfte ich öffnen, aber dann wurde es mir abgenommen, mit dem Inhalt natürlich. Der Inhalt wurde nicht, wie andere hier beschreiben, verteilt an andere Kinder; es verschwand einfach. Überhaupt wurde mir bei der Ankunft alles, was meine Eltern mir mitgegeben hatten, abgenommen. Bis auf ein Kuscheltier. Mein Lieblingskuscheltier, das ich immer bei mir hatte. Nach 3 Wochen habe ich diesem heissgeliebten Kuscheltier den Bauch aufgeschlitzt. Womit, weiss ich gar nicht mehr. Zu Hause habe ich dann erzählt, dass es ein anderes Kind gewesen war, aber das war eine Lüge. Warum habe ich das gemacht? Will ich die Antwort darauf überhaupt wissen? Tatsächlich ist aus mir aber kein Serientäter geworden, im Gegenteil, ich arbeite für das Rote Kreuz. Die Berichte hier über das Essen und die Strafen, wenn man den Teller nicht aufaß, kann ich bestätigen. Den ausgebrochenen Lebertran musste ich auch immer wieder zu mir nehmen. Auch an die Schlangen vor dem Arztzimmer in Unterwäsche kann ich mich jetzt erinnern.

  121. Hallo Sabine,liebe Schönau-Kinder

    es gab verschiedene Heime ,einige bestehen noch …Kinderkurhaus carola am Eliesenweiher wurde 1996 abgerissen.Es war auch ein Haus der Bek und laut Briefe meiner mom sollen wir dort Ponyreiten können…?Ich kann mich nicht erinnern,denke wegen meiner Essensverweigerung durfte Ich eh nicht.Ein Haus ist jetzt eine Abnehmklinik für Übergewichtige Jugendliche Haus Schönsicht.Ein anderes eine Jugendherberge in Schönau…glaube Haus Buchenhaus.
    LG Vera

  122. Hallo an alle “Schönau-Kinder”

    ich war ebenfalls ein Verschickungskind, das sämtliche in diesem Forum geschilderten Erlebnisse – und noch einige mehr – bestätigen kann. Die dort gemachten Erfahrungen wirken bis heute massiv in mein Leben. Seit einer schweren Erkrankung vor 3 Jahren geschieht dies mehr denn je. ich probiere mehrere psychotherapeutische Ansätze aus, um diese zu verarbeiten. Mit sehr unterschiedlichem Erfolg. Vielleicht hilft ja auch ein Austausch mit anderen Betroffenen.

    Warum ich meinen Beitrag mit “Schönau-Kinder” adressieren kann: Vor ein paar
    Wochen habe ich ein Foto gefunden, auf dem neben den Namen der Abgebildeten auch “1.4.1966 Kinderheim Elisabeth – Berchtesgaden-Schönau” zu lesen ist.
    Vielleicht hilft das ja anderen bei der Suche nach “ihrem” Aufenthaltsort weiter. Für weitergehende Hinweise bin ich auch dankbar. Vielen Dank und herzliche Grüße Bernd

  123. Hallo V. W.,
    der Bericht hat mich sehr erschüttert. Vor allem aber auch an die verschiedenen Mißbrauchsaktionen während meiner Kindheit zu Hause und in den sehr vielen Heimaufenthalten erinnert. Ich war im Alter von 2 Jahren bis 3 1/4 das erste Mal in Stieg. Davon habe ich noch viele Alpträume und Angststörungen. Meine Diagnosen sind ähnlich. Auch hat man mich so geprügelt in den Heimen, dass fast meine kompletten Bandscheiben kaputt sind und ich nur unter großen Schmerzen und Morphium zurecht komme. Seit meinem 30. Lebensjahr bin ich 7 cm kleiner geworden. Wir durften nie mit anderen Kindern spielen und wurden wie Roboter programmiert. Solidarisieren war verboten und wurde strikt unterbunden. Daher habe ich auch eine Sozialphobie und zwar ziemlich schlimm. Ich bin einsam. Ich wurde vergewaltigt, mißbraucht und gefoltert. Dazu kann ich mich nicht äußern. Ich möchte Niemanden retraumatisieren. Wenn ich nach Hause kam, habe ich wieder ins Bett genässt und Niemanden hat interessiert warum und das Ganze ging weiter als absolutes Trauma. Meine Mutter wusste wohl Einiges, das passiert ist und hat mich deswegen noch mehr leiden lassen und geprügelt. Rückhalt hatte ich nie. Und meistens habe ich auch die Erfahrung gemacht, dass mir Niemand glaubt. Das ist das Allerschlimmste an der ganzen Sache. Nicht mal die enge Familie nun. Ich bin immer noch verzweifelt wegen der grausamen Alpträume, Ängste und Panikattacken.Therapie habe ich zu spät begonnen und Schwierigkeiten, sie bei der Krankenkasse fortzuführen mit Genehmigung. Je mehr ich hier lese, umso mehr ist mir auch bekannt, denn das Ganze zu formulieren macht mir viele Probleme.
    Es war ein menschenunwürdiges Leben in den Heimen. Ich schätze, dass ich über 4 Jahre weg war nach den Berichten, die ich noch habe. Ich hatte nie eine Kindheit, durfte nie Kind sein und bin wie in der Armee gedrilt worden. Befehle auszuführen wurde mir schon als Kleinkind beigebracht. Das hat mein ganzes Leben geprägt

  124. die Geschichte mit dem Seehospiz Norderney ist lang. Die Folgen – speziell beim letzten 3-Monatsaufenthalt im Jahr 1964 / 65 mit Missbrauch – sind bis heute noch hartnäckig spürbar und werden therapeutisch aufgearbeitet. Es gibt ein spezielles Forum für die Heimkinder des Seehospiz Norderney, hier der Link zum Nachlesen: https://350928.forumromanum.com/member/forum/entry_ubb.user_350928.1430499898.1132300615.1132300615.1.missbrauch_sexuellen_sinne_war_tatsaechlich-ehemalige_kurkinder_des.html?onsearch=1

    Mich persönlich interessieren ähnliche Vorkommnisse / Erlebnisse zur gleichen Zeit im Winter bis Frühjahr 19964 / 1965 im Seehospiz Norderney – bei mir Haus 6. Bitte konkret beschreiben, nicht interpretieren, etwa Schwestern mit “schwarzer Pädagogik”.

    Interessant wären z. b. Tagesabläufe zu beschreiben: etwa die Massenabfertigungen bei dem Gang zur Toilette mit offenen ? Türen, Abspritzen mit kaltem Wasser aus Schlauch in riesiger Badewanne ?, barfuß auf kaltem Steinestrich davor, was war mit “eiserner Lunge” massenweise Abpudern / Desinfinzieren gegen vermeintlichen Hautausschlag ?. und vieles mehr. All dies war auch heftig mit Angst besetzt, weil oft Druck gemacht wurde oder gedroht wurde. Manchmal ging es auch gut und es wurde nicht geweint.

    Ähnlich war es mit Essen und Mahlzeiten einnehmen an ellenlangen Tischen – mit wie viel Personen am Tisch ? Ich kann mich noch an ein sehr stringendes Essregiment erinnern, manches steckte ich mir auch in die Tasche, manches hustete ich in den Teller zurück – aber noch zu viele Bruchstücke der Erinnerung. Insgesamt eine tödliche Mischung aus tatsächlicher Fürsorge der noch jüngeren Teilzeitkräfte (darunter eine Cousine von mir (Ursula geb. Steinfeld) und den sehr unbeherrschten alten Schwestern, die eine wahnsinnige Kälte ausstrahlten.

  125. Guten Tag Frau Roehl,
    ich wurde im Alter von 6 Jahren nach Oberbayern zur Kur geschickt und habe nur schlechte Erinnerungen daran. Bevor der Tag der Verschickung kam, hatte ich schon große Angst vor der Fahrt. 6 Wochen in eine unbekannte Gegend ohne mir bekannte oder verwandte Personen war für mich grauenvoll. Ich erinnere mich an durchweinte Nächte, vor lauter Heimweh konnte ich nicht schlafen und zur Strafe musste ich mich in eine Ecke stellen des Großschlafraumes stellen. Meinte Schlafanzugjacke musste ich ausziehen und sie wurde mir von einer Nonne über den Kopf gelegt. So musste ich mehrere Stunden frierend verharren und wurde dann später in der Nacht von einer weltlichen Erzieherin erlöst. Ich war dort in Kur, weil ich nicht das erforderliche Gewicht für die Einschulung hatte…Es hat übrigens “gewirkt” mein Leben lang kämpfe ich mit Übergewicht und habe auch psychische Erkrankungen. Einmal hatte ich Bauchschmerzen, weil ich so viel essen musste. Eine Nonne meinte, sie würde dann wohl mal meinen Bauch aufschneiden müssen, um nachzuschauen was denn los sei. Es gibt viel zu erzählen und ich bin froh zu erfahren, dass es jemand wie Sie gibt die sich des Themas angenommen hat. Vielen Dank und freundliche Grüße

  126. Hallo Frau Röhl,
    ich war im Frühjahr 1971 in Wyk. Ich weiß es nur weil im Februar meine Schwester starb und als ich wieder nach Hause kam der Flieder blühte und ich mich wahnsinnig darüber gefreut habe.
    Es muss das Schloss am Meer gewesen sein, da meine Eltern bei der Barmer versichert waren. Ich erinnere mich nur in wenigen Bildern an den Aufenthalt. Das meiste liegt im Dunkeln. Meine Therapeutin meinte mal das Vergessen und Ausblenden ist eine Funktion die das Überleben der kindlichen Seele sichert. Ich weiß das ich da war, es ist aber als wäre es nicht ich gewesen sondern eine andere Person die ich beobachtet habe.
    An das wenige an das ich mich erinnern kann,… ich wurde mit einem Pappschild um den Hals in Bielefeld in einen Zug gesteckt und war stolz darauf so „erwachsen“ zu sein so ein Abenteuer allein anzutreten. Hat aber nicht lange angehalten. Irgendwann waren wir alle still im Zug.
    Ich erinnere mich weder an die Überfahrt mit der Fähre noch an die Ankunft. Meine nächste Erinnerung ist der Speisesaal mit widerlichem roten Tee den ich nicht herunter bekam und wohl so etwas wie Grießbrei den ich nicht essen wollte. Ich musste so lang im Speisesaal sitzen bleiben bis ich dieses Zeug gegessen habe. Das war gefühlt sehr lang. Irgendwann habe ich es wohl runter gewürgt und durfte gehen. Ich habe dann auf die Treppe gekotzt und bin verdammt schnell weg gerannt.
    Die nächste Erinnerung ist wie ich in einem Mansardenzimmer im Bett lag und ganz dringend zur Toilette musste. Es wurde geflüstert das die Tanten schrecklich böse werden wenn man nachts aufsteht und zur Toilette gehen will. Und ich habe, so glaube ich, auf das rote Licht gewartet um aufstehen zu dürfen. Ich habe letztlich in Bett gemacht. Jemand hat geschrieben das dass Bettlaken, damit man sich schämt, übers Bett gehängt wurde. Ich meine mich zu erinnern das ich so ein Bettlaken über meinem Bett habe im Wind leicht flattern sehen. Ich fand es tröstlich weil es von der Einsamkeit ein wenig abgelenkt hat.
    Nach dem Mittagessen mussten wir in einer Art Wintergarten Mittagschlaf halten. Ich glaube, geschlafen hat niemand. Wir durften uns nicht bewegen und schon gar nicht reden. Wer geredet hat musste für den Rest der Zeit in der Ecke stehen. Ich war auch dabei. Man musste sich vorm hinlegen überlegen in welcher Position man liegen wollte um keinen Ärger zu bekommen weil man zu unruhig war. Die Decken waren aus grauer Wolle und haben fürchterlich gekratzt. Ich habe aus Langeweile und um die, gefühlt, lange Zeit zu überstehen, die Wolle aus der Decke gezupft und Kugeln daraus gedreht.
    Am Strand, so erinnere ich mich, habe ich an einer Mauer gesessen und den Sand durch meine Finger rieseln lassen. Ich kann mich nicht erinnern mit anderen Kindern gespielt zu haben. Ich kann mich auch an keine Namen erinnern.
    Wir müssen uns ja irgendwo gewaschen haben. Es gibt da nur das dumpfe Gefühl von verwinkelten, weiß gekachelten Wänden, kaltem, eiligen Waschen und Zähne putzen.
    Ich wüsste nicht das ich zuhause über das Erlebte geredet habe. Viele Jahre später habe ich versucht meine Mutter zu befragen. Sie konnte sich angeblich nicht an irgendetwas Negatives erinnern.
    Ich kann mich nicht erinnern geschlagen worden oder körperlich misshandelt worden zu sein, aber ich konnte bis in Erwachsenenalter keine körperliche Nähe ertragen. Die Ursache kenne ich bis heute nicht.
    Es gibt ein Gruppenfoto von den anderen Kindern und mir. Ich schaue ob man es hochladen kann. Vielleicht gibt es jemand der zur gleichen Zeit da war.
    Kirsten

  127. Liebe Anja,
    letztes Jahr habe ich etwas über ein Kinderpostheim in Manderscheid in den 60er Jahren geschrieben. Du hattest auch darauf geantwortet. Habe mich aber nicht weiter damit befasst.
    Es wäre.super, wenn ich.wüsste, ob auch andere Kinder dort waren und schlechte Erinnerungen mit sich zragen ? Ich fühle mich da so ziemlich alleine, weil die Postverschickung nicht erwähnt wurde.
    Ein Sammelbrief wäre.super.
    Herzliche Grüße
    Marion Wege-Rahmen

    1. Liebe Marion, ich werde sofort nachprüfen, ob du im Postverteiler bei uns drin bist, sorry, ich habe jetzt letztens mehrere Sammelbriefe an alle rausgeschickt, bisher bist du die einzige aus Manderscheit/Post,aber wir sammeln ja und es kommen bestimmt dann noch weitere aus den verschiedenen Heimen, nur Geduld!
      Anja

      1. Hallo Anja,
        erst einmal vielen Dank für Dein großes Engagement.
        Auch ich war von Feb-März1964 als 6-jährige im Privatkindererholungsheim Dr. Bönner, Manderscheid.
        Sollte es noch andere Betroffene von dort geben würde ich mich über Kontaktaufnahme freuen. An einiges kann ich mich erinnern, vieles aber auch nicht mehr.
        Für mich war es ein traumatischer Aufenthalt mit Folgen bis heute, insbesondere Verlust des Urvertrauens.
        Herzlichen Dank
        Viele Grüße
        Rosemarie

    2. Ich bin Jahrgang 57 und da wurde man noch an Ostern eingeschult. Da ich im Juni geboren bin, war ich an meiner Einschulung noch 5J. alt.Ich kam vorher aber zum Zunehmen mit meiner besten Freundin Sabine, deren Vater wie meiner auch bei der Post war, ins Kindererholungsheim
      in Manderscheid in der Eifel. Wir waren aus Trier. Es war 1962 wohl im Herbst.
      Durch meine dortige Keuchhustenerkrankung konnte ich nicht nach Hause nach der Zeit, damit meine kl. Schwestern, 20 Monate und 8 Monate alt, sich nicht ansteckten. „Du bleibst hier, du kannst nicht heim wegen deinen Schwestern und deinem Gehuste.“
      Das wurde mir mitgeteilt, als alle anderen Kinder packen gingen.
      Mein „Kranksein“ wurde mir so erstmals gegenüber geäußert.
      Eines Nachts wurde ich geweckt und die Holztreppe hinuntergeschickt, um in einem ansonsten dunklen Zimmer von einer Person im weißen Arztkittel den Kopf abgesucht zu bekommen. Danach wurde ich allein zurückgeschickt.
      Mich fror es, das löste wohl einen Hustenanfall auf der Treppe zum Schlafsaal aus. Man rief mir hinterher, nicht so zu husten, ich wecke ja das ganze Haus auf damit. Dass man mit Keuchhusten nicht anders husten kann, weiß ein Kind nicht.
      Ich verbrachte so mindestens 2 Monate in dem Kurheim, machte die nächste Kurrunde praktisch auch noch mit. Ich hatte das Gefühl, nie mehr heimzukönnen.

      Denn zu Nikolaus war ich auch noch dort, es kam ein Päckchen von zu Hause. Das ich jedoch nie aufmachen durfte. Es wurde mir gezeigt, ein Brief der Eltern vorgelesen und dann alles mitgenommen. Wegen der anderen Kinder, die alle kein Päckchen hatten.Soweit diese Erinnerung.
      Die verlängerte Kur war später sogar die bessere am Schluss.
      Eine nette Erzieherin hatte wohl Mitleid mit mir, wie ich ohne beste Freundin und krank alle davonfahren sah. Sie sorgte ab da dafür, dass ich auch mal Spaß hatte.
      Ich musste ja raus an die Luft mit dem Husten und so durfte ich zum Schlittenfahren mit ihr. Und sie bastelte mit mir.
      Ich habe aber fürchterliche Erinnerungen an die erste Kurzeit.
      Ein Regiment der Angst durch Bestrafungen herrschte hier.
      Jede Zuwiderhandlung hatte Folgen.
      Mich traf es mehrmals.
      Ich war ein schüchternes, kleines, zartes Mädchen, aber immer mit gutem Appetit zuhause.
      Unsere Eltern sind beide schlank, also sind ihre 4 Kinder genetisch gesehen vor Dicksein erstmal geschützt und können futtern soviel sie können.
      Hier ging es aber um Zunehmen auf Anweisung des Gesundheitsamts.
      Egal wie…
      Morgens gab es, wie ich jetzt erkenne war das überall das Gleiche wohl, einen warmen Milchbrei.
      Der Teller war aber ein großer Suppenteller, die Portion für mich eindeutig zuviel.
      Ich ließ die Hälfte dann stehen.
      Das wurde nicht geduldet, ich weigerte mich. Es gab Geschrei von beiden Seite und ich geriet in große Panik. Unter körperlichem Zwang wurde ich gefüttert, bis mir alles hochkam und wieder im Teller landete.
      Das war dann am Schlimmsten. Ich musste jetzt erst Recht alles aufessen. Ich schrie und tobte, sprang vom Stuhl und lief vom Tisch in den Schlafsaal in mein Bett.
      Man folgte mir und beschloss, dass ich zur Strafe für mein Benehmen das Bett nicht mehr verlassen darf an dem Tag und nichts mehr zu essen bekomme.
      Irgendwann später hieß es dann, alle bösen Kinder kommen ins Verließ der Burg.
      So wurden wir tatsächlich auf eine Burg geführt, ich nehme an die Burg Manderscheid war das, und mussten uns um ein dunkles Eisengitter stellen.
      Darunter gurgelte und rauschte es. Es hieß, das seien Geister mit ihren Ketten.
      Wer also nicht folgt kommt da runter zu denen.
      Ich war voller Todesangst.
      Meine Freundin Sabine war auch dabei, weil sie nachts ins Bett machte.
      Wir schliefen in hohen Gitterbetten aus Metall in einem großen Schlafsaal.
      Unter dem Bett war der Nachtopf.
      Sabine hat vor Angst dann ihre nasse Unterhose nachts mir unter das Bett geworfen.
      Ich wusste das natürlich sofort, aber ich konnte es den Schwestern nicht verraten.
      So stand ich wegen Bettnässen wieder vor
      dem Gitter.
      Das kalte Abbrausen mit einem Schlauch ist mir auch wieder in Erinnerung gekommen, als ich die anderen Beiträge jetzt gelesen habe.
      Das war wohl die damalige Art zu Duschen?
      Alle Kinder stehen nackt auf Fliesen rum und frieren.
      Das hab ich auch im Gedächtnis.
      Abschließend möchte ich noch erwähnen, dass es ein Foto von mir an Fasching gibt als Schneeflöckchen.
      Das wurde praktisch 2 oder 3 Monate später von meinen Eltern zuhause von mir gemacht.
      Ich musste als Kind Jahre später meine Eltern beim Betrachten gefragt haben, wer denn das sei?
      Das bist du! Ich blickte auf ein dickes Kind mit Vollmondgesicht, ab dem das Kostüm zum Platzen spannte.
      Die Kur war wohl ein voller Erfolg gewesen!

      Meine Eltern haben zusammen mit den Eltern meiner Kindheitsfreundin Sabine Koschorek Anzeige gegen die Heimführung des Posterholungsheims erstattet.
      Es wurde geschlossen.
      Aber ich war jahrelang nicht in der Lage allein zu sein, woanders zu übernachten gar. Weder bei Oma noch Patentante.
      Es dauerte bis in die Pubertät.
      Ich fing das Spucken an,wenn mir etwas Neues Angst machte.
      Man gab mir jahrelang immer eine Spucktüte mit, vorsichtshalber.
      Meine Eltern haben uns 4 Kinder nie gezwungen aufzuessen.
      Das war zu damaliger Zeit ein Novum.
      Ich merkte die Auswirkungen dieser Man isst was auf den Tisch kommt, und der Teller wird leergegessen Erziehung der Nachkriegskindergeneration selbst noch bei meinen späteren Schwiegereltern gegenüber meinem Erstgeborenen Sohn.
      Der sollte still am Tisch sitzen und genauso sich verhalten!
      Mein Mann war auch mit seinen 2 Geschwistern so erzogen worden!
      Und forderte dieses Verhalten plötzlich von unserem Sohn!
      Ich konnte es kaum glauben!!!
      Ein deutliches Gespräch meinerseits beendete diesen Spuk ein für alle Mal.
      Bei uns herrschte Lachen und Erzählen am Tisch und jeder aß nur soviel von von was er wollte seither.
      So war es bei mir zuhause immer gewesen und so wurde es mit unseren Söhnen dann auch gemacht.
      Und keine Kinderverschickungen!
      Der jüngere ging gerne auf Freizeiten mit der Kirche. Dazu musste er mich förmlich beknien, dass ich es erlaubte.
      Solange wirkte das Geschehen doch in mir nach!
      Der ältere Bruder ging von sich aus nirgends hin über Nacht. Nicht zu den Großeltern oder der Patentante.
      Das war in Ordnung und kein Problem.

      Ich würde mich freuen, wenn Sabine Koschorek sich bei mir meldet, falls sie das liest!
      Ich werde selbst jetzt Oma und habe Erzieherin gelernt. Mein großes Anliegen war, liebevoll Kinder durch die Kindergartenzeit zu begleiten!

    3. Hallo Marion, auch ich war in den mitte/ende der 60ziger in Manderscheid. Meine Mutter arbeitete bei der Post und wir wurden regelmäßig in Kur geschickt.Meine Geschwister und ich haben einige Kindererholungsheime durchlebt. Würde mich freuen, wenn ein Kontakt zustande kommt und wir uns austauschen können.
      Herzliche Grüße
      Maria

  128. Hallo mein Name ist Biggi, ich bin auch 1961 oder 1962 zur Kinderverschickung in Glatten im Schwarzwald. Meine Erinnerung sind sehr positiv. Bis auf das Essen, wir sind gezwungen worden alles zu essen. Davon bin ich krank geworden, hatte Nesselfieber sollte nach Hause fahren weil meine Zeit um wahr. Aber ich musste dableiben . Im ganzen war ich dann sechs Wochen da. Mich hat dann eine Köchin mitgenommen die auch in Aachen wohnte. In dem Kinderheim hat dann ein Mädchen auf mich dann aufgepasst sie war auch aus Aachen. Später hatten wir auch noch Kontakt gehabt , was sehr positiv für mich war.

  129. Kinderland (2) Skylab ..

    Sankt Peter Ording
    November 1973

    Die Nacht
    war Sternenbeglückt
    die Wellen rollten
    gemächlich an den Strand
    während eine frische
    Brise von der See aufkam
    dann schob sich ein
    heller Lichtpunkt über den
    Horizont
    Skylab, das Himmelslabor
    das im erdnahen
    Orbit mit einem
    Astronautenteam seine
    Runden um die Erde
    drehte nach den
    Mondlandungen der
    letzten Jahre war Skylab
    eine technische Fortführung
    zur Erkundung
    des Weltraumes in dieser
    Nacht standen wir zu viert
    am Strand Doris, Frank,der
    Kurarzt – ein begeisterter
    Sport Pilot – und ich
    und staunten in den Himmel
    etwas an meiner
    Haltung störte den Kurarzt
    er wollte mich am nächsten
    Tag in seiner Praxis sehen

    Wunder der Technik
    das zukünftige .. was auch
    immer das sein mochte
    warf seine Netze aus
    ..die Gegenwart sollte
    für anhaltenden Stillstand
    sorgen

    am Tag danach stand ich
    dem Kurarzt gegenüber
    seine Diagnose ich hätte
    die Scheuermannsche
    Erkrankung sagte mir
    nichts weil ich keine
    Beschwerden hatte
    im Dezember ging es
    zurück nach Hause
    dieser Kinderkuraufenthalt
    war der Letzte in einer
    langen Reihe die ich
    überwiegend an der
    Nordseeküste in jedem
    Jahr zu jeder Jahreszeit
    verbringen musste
    dieser Aufenthalt verlief
    gänzlich anders als alle
    anderen vorher
    Zweibett Zimmer, Sport,
    einmal die Woche zum
    Arzt konnten wir unsere
    Zeit eher selbst frei
    gestalten ohne Zwänge
    welchen Sinn dieser
    letzte Kuraufenthalt
    haben sollte erschloss
    sich mir damals nicht

    im Januar bekam ich
    beim Orthopäden
    ein Stützkorsett
    zwei Monate darauf
    hatte ich mit 15 Jahren
    einen Schwerbehinderten-
    ausweis über 50 %
    der zeitlich unbefristet war

    meine Zukunft war in der
    Gegenwart stehen geblieben
    erst zehn Jahre später
    kompensierte ich das alles
    mit meinem ersten Diplom
    und dem anschließenden
    Studium sowie einigen
    Gutachten die diesen
    Ausweis und den damit
    verbundenen Status
    eliminierten

    die Zusammenarbeit
    zwischen den Kurbetrieben
    und den regionalen
    Gesundheitsämtern
    funktionierte reibungslos

    unter der damaligen
    Regierung Brandt
    war das Füllhorn an
    Wohltaten gut gefüllt
    so das es Steuer –
    erleichterungen auf
    diesen Ausweis für
    die Eltern gab

    eine andere Lösung
    gab es für besorgte Mütter
    die glaubten das ihre Töchter
    später nicht wirklich
    gerade aufgerichtet gehen
    würden , sie wurden
    über Nacht in ein
    angepasstes „Gipsbett“
    gelegt

    Für die Betroffenen hatte das
    später eine Fülle an
    unangenehmen Folgen
    die damaligen
    „Entscheider“ verschwendeten
    daran keinen Gedanken.

    Arno G. 22.07.2019

  130. Mein Vater hat sich das Leben auf eine furchtbare Weise genommen. Das war für mich schon ein schreckliches Erlebnis. Ich war damals gerade 7 Jahre alt.
    Damit aber nicht genug! Wer auch immer es damals für richtig befunden haben, mich dann im Alter von 7 Jahren als Verschickungskind nach Mittenwald (Oberbayern) zu schicken, der oder diejenigen Menschen haben mir meine Kindheit genommen!!

    Ich, sowie zwei meiner Brüder, wurden an einem Tag im Oktober 1980 auf die Reise nach Mittenwald geschickt. Wir wurden in einen Zug gesetzt. Laut meinen Brüdern, waren wir in Begleitung einer Dame. Da ich unter Reisekrankheit leide, hatte man mich mit Reisekaugummis und Reisetabletten vollgestopft. Wir waren stundenlang unterwegs.

    In Bayern angekommen, wurden wir von dort aus mit einem Mehrsitzer abgeholt und zum Kinderheim gebracht.

    Wir wurden dort sofort getrennt. Meine Unterkunft war etwas höher gelegen, als dort wo meine Geschwister untergebracht waren. Sie wurden übrigens auch auf getrennten Zimmern verteilt.
    Mein Zimmer befand sich auf der linken Seite am Ende eines Flures. Ich hatte das Bett auf der rechten Seite in der unteren Etage ganz hinten zur Wand.

    Am Abend unserer Ankunft bekamen wir Leberkäse zum Essen. Ich kannte diese Art von Gericht nicht und es schmeckte mir auch nicht. Ich musste meinen Teller aber leer essen.

    Ich war als kleines Mädchen mit 3 Jahren bereits trocken. Im Heim bin ich das Bettnässen wieder angefangen. Als ich nun das erste mal wieder ins Bett gemacht hatte, musste mein großer Bruder kommen und mir mein Bett neu überziehen. Ich fühlte mich schrecklich. Ich kann mich dran erinnern, dass ich dort saß und geweint habe. Etwas Positives hatte es ja! Ich habe meinen Bruder wenigsten mal gesehen, denn während diesen sechs Wochen haben wir uns kaum gesehen.
    Da ich nun wieder das Bettnässen angefangen war, wurde ich von den anderen Mädchen gehänselt und gedemütigt. Sie lachten mich aus. Ich hasste meine Zimmergenossinnen. So wie ich mich noch erinnern kann, waren sie auch etwas älter als ich. Das Bettnässen hat mich dann noch ein paar Monate bis Jahre begleitet. Ich habe mich so geschämt, dass ich teilweise meine nasse Kleidung, zuhause im Garten vergraben habe.

    Eines Abends war ich in einem anderen Mädchenzimmer auf der gegenüberliegenden Seite des Flures. Ich konnte diese Mädchen gut leiden, sie akzeptierten mich scheinbar. Sie hatten Lippenstift oder Nagellack oder irgendetwas anderes, ich weiß es nicht mehr genau. Auf jeden Fall fand ich es toll. Aber der kurze Moment des Glücklichseins wurde mir sehr schnell vergönnt.
    Es kam eine Pflegerin und hat mich am Ohr über den Flur in mein Zimmer gezogen. Sie beschimpfte mich. Ich war wohl über die Bettgehzeit?. Mein Ohr tat mir noch ziemlich lange weh.
    Ich war unendlich traurig. Scheinbar durfte ich nicht glücklich sein. Ich weinte. Der Kontakt zu diesen Mädchen wurde mir zukünftig verboten.

    Ich kann mich daran erinnern, dass ich immer wieder Knödel essen musste. Ich hasste Knödel.

    Manchmal war ich alleine in meinem Zimmer, dann habe ich bitterlich geweint. Ich wollte nach Hause, ich hatte unsagbaren Heimweh. Ich versteckte mich unter meiner Bettdecke und weinte stundenlang. Ich hasste meine Zimmergenossinnen, sie haben mich unendlich verletzt. Ich hasste einfach alles, die Mädchen, das Pflegepersonal und das Essen.

    Ich kann mich daran erinnern, dass wir Wandern waren. Es war teilweise bitterlich kalt. Ich hatte keine Handschuhe. Ich sollte mich nicht so anstellen hieß es. Ein anderes Mädchen hatte mir damals einmal netterweise einen ihrer Handschuhe abgegeben, damit ich wenigstens eine Hand wärmen konnte.

    Ich kann mich schemenhaft daran erinnern, das mein kleinerer Bruder die Wand an seinem Bett angemalt hatte. Wir sollten den Schaden ersetzen. Ich habe mir furchtbare Angst gemacht, denn unsere Familie hatte ja kein Geld. Wir waren ja Halbwaisen und meine Mutter verwitwet.

    Nach Angaben meines älteren Bruders, wurden uns immer wieder versalzene Heringe zum Essen angeboten, diese konnte man wohl wirklich nicht genießen. Daran kann ich mich aber nicht erinnern. Das schlechte Essen an sich ist mir aber generell in Erinnerung geblieben.

    Der Arzt bei dem wir uns regelmäßig in Unterwäsche vorstellen mussten, trug einen Namen an den mein Bruder sich noch sehr gut erinnern kann. Ich weiß den Namen nicht mehr. Mein Bruder hat mir ihn verraten.
    In den letzten Tagen vor der Abreise hat eine Pflegerin mit mir meine Sachen gepackt. Ich weiß dass wir auf den Fußboden in meinem Zimmer saßen, sie saß rechts, ich auf der linken Seite. Dort war auch mein Halsschal. Der Schal war weiß mit roten und blauen Streifen und hatte auf der einen Seite lange Fransen, auf der anderen Seite kurze Fransen. War wohl eine Fehlproduktion. Die Pflegerin beschuldigte mich, ich hätte diese Fransen mit der Schere abgeschnitten. Sie beschimpfte mich. Ich habe diese Fransen aber nicht abgeschnitten. Der Halsschal wurde wohl damals so gekauft. Es wurde alles genau kontrolliert was in den Koffer gepackt wurde. Verheimlichen konnte man nichts. Unsere Kleidungsstücke waren mit Etiketten versehen, die meine Mutter damals vor Anreise an die Kleidung anbringen musste.

    So weit ich mich noch erinnern kann, wurden mir am Abend vor dem Abreisetag sämtliche Kleidungsstücke weggenommen. Angeblich musste alles noch gewaschen werden. Ich hatte weder ein Hemdchen noch einen Slip. Morgens musste ich dann unbekleidet mein Zimmer verlassen und mich dann nackt zu den anderen in einer Reihe stellen um meine Kleidung abzuholen. Die Mädchen in meinem Zimmer lachten, als ich splitterfasernackt das Zimmer verließ. Ob ihnen das gleiche Schicksal vor bestand?? Ob nur Mädchen oder ob auch Jungs in der Reihe auf ihre Kleidung warteten, das weiß ich leider nicht mehr genau.

    Ich bin seither ein ängstliches Mädchen geworden. Meine Leistungen in der Schule ließen nach. Meine Versetzung in das nächste Schuljahr war nicht gesichert.

    Ich entwickelte mich zu einem schüchternen, tief traurigen Menschen. Ich hatte kein Selbstwertgefühl. Das Wort „Nein“ verlor ich wohl in meinem Wortschatz. Stattdessen lernte ich immer zu allem „Ja“ zu sagen, auch wenn ich eigentlich Nein meinte. So hat man es mir ja dort auch gelehrt. Durch Perfektionismus versuchte ich mein mangelndes Selbstwertgefühl zu vertuschen. Dieses Perfektionismus musste durch eine langjährige Psychotherapie behandelt werden. Ganz frei davon bin ich heute noch nicht. Bin immer noch in Therapie. Das ich psychisch krank geworden bin hängt sicherlich mit dem Tod meines Vaters zusammen, aber diese Kur hat mit Sicherheit auch dazu beigetragen
    Ich lebe bis heute in ständiger Angst, mache regelmäßig Psychotherapie. Ich leide unter Depressionen, Angststörungen, Panikattacken und massiven Schlafstörungen.

    Ich habe an diese Kur, oder wie immer man es auch nennen kann, nur furchtbare Erinnerungen.
    Es gibt sicherlich noch sehr viele Dinge, die mir dort widerfahren sind. Ich war damals noch sehr klein und kann mich nicht mehr an alles erinnern. Vielleicht auch besser so, vielleicht habe ich es auch einfach nur verdrängt. Gesprochen wurde über das was geschehen war mit der Familie nicht. Wenn man mal was sagte, dann hieß es nur, die Zeiten waren damals eben so. Ich konnte mich niemanden öffnen. Erst als erwachsene Frau habe ich die Erlebnisse wohl mal meinem Ehemann und weiteren vertrauten Personen erzählt. Aber wirklich Beachtung habe ich von niemanden bekommen.

    Ich habe es die Jahre verdrängt. Diese Menschen, ob die Ärzte dort im Kinderheim, die Pflegehelferinnen und der oder diejenigen die mir diese Kur verordnet haben, haben mir meine Kindheit gestohlen und mein Leben zerstört. War ich nicht schon genug durch den Suizid meines Vaters gebeutelt?? Wer kommt auf solch eine Idee, ein kleines Mädchen, welches gerade seinen Vater verloren hat in solch ein Kinderheim zu stecken??

  131. Sehr geehrte Frau Röhl.
    Wie der Zufall es wollte, hab ich ihren Bericht über die Verschickungskinder gefunden. Auch ich möchte mich nicht gerne daran erinnern, es war keine Erholung, sondern Bestrafung. Mit 5 Jahren musste ich bereits vom Allgäu bis zur Nordsee fahren mit fremden Menschen. Grund Vater schwer krank durch Krieg. Mutter überfordert mit 6 Kindern. Es war sozusagen Erholung für dieMutter für 6 Wochen. Das erste Mal war in St. Peter Ording. Ich hatte nur Angst und Heimweh. Da ich das Essen nicht vertragen habe, musste ich oft brechen. Klar wurde ich geschimpft und musste vor dem Erbrochenen sitzen bleiben, sollte es aufessen.
    Auch ein paar Jahre später im Schwarzwald Haus Dornröschen in Buhlbach, ging es mir nicht besser. Habe heute noch die Karte, die ich nach Hause schrieb. Darauf steht, ich schlafe bei lauter Ausländer. Es wurde korrigiert, es sei nur für eine Nacht bei Luxemburger Mädchen. Es waren nur wenige deutschsprachige dort. Da taten mir auch die anderen Mädels leid. Dann brach eine Masernepedemie aus. Fast alle wurden krank. Es war verboten etwas in der Post zu erwähnen. Auch dass wir Mädchen in der Küche helfen mussten, weil auch das Personal krank wurde. Insgesamt musste ich 5 mal zum „Zunehmen“ in ein Kinderheim. Da auf die schulischen Leistungen keine Rücksicht genommen wurde und es auch keine Nachhilfe gab, ging die ewige Angst durch die ganze Schulzeit hindurch. Es ist gut, dass man darüber spricht um darauf zu Achten, dass man es Kindern nie wieder antut, von herzlosen Menschen bedroht zu werden. Mit freundlichen Grüßen

  132. Solche Geschichte noch im Jahr 1980, ich fasse es nicht. Was mir sofort auffällt, Du hast ein extremes Detailgedächtnis, eigentlich schreibst Du auch sehr schön. Im Grunde steckt eine literarische Begabung dahinter, die Du nutzen solltest. Die Last der Erinnerung jetzt aber abzuschütteln, oder sogar ins Positive zu wandeln, ihnen Farbe zu geben, wird nicht einfach sein.

    Der Tod deines Vaters schob eine sukzessive Kette von Ereignissen an, die sich wie eine aus lauter Einzelereignissen gedrehte Kordel ineinander verstrickten. Der eigentliche Ursprungsdrall für das spätere Ausscheren im Leben liegt für mich aber offensichtlich im Mittenwalder Heim begründet, wo man dich in einer ungeheuer distanzierten und sadistischen Art und Weise der individuellen Rechte eines Kindes beraubte.

    Was dir angetan wurde, kenne ich aus dem Seehospiz Norderney in den 60-er Jahren. Viele Kinder sind von der extremen Gefühlskälte und der Massenabfertigung in den Heimen und der daraus resultierenden Dauerangst im Leben gegenüber beliebigen Kleinigkeiten der Alltagsbewältigung traumatisiert. Die Ursache dieser “Depressionen, Angststörungen, Panikattacken und massiven Schlafstörungen” liegt aber stets in den Heimen.

    Auch wenn es dir schwer fällt, auch nur, wenn Du einigermaßen gefestigt bist, hier mein Vorschlag: Setze dich mit dem weißen Ring in Verbindung und lasse dir Fachleute vor Ort vermitteln. Letztlich solltest Du einen Weg finden, um die ehemaligen Verantwortlichen / Rechtsträger des Heimes in Mittenwald zumindest in ein Aufarbeitungsverfahren zu ziehen, auch wenn längst die Verjährung eingetreten ist. Bei dir ist es aber etwas anderes, die Ereignisse liegen nämlich “nur” 39 Jahre zurück, viele der Angestellten dürften also noch leben. Möglicherweise kann dir eine gezielte Presse- und Medienarbeit helfen, gerade weil sich deine Geschichte, so traurig sie auch ist, als “Paradebeispiel” für Missbräuche in den Heimen taugt.

    Ich denke, dies ist sicher ein schwieriger Weg, um dich selbst aus deiner Opferrolle, die dir als Kind gegen deinen Willen aufgedrückt wurde, final zu befreien. Vielleicht schaffst Du es aber tatsächlich, zu deiner eigentlichen Stärke zu finden, die schon immer im verborgenen Teil deiner Person war. Du solltest dich also keineswegs dafür schämen, Du hast viele Nachteile erlitten. Du solltest auch Forderungen stellen, da Du unverschuldet immer noch viele Beeinträchtigungen im Alltag hast, sicherlich nicht zuletzt in deiner Erwerbsbiografie bis zur Rente. Zerre die Verantwortlichen an die Öffentlichkeit, das Recht hast Du dazu, noch ist Zeit dafür.

    Gruß, Bruno

  133. Hallo Ihr Alle,
    auch ich bin “verschickt “worden- das Haus hieß Kinderheim Berghof und war irgendwo inBayern–ich war acht Jahre alt und hatte schlimmes Heimweh und weinte tagelang- die Tanten meinten” das sind hinterher die Schlimmsten”..ich erinnere vollgepinkelte Trainingshosen weil so eine lange Schlange vor der einen Toilette war und der beißende Spott der Tanten, die meine Hose über der Heizung trocknen ließen und mich sie so wieder anziehen ließen— ich erinnere, dass ich bei der Wildfütterung husten musste, die Rehe wegliefen, und ich vor allen zur Schuldigen erklärt wurde, ich erinnere viele Male zur Strafe im Bett zu liegen- und Gott sei Dank war dort Hannelore,
    ein Mädchen mit langen Zöpfen, wir mochten uns und hielten gemeinsam all die Strafen aus…
    Grüße an alle !

    1. Hallo, ich war als Fünfjährige in der Vorweihnachtszeit im Kindererholungsheim Berghof in Polling/Bayern. War auch sehr streng dort, nicht sprechen im Schlafraum, Belohnungspunkte oder Strafpunkte auf einer öffentlichen Liste (?), Essensdruck). Aber an ganz Schlimmes kann ich mich nicht erinnern?? Würde gerne mal jemanden mit stärkeren Erinnerungen an diesen Ort hören. Es gab dort eine sehr nette Erzieherin/Helferin. Habe noch Gruppenfoto.

  134. Ich war 1974 mit zehn Jahren im Kinderkurheim Bad Soden-Salmünster auf
    Empfehlung der damaligen Fürsorge untergebracht.
    Ich erinnere mich noch daran, das der Teller unbedingt leer gegessen werden müsste. Es musste auch das gegessen werden, was man nicht möchte.
    Bei meiner Ankunft müsste ich kalte Suppe mit Ei essen, die ich Ekel gegessen habe.
    Einmal in der Woche durften wir die Unterhosen wechseln.
    Weil ich mal etwas unruhig im Bett gewälzt habe, müsste ich mich auf den Flur stellen und dafür am folgenden Abend früher ins Bett.
    Auch wenn im Bett gesprochen hat, musste man auf dem Flur stehen.
    Auch bekamen wir nichts zu trinken wenn wir Durst hatten.
    Vor dem Haus war ein Brunnen mit Heilwasser aus dem ich öfter meinen Durst stillte.
    Wir standen morgens um halb acht auf und gingen abends um halb acht ins
    Bett.
    Als wir mit der Gruppe einkaufen gingen, wo wir uns von unserem Taschengeld von zuhause Süssigkeiten und Getränke kauften, dürften wir nichts mit Kohlensäure kaufen.
    Ich hatte dort viel Heimweh und war froh als ich nach langen unendlichen sechs Woche wieder nach Hause kam.

  135. Hallo zusammen, ich (m, 54) hatte im Juli 1971 das zweifelhafte ‘Vergnügen’, im Rahmen einer ‘Erholungskur’ vor der Einschulung 6 Wochen im Kinderheim St. Antonius in Ratzenried/Kreis Argenbühl gewesen zu sein.
    https://oldthing.de/Ratzenried-Kinderheim-St-Antonius-Kat-Argenbuehl-0023655755
    https://oldthing.de/AK-Ratzenried-Kinderheim-StAntonius-mit-Teich-0015909608
    Meine Erinnerungen an den Aufenthalt dort sind sehr lückenhaft und rudimentär, aber Angst und Schrecken angesichts der ‘Erziehungsmethoden’, die dort vorherrschten, habe ich nur sehr schlecht verkraftet. Die schrecklichen Erinnerungen wabern quasi im Untergrund vor sich hin und sind für mich nicht greifbar, aber dennoch emotional stets präsent wie eine Art Lähmung.
    Ich habe die vielen Kommentare hier gelesen und kann generell sagen, daß ich mich an die sadistischen Quälereien wie Essenszwang, Ruhezwang nach dem Essen, nicht-Pinkeln-dürfen und/oder nur unter Kontrolle pinkeln dürfen (Nonne als Wachposten vor der Tür) und drakonische Strafen bei ‘abweichendem’ Verhalten erinnern kann, natürlich auch an die große Einsamkeit und Ohnmacht angesichts der Hilflosigkeit gegenüber all diesen Zumutungen. Trotzdem habe ich stets das Gefühl, daß da noch mehr gewesen ist, das ganz tief verschüttet irgendwo im Unterbewußtsein schlummert, vielleicht weil die Erinnerung daran zu traumatisch ist.
    Ich würde an dem Punkt gerne weiterkommen und erfahren wollen, was dort wirklich geschah. Gibt es jemanden unter euch, der auch dort untergebracht war, evtl. auch länger? Ihr könnt mich gerne unter der u.g. Mailadresse kontaktieren.
    Vielen Dank für eure Rückmeldung! Viele Grüsse, TiBi
    KontaktMail: TiBi.1964@posteo.de

    P.S. Bei eBay kann man unter ‘Sammeln und Seltenes – Ansichtskarten’ einige alte Bilder von den bekloppten Heimen sehen, das hilft u.U. bei der Erinnerung. Ich habe vom Kinderheim Ratzenried selbst eine alte Postkarte, die ich damals an meine Eltern nachhause schickte, die kann ich Interessierten gerne einscannen und zusenden.

  136. ..ich war 1966 mit meinem Zwillingsbruder in Bad Reichenhall wegen Bronchitis.
    Wir wurden getrennt und ich habe einen lebenlang schwerst traumatisiert durch vielvältige Gewalterfahrung mit schwersten Ängsten und Schlafstörungen zu tun.
    Erst im letzten Jahr- nach dem plötzlichen Tode meines Zwillingsbruders kam ich mit einer alternativen Therapiemethode an die Hintergründe,weil alles auf einmal völlig krass hochkam
    Ich bin interessiert an Austausch mit Menschen, die eventuell auch dort waren.
    Grüsse Birgit

  137. Ich bin 50 Jahre alt heute.
    Mit ca. 6 Jahren wurde ich das erste Mal verschickt.
    Nach Amrum. Nach langem googeln, könnte es das Haus Sonnenschein in Nebel gewesen sein?
    Ich habe keinerlei Erinnerungen daran. Rein gar nichts.
    Meine Mutter sagt heute, ich kam damals total verändert zurück. Im negativen Sinne.

    Die zweite Verschickung muss dann Anfang der 80 iger gewesen sein. Föhr. Haus Goltermann oder so?
    Erinnerungen habe ich nur an negative Dinge.
    Einmal die Woche nur Haare waschen. Nachts nicht aufs Klo duerfen.
    Ist es möglich Erinnerungen an meine erste Verschickung wieder hochzuholen? Ich bin mit 22 an einer Angststörung erkrankt. Die Ängste weiteren sich so weit aus, dass ein Psychologe mal sagte, da muss ein sex. Missbrauch in ihrem Leben stattgefunden haben…

    1. Hallo Ramona, ich war 1971 von September bis November im Kinderheim Goltermann in Nieblum auf Föhr gewesen. Damals war ich 10 Jahre alt. Ich habe diese Zeit eigentlich nur gut in Erinnerung. Ich wurde gut behandelt. kann mich noch an die Leiterin Frau Nickel und an das Fräulein Neuhaus erinnern. Beide waren sehr nett. Seit langen plane ich einen Urlaub auf Föhr. Hoffentlich klappt es bald. Allerdings gibt – oder gab es – es in Wyk auf Föhr – der Inselhauptstadt- ein berüchtigtes Heim welches “Hamburger Heim” oder so ähnlich hieß. Vielleicht hast du das verwechselt. Viele liebe Grüße aus Oberfanken.

    2. Ich war auch im Sommer 1982 im Haus Goltermann in Nieblum auf Föhr mit 10 Jahren.
      Es handelte sich um ein DAK Angebot gegen meine ständigen Nebenhöhlenentzündungen.
      Ich kann die Schilderungen nur bestätigen.
      Ich begehrte auf, wehrte mich gegen die Zensur der Briefe in Telefonaten, die ich nicht führen sollte..Zum Glück reagierten meine Eltern, informierten die DAK.
      Ich wurde auf der Rückreise beim Umsteigeaufenthalt in Hamburg, wie ich glaube, nachts von einem DAK Mitarbeiter befragt! Das gab die nächste Beschwerde.
      Ich erzählte ihm alles, was dort vorgefallen war. Wenigstens hatte die DAK überhaupt reagiert.
      Dann nahmen wir den Nachtzug zurück nach Bayern.
      Ich war nur froh, wieder zurück zu sein.

      1. Liebe Ramona, das ist interessant, hast du über die Beschwerde deiner Eltern bei der DAK und deren Reaktion noch Briefwechsel und Dokumente? Das würde mich interessieren, da ich ein nächstes Buch über erwachsene Zeitzeugenschaft plane, herzliche Grüße, Anja

  138. Hallo,
    mich haben die Schilderungen sehr berührt, bei manchen hatte ich das Gefühl, ich hätte das 1:1 so schreiben können.
    Ich war ca. 1967 in Schönau in Berchtesgaden, eine Zeit die bis heute nachwirkt und mich sehr belastet. Aktuell ist das Teil einer Therapie, um mit Ängsten umgehen zu lernen, welche immer stärker geworden sind. Kaum zu glauben, dass dieses Erleben dort nach 50 Jahren noch solche Spuren hinterlässt.
    Ich wurde von der BEK wegen chronischer Bronchitis dort hin geschickt, den Eltern wurde eingeredet, dass das für das Kind das Beste wäre. Es gab Besuchs- und Kontaktverbot mit der Begründung, das würde das Heimweh des Kindes befördern.
    Tatsächlich wurde ich an einem Morgen mit einer Karte um den Hals und meinem kleinen Koffer in einen Zug gesetzt. Keine Begleitung, keine Betreuung. Ich saß lange Zeit als Vierjähriger alleine in einem Abteil und hatte keine Ahnung, wie ich dort hin kommen sollte. Irgendwann lief eine Frau durch den Zug und hatte alle Kinder mit Karten um den Hals eingesammelt.
    Im Heim angekommen wurde mir das Bett in einem großen Schlafsaal zugewiesen. Jeden Morgen wurden die Kinder beloßgestellt und verspottet, welche nachts eingenässt hatten.
    Oberstes Ziel des Aufenthalts war Gewichtszunahme. Es gab ein Kontingent an Marmeladenbroten, die jeden Morgen gegessen werden mussten. Viele Kinder erbrachen am Tisch und mussten dann das Erbrochene aufessen. Solange durfte auch keiner aufstehen. Wir versuchten die Aufseherinnen auszutricks und klebten die Brote mit den Marmeladeseiten von unten an den Tisch. Es gab mächtigen Ärger, wenn man dabei erwischt wurde.
    Post von Zuhause wurde vor der ganzen Gruppe laut vorgelesen. Ich erinnere mich an die Briefe meines Opas, der immer kurze und witzige Geschichten geschrieben hat bei denen alle Kinder lachen mussten. Mir standen dabei immer die Tränen in den Augen.
    Ich wollte mir vor einigen Jahren das Haus auf einer Reise in der Gegend anschauen, habe es aber nicht mehr gefunden. Bei Recherche im Internet hatte ich aber entdeckt, dass die damalige Leiterin, eine Schwester, wohl um ihre Verdienste um die Kinder zur Ehrenbürgerin benannt worden ist. Mir ist die Luft weg geblieben, ich hätte k… können.
    Nach meiner Rückkehr damals konnte ich mit niemandem über die schreckliche Zeit reden, ich spielte allen vor, wie schön es dort gewesen wäre. Zu meinen Eltern hin war vieles an Beziehung zerbrochen.

  139. Hallo mein Name ist Sabine und ich wurde mit meinen Geschwistern Claudi und Moni in unserer Kindheit oft verschickt.
    Eines der Kinderheime hieß Samerberg,Möwennest. Wir wurden von unserem Pflegeeltern dort hingeschickt um uns loszuwerden.sie sind in den Urlaub gefahren und uns haben sie in die Hölle geschickt.wir hatten zusammen dort Ziegenpeterbekommen.
    Zum Essen gab es Butterbrot und Vanillepudding.Bestrafung bei Verstoß der Regeln in Unterwäsche auf den Flur stehen
    Alles wurde kontrolliert Pakete ,Briefe.Alles wurde weggenommen.
    Und obwohl es wie die Hölle dort war,war es unsere Zuflucht vor unserer Pflegemutter.Ich kann mich noch an viele Wanderungen
    erinnern Wir sind den ganzen Tag unterwegs gewesen haben wenig zu essen und zu trinken bekommen .obwohl man ja dort war um zuzunehmen.während meine Geschwister und ich erkrankten an Mumps waren wir die ganze Zeit allein.Ich hasse heute noch Vanillepudding und kann das alles nicht vergessen .wir wurden dort gedemütigt
    Heute esse ich noch den Teller leer. Wir mussten dort solange sitzen bis alles aufgegessen war. Es ist schon so lange her doch man wurde beraubt din Stück seiner Kindheit.

  140. Hallo zusammen,

    meine Mutter wurde Mitte der 50er Jahre als etwa 6-Jährige nach Belgien geschickt. Offenbar kamen in dem Heim Kinder aus ganz Europa zusammen. Die Misshandlungen, von denen sie erzählt, sind schockierend. Weiß jemand, wo es in Belgien solche Verschickungsheime gab? Sie kann sich leider nicht mehr erinnern.

    Danke und Gruß

    Nicole

  141. Ein herzliches Hallo an alle…

    oh man, habe eben diese Kommentare gelesen und bin geschockt… ich dachte immer, das wäre nur für mich so fruchtbar gewesen. Ich habe keinerlei Erinnerungen mehr an diese Zeit, weiss nur noch, dass ich mich auch in dieser Ponyhof-Einrichtung in Schönau befand (1979, mit fast fünf Jahren). Keinerlei Kontakt zu meinen Eltern war erlaubt, ihre Briefe habe ich nie erhalten, sie wurden ihnen zurückgegeben. JETZT kenne ich sie, damals hätte ich sie lebensnotwendig gebraucht….

    Bin auf Spurensuche und gespannt, wo ich noch landen werde…

  142. Liebe Frau Röhl,
    gestern habe ich in einer Facebookgruppe eine Frage gelesen nach Verschickungskindern in den 80 er Jahren und googlte was “Verschickungskinder” sind…fatal denn auch ich bin eins.
    Ich dachte das nur mir das passiert ist weil ich ein so schreckliches Kind war.
    Anfang der 80er Jahre wurde ich nach Amrum geschickt ins Kinderkurheim Satteldüne .
    Ich sollte dorthin auf anraten des Arztes weil ich so viele Infekte hatte-dabei war ich selten krank.
    Dort angekommen musste ich in Unterwäsche vor dem Zimmer stehen in einer Reihe mit anderen Kindern und wir wurden gewogen und gemessen usw..Ich habe mich sooo geschämt.
    Dann musste ich an den Abnehmtisch weil ich 3 Kilo zuviel wog.
    Die Betreuerin war der Teufel persönlich und ich wurde ständig vor anderen Kindern gedemütigt.
    Ich erinnere mich nicht mehr an viel aber ich erinnere mich an den schrecklichen Hunger den ich hatte und das ich ständig weinte und hoffte diese Hölle bald verlassen zu dürfen.
    Ich durfte nur in Begelietung telefonieren und mir wurde eingebläut ,ja zu sagen wie schön es dort wäre.
    Einmal fand ich ein Telefon was ohne Münzen ging und rief zu Hause an und berichtete wie schlimm es war…ab da ist alles dunkel…
    Briefe wurden kontrolliert und ich durfte nur schreiben wie schön es war.Nach dem Anruf bekam ich ein Päckchen indem auch Süßes war und mir wurde alles genommen und den anderen Kindern gegeben und ich hatte doch so Hunger.
    Seit dem Klinikaufhenthalt leide ich unter Esstörungen zuerst Bulimie und Magersucht und nun Binge eating.
    Ich war ein glückliches Kind,nachdem ich wiederkam war meine Kindheit vorbei…und ich war doch noch so klein…
    Ich bin so geschockt weil grad so viel hoch kommt was doch so gut versteckt war ganz tief unten in meiner Seele…

    1. Hallo,
      ich bin auch 1982 alleine als 10Jährige auf Amrum in einem Kinderkurheim gewesen für 6 Wochen. Habe gerade Fotos von dort entdeckt.
      Wissen Sie, ob es dort nur das KH “Satteldüne gab” und wissen Sie noch den Namen der Betreuerin (ich habe auch ein Foto von dieser Frau)?
      Ansonsten habe ich absolut keine Erinnerungen. Einfach gar nichts auch nicht, warum ich dort war.
      Herzliche Grüße

  143. Liebe Anja, liebe “verschickten Kinder”,

    ich verbrachte 1975 6 Wochen in Niendorf am Timmendorfer Strand, bei Schwester Bokade.

    Ich sollte meine etwas untergewichtige ältere Schwester begleiten. Ich selbst war gerade 5 Jahre alt und sehr verwirrt, als wir Schwestern getrennt in unterschiedlichen Gruppen untergebracht wurden.

    Ich erinnere mich an den kalten Speisesaal und andere verängstigte Kinder.
    An die Spaziergänge an der frischen Luft, Hand in Hand, singend. Manchmal sah ich meine Schwester in einer andern Gruppe an uns vorbei spazieren, kaum Gelegenheit, mit ihr zu sprechen.
    An die allabendlichen Vorführungen der Märchenplatten auf einem fahrbaren Plattenspieler auf dem Flur und den fiesen Hagebuttentee zur Nacht. Ich habe mich so alleine und verloren gefühlt, mich in den Schlaf geweint.
    Im Keller gab es ein riesiges Solarium, in das wir Kinder mit Sonnenschutzbrillen geführt wurden, um eine gesunde Farbe zu bekommen, denn wir sollten ja erholt aussehen.
    Ich erinnere mich besonders an Schwester Bokade, in deren Bett ich eines nachts geschlafen habe – weil nach einem Anreisetag alle anderen Betten belegt waren? Ich krank war? Ich meines eingenässt hatte? Das weiß ich nicht mehr. Ich erinnere mich an sie, in ihrer Tracht neben meinem Bett auf dem Holzstuhl sitzend, schnarchend. Ich erinnere mich daran, dass ich in dieser Nacht kein Auge zugetan habe, starr aus Angst, gelähmt.

    Diese negativen Gefühle sind noch heute so präsent: Verlustängste, Scham- und Schuldgefühle, gestörter Umgang mit Autoritäten, Essstöungen…

    Mit zunehmendem Alter wird mir immer bewusster, dass diese Erfahrung ein Stück weit mein Leben und meine Persönlichkeit verändert hat.
    Grundsätzlich bin ich ein gefestigter Mensch und ruhe in mir selbst. Aber dieses Thema Niendorf kommt mir immer häufiger in den Sinn…

    “Wir Niendorfer Bummler,
    wir sind vergnügt und froh!
    Und wünschen nur das Eine:
    Es bliebe immer so!…”

    Es verfolgt mich…

    Ich wünsche euch alles Gute und viel Liebe,
    Nici

    1. Hallo Nici,

      ich war auch in Niendorf, allerdings im Februar 1968 (mit 5) und im Sommer 1970 (mit 7).

      Ich war in einem Kinderheim für die Kinder von Postbeamten, und frage mich, ob es in Niendorf 2 Heime gab, weil ich ein Foto des Antoniahauses in Niendorf gesehen habe, und das sagt mir gar nichts…

      Bist Du auch Postangehörige?

      Meine Mail: pia.lacher@gmail.com

      Lieben Gruß,
      Pia

  144. Liebe Frau Röhl,

    auf Anraten eines Kinderarztes wurde ich 1967 (kurz vor meinem 6. Geburtstag) in ein Kindersanatorium nach Bad Dürrheim geschickt für 6 Wochen. Den Namen von der Einrichtung weiß ich nicht mehr. Im Internet habe ich recherchiert und es könnte das Kindersanatorium Kohlermann gewesen sein. Ich kann mich erinnern, dass nebenan ein Cafe war und in der Nähe von einem Wald.

    Ich war zu dünn und mein Leben stand anscheinend auf dem Spiel. Mit dem Zug ging es von Stuttgart aus dorthin und zurück ebenfalls mit der Bahn.

    Obwohl ich noch so klein war kann ich mich an vieles erinnern. Hatte man sein Mittagessen verweigert wurde man allein in ein Zimmer gesperrt und musste dort so lange verharren bis alles aufgegessen war. Zum Frühstück sollte ich 6 Scheiben Hefezopf essen, unzumutbar. Es war tiefster Winter und man durfte nicht mit zum Schlittenfahren, das war die Strafe und Schläge gabs obendrauf. Nachts durfte man nicht auf die Toilette. Ich war immer ein anständiges liebes Kind und wollte nicht ins Bett machen. Also versuchte ich auf die Toilette zu kommen. Die hatten überall solche Dielen die knarrten und wenn eine Schwester das hörte kam sie und man bekam eine Ohrfeige. Dann machte man eben ins Bett, man bekam ebenfalls dafür eine Ohrfeige.

    Zum Geburtstag schickten mir meine Eltern ein Paket, das wurde mir zwar gezeigt aber weggeschlossen. Von dem Inhalt habe ich nie etwas gesehen. Man durfte einer Schwester sagen, was sie den Eltern schreiben sollen. Ich sagte ich möchte nach Hause dann sagte sie: “wir schreiben, dir gefällt es gut und du bist gesund”.

    Es waren viele Kinder darunter die jünger waren als ich, z. B. Zwillinge mit 3 Jahren. Mit denen hatte ich großes Mitleid wenn die windelweich geschlagen wurden ohne Grund. Das einzige was meiner Gesundheit dort angeboten wurde, waren Moorpackungen in einem sogenannten Gesundheitszentrum. Nach 6 Wochen hatte ich zwar mehr Kilos auf den Rippen, aber tiefe Wunden in meiner Seele. Meine Eltern haben mir damals nur teilweise geglaubt. Wir sind nach meiner Entlassung einige Zeit später dorthin gefahren, aber meine Eltern wurden abgewiesen. Das sagt alles aus!

    Heute habe ich im großen und ganzen mit dieser Zeit abgeschlossen. Trotzdem ist man im nachhinein wütend über solche Personen, die einem so etwas angetan hatten und es gehört an die Öffentlichkeit.

    Ich wünsche euch alles Gute und viel Gesundheit.

  145. Das Personal war bei mir bis auf wenige Ausnahmen das gleiche.wie in den 50/60ziger Jahren z. B. in meiner Kur beruhte das Konzept auf das gleichen Pädagogische oder medizinische wie in den 50er. In meiner Kur (Zunahme und Erholung) gab es auch Schläge: Ohrfeigen, Haaren ziehen oder Ohren, was beliebt gewesen ist, Hagebutte an den Körperschmieren, Mund zukleben, natürlich auch bloß stellen und zwang beim Essen, widerliches essen. (Ein fall in meiner Kur: Gruppenleiterin Diskutierte mit uns 7-Jährige über unser Land und ob wir zum Militär wollen, wenn wir groß sind, einer der es verneinte wurde von der betreffende Dame von Hinten an den Haaren gepackt und vom Stuhl gezogen) Diese Zeit dort ist für mich einfach nur Horror gewesen.

  146. Hallo liebe verschickte Kinder und liebe Anja,auch ich bin ein Verschickunskind,und heute 63 Jahre.Eben habe ich den Bericht im SWF gesehen.Ich bin 1960 im Alter von 3Jahren für 6Monate auf Amrum gewesen.Warum weiss ich nicht.Ich habe immer vermutet daß meine Eltern sich von mir erholen wollten.Ich war ein sehr lebhaftes Kind,mein grosser Bruder der Ruhige.Ich dachte all die vielen Jahre das meine Erinnerungen nur meiner kindlichen Phantasie entspringen.Wie ich seit heute weiss:Wir sind viele,und es ist wirklich passiert!!Was mir aber immer klar war,das ich zu meinen Eltern nach meiner Rückkehr gesagt habe daß sie nicht meine Eltern sind da sie mich adoptiert haben.Das Gefühl meiner Mutter gegenüber hat sich bis heute gehalten.Mein Urvertrauen war komplett zerstört.Es ist heute vieles hochgekommen,daher soll mein Bericht erstmal reichen.LG Manuela

  147. Bin heute über SWR 3 draufgekommen und gegoogelt .., bin entsetzt , war 7j etwa 1982 in Sankt Peters Ording und hab nur Fetzen im Kopf , erinnere mich dunkel .
    Hab mehrere traumatisierte Erlebnisse die ich aufgearbeitet habe in einer tiefenanalysr Therapie und mich dem gestellt !!!
    Trotzdem allem liegt noch viel im verborgenen was nicht hochkant da man es nie offen ansprach .
    Hab oft noch Alpträume ..
    Mal gespannt was da noch hochkommt ..

    Liebe Grüße Bianca

  148. Liebe Anja, liebe verschickte Kinder, ich habe soeben den Fernsehbericht über “Verschickte Kinder” gesehen und da kam alles wieder hoch. Das zwanghafte Essen bis zum Erbrechen, die Einsamkeit und das Gefühl des Verlassenseins, die Angst etwas falsch zu machen, die Schläge mit dem Pantoffel von “Schwester Erika”, die Kommandos beim Duschen, der riesige Schlafsaal, das Eingesperrt werden. Bis heute mag ich keine verschlossenen Türen und sehe überall als Erstes nach dem Ausgang. Sitze auch nie in der Mitte im Kino oder Theater. Ich muss immer Platz um mich herum haben und flüchten können.
    Ich bin Jahrgang 1954 und wurde im Februar 1964 nach Haffkrug an der Ostsee verschickt. Ich sollte ab April auf das Gymnasium gehen und da meinten meine Eltern es täte mir gut etwas Kraft zu tanken und auch zuzunehmen. Ich war nicht zu dünn, ganz normal entwickelt. Welcher Arzt das befürwortet hat, weiß ich nicht. Ich meine mich nur zu erinnern, dass das Heim von der PRO war.
    Ich könnte noch vieles schreiben und werde das jetzt sicher demnächst auch tun und für meine Kinder festhalten.
    Liebe Grüße Birgit

  149. Guten Abend Frau Röhl,

    ich habe meine Erfahrungen bereits bei “Verschickungsheime.de” beschrieben und heute bei “betreff” auf SWR Neues und Grausiges gesehen und bin nun sehr beunruhigt:

    Mit drei Jahren kam ich 1951 mit TBC ins Kinderkrankenhaus Felicitas nach Berchtesgaden und wurde dort operiert, sicherlich von Dr. Albert Viethen (ich habe keine Unterlagen). Nach sechs Monaten wurde ich als geheilt entlassen. Nach ca. eineinhalb Jahren bekam ich eine knallrote Beule vorne am Hals ähnlich eines Adamapfels, nur größer. Man sagte meinen Eltern, dass es von der Lunge kommt und ich wurde in der Hauner’schen Kinderklinik 1953 in München operiert. Danach kam ich wieder für ein halbes Jahr nach Berchtesgaden ins Schönhäusl. Nachdem ich Dr. Viethen samt Lebenslauf heute in dieser Reportage “kennenlernen” durfte, ist meine Angst als Versuchskaninchen wegen dieser “Nebenwirkung” missbraucht worden zu sein, sehr groß! Wie könnte ich rausfinden, was es mit der Beule wirklich auf sich hatte und ob die TBC-Erkrankung dies als eine “normale” Nachwirkung erklärt. Meinen Pneumologen danach zu fragen ist zwecklos.
    Wenn Sie mir mit einem Rat helfen könnten, wäre ich sehr erleichtert und könnte Hoffnung schöpfen, denn das alles nimmt mich ganz schön mit.

    Vielen Dank im Voraus
    Mit freundlichen Grüßen
    Marion K.

    1. Liebe Marion, das, was sie vermuten, kann durchaus sein, Sie müssten eine Arzt ihres Vertrauens suchen, oder Gutachten suchen, oder Ihre Akte von damals vielleicht, dass die Ärzte dort medizinische versuche an den Verschickungskindern unternommen haben, kann als belegt angesehen werden. Wir wissen nur noch nicht,in welchem Ausmaß. Es sind aber schon Forschende da dran, man muss die Archive der Pharmafirmen durchsuchen, dort liegen alle Unterlagen medizinischer Versuche, wenden Sie sich an die, alle Pharrmafirmen haben Archive, Grüße

    2. Versuchen Sie doch mal Ihrer Krankenakte nachzuforschen, über die damalige Krankenkasse. Dann lassen Sie sich durch einen Facharzt vielleicht die damals durchgeführte OP nochmal mittels MRT oder Röntgen analysieren, das kann man nachträglich vielleicht. Es bleibt nichts als nachzuforschen. Man könnte der Publikationsliste von Viethen nachgehen. Sehr mühselig. Bitte ziehen Sie einen Kinderarzt und einen anderen Pulmologen zu Rate, anders als über eine ärztliche Analyse geht es nicht

  150. Hallo Anja, hallo Marion,
    ich war auch im Posterholungsheim Manderscheid in der Eifel, als 11 Jährige, ca. 1969. Die ganz Kleinen 2-4 Jährigen taten mir leid. Es war eine Zeit, wo unsere Eltern, vom Krieg traumatisiert, meist nicht so kritisch waren. Einen 2 Jährigen 6 Wochen an “Unbekannt” abzugeben. Das ist heute kaum vorstellbar. Meine Eltern freuten sich, dass mein Bruder und ich nach dieser Erfahrung bescheidener und braver waren. Im Posterholungsheim wurden die kleinen Kinder bloß gestellt: “Der heult ständig”, wurde ein kleiner 2 oder 3 Jähriger vor allen abgekanzelt. An grassen Verstößen kann ich mich nicht erinnern, aber auch nicht an Empathie und Zuwendung.
    Herzliche Grüße, Beate

  151. Habe auch die Reportage am gestrigen Abend im Fernsehen gesehen und mich an meine Erholungskur im -Haus am Meer- in Cuxhaven Duhnen im Jahre 1960 erinnert.
    Ich war zu dieser Zeit 10 Jahre.
    Die Erholung wurde ermöglicht von der Deutschen Bundesbahn, da mein Vater dort beschäftigt war.
    Bruchstückhaft erinnere ich mich an die Anfahrt. Am Bahnhof nahm mich eine Tante in Empfang, die schon mehrere Kinder aufgenommen hatte.
    Sie begleitete uns nach Cuxhaven und lieferte uns dort ab..
    Ich hatte von Anfang an schlimmes Heimweh und weinte auch Nachts viel.
    Dies hatte zur Folge, dass ich aus dem Schlafsaal mit mindestens 10 Kindern, in ein Einzelzimmer verlegt wurde. Dies verschlimmerte mein Heimweh noch.
    Schlechte Erinnerungen habe ich auch noch an die Mahlzeiten wo wir zum aufessen gezwungen wurden. Es gab halt viel zu Essen, was ich zu der Zeit gar nicht mochte.
    In unguter Erinnerung sind mir noch die Krabben, die wir damals als Würmer bezeichnet haben. Trotzdem esse ich sie heute sehr gerne.
    Sonst ist mir eigentlich nichts Negatives in Erinnerung. Wir haben viel Zeit am heimeigenen Strand verbracht und auch einige Touren unternommen.
    War vor Jahren mal in Cuxhaven und habe das Heim gesucht. War total zerfallen und die Erinnerung hat mich total übermannt. Inzwischen soll es abgerissen sein.
    Gruß Maritta

  152. Ort des widerlichen Geschehens war die Kinderheilstätte Stieg / Unteralpfen. Mein Bruder und ich waren hier von Januar bis Mai / Juni 1971 zur sogenannten Kur. Ich verbinde damit viel schmerzvolle Erinnerungen in einer frostigen und lieblosen, seelenlosen Umgebung. Der einzige Mensch der mir als menschlich im besten Sinne in Erinnerung geblieben ist, war der Lehrer in dieser unseligen Institution. Man findet nichts über diesen Ort im Netz und ich wüsste gerne wo ich an Informationen kommen kann. Ich will das alles aufarbeiten.

  153. Hallo Anja, auch ich habe durch Zufall am 17.02. den Bericht auf SWR gesehen und alle Erinnerungen brodelten im Körper, grausam! Dieses Jahr werde ich 60, habe meinen 10.Geburtstag im Heim verbracht, also Oktober 1971. 6 Wochen, über die Barmer, Haus “etwas mit Schlösschen/Schloss???” Wyk auf Föhr.
    Die Ereignisse dieser 6 Wochen verfolgen Dich ein Leben lang. Weil ich kein Schwarzbrot mochte, bekam ich das nun täglich zum Frühstück mit Mettwurst… Mittagsschlaf und von abends bis zum Morgen durfte man nicht auf Toilette. Eine Nacht klappte es nicht und zur Strafe wurde ich in ein kleines Bad gebracht, durfte dort auf einer Klappliege schlafen. Ich mag bis heute keine kleinen Räume, kann nicht unter einem Veluxfenster schlafen.
    Wut und Haß kommen hoch. Die Heimleitung oder das Personal sollten sich heute mal trauen, vor mir zu stehen…Nach der “Kur” bin ich in der Schule total abgegltten. Keine Konzentration mehr möglich, Schuljahre wiederholt. Ich habe das oft meinen Eltern zum Vorwurf gemacht, weil die mich ja dort hin geschickt haben. Mit meiner Mutter habe ich bis heute keinen richtigen Kontakt, sie wird in 2 Monaten 98. Mein Vater ist lange verstorben.
    Das war eine grausame Zeit, die mich bis heute in vielen Situationen verfolgt. Ich wusste gar nicht, das es soooo vielen Menschen so geht – man muss eben einfach darüber reden.
    Danke für diese Seite 😉

  154. @ Corina Dietz

    Hallo Corina Dietz,

    nach einem ” Kindererholungsheim” im Schwarzwald/ Freudenstadt suche ich auch!
    Sind Sie fündig geworden?
    Dort gab es für wenig erfreuliches für mich…..
    Meine Reise zu dieser “Kur” startete ich von Siegen – Geisweid 1971/1972.
    Vielleicht handelte es sich ja um dasselbe Haus ?!

    Mit vielen Grüßen
    Martina

    1. Hallo, Martina und Corinna,
      ich war damals auch in Freudenstadt im Schwarzwald und muss da so ca. 7 ahre alt gewesen sein.
      Das Haus heißt Oberlinhaus und existiert heute noch, das habe ich bereits gegoogelt. Ich habe noch zwei ältere Schwestern, wir sind jeweils immer nur ein Jahr auseinander und ich hatte das große Glück im Unglück, mit der mittleren Schwester zusammen nach Freudenstadt zu kommen (meine älteste Schwester war damals übrigens zeitgleilch in Seeg im Allgäu und hatte nichts Negatives zu berichten).

      So war ich jedenfalls nicht ganz so allein unterwegs wie die vielen anderen Kinder hier, kann mich aber an die Zugfahrt auch noch ganz genau erinnern. Ich musste irgendwann zur Toilette und weiß noch ganz genau, dass ich durch das Loch in der Toilette direkt auf die Schienen gucken konnte, was mir total Angst gemacht hatte. Ich habe mich einfach nicht getraut, da drauf zu gehen. Also ging ich wieder zurück und konnte natürlich nicht viel länger aushalten und fragte erneut, ob ich mal austreten dürfte. Da bekam ich meinen ersten Anblaffer, von wegen ich wäre doch wohl gerade erst gewesen und was das wohl für Marotten wären etc., etc. Von da an wusste ich bereits, wo der Hase wohl noch so herlaufen würde. Als wir ankamen, wurden erst einmal unsere Taschen durchsucht. Wir hatten damals jeder 30,00 DM Taschengeld mitbekommen. Die wurden uns dann gleich erst einmal weggenommen, der Tee aus der Thermoskanne weggeschüttet und die Kekse auch “konfisziert”. Von den 30,00 DM sind wir einmal im Kino gewesen (in dem Film “Wenn süß das Mondlicht auf den Hügeln schläft…” ich weiß es noch wie heute) und für 0,50 DM haben ein Eis bekommen.Einmal habe ich einen mit Quarz durchzogenen Stein auf einem unserer immer gleichen Spaziergänge gefunden, der wunderschön glitzerte. Das fand eine der Gruppenleiterinnen allerdings auch und nahm ihn mir mit den Worten “Der gehört jetzt mir” einfach weg, genauso wie mein Mickey Mouse-Heft. Ich könnte heute noch Anzeige wegen Diebstahl stellen, so wütend bin ich.
      An einen Spaziergang kann ich mich noch genau erinnern. Wir kamen an Wasserflächen vorbei und ich warf einen kleinen Stein hinein. Was folgte war eine derart schallende Ohrfeige, dass ich mich einmal um die eigene Achse gedreht habe. “Wie würde es dir wohl gefallen, wenn man dir einen Stein auf den Kopf werfen würde?” wurde ich gefragt. Ich war mir keiner Schuld bewusst, aber offenbar handelte es sich hier um Forellen-Zuchtteiche. Nun gut, hätte ich als 7-jährige aber auch sofort erkennen müssen! Wie dumm von mir.

      Ja, und auch wir bekamen dort jeden Morgen entweder Vanille- oder Schokoladensuppe vorgesetzt, die immer mit irgendetwas Undefinierbarem durchzogen waren, vielleicht Milchreis, keine Ahnung. Ich weiß aber noch, dass immer einige Gewitterfliegen darin waren, die man erst einmal rausfischen musste. Meine Schwester war keine gute Esserin und auch ihr wurde das Zeug reingestopft. Ein Mädchen namens Birgit, die eine Reihe hinter uns saß, bekam jeden Tag und regelmäßig ihr in den Teller Erbrochenes von ihrer Gruppenleiterin wieder in in den Rachen gestopft, bis der Teller leer war.
      Ich habe einmal todesmutig meinen Teller halbvoll wieder nach vorn an die Ausgabe gestellt. Plötzlich rief jemand: WERT HAT DEN TELLER HIER HIN GESTELLT??? …Ruhe im Karton, man hätte eine Stecknadel fallen hören können und ich weiß noch genau, wie groß meine Angst war, verraten zu werden, was aber Gott sei Dank nicht passierte.
      Nach dem Essen hatten wir die Wahl zwischen Geschirr abtrocknen oder Mittagsschlaf. Wir haben zuhause niemals Mittagsschlaf gehalten, also haben wir stundenlang das benutzte Geschirr von ca. 100 Kindern abgetrocknet. Zur Belohnung gab es sein Baiser, dessen Geruch mich bis heute daran erinnert und anwidert. Auf dem Weg nach oben zu unseren Zimmern waren wir dann wohl etwas zu laut und eine der Gruppenleiterinnen rannte uns keifend hinterher und diesmal hat es dann meine Schwester erwischt, die sich die schallende Ohrfeige eingefangen hat.

      Als ich einmal nachts erbrochen hatte, wurde ich erst einmal zusammengestaucht und mir wurde befohlen, die Schweinerei gefälligst wegzumachen. Also bin ich mit meinen 7 Jahren mit diesem für mich riesigen Laken und Bettzeug nachts in den Waschraum und habe versucht, alles so gut wie möglich sauber zu bekommen. Zu Strafe wurde ich dann ganz am Ende des Ganges auf ein Einzelzimmer gelegt.
      Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass wir jeden Abend mit einem Läusekamm gekämmt wurden und an diese Kautabletten, die wir immer vor der Höhensonne nehmen mussten. Da saßen wir dann mit unseren schwarzen Brillen und wussten gar nicht, wie uns geschah. Es war nur mal wieder Mund halten angesagt. Ich weiß nur noch, dass wir uns danach nicht das Gesicht waschen durften. Das würde mich bis heute noch interessieren, warum nicht. Ich hatte es nämlich einmal vergessen und bekam danach am ganzen Körper rote Flecken (?)
      Besagte Birgit lag übrigens auch auf unserem Zimmer und hatte ständig Ohrenschmerzen. Dass sie die ganze Nacht gestöhnt und geweint hat, interessierte allerdings niemanden und ich habe ihre Schmerzenslaute heute noch in den Ohren.
      Wir waren in der Vorweihnachtszeit da und bekamen ein Päckchen von unseren Eltern. Das wurde dann im großen Speisesaal im Beisein aller anderen geöffnet und der gesamte Inahlt – bis auf einen mir noch verbleibenden roten Weihnachtsapfel – an die anderen Kinder verteilt. Tolle Wurst… ich war so enttäuscht und es war einfach nur schrecklich.
      Unsere Briefe nach Hause wurden kontrolliert und wir bekamen gesagt, welche Sätze wir zu streichen hätten und was wir stattdessen schreiben sollen.
      Mein späterer Freund erzählte mir übrigens, dass sein Bruder ebenfalls in diesem Heim gewesen wäre. Als er zurückkam, traute er sich nicht mehr nach draußen, weil er Angst hatte, sie könnten kommen und wieder holen. Er hatte wohl fürchterliche Angst vor Wasser über dem Kopf und dort wurde ihm erst einmal eine ruppige Lektion in Sachen Duschen verpasst.
      Ich weiß jetzt, dass es vielen anderen hier wesentlich schlimmer ergangen ist, als meiner Schwester und mir, aber diese Ungerechtigkeit und dieses ungestrafte Davonkommen von diesen “lieben Tanten” macht mich heute noch so unsagbar wütend. Ich wünsche allen, deren Kinderseelen hier Schaden genommen haben und die sowohl psychisch als auch physisch bis heute darunter leiden, von Herzen alles Gute und dass sie das alles schnellstmöglich doch noch verarbeiten und vergessen können.
      Den “lieben Tanten” kann ich nur mit auf den Weg geben: Gottes Mühlen mahlen langsam, aber gerecht!
      Liebe Grüße an alle Leidensgenossinnen und -genossen.
      Gabi

    2. Hallo, ich war im Schwarzwald im Heim Schuppenhörnle. Ich hatte Heimweh und es gab ekligen roten Tee, und einen Mittagsschlafsaal.
      Ich war aber noch in einem anderen Heim. Vielleicht verwechselt ich auch etwas. Es war einfach gemein mich weg zu schicken allein aus meinem wohlgehüteten Zuhause
      Meine Tochter war vor ein paar Jahren dort zur Mutter Kind Kur

  155. Liebe Anja Roehl !
    Von 1958 bis 1959 wurde ich als 4 jähriges Kind in eine Lungen-Heilstätte verschickt … für fast ein Jahr, … und ich werde schon seit vielen Jahren immer wieder von merkwürdigen Erinnerungen heimgesucht, von denen ich ahne, wo sie herkommen. Das Heim war in der Nähe von Hofgeismar und hieß wahrscheinlich Gesundbrunnen. Meine Mutter hat immer jede Nachfrage, ob sie etwas über Missbrauch dort wisse, ganz harsch verneint. Da die Kinder nur alle 6 Wochen Besuch kommen durften war auch ich schrecklich allein. Große Schlafsäle, nie toben, immer nur liegen, liegen, nie laut sein. Bestrafungen, wenn mal ein Kind ins Bett gemacht hatte, Anbinden mit Mullbinden ans Bett, manch eine der Schwestern fand ich bedrohlich und ich habe den ganzen Tag keinen Mucks gemacht. Eine merkwürdige Erinnerung, die mich an sexuellen Missbrauch denken lässt, beim zweiten Mal bin ich weggelaufen ohne Hose…das Besinnungszimmer, ein schmales Zimmer mit einer Holzpritsche und einem kleinen Fenster ganz oben. Und jeden Tag Angst, etwas falsch zu machen und jeden Tag das Denken, daß ich sicherlich etwas Schlimmes gemacht haben mußte. Grauenhafte Esssäle, Zwangsspeisen, aber doch auch einige wenige nette Schwestern.
    Als ich endlich zurück durfte, war ich still und wollte immer nur zuhause bleiben, habe erst sehr spät so etwas wie Freiheit entwickelt und habe einen Satz im Kopf gehabt, den mir wohl irgend jemand dort eingeimpft hatte: “das darfst du niemandem sagen!”
    Viele Bilder bis jetzt, zu viele, um sie hier aufzuschreiben.
    Gibt es einen Mensch, der/die auch dort war? Liebe Frau Roehl, vielen Dank, dass Sie darüber nachforschen.
    Mit ganz herzlichen Grüßen
    Cornelia Kempers

    1. Hallo Cornelia,

      ich war in Hofgeismar so 1976/77. In letzter Zeit häufen sich Ängste und/oder Gefühle auf die ich mir keinen Reim machen kann. Über einen Austausch würde ich mich sehr freuen.
      LG Isolde

  156. Vor zwei Tagem sah in einen Bericht über „Verschickungskinder“ im Fernsehen. Ich muss sagen, dass ich sehr erschüttert war und immer wieder darüber nachdenken muss.

    Ich melde mich hier als betroffene Mutter.Unser jüngster Sohn, damals 5 Jahre und heute 52 Jahre alt, wurde 1973 auf Anraten der BKK für 6 Wochen nach Obermaiselstein „verschickt“. Wir wurden regelrecht von der Krankenkasse dazu gedrängt. Zur gleichen Zeit machten meine Eltern in der Gegend von Obermaiselstein Urlaub. Natürlich wollten sie ihr Enkelkind besuchen und ihm ein Geschenk von seinen Eltern übergeben. Sie durften unsern Sohn nicht sehen. Er wurde abgeschottet und wusste nichts davon, dass Oma und Opa ihn sehen wollten. Er wurde regelrecht abgeschottet. Das Geschenk hat er nicht bekommen! Da er noch nicht in der Schule war, konnte er auch noch nicht lesen und schreiben. Die Post, die wir bekamen, immer ganz positiv, wurde vom Personal geschrieben.

    Als wir unser Kind endlich wieder hatten, und ich bin froh darüber, dass er gesund wieder bei uns war, machte er uns vor, wie er und die anderen Kinder behandelt wurde. Die Tatsache, dass ihm sofort seine Süßigkeiten weggenommen wurde, obwohl er sie sich einteilen wollte, hat ihn schwer getroffen. Er machte den militärischen Schritt der Leiterin und ihre strengen Kommandos vor. Auf die Frage, ob er denn geweint habe, meinte er: „Ja, aber nur unter der Bettdecke, damit niemand etwas merkt“. Ich habe ihn nach dem Fernsehbericht gefragt, ob und was er für Erinnerungen an diese Zeit hat. Er konnte sich an nichts mehr erinnern. Oder hat er das verdrängt?

    Niemals wieder werde ich eines meiner Kinder in ein Kinderheim schicken, war und ist meine feste Überzeugung, die ich auch anderen gegenüber und vor allem der Krankenkasse mitgeteilt habe. Die hat es natürlich nicht wahrhaben wollen. Ich quäle mich mit dem Gedanken, ob wir als Eltern nicht versagt haben, zumal nach dem Zwischenfall mit meinen Eltern. Hätten wir gewusst, wie es dort zuging, hätten wir unser Kind sicherlich sofort nach Hause geholt. Aber ob das möglich gewesen wäre? Ich habe da so meine Zweifel. Mir wird ganz schlecht, wenn ich an den Bericht denke. Die armen Kinder!

  157. Liebe Frau Röhl,
    Ich habe die Sendung über die Verschickungskinder gesehen und auch bei mir kam alles wieder hoch. Ich bin 1961 geboren und wurde, weil ich zu dünn war, irgendwann im Frühjahr/Sommer 1968 nach Wangerooge #verschickt. Ich erinnere mich noch gut an die Fahrt mit dem kleinen Bus an die Fähre nach Neuharlingersiel. Dann kam die Überfahrt und mir war so schlecht. Mit vielen Kindern landete ich abends in einem großen Schlafsaal. Ich erinnere mich noch, dass wir alle still im Bett liegen mussten und die Schwester sangen ein Abendlied. Ich habe unter der Bettdecke geschluchzt und habe mich unglaublich einsam gefühlt. Ich hatte furchtbar Heimweh, ab dem ersten Tag.
    Ich kann mich kaum daran erinnern, was ich dort die sechs Wochen gemacht habe, es gab Ausflüge an den Strand, ansonsten weiß ich nicht mehr viel.
    Sehr in Erinnerung sind mir noch die Situationen am Essenstisch in dem riesigen Esssaal. Ich musste so lange vor meinem Teller essen, bis er leer war. Oft saß ich alleine dort. Ich musste fettiges Fleisch und Puddingsuppe mit Haut essen. Noch heute würgt es mich, wenn ich eines dieser Lebensmittel sehe.
    Vor lauter Heimweh habe ich manchmal eingenässt. Man hat mich dann den ganzen Tag in den nassen Sachen laufen lassen. Die frische Wäsche war auf dem Speicher, da wurde erst abends etwas geholt.
    Einmal die Woche durfte ich eine Karte an meine Mutter schreiben. Selbst schreiben konnte ich noch nicht, es wurde irgendwas auf die Karte geschrieben und dann habe ich meinen Namen drauf gekritzelt. So wurde meiner Mutter jede Woche versichert, dass es mir sehr gut geht. Ich weiß, dass ich auch einmal mit ihr telefonieren durfte. Nebendran war eine der Tanten, und hat aufgepasst was ich sage. Ich hatte es lange Zeit verdrängt, irgendwann ist mir diese schreckliche Zeit wieder eingefallen. Durch diese Sendung habe ich noch mal das ganze Ausmaß begriffen, was uns damals angetan wurde.
    Leider habe ich kein Foto aus dieser Zeit. Ich weiß auch nicht mehr wie dieses Kinderkurheim hieß.
    Gibt es eigentlich heute noch Möglichkeiten, nachzuforschen wo ich genau war? Heben die Krankenkassen solange Daten auf? Ich merke, der Film hat mich sehr aufgewühlt und eigentlich würde ich gerne mehr über diese Zeit wissen, oder auch Kontakt mit anderen aufnehmen die auf Wangerooge in diesem Kurheim waren. Vielleicht hilft das gemeinsame erinnern. Liebe Grüße, Doris

  158. liebe Anja, Thema: “Kindergenesungsheim Mittelberg im Allgäu-
    danke dafür, dass es Sie gibt und Sie sich so immens einsetzen. Ich habe mir auch den Bericht angeschaut und bin zutiefst erschüttert. Ich war damals 3 Jahre alt, fast 4, bin zusammen mit meiner Schwester dorthin, per Zug, “verschickt worden! Wir hatten starke Bronchitis, (mein Vater rauchte sehr stark, in Wohnung). So ist entschieden worden, dass wir in eine Kur gehen sollten. Alleine – ohne Elternteil, was es heute nicht mehr gibt!
    Wir sind – sofern ich mich erinnere- nicht “in einen Sack gesteckt worden” – aber – man hat uns dies immer angedroht. Von wegen: “verhalte dich adäquat, dann passiert auch nichts”! Ich habe diese 6 Wochen dort- nur “gut” überstanden, weil ich mit meiner Schwester zusammen war, welche 17 Monate älter war- sprich 5 Jahre alt war. Sie hat sich auch für mich immer eingesetzt, sie war sehr stark!
    Alleine jetzt davon zu lesen/hören hat mich sehr berührt.
    Mir geht es darum, ob sich noch mehrere, damals Kinder- heute dürften sie etwa zwischen 53 und älter sein, sich HIER finden, die seinerzeit 1969 in Mittelberg waren. Meine Erlebnisse waren: Ich wurde auch an beiden Armen an der Liege auf einer langen Terrasse angebunden, weil ich beim Mittagsschlaf “nicht geschlafen” habe, ondern mit meinen Händen – so eine Art “Fernglas” spielte. Von hinten oben hat dann eine “Tante” mir die Hände auseinander gehalten, als ich nicht weiter für Schlaf bereit war, somit mir die Hände an dieser Liege festgebunden wurde. Meine Schwester hat dies nicht mitbekommen. Auch- eines frühens Morgens- ich mußte dringend Wasserlassen, – wir durften nur auf dem -im Zimmer -sprich Kinder-schlafsaal- befindlchen >>Pisspott<>heimlich zum “Erwachsenenklo”. Natürlch wurden wir erwischt. Das gab Strafe! welche? weiss ich nicht mehr! Andres, ich habe immer gerne bevorzugt mit Autos und BrioBahn gespielt. Dies wurde ungern gesehn; Ich sollte doch als Mädchen mit Puppen spielen! Auch hier wieder Strafe einkasiert. Vermeidung von Aufmerksamkeit, ausgegrenzt wurde ich. meine Schwester hat stets “tollkühn” für mich Partei ergriffen, was ihr auch- zur Strafe wurde.

    so- genug der Erzählungen…. gab noch mehr— Essenszwang, auch wenn die Suppe nicht schmeckte—was ich dort als Kleinkind lernte, war, dass man sich besser fügen sollte. Wie anders hätte ich mich mit 3, knapp 4 Jahren denn wehren sollen.
    Ich bitte Sie, liebe Frau Röhl, hier weiter zu recherchieren, weiter zu machen, denn ich bin davon überzeugt, dass unsere Seele hier immens gebrochen wurde. Zuhause – wars auch danach nicht leicht, denn meine Eltern haben sich scheiden lassen. Vater hat uns verlassen. Noch heute habe ich immens viele Ängste— Misstrauen, bin lieber allein!
    Würden Sie mir bitte entgegen kommen, und weiter recherchieren, wieviel ehemal Kinder- sich an Mittelberg (Bayern) erinnern.
    Danke für Ihre Mühe im Vorab 🙂 …machen Sie bitte weiter

    Auf eine Antwort, sofern möglich, – oder Eine Person, die das gelesen hat, und auch selbst dort – in Mittelberg war- hier auf dem Forum schreiben möchte- nur zu, ich freue mich – auf Nachricht!
    Danke, und haltet alle die Ohren steif! Wir werden es mit der Zeit verarbeiten,… denn nur darum geht es! :-))!

  159. Hallo zusammen!
    Warum habe ich magengrummeln wenn ich den Namen St. Peter Ording höre?
    Warum hatte ich selbst noch als achtzehn jährige Angst vor dem Weihnachtsmann, so dass ich sogar die Strassenseite wechselte wenn ich einen auch nur von weitem sah?
    Warum kann ich mich an keine weitere Einzelheiten nach diesem einen Tag im sogenannten Kindererholungsheim der AWO erinnern?
    Warum hatte ich während meiner Schulzeit panische Angst vor den Klassenfahrten? Und warum konnte ich keine Kinder bekommen?
    Woher kam meine panische Angst vor Spritzen und vorm Zahnarzt?
    Diese und weitere Fragen sind mir jetzt beantwortet worden, obwohl ich schon eine Ahnung hatte, als ich die Sendung über verschickungskinger heute sah.
    Ich bin Jahrgang 1957 und wurde Ende 1960 verschickt mit dem ebenso alten Jungen eines eng mit meinen Eltern befreundeten Ehepaares namens Uwe.
    Ich erinnere mich genau noch an die einzigste Begebenheit an einen einzigen Vorfall. Alles andere ist weg. Auch bei Uwe den es von Grund auf im Wesen verändert hat. Morgens saßen wir nebeneinander beim Frühstück im Heim. Wir hatten alle je eine halbe Stulle mit Käse und Marmelade auf dem Teller. Ich fragte Uwe, ob er meine käsestulle mit seiner Marmeladenstille tauschen würde, was er auch wollte. Das schien dem Pflegepersonal nicht zu gefallen.
    Als abends der Nikolaus kam nahm dieser uns und stecke uns in einen Sack, Band ihn zu uns stellte uns in den langen, dunklen Flur. Der Sack ging auf und wir beide waren allein, weinten und könnten uns nicht beruhigen. Schliesslich pullerten wir uns aus Angst ein.
    Alles andere, gutes und schlechtes, ist ausgelöscht. Nichts ist mehr da an Erinnerung weder lustiges noch trauriges, keine Namen, kein Sonnenstrahl. Nichts! Alles dunkel!
    Unsere Eltern glaubten uns nicht! Das war eigentlich das schlimmste! Eltern sind ein Haus, Schutz, Wärme, Hilfe! Aber nichts!!! Uwe hat es schlimmer getroffen als mich. Er weiß heute nicht mehr wer ich bin und scheint schweren gesundheitlichen Schaden genommen zu haben! Heute sind wir alt und haben vom Leben nicht mehr viel zu erwarten. Aber ich wünsche niemandem solch schlechte Erinnerungen an einen einzigen Tag während einer Verschickung zur Erholung.
    Herzlichst Marion aus Berlin

  160. Hallo…liebe Leidensgenossen und Leidensgenossinnen !!!
    Ich bin im Oktober 1956 geboren und im März/April 1966 (also mit 9 Jahren) für sechs Wochen nach Borkum verschickt worden. Das Haus hiess “Tüskendör”.
    Ich habe natürlich auch keine guten Erinnerungen an dieses Haus. Ich war da (vor zwei Jahren) und da kam alles wieder hoch. Durch einen Zufall habe ich das Buch von Sabine Ludwig “Schwarze Häuser” in die Hand bekommen. Sie war wohl auch in diesem Heim…und hat es wunderschön als Teenie-Buch verkleidet.
    Man erkennt sich odere andere Menschen ,”die Tanten”, sofort wieder. Und dann kam die Reportage vom SWR…..Endlich !
    Schon komisch….es ist 55 Jahre her…und ich denke immer noch daran.
    Wolfgang

  161. Hallo ” Verschickungungskinder”,

    durch Zufall habe ich heute Abend auf YouTube
    die Dokumentation entdeckt. Somit gehöre ich dazu.
    Ich war 1957, damals 6 Jahre alt, in Berchtesgaden,
    glaube Haus Sonnenblick, habe noch eine Ansichs-
    Karte. Es waren bei mir nicht allzu schlimme Erinner-
    unten. Aber sie haben mein Leben geprägt.
    Gruß Wally

  162. Hallo Frau Röhl,
    Ich absolvierte ein Praktikum 1975 im Haus St.Michael am Alpsee.
    Ich dandies Pädagogik absolut gruselig. Gibt es Erfahrungsberichte von für Einrichtung von Betroffenen?
    Freue mich über eine Rückmeldung
    HG Annelie Menzel

    1. Ich war so ca.1969 als Verschickungskind im Haus St.Michael.Habe kaum Erinnerungen dran.Nur das ich für eine gewisse Zeit auf der Krankenstation war.Und schreckliches Heimweh hatte.Möchte gerne mehr über dieses Heim erfahren.Vielleicht könnten sie mir dabei helfen.Mfg Petra.

  163. Hallo zusammen ,ich bin 55j alt und wurde als Kind 2mal nach Königsfeld verschickt,ende der 60er jahre und dann 71.Ich habe nur wage Erinnerungen an die Aufenthalte.Ich kann mit Sicherheit nicht sagen ob dort auch Kinder in jeglicher Art misshandelt wurden ,aber nach allen Berichten hier ist das wohl eher nicht ausgeschlossen.Gibt es jemanden der auch in dieser Zeit dort war oder weiß jemand etwas über Kindesmisshandlungen in diesem Heim ?
    Heute ist es ein Hotel ,liegt etwas außerhalb von Königsfeld.
    Bitte auf meine Email Schreiben .

  164. @Corinna Dietz
    @Martina
    Hallo, ich beschäftige mich schon längere Zeit mit dem Thema Verschickungskinder und bin auch durch den Bericht im SWR-Fernsehen beim Recherchieren auf diese Seite gestoßen. Ich bin auch auf der Suche nach einem Kinderheim in Freudenstadt im Schwarzwald. Es muss so 1978 gewesen sein, ich war so um die 7 Jahre alt als ich in Freudenstadt 4 Wochen durch die Post zur Kinderkur war. Ich habe so gut wie keine Erinnerungen mehr daran und zum Glück wohl auch nicht solche schlimme unglaubliche Dinge erlebt, so wie sie geschildert werden. Ich kann mich an den riesengroßen Speisensaal erinnern, gefühlt hatten dort hunderte Kinder platz. Nachmittags gab es immer Kakao und Laugenbrezel. Es herrschte Zucht und Ordnung. Briefe die wir an Zuhause schrieben wurden kontrolliert und auch ich erhielt meine Standpauke und durfte den Brief nicht weg schicken. Ich hatte Heimweh und ich fühlte mich total schlecht. Aber das zählte nicht, es gab keine Empathie. Auch die Schlafsäle waren riesig groß und ich kann mich erinnern dass ich wieder ins Bett gemacht hatte. Aber da hören meine Erinnerungen auch schon auf. Ich weiß nicht ob ich da etwas verdränge, aber an ganz schlimme Dinge erinnere ich mich nicht. Im Jahr darauf war ich wieder für 4 Wochen auf Langeoog in Kur, im Schwedenhaus. Dort war es super schön, ich habe mich sehr wohl gefühlt. Die Erzieherinnen waren alle total lieb. Und noch ein Jahr später war ich wieder zur Kinderkur in Sulzberg im Allgäu, im Eulenhaus. Dort war es auch wieder sehr schön und die Erzieherinnen sehr liebevoll. Ich bin sehr froh, dass ich nicht solche Dinge erlebt habe, wie sie beschrieben werden. Es würde mich aber interessieren, ob ich in der Zeit in Freudenstadt etwas verdränge. Leider weiß ich den Namen des Kinderheimes nicht mehr. Ein Junge der zu meiner Zeit auch dort war hieß Ingolf. Wir fuhren gemeinsam mit dem Zug ab Mainz nach Freudenstadt. Vielleicht hat Jemand mehr Informationen !!??
    Viele Grüße und alles Liebe
    Michaela

  165. Hallo,
    Ich bin auch ein Verschickungskind.aus den Anfang 70er jahren
    Es ging von Emden Ostfriesland nach Lüneburg, ich weiss nicht genau wo,aber ich kann mich erinnern, dass es einen Garten gab in dem sich ein Bunker befand.Es waren kleine offene Löcher zu sehen und es war grün bewachsen und hügelig.Dort stand eine Schaukel mit zwei schaukeln.
    Ausserdem befand sich ein Salzbad in der Nähe,wo wir zu Fluss hin gelaufen sind.
    Ich habe schlechte Erfahrungen gemacht,In der Ecke stehen zur Strafe,7ch war wohl aus dem Grund dort,weil ich zu dünn war und sehr langsam gegessen habe.
    POST WURDE IMMER KONTROLLIERT.
    Es durfte ja nichts schlechtes drinstehen.6 Wochen Aufenthalt waren Hölle für mich..immer Heimweh und geweint.
    Essen mit Zwang, läusekontrolle bei Ankunft.
    Es war sehr schlimm .
    Die Aufssrherin,schwarze schulterlange Lockige Haare ,es gab einen Raum in dem ein Bett stand,dort musste ich schlafen,allein!
    .Es war ein Backsteinhaus lang und in der Mitte ein grosser Eingang mit ich glaube runden Bogen.
    Weiss vielleicht jemand wo es sein könnte…ich möchte es gerne herausfinden.

  166. Ich war Anfang der 70zigern in Freudenstadt zur Kur. Jetzt arbeite ich in und um Freudenstadt.Ich würde gerne erfahren ob es das Haus heute noch gibt.Das ich keinen Namen habe ist es nicht leicht es zu finden. Vielleicht kann ja jemand helfen.

  167. War jemand in Kreuth am Tegernsee im Haus Schmiedhof? Dort hat mich die BEK im Februar 1969 hingeschickt. Ich war acht Jahre alt. Postkontrolle, Paket für alle, aufessen müssen, all das war wohl damals üblich. Wenn man sich nachts im Bett bewegte, sprich, umdrehte, mußte man auf den kalten Flur mit der Bettdecke über dem Kopf unbestimmte Zeit stehen. Fasching mochte ich nicht, obwohl wir uns verkleiden durften. Bei allem Schlimmen gab es aber auch Märchenvorlesen und Ausflüge. Die „Tanten“ waren sehr junge Frauen, die sich für uns eher nicht interessierten. Als die Windpocken ausbrachen, wurden die Betroffenen, auch ich, in den Dachboden verfrachtet. Man sah durch ein kleines Fenster, wie die anderen Kinder nachhause abgeholt wurden.
    Über andere Berichte dieses Hauses würde ich mich freuen.

  168. Hallo, wie Susanne K. und Heike Maurer war ich in Stetten am kalten Markt. Das muss das erste Halbjahr von 1972 gewesen sein und ich war 5 Jahre alt. Susanne, wir müssen zur gleichen Zeit da gewesen sein. Ich selber habe gar keine Erinnerungen mehr und die meiner Mutter sind spärlich. Ich weiß nur dass ich Depressionen und Angstzustände habe.., ein Trauma. In meinen Recherchen bin ich nicht weit gekommen, daher freue ich mich, dass dieses dunkle Kapitel jetzt durchleuchtet wird. Gäbe es die Möglichkeit mit Susanne und/oder Heike Kontakt aufzunehmen? Herzliche Grüße und Danke. Christine

    1. Hallo Christine ich war auch wie ihr in Stetten am kalten Markt im Herbst 1977.Wäre nett wenn ich mehr über euch Erfahren könnte.
      MfG
      Achim

  169. Ich war 1969 mit meinem Bruder im Haus Quisisana auf St. Peter Ording für 6 Wochen. Ich war 8 Jahre alt, mein Bruder hat dort seinen 6. Geburtstag gefeiert. Wir wurden vom ersten bis zum letzten Tag getrennt “gehalten”, was zumindest für meinen Bruder traumatisch war. Es war wirklich das Allerletzte dort. Stundenlanges auf dem Flur sitzen für nicht schlafen etc. Was man nach Hause schreiben durfte, war genau vorgeschrieben, Kritik war nicht gestattet. Einer der wenigen Aufenthalte in meinem Leben, an die ich mit Schrecken zurück denke und meine Eltern dachten wirklich, sie tun uns etwas Gutes.

  170. Jetzt im Unruhestand (Baujahr 1950) beschäftige ich mit meiner Familiengenealogie und bin jetzt mal auf mich selbst gestoßen, weil ich meine 4 Kinderlandverschickungen zwischen 1959 und 1962 recherchiert habe. Ich wurde dazu animiert, nachdem ich den Artikel in der SZ vom 27./28.02.2021 über das Kinderheim Waldhaus in Bad Salzdetfurth gelesen habe und das Haus auf dem Foto glaubte wiederzuerkennen. Die Namen der Orte kenne ich aus einem von meinem Vater angelegten Fotoalbum.

    Ich bin (nach meiner Kenntnis) immer unter dem Programm “Berliner Kinder in Licht, Luft und Sonne” verreist (ich sage bewußt nicht verschickt). Allerdings gehe ich nicht davon aus, daß die zur Aufpäppelung meiner Gesundheit geschah. Ich war nie untererneährt und für mein Alter sehr groß. Meine Eltern konnten beruflich bedingt im Sommer nie Urlaub machen, zudem mein Vater in der DDR (damals SBZ) 1948/1949 (schon vor meiner Geburt) als “Wirtschaftsverbrecher” in Abwesenheit zu 4 Jahren Zuchthaus und 50.000,00 DM (!) Geldstrafe verurteilt worden war. Er mußte als rechtskräftig Verurteilter adher mit sofortiger Verhaftung bei der Benutzung der Interzonenwege (später Transitstrecken) rechnen. Meine Eltern wollten mir sicherlich auch Ferienmöglichkeiten ermöglichen, aber die Abwesenheit eines quirligen Sohnes in den großen Ferien hatte ja vielleicht auch ihren Reiz.

    Ich bin 1959 ins Kinderkurheim Bad Imnau der Kongregation der Barmherzigen Schwestern von Heiligen Kreuz gereist. Die Fahrt erfolgte per Sonderzug ab Berlin-Zoo. An diese Fahrt habe ich negative Erinnerungen, da ich als 9jähriger mit sehr viel älteren Jugendlichen in ein Abteil kam, die alles andere als begeistert waren, so einen Pimpf bei sich zu haben. Ich glaube, dass dann der Sonderzug aufgelöst wurde und wir nach sicher 24 Stunden Reise als Kleingruppe von 5 Kindern mit einer Begleiterin in Bad Imnau ankamen. Zu meiner Erstaunen waren die “Tanten” alle Nonnen. So etwas hatte ich noch nie gesehen. Wir wurden sofort nach unserer Konfession gefragt und es stellte sich heraus, daß wir 5 Berliner alle evangelisch waren. Es gab noch sehr viele andere Kinder, die kamen aber alle wohl aus Baden-Württemberg, denn alle anderen waren katholisch. Unser Heidenstatus hat uns aber zumindestens einen Vorteil gebracht. Wir mußten zwar täglich in eine Andacht in die katholische Kirche gehen, es wurde vor jeder Mahlzeit gebetet, aber die “Evangelischen” mußten nicht jede Woche zur Beichte antreten.

    An die Schwestern, das Essen etc. habe ich keine Erinnerungen, aber ich habe noch nie in meinem Leben mit der Schüssel gestritten. Auch habe ich keine Erinnerung, daß andere zum Essen gezwungen wurden oder wir nicht zu bestimmten Zeiten auf die Toilette durften. Selbstverständlich waren wir in Mehrbettzimmern untergebracht, was mir sicherlich als Einzelkind mit eigenem Zimmer zu Hause ungewohnt gwesen sein muß.

    Allerdings bin ich in Bad Imnau an Mumps erkrankt und wurde in einm Quarantäne-Zimmer untergebracht und gepflegt. Zur Rückreise war ich wieder gesund.

    Ich weiß nicht mehr, ob ich 4 oder 6 Wochen in Bad Imnau war.

    Fortsetzung folgt

  171. Ich finde leider meinen Beitrag vom 24.03.2021 nicht wieder, daher die angekündigte Fortsetzung einfach so.

    Im Jahre 1960 bin ich nach einer Eintragung im Persönlichen Fotoalbum nach Lutzenberg verreist. Es gibt auch ein Bild am “Ehnisee.” Nach meiner Erinnerung haben wir auch einen Ausflug zum Neckar gemacht. Ich konnte weder Lutzenberg noch einen Ehnisee identifizieren. Allerdings habe ich einen Ebnisee in der Gemeinde Kaisersbach in heutigen Rems-Murr-Kreis gefunden. Zumindest scheint die Region zu stimmen.

    Wir sind als kleine Gruppe mit einem Bus aus Berlin dorthin gefahren. Das Haus war klein und war wohl “in the middle of nowhere”. Neben dem Haus lagen Streuobstwiesen, die auch von Kühen beweidet wurden. Wir haben einmal richtig Ärger mit dem Nachbarn bekommen, als ich auf einen wohl schon morschen Obstbaum kletterte, dessen Stamm abbrach und ich langsam aber direkt in einem Kuhfladen landete. Ansonsten kann ich mich nur noch an dauernden Regen und gelegentliches Schwimmen im Ehni(?)-Ebnisee erinnern.

    Ganz anders war meine Reise 1961 nach Bad Salzdetfurth, wenn auch nicht durch den Aufenthalt im Kinderkurheim Waldhaus. Wir wurden ab Berlin-Zoo abends in einen Sonderzug gepfercht, der bis Hannover damals wegen der Behinderungen durch die Deutsche Reichsbahn (DR) in der DRR und die Grenzkontrollen in Griebnitzsee und Marienborn im Schnitt 12 Stunden brauchte. Immer wieder standen wir auf Abstellgleisen, wohl um den priorisierten Frachtsverkehr der DR durchzulassen. Ob wir bis Helmstedt etwas zu Essen oder Trinken bekamen, ist mir nicht erinnerlich, wahrscheinlich hatten wir Wegzehrung unserer Eltern dabei. In Hannover wurde der Sonderzug aufgelöst und wir fuhren in kleineren Gruppen zum jeweiligen Zielort.

    Die Unterbringung war wohl in kleineren Gruppenzimmern. Ich kann mich an Solebäder erinnern. Die Badewannen lagen im Keller und es war muffig-feucht. An das Essen habe ich keine Erinnerung. Die “Tanten” hatten keine Ordenskleidung. Wir haben immer wieder Waldwanderungen gemacht. Der Wald begann gleich hinter dem am Hang gelegenen Heim.

    Wirklich prägend für mein Leben waren aber die letzten Tage des Aufenthaltes und die Rückreise. Wir sollten am 15. oder 16. August wieder nach Hause fahren. Bekanntlich wurde am Sonntag, dem 13. August 1961, in Berlin die Mauer gebaut. Am 14. August wurden wir alle vom Heim zusammen gerufen und uns wurde mitgeteilt, daß “etwas in Berlin passiert war, vielleicht eine Blockade. Wir würden daher nicht wie geplant nach Hause fahren.” Ich kann mich noch daran erinnern, daß sich bleischwere Stille einstellte. Wir Älteren haben uns dann auf unserer Stube zusammengesetzt. Alle waren kurz nach der Blockade von Berlin 1948 und 1949 geboren und kannten aus den Erzählungen der Eltern die Auswirkungen einer Blockade oder daß Kinder und Jugendliche während der Blockade ausgeflogen wurden und teilweise jahrelang bei Gasteltern in Westdeutschland leben mußten.

    Vermutlich am nächsten Tag kam die Entwarnung: wir durften nach Berlin zurück! So wurde in Hannover wieder ein Sonderzug zusammengestellt und es ging in Richtung Berlin. Wir kammen in der Abenddämmerung am Übergangs-Kontrollbahnhof Marienborn an. Es war leicht regnerisch, vielleicht etwas nebelig-diesig. Die Bahnhofsbeleuchtung war schon an. Draußen standen Doppelstreifen der DDR-Grenztruppen mit schußbereiten Maschinenpistolen und jeweils einem Diensthund und patrouillierten ohne Pause. Dann kamen die “Kontrolleure” in den Zug und kontrollierten durch Vergleich mit der Liste des westdeutschen Betreuers den Kinder-Personalausweis jedes einzelnen Kindes. “Setz Dich gerade! Schau mich an! Mach die Haare hinter Dein rechtes Ohr! Wie heißt Du?” Alles im schneidenden Befehlton, mit dem zweiten Mann der Doppelwache dahinter, Waffe im Anschlag, knurrender Schäferhund an der kurzen Leine.

    Die Kontrollen müssen Stunden gedauert haben. Ich habe einmal versucht abzuschätzen, wieviele Waggons eine Dampflokomotive ziehen konnte, wieviele Sitzplätze ein Waggon hatte und bin darauf gekommen, daß im Zug zwischen 600 bis 700 Kinder saßen. Bitte stellen Sie sich vor, daß 600 – 700 Kinder über 2 bis 3 Stunden kein Wort gesprochen haben! Sie konnten auch nicht auf die Zugtoiletten (Plumpsklo) gehen, denn eine Toilettenbenutzung war im Bahnhof ja verboten.

    Am nächsten Vormittag waren wir dann wieder in Berlin (West). Ich habe nur noch in Erinnerung, daß ich noch nie eine so große Menge Menschen auf dem Bahnsteig des Bahnhofs Zoo gesehen habe, alles Eltern, die hysterisch nach ihren Kindern suchten.

    Bis zur Wiedervereinigung habe ich jedes Mal beim Durchqueren der DDR dieses Bild der Soldaten mit Waffen und Hunden vor Augen gehabt und in mir steigt immer noch eine unbändige Wut auf die Uniformen der Grenztruppen der DDR hoch, selbst wenn ich die heute nur in einer Fernsehdokumentation sehe.

    Sicher ist die langlebige Erinnerung an dieses besondere “Urlaubsende” nur ein Kollateralschaden meiner Kinderkur in Bad Salzdetfurth und kann keinesfalls dem Heim angelastet werden. Sicherlich war die Ansage durch die Heimleitung, daß wir eventuell nicht nach Hause könnten, nicht gerade zartfühlend, aber damals wußte wirklich niemand was los war.

    Im nächsten Jahr 1962 war ich wieder auf Tour, diesmal nach Cuxhaven-Duhnen. Ich weiß nicht mehr, ob wir mit dem Zug oder dem Bus gereist sind. Das Heim war direkt hinter dem Deich. Der Schlafsaal war riesig und als Eule hatte ich anfänglich Schwierigkeiten beim Einschlafen, denn der Geräuschpegel von so vielen bereits eingeschlafenen Kinder war schon störend. Aber ich habe mich dann daran gewöhnt, mit allen anderen einzuschlafen.

    Ich erinnere mich an Wattwanderungen, einen Besuch am Überseequai in Cuxhaven und endloses Völkerballspielen – auch mit den Betreuerinnen – am Strand. Ich erinnere mich auch erstmals ans Essen, viel Süßes (Reisbrei, Vanillesuppe, Schokoladensuppe). So viel Süßes gab es zu Hause nie, es ist mir zum Ende des Aufenthaltes ziemlich aus den Ohren heraus gekommen. Wie auch bei allen vorlaufenden Reisen hatte ich wieder Geburtstag und ich erinnere mich, dass zu meinem Geburtstag das Paket meiner Eltern nicht da war. Das hat mich traurig gemacht, war aber vergessen, da es am Folgetag zugestellt wurde. Es lag wohl nicht an meinen Eltern, sondern an der Post.

    So viel zu meinen Erfahrungen der Kinderverschickung. Ich kann mich nur an eine Zwangssituation erinnern, nämlich die verordneten Gottesdienstbesuche in Bad Imnau. Meine zarten, nicht abhärteten Protestantenknie waren offensichtlich dem dauern Knien auf den Brettchen nicht gewachsen. Zwangsessen, etwa sogar von Erbrochenem, ist mir nie begegnet. Allerdings herrschte in meiner Familie das Prinzip: Nimm nicht so viel auf einmal, iß auf und nimm Dir dann nach. Was auf dem Teller liegt, wird aufgegessen!

    Bis zu meinem 20. Lebensjahr bin ich immer wieder mit Jugendreisen kirchlicher und nicht-kirchlicher Träger (Schule, Schüleraustausch Frankreich, Sprachreise England) verreist, teilweise zu Gastfamilien.

    Alle diese Reisen – und dazu zähle ich auch die Kinderkuraufenthalte – haben mir als mit einem sehr restriktiv erziehenden Ellternhaus gesegneten Einzelkind Horizonte geöffnet, mir das Leben in einer Gruppe gezeigt, mich Anpassung gelehrt (ohne zum Mit- oder Nachläufer zu werden). Vielleicht bin ich auch nur mit der Gabe des seligen Vergessens oder einer gesunden Resilienz gesegnet. Jedenfalls bin ich meinen Eltern für die ganzen Jugendreisen dankbar, die mich aus der Beschränktheit des Einzelkinderdaseins befreit haben und mir Perspektiven aufgezeigt haben, die sich selbst auf meine spätere Berufswahl ausgewirkt haben.

    Herbert Sommer

  172. Wir waren auch zur Kur im Kinderkurhaus Quisisana. Das war im Frühjahr 79, mein Bruder war 4, ich war 7. Auch heute noch sind mir die unguten Erinnerungen daran sehr präsent. So wie Andreas schreibt, wurden wir Geschwister in getrennten Schlafsälen untergebracht. Schon die Zugfahrt nach St. Peter Ording war schrecklich- von unserer Mutter an fremde Leute übergeben zu werden und dann 6 Wochen weg zu sein. An das Gefühl der Ohnmacht kann ich mich noch heute gut erinnern. Ich wollte für meinen kleinen Bruder da sein, da wir aber getrennt schliefen, war das ja nachts gar nicht möglich. Ich selbst hatte schrecklich Heimweh und hab glaube ich, viel geweint. Der Umgang damit war eher harsch. Ich war eine ,,Heulsuse” und sollte mich nicht so anstellen. Ich musste viel mehr essen, als ich eigentlich konnte und mochte. Als ich zurück kam, hatte ich auch was zugenommen. Spätere Gespräche mit meiner Mutter gaben aber nicht wirklich Antwort auf den Sinn dieser Kur. Wir waren nicht zu dünn und auch nicht sonderlich kränklich. Meine Mutter erinnert sich, dass man ihr sehr dazu geraten hatte. Es war kurz nach der Scheidung meiner Eltern. Das täte uns Kindern gut.
    Ich hab lange Zeit vermieden, überhaupt an die Zeit zu denken und einiges hatte ich verdrängt, wie mir erst viel später klar wurde, als ich mich intensiver damit auseinander gesetzt habe.

  173. Durch einen Artikel im Web – ich weiß nicht mehr genau wo – wurde ich vage an das SChicksal erinnert.
    Heute sah ich eine Dokumentation in der ARD Mediathek und wurde massiv in die Vergangenheit zurückversetzt. Ich wurde 1966 “verschickt” in den Schwarzwald, wenn ich mich recht erinner, nach Dobel.
    Ich muss mich erst mal sortieren, weil ich so viele der im Bericht geschilderten Begebenheiten selbst erlebt und aus Scham mein Leben lang verdrängt habe.
    Andererseit bin ich froh, nun zu erfahren, dass ich nicht allein die Ausgestoßene, Alleingelassene war, wie ich immr vermutet habe.
    Momentan bin ich schockiert und überwältigt von den zurückkehrenden Erinnerungen. Aber zugleich hoffe ich, endliche eine Erklärung für meine lebenslangen Ängste finden zu können…

  174. Hallo,

    Ich bin 36 und würde Ende der 80iger mit ca 5 oder 6 Jahren nach Bulgarien zur Kur verschickt um zuzunehmen, eine Art Bäderkur,ich habe nur Erinnerungsfetzen, nach dieser Kur erhielt ich eine OP an der Harnröhre und war dann oft im Krankenhaus warum weiß ich bis heute nicht.
    Vielleicht findet sich jemand der auch in Bulgarien war .

    Gruß Kristin

    1. Liebe Kristin, unter VERNETZUNG und VERSCHICKUNG auf unserer Webseite: http://www.verschickungsheime.de, findest du vielleicht unter DDR-Kurkinder andere, die auch in Bulgarien waren. Meist wurden Kinder aus der DDR dorthin verschickt. In Bezug auf die DDR gibt es auch schon eine kleine Betroffenengruppe, deren mailadresse Du dort finden kannst. Grüße, Anja

    2. Hallo Kristin, (43), wurde 87 mit 7 Jahren für 6 Wochen nach Bulgarien verschickt.
      Ich würde bis heute gerne mehr darüber erfahren. Ich erinnere mich noch daran, dass es in Sofia war.
      Bei mir spielte auch die Harnröhre eine besondere Bedeutung.

      Leider weiß ich nicht, wie ich dich anders erreichen kann und du wirst diesen Kommentar sicher nicht auf dem Schirm haben. Meine emailadresse möchte ich eher nicht veröffentlichen.

      Liebe Grüße, Daniel

  175. Hallo zusammen ‍♀️,
    Auch ich bin ein Verschickungskind im Frühjahr 1968 in Oberstdorf Allgäu. Bin auch auf der Suche nach damalige Kinder, an einen Namen kann ich mich noch erinnern „Cordula Örding“, ich bin durch meine Psychologin auf den Bericht der Verschickungskinder im Fernsehen aufmerksam geworden. Da ich mich nur an sehr schlimmes Heimweh und an Durchfall und an Windpocken erinnern kann, sowie große harte Haferflocken nur mit Milch, und alles Andere hat auch furchtbar geschmeckt.
    Ich würde mich freuen wenn sich jemand erinnern könnte.
    Liebe Grüße G.K.

  176. Hallo, ich weiß schon seit einigen Monaten das es ein Forum für alle Verschickungskinder gibt. Es hat mich regelrecht geschockt. Bei Frau TV sah ich das ein Haus auf der Insel Wyk auf Föhr auch im Gespräch ist/war. Meine Schwester und ich waren Ende 1963 oder Anfang 1964 zur Verschickung. Ich habe nur vage Erinnerungen daran. Der gezwungene Mittagsschlaf war eine Tortur. Meine Schwester ist Jahrgang 1954 und ich 1955. Wir waren also längst aus dem Alter heraus, indem man einen Mittagsschlaf brauchte. Da ich immer schon Einschlafstörungen hatte und ich mich nicht an Stressmomente beim einschlafen in der ” Halle ” erinnern kann, gehe ich mittlerweile davon aus dass eventuell ein wenig nachgeholfen wurde. Ansonsten weiß ich von diesen komischen Waschritualen, wir mussten uns an eine Wand stellen und wurden mit einem Schlauch abgespritzt. Das war schrecklich. Weil mir ein Kleidungsstück fehlte, bekam ich eine heftige Ohrfeige. Meine Schwester und ich hatten große Sehnsucht nach unserer Mutter, die zu diesem Zeitpunkt quasi schon im sterben lag. Geweint habe ich leise und ich meine das meine Schwester und ich getrennt wurden. Meistens. Es gab eigentlich keinen Lichtblick für uns in dieser Zeit. Es war schrecklich dunkel und für mich blieb es auch noch lange dunkel. Mit Mitte dreißig bin ich in Frührente geschickt worden, nachdem ich mehrere Suizidversuche gemacht habe. Ich glaube es ist dringend erforderlich eine Entschuldigung zu erhalten und eine Wiedergutmachung. Diese Wochen haben langanhaltende Schäden verursacht.

  177. Liebe Cornelia Kempers,

    diffuse, teils ähnliche Erinnerungen begleiten mich seit vielen Jahren.
    Ich war vom 04.07.1967 bis 11.04.1968 über 9 Monate im Kindersanatorium Christian Stock in Hofgeismar. Eigentlich sollte ich wohl nur für ca. 4 Wochen auf Grund einer leichten Bronchialtuberkulose dorthin. Als mein Vater im April 1968 zur Kontrolle bei unserem Lungenfacharzt war, fragte dieser nach mir und war entsetzt, dass ich immer noch in Hofgeismar war. Am nächsten Tag war ich Zuhause!

    Mittags mussten wir dort immer in eine Liegehalle, einer mit Bäumen umgebenen, vorn offenen Holzhütte nah am Sanatorium laufen und schlafen. Auf Toilette durften wir dann nicht….
    Ich erinnere mich, dass viele Kinder über viele Monate in diesem Sanatorium waren. Besuche von Geschwistern, wenn sie unter 14 Jahren waren, wurden nicht erlaubt und die Eltern durften auch nur alle vier oder sechs Wochen für 2 Stunden zu Besuch in ein Besucherzimmer kommen und vieles mehr….

    1. Diese monatelangen Aufenthalte sind schlimm, das hören wir jetzt immer öfter, dass Kinder, die ursprünglich nur 6 Wochen bleiben sollten, ständig bis am Ende auf viele Monate verlängert wurden. Das ist ein Zeichen dafür, dass die Kinder sozusagen vor Kummer verfielen dort und immer schwächer und kränker wurden, so dass sie sich nicht mal getrauten, sie zurückzuschicken, oder, was auch gut möglich ist, wurden einige der schwächeren Kinder aus wirtschaftlichen Auslastungsgründen im Haus gehalten. Denn in den Akten fand ich ständiges Gejammer der Leitungen, dass die „Winterauslastungen“ zu gering seien. Wichtig in dem Zusammenhang weiter nach Todesfällen zu suchen. Ich fand in 8 Akten, die ich gezogen habe, Verwaltungsakten von diesen Verschickungsheimen, also „Kindererholungsheimen und Kinderheilstätten“, schon 5 Todesfälle. Die Recherchen im Einzelnen können nur die Heimortgruppen bei uns machen. Schließt euch zu Heimortgruppen zusammen, über unsere Homepage unter VERNETZUNG, Grüße, Anja

  178. Mir wird jetzt noch ganz Flau im Magen. Ich wurde in den 70iger mit meinem Bruder und meiner Cousine verschickt. Es war das erste mal irgend wo an der Küste ich kann mich kaum noch erinnern da ich zu dem Zeitpunkt noch ganz klein war . Das zweite mal Polling in Bayern von der Post aus. Ich habe noch nie so eine Angst gehabt. Besonders Polling war schlimm. Ich war ca 6 und habe meine erste Diät halten müssen. Ich war damals nicht zu dick, aber auch nicht so dünn wie mein Bruder und meine Cousine. Ich habe abends mit einigen freiwilligen Kindern die wie ich Diät machen mussten , den Küchendienst übernommen .dann haben wir uns heimlich eine Scheibe trockenes Brot geklaut und unter unseren Pullis versteckt. Der Beginn einer wunderbaren Essstörung. Die Kirche mit den Glas Särgen gleich neben an haben mir so eine Angst gemacht, es war wirklich schrecklich. Noch heute kann ich mich an alles erinnern. Briefe an die Eltern , wurden zensierte. Meine Eltern wussten bis wir Zuhause waren nicht wie es uns ging.

    1. Auch ich war in Pollingen im Kloster und die Nonnen waren einfach grausam!!! Ich war damals 4 glaub ich und mein Bruder war 6. Ich durfte ihn ind den ganzen 6 Wochen nicht sehen…. das war Folter

  179. ….war selbst glücklicherweise nicht dort, Familienmitglied aber, kam mir als kleines Kind schon seltsam vor, wie verändert das angehörige Kind zurückkam….den Eltern mache ich keinen Vorwurf, sie haben halt – zu diesen Zeiten gutgläubig – vertraut….

  180. In bin 1951 geboren in Berlin und wurde 1959 nach Weilmünster und 1960 nach Karlshafen für jeweils 6 Wochen in Erholungsheime zum Aufpäppeln geschickt. Habe wie alle anderen hier die gleichen schrecklichen Erfahrungen gemacht: Ohrfeigen, wenn ich nicht essen wollte oder es zu viel auf dem Teller war, Schläge, wenn ich nicht einschlafen konnte oder geweint habe vor Heimweh, Post wurde nie abgeschickt oder verteilt. Habe nachts im Schlaf nach meiner Mutter gerufen und wurde dann bestraft und in eine Kammer gesperrt. Meine Zöpfe wurden abgeschnitten…..einmal wollte ich wegrennen, aber habe mich dann doch nicht getraut. Ich hoffe, mich bald persönlich nach Corona mit anderen bei Sekis austauschen zu können, Die Erfahrungen haben mein Leben weitgehenst geprägt, so dass ich oft Angst habe Fehler zu machen und die Schuld oft zuerst bei mir suche.
    Viele Grüße
    Eleonore Schulz

  181. Ich war in Bad Nauheim in Kinderkur der blanke Horror naja was Schläge aufessen was man nicht mochte würde gegessen und gebrochenes natürlich auch naja viele Berichte die sich alle wiederholen was man an eigenen Leibe gespürt hat wie haben 6 Wochen die Hölle durch man kann es nicht vergessen was man durchgemacht hat die sollten sich mal Gedanken darüber machen wie die uns für die erlittenen Qualen zu entschädigen wie so viele andere eine Entschädigung erhalten haben aber wir waren ja nur Kinder und Versuchspersonen

  182. Bin 1966 geboren und mit ca 3 Jahre in ein
    Kinderkuhrheim in Oberbayern bei Nonnen gewesen
    Weis paar Details kann mich aber an kein Essen erinnern
    Gruß Maria Dragotti

  183. Die Kirche im Dorf lassen, oder das Kind nicht mit dem Bade ausschütten, möchte ich bewußt meinen Kommentar einleiten.
    Denn ich habe ganz andere und nur gute Erfahrungen mit der Kinderverschickung gemacht.
    Meine erste Fahrt ging mit ca. 6 Jahren, ich konnte gerade ein wenig lesen und schreiben nach St.Peter Ording.
    Abends stand in Frankfurt ein Sonderzug bereit, und von dort ging es in einer Nachtfahrt ans Meer. Schon dabei erinnere ich mich an die Fürsorglichkeit unserer “Tanten”, die darauf schauten, daß wir alle warm zugedeckt waren und auf unseren Sitzen, trotz aller Aufregung ein wenig schlafen konnten.
    Am nächsten Morgen Ankunft am Meer, erster Eindruck, der herrliche Geruch des Wassers, den man aus Frankfurt nicht kannte.
    Dann diese Windböen, manchmal Stürme, noch weniger bekannt, die mir etwas Sorgen bereiteten, wenn sie nachts um unser Heim tobten, und ich fürchtete, das Haus könne zusammenfallen. Dies waren aber auch schon die einzigsten Ängste, die ich auszustehen hatte, bis mir der Wind und die Witterung des Ortes vertraut wurde.
    Die kommenden Wochen waren nur schön, fürsorglich Tanten die mit uns spielten, Wanderungen unternahmen, oder uns in die dortige Badeanstalten begleiteten, wo wir in dem angereicherten Salzwasser rumplanschten. Wer von uns Kindern hatte bis dahin ein Hallenbad gesehen. Besonders für mich war die Zeit schön, da meine Mutter alleinerziehend, und ich daher ein “Schlüsselkind” war. Hier so viele Freunde und einen strukturierten Tagesablauf zu erleben, hat mir viel Freude gemacht. Es war schade, wie schnell die Zeit rum ging.
    St.Peter Ording war seit dem immer in guter Erinnerung bei mir, sodaß ich als Erwachsener dort hin reiste, nicht viel wiedererkannt habe, aber das damalige Heim wieder gefunden habe.
    In aller Kürze mein zweiter Heimaufenthalt in Bad Wildungen, zwei drei Jahre später, auch dies nur der Quell reiner Freude.
    Was will ich mit meiner “Gegendarstellung” sagen. Natürlich gab es Kinder, die unter solchen Heimaufenthalten gelitten haben, natürlich gab es übergriffige Erziehungsmethoden, die ich selbst nie beobachten konnte. Ich werde auch das Leid der Kinder, die andere Erfahrungen gemacht haben, nie gering achten. Ich war später in einem Internat, weiß also wovon ich rede, obwohl mir jede Form der Drangsalierung erspart blieb. Aber auch das gehört zum Thema Heimerziehung: oftmals geht die Gewalt in all ihren Formen von den Zöglingen selbst aus, teilweise so massiv, daß ich in meinem Fall zwei Kameraden unter meinen persönlichen Schutz nahm, damit diese nicht völlig zerbrochen wurden.
    Aber in diesem Zusammenhang und über die Heimverschickung von “Schwarzer Pädagogik” zu sprechen, halte ich für übertrieben, und Sie bauen damit einen strukturellen Popanz auf, wo vielleicht nur Unfähigkeit am Werk war.
    Wem Sie jedenfalls nicht gerecht werden, sind die große Zahl der “Tanten”, die sich liebevoll um ihre Schützlinge gekümmert haben, und denen ein Kind wie ich eine schöne Zeit und Erinnerung verdanke.
    Sie wissen selbst, wenn Ihre Studie den Hauch einer Aussagekraft haben soll, dann dürfen Sie nicht nur die negativen Berichte sammeln, sondern müßen diese mit denen Vergleichen, wie ich Ihnen hier einen geschrieben habe.
    Ich jedenfalls habe die Heimverschickungen in guter Erinnerung und bin sicher, es gibt viele andere.

  184. Ich bin Jahrgang 1952. Vom 11.10. – 21.11.1957 wurde ich für 6 Wochen zur “Erholung” geschickt. Ich war nicht krank, sondern nur blass und dünn und habe auch relativ wenig und langsam gegessen. Da ich ein Einzelkind war sollte es mir guttun, mit anderen Kindern zusammenzukommen. Ich kam in das “Kinderheim Holderrain” nach Mitteltal im Schwarzwald. Ich erinnere mich an eine riesige dunkle Holztreppe, die in die obere Etage führte. Meine Mutter hatte mir ein kleines Köfferchen mitgegeben, in dem Süßigkeiten waren für die nächsten 6 Wochen. Die sollte ich mir einteilen. Am Ankunftstag stand oben an der Treppe eine Frau in einem langen schwarzen Kleid mit strenger Knotenfrisur und einem großen Sack. Sie nahm mein Köfferchen und schüttete den Inhalt komplett in den Sack (natürlich auch von den anderen Kindern). Während der ganzen 6 Wochen haben weder ich noch die anderen Kinder auch nur eine Kleinigkeit von dem Süßen bekommen. Es gab viel Milchsuppe mit irgendwelchen “Knübbelchen” drin. Ich aß ja sowieso langsam und weil ich die Suppe nicht mochte noch langsamer. Die meisten Kinder, die mit dem Essen fertig waren, durften dann aufstehen. Ich erinnere mich gut an einen Mittag, an dem sich mir fast der Magen umdrehte. Da saß zwei oder drei Stühle weiter ein Mädchen, die diese Suppe dann plötzlich erbrach. Sie wurde angehalten, ihr Erbrochenes wieder zu essen. Das gab mir plötzlich so eine Kraft, mein Suppe aufzuessen, weil ich auf keinen Fall mein Erbrochenes essen wollte. Mit diesem Mädchen habe ich mich angefreundet. In dem großen Schlafsaal standen bestimmt 15 oder 20 Betten. Abends nach dem Toilettengang wurde die große Schlafsaaltüre geschlossen und es war stockdunkel. Draußen saß immer eine Aufpasserin.
    Es passierte manchmal, dass ein Mädchen trotzdem nachts auf die Toilette musste. Das kam dann in dieser Nacht nicht mehr zurück. Manche haben vor Angst ins Bett gemacht (auch das “große Geschäft”). Es hat dann natürlich schrecklich gerochen und am nächsten Morgen wurden diese Kinder bestraft. Da ich ja erst 5 Jahre alt war und noch nicht schreiben konnte, wurden die Karten von den Aufpasserinnen geschrieben. Der Text war überall gleich. Es kommen noch viele Dinge hoch. Meinen Sohn habe ich nie zum Essen gezwungen. Es war nie stockdunkel in seinem Zimmer. In unserem Haus standen immer alle Türen offen und ich esse immer noch nicht schnell, aber fast alles – nur keine Milchsuppe. Als ich wieder bei meinen Eltern war habe ich ihnen alles erzählt. Sie haben nichts unternommen. Ich glaube, dass mich die Zeit in dem Heim sehr geprägt hat. Ich habe mich immer für Schwache und Kinder eingesetzt und habe ein großes Gerechtigkeitsgefühl entwickelt.

    1. Hallo Marion

      Ich war 1965 für 6 Wochen im Haus Holderrain und kann Deine Erfahrungen nur bestätigen, praktisch 1 zu 1. Kennst Du vielleicht weitere Personen, die im Haus H. waren?

      Gruß
      Mike

    2. Auch ich war an diesem “netten Ort” und kann Deine Schilderung nur bestätigen. Teilweise klingt sie nach meinen eigenen Erlebnissen. Hast Du vielleicht weitere Informationen über Haus Holderrain? Wer hat das Heim damals geleitet (sagt Dir “Onkel Ernst” etwas)? Vielleicht kennst Du ja noch andere Betroffene? Gibt es evtl. Fotos?

  185. Hallo,
    ich wusste nicht, dass es noch andere Betroffene gibt und habe alles jahrzehntelang mit mir herumgeschleppt. Das hier habe ich in Brilon erlebt:
    Ich war im Herbst 1975 als 8-jähriger für 6 Wochen im “Kindergenesungsheim” Brilon-Möhneburg gewesen. Unter den 8-12-jährigen dort war ich einer der jüngsten. Meine Eltern sagten mir, danach wäre ich ein ganz anderer Mensch gewesen als davor: viel blasser, stiller und weniger lebhaft.
    An ein paar Dinge erinnere ich mich: Einmal war ich “widerspenstig” und wurde unten im Waschraum von Frau Selter geschlagen. Das war nach einer Wanderung, nach der ich einfach nicht mehr konnte. Die ging bestimmt über 20 km oder mehr.
    Abends nach den Schlägen habe ich ins Bett gemacht, was ich schon lange nicht mehr getan hatte. Ich habe mich nicht getraut, etwas zu sagen und in der Pfütze weitergeschlafen, bis es irgendwann wieder trocken war. Ich weiß nicht, warum keiner etwas gerochen und gemerkt hat, aber es war so und ich war unendlich froh darüber, bei der Sache ohne Bestrafung davongekommen zu sein. Aber ich hatte einfach nur furchtbares Heimweh die ganze Zeit über und wusste nicht, womit ich das alles verdient hatte.
    Auch an das Gurgeln von Salzwasser erinnere ich mich. Schrecklich! Und irgendwann im Laufe des Tages gab es diesen furchtbaren Trunk, der schmeckte wie Essigwasser. Für uns Kinder war er eine Folter. Wir haben uns alle davor geekelt. Briefe wurden kontrolliert und alle schrieben natürlich, wie toll es dort doch angeblich war. Wehe, man hätte etwas anderes geschrieben.
    Frau Selter war wirklich ein furchtbarer Drachen, schon von ihrem matronenhaften Äußeren her. Ich erinnere mich noch daran, dass sie sogar einen Kinnbart hatte. Das machte sie für uns Kinder nicht sympathischer.
    Das einzige schöne Erlebnis war das Völkerballspielen, bei dem ich einmal gewonnen habe.
    Während der Zeit wurde ich krank und bekam wohl Scharlach, wie man später zuhause an den Symptomen erkannte. In Brilon selbst wurde nichts dagegen getan. Ich musste weitermachen wie die anderen. Meinen Eltern erzählte man von einer Erkältung. Ich war erschöpft und froh, als es vorbei war. Auch meinen Eltern fiel auf, dass ich in viel schlimmerem Zustand nach Hause kam als ich abgereist war.

  186. wer kann mir helfen?
    Ich war 1965 in St. Peter Ording zur Erholung. Leider weiß ich nicht mehr den Namen des Heims. kann mich noch erinnern, dass hinter dem Haus ein Schwimmbecken,Pool war.

  187. War mit ca.7 Jahren im Adolfinenheim und kann mich nur an negative Sachen erinnern, Erbrochenes mußten wir wieder essen, Jungen und Mädchen wurden getrennt, durften nie zusammen sein.Briefe wurden gelesen und ich hatte 2 geschrieben und der wurde auch abgefangen, wurde dann bestraft. Päckchen wurden an Alle verteilt und ich bekam dasselbe wie die Anderen,hatte meiner Mutter dann geschrieben, sie möchte nichts mehr schicken.Hatte auch totales Heimweh, interessierte keinen.Die Leiterin war ca. 20 Jahre alt soweit ich mich erinnere und sehr kalt.Kam krank wieder nach Hause, sollte zunehmen aber bei dem essen war das nicht möglich.

  188. Hallo ich suche Leute die in Oberstdorf im Kinderheim waren da gab es eine große Liegewiese Terrasse und wir durften nicht aufstehen und zur Strafe mussten wir in der Dachkammer schlafen

  189. Das ist ganz seltsam. Plötzlich erwachte in mir das Bedürfnis, über meine Zeit im Kindererholungsheim Gutermann in Obersdorf zu forschen. Ich wurde über die DAK dorthin verschickt, ich war als Kind wohl blaß und eher schwächlich. Seltsam ist, daß ich an die Zeit in dem Heim gute Erinnerungen als Ganzes habe, ich mich an Einzelheiten aber nicht erinnern kann. Ich weiß nur, daß ich kurz vor Ende der Kur ins Krankenhaus kam, weil ich eine heftige Gastroenteritis hatte, die der Heimleitung “Sorgen bereitet habe”, die aber glimpflich verlief und ich mich schnell erholte. Und ich erinnere mich, es gab Rote Beete zu essen, die mochte ich nicht, dennoch habe ich tapfer aufgegessen. Kaum war ich fertig, habe ich den Teller wieder vollgekotzt… Ich erinnere mich nicht, ob ich gezwungen worden war, den Teller leer zu essen. Und ich erinnere auch nicht, ob ich gezwungen wurde, das Erbrochene aufzuessen. Meine Erkrankung steht allerdings zeitlich im Zusammenhang. Wie gesagt, ich bin verunsichert. Denn ich verbinde mit der Rückschau auf die 6 Wochen in dem Heim ein “gute” Zeit. Ja, Gewichtszunahme war sehr wichtig. Schade, daß ich so wenig Erinnerung im Detail habe… Keine Bilder der Erwachsenen, der Erzieher, der Atmosphäre, dessen, was wir die ganze Zeit gemacht haben, es waren ja immerhin 6 Wochen. An das Krankenhaus erinnere ich mich, da ging es mir richtig gut.

  190. Ich war war im Alter von 6 Jahren in Oberstdorf (1978). Da Winter war und somit Hochschnee, kann ich die Liegewiesen nicht bestätigen. Wir mussten zur Strafe meist Stunden auf dem Flur verbringen. Grund für eine Strafe war z. B. Eine Unterhaltung zur Schlafenszeit. Das schlimmste war die Einsamkeit , die Angst und das Heimweh. Gegessen wurde was auf den Tisch kam. Ich hasse bis heute warme rote Beete. Auch die sexuellen Belästigungen der älteren Kinder ist mir in guter Erinnerung (meist in der Gemeinschaftsdusche). Ich habe selbst 2 Kinder. Meine älteste Tochter wird im September 6 Jahre alt und mir ist es unbegreiflich wie man ein Kind für 6 Wochen überhaupt weg geben kann. Meine Eltern habe ich Jahre später damit konfrontiert. Sie haben damals auf Ärzte und die Barmer gehört und wollten das Beste für mich. War es leider nicht

  191. Liebe Sabine, ich bin gerade in Schönau zu Besuch bei einer Freundin. Schon am 2. Tag haben sich mir plötzlich Erinnerungen an meine Verschickung hierher aufgedrängt. Zu deiner Frage, ob es hier 2 Häuser gab… meine 5jährige Schwester und ich wurden sofort nach unserer Ankunft getrennt. Haus Carola und der “Ponyhof” gehörten zusammen, waren aber ca 6 km voneinander entfernt. Im Ponyhof wurden Knder bis 6 Jahre aufbewahrt, im Haus Carola Kinder von 6 bis 114 Jahren. Unseren Eltern wurde versprochen, dass wir in einem Haus untergebracht werden. Dank einer sehr netten Praktikantin habe ich an 2 Wanderungen zum Ponyhof teilnehmen dürfen. Beim ersten mal durfte ich meine Schwester 5 Minuten sprechen, beim 2. mal wurden wir von einer Köchin mit Hackfleisch beworfen und ich habe meine Schwester nur weinend am Fenster gesehen. Vielleicht kannst du dich an ähnliche Szenen erinnern? Was und (wahrscheinlich) aus dieser Zeit geblieben ist, sind Panikattacken in Räumen, die so dunkel sind, dass man gar nichts sieht. Bis heute haben wir gerätselt, warum wir beide darunter leiden. Ich hoffe sehr, dass die solche oder ähnliche Spätfolgen erspart geblieben sind!
    Liebe Grüße
    Claudia

  192. Ca. 1983/84 wurde ich im Grundschulalter an die Nordsee verschickt. Ich war leicht übergewichtig. Verglichen mit dem Durchschnittsgewicht heute, wäre ich als schlank durchgegangen. Also es gab de facto keine Indikation bei mir. Wir durften nachts nicht auf die Toilette, wenn es doch dringend war, ist man mit uns zur Toilette, hat vor der Tür gewartet und gehorcht. Einmal konnte ich vor lauter Angst doch nicht und wurde deswegen mindestens angeschrien. Weil ich sehr jung war, habe ich massive Erinnerungslücken, aber ich weiß, dass ich Angst hatte und die Ausgabe der Anziehsachen sehr chaotisch verlief und ich, trotz eingenähter Initialen, meine Sachen selten bekommen habe.
    Ich möchte anmerken, dass es nicht nur in diesen Kuren zu Übergriffen gekommen ist, sondern ganz besonders auch in sog. Ferienfreizeiten, organisiert von Wohlfahrtsverbänden.

  193. Ich war 1956 mit 11 Jahren in Schlangenbad zur Kur,in einem alten Schloss oder Burg. Es war eine wunderschöne Zeit für mich, an die ich heute noch gerne denke.

  194. Da ich zu dünn war, wurde ich mit 10 Jahren 1959 in ein Erholungsheim in der Nähe des Chiemsees verschickt. Dieses wurde von Klosterschwestern geführt.
    Es gab Pupen und Spielzeug nur zum Anschauen. Wir Kinder durften es nicht berühren.
    Täglich wurde unsere Unterwäsche kontrolliert, ob sie noch sauber ist.
    Ich konnte schon als Kind keinen rohen Zwiebel vertragen und wurde von den Klosterschwestern gezwungen diese zu essen; ich habe mich regelmäßig übergeben.
    Ich wurde dafür bestraft und auch an den Haaren in den Keller geschleppt, wo ich geschlagen wurde. Briefe, welche mir geschrieben wurden, wurden mir nicht ausgehändigt, ebenso nicht ein Päckchen. Meine Briefe an meine Eltern wurden kontrolliert. Als ich erkrankte und im Krankenzimmer lag, hat sich lediglich eine junge Klosterschwester liebevoll um mich gekümmert. Anschließend durfte ich nicht einmal mehr mit den anderen Kindern zum Chiemsee “wandern” und musste alleine zurück bleiben. Wenn ich gewusst hätte, wo ich war, wäre ich weggelaufen. Kennt jemand solch ein Kindererholungsheim Nähe des Chiemsees außerhalb eines Ortes gelegen?

  195. Hallo, bin auch gerade auf diese Seite durch einen TV-Bericht im ZDF gestossen. Kennt jemand das Kindererholungsheim in Bad Herrenalb Nähe Karlsruhe.Ich war 1964 oder 1965 dort. Bitte um Kontaktaufnahme unter braunschweig-oskar@web.de.
    Vielen Dank

  196. Ich war auch im Schwarzwald ,in der Nähe vom Titisee zur Kinderverschickung bzw. Kur.
    Als angeblich zu dickes Einzelkind, hat mich meine alleinerziehende Mutter dort hingeschickt. Leider kann ich mich nicht an den Namen des Kinderheimes erinnern, ich weiß nur noch, dass dort eine riesige Tanne stand und man über einen längeren Weg zum Titisee kam.

    1. Hallo Claudia,
      ich war 1961 in Todtnauberg im Schwarzwald. Ich glaube das Heim hieß Tannenhof. Es lag ganz außerhalb auf dem Berg.
      Meine Erinnerungen sind unschön.

    1. Hallo Cornelia, ich war 1962 im Februar/März im Kinderheim Carola und war sehr gerne da. Ich habe noch alle Briefe aus dieser Zeit und kann mich wieder an all die schönen Erlebnisse erinnern. Unsere Tante Agi war eine sehr liebevolle junge Frau. Damals war ich 10 Jahre alt. Auch eine Mädchen, mit der ich noch lange Briefkontakt hatte, dachte gern an diese Zeit zurück. Viele Grüße Brunhilde König

  197. Liebe Frau Röhl, wenn ich diese ganzen Erfahrungen von den Verschickungskindern lese, wundere ich mich nicht, wie viele kaputte Kinderseelen es doch gibt. Auch ich wurde als 6jährige mit meiner Zwillingsschwester zur Kur nach Lüneburg verschickt im Jahr 1960 ( ich gehe davon aus, das es Lüneburg war, kann mich an die Altstadt schwach erinnern, gingen aber auch durch die Heide )Wir waren ganz schlechte Esser, noch dazu Bettnässer. Nachts saßen die Schwestern auf der Treppe und kontrollierten genau, ob jemand die Toilette aufsuchte. Dann gab es Stress. Wir haben uns dann schon mal einen Zahnputzbecher in den Schrank gestellt, um darin zu urinieren, oder einfach mal ein Wäscheteil zum Pipimachen davor gehalten. Dann sollten unsere Betten neu bezogen werden. Als die Schmutzwäsche auf einem Berg auf dem Boden lag, wurde alles rückgängig gemacht. Also versuchten alle Kinder möglichst, ein Laken ohne einen gelben Urinfleck zu bekommen, von denen es aber nur sehr wenig gab. Das war schon als Kind richtig peinlich. Ich habe im Laufe der Jahre immer wieder Gesprächstherapien gemacht, aber an die Wurzel dieser ganzen traumatischen Erinnerungen bin ich nie gestoßen. Nach all den Schilderungen , die ich jetzt gelesen habe, habe ich heute den Verdacht, dass die entstandenen Probleme mit dieser Verschickung zusammen hängen. 2003 zog ich der Liebe wegen nach Lüneburg, immer auf der Suche nach dem Kinderheim. Auch im Archiv konnte mir dahingehend keine Auskunft gegeben werden. Es tat jetzt sehr gut, sich das Erlebte einmal von der Seele zu schreiben. Liebe Grüße Christel Kö. 67 Jahre

  198. Mein 3 Jahre älterer Bruder, geb. 1954, wurde mit 5 Jahren nach Bad Rothenfelde zur Kinderkur. geschickt. Als Erwachsener erzählte er mir, dass er damals glaubte, unsere Eltern hätten ihn loswerden wollen, weil sie ja jetzt mich hatten. Ich weiß nur noch, dass er sagte, es wäre dort ganz schrecklich gewesen. Leider kann ich ihn nicht mehr dazu befragen – er hat sich 1988 das Leben genommen.

  199. Cuxhaven – Kinderkurheim am Meer. Wenn ich diesen Namen nur höre, läuft es mir eiskalt den Rücken runter. Ich war etwa 7 Jahre, konnte gerade schreiben, meine Eltern wollten mir was Gutes tun, mich auf “Erholung schicken.”
    Der Teufel in Gestalt einer hübschen, feingliedrigen Blondine mit kurzen Haaren hieß Christa. Zur Morgengymnastik ewig lange im Schneidersitz ganz aufrecht sitzen, war ihre Lieblingsübung. Sackte man etwas ein, gab es Schläge auf die Schulterblätter mit einer Gerte. Zum Mittagessen gab es mal Pellkartoffeln mit Quark und zerlassener Butter. Ich mochte es nicht, man hat mich stundenlang vor dem erkalteten Teller im großen leeren Speisesaal sitzen lassen. Ich habe drauf gekotzt und musste essen. Noch schlimmer die Psycho-Bestrafungen: einmal der Bettnachbarin die Decke beim Mittagsschlaf weggezogen. Die Strafe: Zwei Wochen als letzte allein mit den anderen in der Gruppe zum Strand laufen. Während sich die anderen Mädchen an der Hand nahmen, trottete ich alleine hinterher.

  200. Hallo zusammen,

    es beschäftigt mich seit vielen Jahren, dass ich keinerlei Erinnerungen habe an meine 6 Wochen Kur in Bad Dürrheim. Das muss im Sommer 72 oder 73 gewesen sein, da war ich 6 bzw 7. Meine Eltern durften mich nicht besuchen. Das ist alles, was ich weiß. Meine Mutter ist verstorben, mein Vater weiß auch nicht viel mehr. Ich möchte nichts unterstellen. Gibt es jedoch hier Personen, die über das Kinderheim in Bad Dürrheim etwas sagen können. Ich erinnere mich an einen Park.
    Mit freundlichen Grüßen

    1. Hallo ich war Anfang der neunziger Jahre zum abnehmen im Kindersanatorium Kohlermann in Bad Dürrheim. Ich war damals ca. 10 Jahre alt und erinnere mich Heute mit Ende 30 an Dinge wie weinende Kinder die gekonnt ihnoriert wurden. Essen von Plastikteller für Dicke Kinder und Porzellan für Dünne. Aber auch an Dinge wie sich im Keller bzw. der Bäderabteilung in Gruppen und auch Einzeln nackt ausziehen müssen und sich nackt fotographieren lassen. Auch eine einen Arzt, der besonders genau zwischen die Beine geschaut hat erinnere ich mich wage…

  201. Hallo,
    ich bin damals mit 5 1/2 ins Kinderheim Tannenhöhe in Villingen-Schwenningen verschickt worden. Ich erinnere mich nur noch, dass ich immer am Katzentisch sitzen musste weil ich nicht essen wollte. Ich musste so lange sitzen bis ich aufgegessen hatte obwohl das Essen schon kalt und ich nur am würgen war. Die Schwestern zeigten mit dem Finger auf mich und die anderen Kinder lachten mich aus wenn sie den Essenssaal verließen. Ich war verängstigt und fühlte mich allein gelassen.
    Wenn ein Päckchen von meinen Eltern kam, musste ich es in Anwesenheit aller öffnen und “durfte” mir eine Sache aussuchen mit den Worten der Rest ist für später, ich bekam es aber nie.
    Wieder zu Hause war ich in mich gekehrt und habe nicht gesprochen. Ich schrie als ich wieder in den Kindergarten sollte und klammerte mich an meiner Großmutter fest. Es war die Angst, dass ich wieder weg komme. Mein erster Schultag war ebenso der Horror für mich. Alle Kinder freuten sich. Ich weine auf dem Einschulungsbild, dachte ich doch ich werde wieder abgeschoben. Erst nach ein paar Tagen als ich merkte ich komme jeden Tag wieder heim, hat sich die Angst gelegt.
    Noch heute leide ich an Verlassensängsten.
    Ich bin heute hier, weil ich mir erhoffe, dass ich eventuell meine Anmeldeunterlagen und meine Krankenakte finde.

    MIt freundlichen Grüßen

    1. Hallo Helga
      Ich war 1979 im Herbst mit meiner Halbschwester auch in diesem Heim.
      Ich habe zum Glück nicht so schlimme Erinnerungen daran.Im Gegenteil eher schöne.
      Vielleicht kann ich mehr darüber Erfahren.
      War übrigens mal vor Jahren im Urlaub kurz dort und hab dem Haus ein Kurz Besuch abgestatt.Es ist kein Kinderheim mehr.
      Viele Grüße
      Achim

    2. Hallo,
      Ich kann mich auch noch an das Sanatorium im Villingen-Schwenningen erinnern. Ich war 1984 mit meinem Bruder für sechs Wochen dort. Ich habe inzwischen vieles verdrängt – aber ein paar Dinge kommen immer wieder hoch. Von Aufsichtsverletzung über aggressives Verhalten sehr grenzwertige Hilfe beim morgendlichem Waschen und Zwangsernährung mit unglaublichem psychischem und physischen Druck – alles dabei.
      Niemals würde ich meine Kinder in so ein „Sanatorium“ schicken!

      1. Hallo Anja,
        Bin gestern zufällig auf diese Seite gestoßen.
        Ich geboren 1968 war zweimal zur Kur/Erholung. 1977 mit 9 Jahren in Stetten am kalten Markt und mit 11 Jahren in Villingen-Schwenningen Tannenhöhe.
        Mir ist nur die erste Kur/Erholung etwas negativ in Erinnerung.Die zweite im Schwarzwald fand ich schön.
        Hier sind mehrere Personen die auch in den beiden Häusern waren…würde dich bitten um Kontakt herzustellen über meine E-Mail.
        Fahre am Wochenende nach Stetten a.k.M. will mir dort ansehen wo das damals war.Leider hab ich keine Adresse. Vielleicht kannst du oder jemand anderes mir weiterhelfen.
        Im Voraus vielen Dank.
        Viele Grüße Achim

  202. Hallo Frau Röhl,
    ich bin 61 Jahre und war von 1962 – 1964 im Kinderheim, war also ein Kleinkind.
    2014 wurde ich aus dem Heimkinderfonds mit 10.000 EUR in Sachleistungen entschädigt.
    Als wenn das Kinderheim nicht schon schlimm genug war, im Grunde war ich im Alter
    von 5 Jahren schon nervlich zerstört worden, schickte mich das Jugendamt 1965 nach
    Melle, Sauerland in die Kur. Dort bekamen wir zwar genug zu essen, wurde aber
    geschlagen, bekamen Läuse, uns wurde verboten, nachts auf die Toilette zu gehen,
    meine Mutter hatte mir ein Paket geschickt, habe ich nie erhalten.
    Ich war schon als Kind selbstmordgefährdet, Angstzustände, Depressionen.
    Bis heute habe ich darunter zu leiden.

  203. Ich habe zufällig die verschiedenen Geschichten gelesen. Ich hätte Interesse zu wissen, was aus dem Kinderheim Sonnenwinkel geworden ist. Ich kenne das aus der Zeit von ca. 1960. Es wurde von einem Villinger Augenarzt geleitet, soviel ich mich entsinne.
    Weiß da jemand, was das geworden ist. ich war vergangene Tage dort im Germanswald. Alles ist verbaut. Man ishe keine Bauruine vom Kinderheim mehr.

  204. Hallo Frau Röhl,
    am 03.07.1964 begann für mich im Alter von 10 Jahren die erste 6-wöchige Kinderkur im „Haus Quickborn“ der DAK in Westerland/Sylt. Vor Reiseantritt mussten sämtliche Textilien mit gewebten Namensetiketten mit Vor- und Zunamen des Kindes versehen werden. Die Eigenbeteiligung an den Kosten der Kinderkur betrugen 100,00 DM. An Taschengeld waren für die sechs Wochen nicht mehr als 5,00 DM erwünscht. Damals dauerte die Bahnfahrt mit dem Sonderzug von Hannover nach Westerland 8 Stunden. Nach der Ankunft wurden sofort die im Vorfeld von den Eltern geschriebenen Postkarten, aus denen die gute Ankunft am Zielort hervorging, eingesammelt und den Eltern zugeschickt. Untergebracht waren wir mit 40 Kindern in einem sehr schönen alten Friesenhaus mit Baracke im Garten wo wir jeden Mittag zwei Stunden Mittagschlaf bei absoluter Ruhe machen mussten. Die wöchentlichen Pflichtbriefe an unsere Eltern mussten wir offen abgeben, da die Betreuerinnen auf den Briefbögen zusätzlich ihre Einschätzungen zu uns Kindern abgaben. Unsere Betreuerinnen gestalteten uns aber den Aufenthalt sehr abwechslungsreich. Ausflüge mit der Inselbahn gehörten ebenso dazu wie Sandburgen bauen, Schwimmen, Basteln und Tanzabende am Sonntagabend am Kamin. Dank der guten leckeren kalorienreichen Holsteinischen Küche hatte ich dann auch zum Ende der Kur das Ziel erreicht und etwas zugenommen.
    Im Juli 1966 erfolgte eine zweite Kur von der DAK, diesmal in Muggendorf in der Fränkischen Schweiz. Es war der absolute Alptraum. Das Kinderkurheim wurde nach meinen Erinnerungen damals von Schwestern des Deutschen Roten Kreuz betreut. Von Anfang an herrschte dort ein Klima der Angst und Einschüchterung. Jeden Abend vor dem Abendessen erschien dort eine Oberschwester mit Korsettstange im Speiseraum die sie drohend schwang und die Schwestern nach Verfehlungen ihrer „Zöglinge“ befragte. Die Schwestern machten zwar auch gelegentliche Ausflüge mit uns, jedoch kam alles etwas oberflächlich rüber. Das Essen war lieblos zubereitet, der Kurerfolg mäßig, das Heimweh groß. Nach sechs Wochen verließ man diese ungastliche Stätte leichten Herzens.

  205. Kinderhölle Bad Rothenfelde,
    ich bin im September 1959 für 6 Wochen zur Erholung im Alter von 5 Jahren verschickt worden. Grund: ich hatte wochenlang Keuchhusten, war sehr dünn und sollte zunehmen.
    Ergebnis: in den 6 Wochen habe ich noch mehr abgenommen.
    Grund : Heimweh,Einsamkeit, schlechtes Essen, Erbrechen beim Essen, etc.
    Bis heute habe ich Trennungsängste und Eßstörungen.

  206. Hallo Frau Röhl,
    ich war von Ende August 1959 bis Anfang Oktober 1959 als 5 jähriges Kind zur Kinderkur in Bad Rothenfelde.
    Ich habe 6 Wochen lang sehr gelitten – Essenszwang, Toilettenverweigerung, sehr großes Heimweh,etc.
    Ich weiß den Namen des Hauses nicht mehr, war jemand zur gleichen Zeit dort und hat noch mehr Erinnerungen?

  207. Hallo hier schreibt Ursula.
    Mit 10 Jahren, Oktober-November 1963, wurde ich für 6 Wochen nach Bad Sooden-Allendorf in das Kinderkurheim Werraland in Hessen verschickt. Für mich war es grauenhaft. Gerne hätte ich Kontakt zu jemanden, der dort zeitgleich in der Kinderverschickung war.
    Mein Mädchenname: Ursula Pokrant geb. 22.04.1953 in Hartum, Kreis Minden-Lübbecke, NRW.
    An die Zugfahrt habe ich keine bewusste Erinnerung, nur ein schlechtes Gefühl. Bis heute fahre ich nur sehr ungern weg und bin lieber zu Hause. Schlaflose Nächte und Albträume sind lange geblieben. erinnern kann ich mich, dass ich den Film “Der Schatz im Silbersee” irgendwo dort gesehen habe. Wenn der Film im Fernsehen gezeigt wird oder ich etwas über ihn in der Zeitung lese, bekomme ich heute noch ganz unangenehme Gefühle.
    Ganz stark habe ich gestottert und ich war sehr schüchtern. Meine Mutter zu Hause war schwer krank, ohne Aussicht auf Besserung, daher hatte ich so viel Angst. Ich musste jeden Morgen auf die Waage: zu wenig Gewicht. Weil ich nicht zunahm, musste ich morgens 2 Teller Haferschleim essen.
    Es gab einen großen Schlafsaal, nur schlafen konnte ich dort nicht. Diese Geräusche aus der Zeit lassen mich auch heute nicht los. Daher kann ich nicht gut mit vielen Menschen zusammen sein und Nähe sowie manche Geräusche und Gerüche nicht ertragen. Auch heute habe ich immer noch ein Problem, wenn ich zur Toilette muss und andere Menschen in der Nähe sind, daher meide ich öffentliche Toiletten.
    Die Post an meine Eltern wurde kontrolliert und nur abgeschickt, wenn ich geschrieben habe, dass es mir in dem Heim gut geht. Päckchen von zu Hause kamen offen bei mir an und die Post wurde gelesen. Der Umgang der sogenannten „Tanten“ mit uns Kindern war unfreundlich, erniedrigend und strafend. Die Räume und das Wasser waren dauerhaft sehr kalt. Mein Heimweh war unendlich groß. Das setzte sich in den weiteren Schuljahren fort, Schulausflüge mit Übernachtung waren ein Albtraum und ich habe immer nur geweint.
    Durch den Tod von John F. Kennedy am 22.11.1963 weiß ich, dass ich zu der Zeit in dem Heim war. Dieser Mordanschlag wurde uns Kindern ganz entsetzlich und angstbesetzt mitgeteilt. Ich hatte große Angst, nicht mehr nach Hause zu kommen, diese Panik ist bis heute in vielen Situationen geblieben.
    Ich erinnere mich heute noch an einen Jungen aus Braunschweig: Gerd Schmidt. Er hat mir oft geholfen, wenn es mir so schlecht ging, den Namen habe ich nicht vergessen, viele Jahre hatte ich zu ihm keinen Kontakt. 2020 habe ich Gerd Schmidt wiedergefunden, ein positiver Aspekt.
    Ursula Laschewski

  208. Hallo Frau Röhl,
    ich war als neunjährige in den großen Ferien des Jahres 1972 nach meinen Erinnerungen in einem Erholungsheim in Aalen-Wasseralfingen, was mir nunmehr mein Bruder auch bestätigt hat. Dort habe ich wegen meines schlimmen Heimwehs Beruhigungstropfen und Tabletten bekommen. Man sagte zu mir, “dann musst du nicht mehr so viel weinen”, doch das stimmte leider nicht und auch meine Traurigkeit ging deshalb nicht weg. Ich bin in dieses Erholungsheim gekommen, weil ich untergewichtig war und zunehmen sollte, doch die viele Heulerei war jedoch kontraproduktiv. Mir ging es dort nicht gut, wir durften auch nur einmal in der Woche unter Aufsicht nach Hause telefonieren. Ich sehe heute noch vor meinem geistigen Auge, das schwarze Telefon mit der Wählscheibe. Wie das Erholungsheim hieß und wer der Träger war, konnte ich bisher nicht herausfinden.
    Vielleicht ließt das ja jemand der das noch weiß.

  209. Ich madchen 6 j alt mit der kinderlandverschickung in 1941 und.
    1943 aus Woerden Holland nach waltershausen in Thüringen bin da in 43 von opa sexuel misbracht worden.Mein vater war NSB.Ich habe Niemals meine eltern Davon erzahlt werkgroep. Herkenning hilft. auch nicht weil es Nazi zeit war

  210. Sehr geehrter Frau Röhl, auch gehöre zu den Kindern die in Kinderkur verschickt worden sind. Ich war in den Jahren 1970/71 in Bad Sassendorf und später 1972/73noch einmal in Niendorf /Ostsee. Die Jahreszeiten habe ich nicht mehr so genau im Gedächtnis. Ich war 9 oder Zehn Jahre alt als ich nach Bad Sassendorf kam.Ein oder zweil Jahre später dann nach Niendorf. Auch ich habe wie so viele Kinder, negatives erleben müssen. Ich habe noch zwei Gruppenfotos aus der Zeit in Niendorf. Diese beiden Bilder möchte ich Ihnen zukommen lassen. Vielleicht erkennt sich die eine oder andere von den Mädels, die damals mit mir zusammen an der Ostsee /Timmendorfer -Strand gewesen sind.Gibt es eine Adresse wohin ich die Bilder schicken kann? Mit herzlichen Grüßen Heike.

    1. Liebe Heike,
      ich finde Deinen Eintrag hier eben zufällig. Auch ich war in Bad Sassendorf, im Frühjahr 1973. Kennst Du die geschlossene Gruppe der Verschickungskinder Deutschland bei facebook. Diese Gruppe ist aus der Initiative der Verschickungskinder von Anja Röhl entstanden. Guck da doch auch mal rein (https://www.facebook.com/groups/528366034431263) und auf die website von Anja (www.verschickungsheime.de).
      Liebe Grüße
      Meike

  211. War jemand im Jugendkurheim St. Ursula in Winterberg? Ich war ca. 1980/81 für vier Wochen dort. Diesen Aufenthalt habe ich nie vergessen, ich weiß noch, dass ich mich schrecklich dort gefühlt habe. Ich glaube, meine Eltern haben mich damals zum Abnehmen dort hingeschickt, der Kontakt entstand über die Caritas, und sie haben mir sicher damit was Gutes tun wollen, aber es waren schreckliche vier Wochen. Man musste täglich Mittagsschlaf halten, es wurden Päckchen kontrolliert, katholische Mädchen MUSSTEN am Gottesdienst teilnehmen. Ich kann mich an ein Mädchen, das zur selben Zeit dort war, erinnern, die sich selbst erwürgen wollte. Eine andere hat mich bedroht, warum, weiß ich nicht mehr, wieder eine andere hat mich bestohlen. Es gab eine Schwester Agnes und eine Schwester Ancilla, vielleicht kann sich ja noch jemand erinnern? Außerdem erinnere ich mich an eine Mitarbeitern/Erzieherin, die “Fräulein Bethke” oder ähnlich hieß.

  212. Guten Tag,
    ich war ca. 1965 zur Verschickung in Plön. Die Verschickung fand über HDW oder die sogenannte Mütterberatungsstelle in Kiel statt. Da ich erst 5 Jahre alt war, weiß ich nicht mehr, wo genau in Plön das war. Kann mir da jemand weiterhelfen?
    Ich weiß nur, dass der Aufenthalt für mich sehr schlimm und gruselig war. Die Betreuerrinnen waren bösartig und absolut empathielos. Mein Geburtstagspaket wurde mir nicht übergeben, ich wurde eiskalt abgeduscht weil ich Nachts in Bett gemacht hatte, Essen musste unter Würgen aufgegessen werden, etc.
    Es würde hier, wie bei vielen den Rahmen sprengen noch mehr darüber zu erzählen. Was ich aber gern machen würde, wenn es interessiert.
    Nun hoffe ich, mir kann jemand auf meine Frage antworten, damit ich mir den Ort des Grauen nochmal anschauen kann.
    Vielen Dank und herzliche Grüße

  213. Sehr geehrte Fau Röhl,

    habe soeben Ihren Beitrag über Verschickungskinder im NDR-Fernsehen gesehen. Mein Impuls zum Ansehen der Sendung lag in meiner Erinnerung begründet, dass meine damals beste Freundin aufgrund Ihres Untergewichtes und – so vermute ich, ihrer Hyperaktivität, die ihre Mutter überfordert hat – verschickt wurde und von dort nach einer Verlängerung ihres Aufenthaltes an der Nord- oder Ostsee leicht übergewichtig und für mich als Vorschulkind merklich mental verändert wieder nach Hause kam.
    Die in Ihrem Fernsehbeitrag geschilderten Erziehungsmaßnahmen habe ich damals aber auch ganz ohne Kinderverschickung zu Hause durch meine Mutter erleben “dürfen”, die selbstwährend der Nazizeit herangewachsen ist: Brechung des Kinderwillens durch Einsperren im dunklen Badezimmer, langes Sitzen vor dem Teller Suppe mit “den guten Wurzeln aus dem Schrebergarten”, die mich jedes Mal zum Erbrechen brachten, Schlägen mit dem Teppichklopfer und noch Schlimmeres. Ich erkläre mir das ebenfalls so – wie einge Protagonistin in Ihrem Film – damit, dass “es damals eine andere Zeit war”, meine Mutter als Heranwachsende in der Nazizeit sozialisiert wurde, sie selbst unter den damals geltenden Erziehungsmethoden gelitten hat und ehemalige Nazischergen in den Erziehungsheimen der 60er und 70er Jahre eine neue berufliche Verwendung gefunden hatten. Meine Kindheitserlebnisse haben sich auf mein ganzes Leben weiter ausgewirkt und wirken noch nach. Deshalb fand ich Ihren Filmbeitrag im NDR-Fernsehen sehr wichtig, würde mir aber auch wünschen, dass sich die Betrachtung der damaligen Erziehungsmethoden und die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit nicht auf die bloße KInderlandverschickung beschränkt.

  214. Ich war mit einigen Kindern aus meinem Wohnort, alle zwischen 8 und 14 Jahren, 1964 im Kinderheim Dr. Drenckhahn in St. Peter Ording. Es hat uns allen nach dem ersten Heimweh dort gut gefallen. Das Essen war gut, vor allem an die Puddingsuppe und die Dörrobstsuppe kann ich mich gut erinnern, weil sie mir gut geschmeckt haben. Wir wurden gut von Fräulein Frauke betreut. Es gab keine Bestrafungen oder Schikanen. Also es gab auch gute Heime mit guter Betreuung. Leider kann ich mich nicht mehr an alles erinnern.

    1. Hallo Frau Pfefferle,
      Gab es in dem Kinderheim ein Nebengebäude , das das Weberhäuschen hieß ?
      Ich war mit meiner Schwester 1966 in St. Peter Ording, kann mich allerdings nicht an das Heim erinnern, nur das wir auch eine Betreuerin hatten die Frauke hieß und an die Puddingsuppe kann ich mich erinnern. Allerdings habe ich eine negativer Erfahrungen gemacht.
      Gruß
      Anna

  215. Ich wurde 1975/76 vom Bahnhof in Schwäbisch Gmünd mit einem Bus in die Berge bzw. ländliche Gegend verschickt. Vielleicht wurde ja auch jemand von Aalen, Schorndorf ,Göppingen oder von der Umgebung dorthin verschickt worden, oder kennt jemand der da war oder sogar einen Ort oder eine Adresse hat Vielen Dank.

  216. Hallo,
    auch ich wurde 1975 als 5 jährige nach Amrum Wittdün verschickt.
    Ich wurde mit anderen Verschickungskinder am Hamburger Hauptbahnhof in den Zug gesetzt. Eine ältere Dame begleitete uns während der Zugfahrt.
    Mein Vater hatte vor der Abfahrt noch Fotos gemacht…das sind die einzigen Bilder die ich aus der Zeit kenne.
    Ich kann mich nicht mehr an die Zugfahrt erinnern noch wie ich auf Amrum angekommen noch in welchem Kurheim ich gewesen bin.
    Ich weiss, dass ich in der Nacht furchtbares Heimweh hatte und elendig geweint habe. Eine Erwachsene war bei mir und sagte mir, jetzt könnte ich nicht nach Hause in der Nacht würden keine Fähren mehr fahren.
    Ich habe keinerlei Erinnerungen an Gesichter, Personen oder Kurfreundinnen.
    Erinnerung Speisesaal…es gab Kaiserschmarrn oder warmer Kuchen mit Vanillesauce.
    Obwohl ich nur bruchstückhafte Erinnerungen habe, war das Gefühl von eingesperrt sein gegenwärtig. Ein Ausflug verstärkte das Gefühl, wir mussten in einer Reihe Hand in Hand zu zweit gehen. Als uns eine Reiterin entgegenritt war mein verzweifelter Wunsch ich würde dort auf dem Pferd sitzen und einfach davonreiten von dieser Insel. Meine letzte Erinnerung, ich bin mit einigen Mädchen beim Umziehen. Der Raum wirkt klein, eine schmale Treppe führt nach oben, vielleicht eine Art Kleiderzimmer, wo unsere Kleidung aufbewahrt wird. Wir fangen an uns gegenseitig durch zu kitzeln, lachen und sind ausgelassen. Die Tür oben geht auf und ein Schäferhund eilt die Treppe hinunter dahinter eine Frau. Sie ist wütend und gibt mir eine Ohrfeige.
    Das ist alles woran ich mich erinnern kann. Die Rückreise und das Wiedersehen mit meiner Mutter liegt im Dunkeln. Meine Mutter hat mir sehr viel später einmal erzählt, dass ich total verändert wieder gekommen bin. Ich habe nichts erzählt und hätte auch mit meiner Mutter nicht sprechen wollen.
    Bis heute habe ich mit Ängsten zu tun…

  217. Hallo guten Tag,
    Ich war 1964 als 7jähriger 6 Wochen zur Kindererholung im Adolfinenheim in Borkum.
    Auf der Hinfahrt von Köln war ich noch frohen Mutes, weil mein 6 Jahre älterer
    Bruder vorher schon in Borkum zur Kindererholung war und nichts negatives
    erzählt hatte. — er war aber nicht im Adolfinenheim, er war im “Kinderkurheim
    Santa Maria“ .
    Ich kann auch nichts positives vom Adolfinenheim berichten, das Essen war
    “ungewöhnlich“ , (bähhh)
    Milchsuppe in allen Variationen und auch oft zerkochten Kochfisch ; bis heute hab‘
    ich ein Grauen vor beidem…..
    Beim Essen durfte man nicht aufstehen, auch nicht zur Toilette. Wenn sich einer
    der Kinder dann am Tisch übergeben hatte, musste er das unter Zwang wieder in
    sich „reinstopfen“. –Aufessen musste man sowieso, sonst gab‘ Ohrfeigen–
    An zwei Namen der Betreuerinnen kann ich mich noch erinnern, “Tante Eva“ , sie war schon etwas älter und lief fast immer mit Mundorgel/Gesangbuch durchs Haus.
    Dann “Tante Ute“ , noch relativ jung, sie hatte eine sadistische Freude daran, wegen
    unbedeutender Nichtigkeiten kleinen Jungs den nackten Po zu versohlen.
    Alle anderen mussten sich dann umdrehen, wer erwischt wurde, dass er dorthin schaute,
    war das nächste Opfer.
    Nach 5 Wochen wurden wir untersucht und gewogen, ich hatte nicht zugenommen, was
    dort ja das oberste Ziel war ; im Gegenteil ich hatte ein halbes Pfund abgenommen.
    Man “drohte“ mir 4 Wochen Nachkur an, weil ich nicht zugenommen hatte.
    Die nächsten Nächte hab‘ ich nicht geschlafen, nur geweint. -Und beim
    Essen dann, trotz Ekel, versucht, so viel wie möglich in mich reinzustopfen, um zuzunehmen.
    Bin dann zum Glück ohne Nachkur nach 6 Wochen nach Hause gekommen.
    Nach der Rückkehr konnte ich mich über die Zeit in Borkum bei meinen Eltern
    leider auch nicht beklagen, sie waren zwar liebevolle fürsorgliche Eltern aber noch vom
    “alten Schlag“ mit der Einstellung “ein bisschen Zucht und Ordnung hat noch niemandem
    geschadet“.

    Ich war danach noch 2 mal in Kindererholung , in Bayern.

    1966 in Bühl/Alpsee im “Jugendkurheim St.Michael“,
    das war OK, wir wurden ordentlich behandelt und das Essen war OK,
    es war Sommer und wir durften oft im Alpsee baden/schwimmen gehen.

    1971 war ich in Murnau/Staffelsee im “Jugendkurheim Hochried“ ,
    das war auch OK, wir wurden gut behandelt und das Essen war gut.
    Es war ein strammer kalter Winter mit sehr viel Schnee, wir sind fast jeden
    Tag Schlitten gefahren, — für ein Stadtkind aus Köln ein Traum–!

  218. Hallo,
    ich war mit 2 1/2 Jahren auf der Insel Nordeney in Kur wegen Bronchitis.
    Seit dem bekam ich immer gesagt, ich dürfe mich niemals Impfen lassen.
    Das wäre für mich zu gefährlich. Bei der Schluckimpfung wurde ich vom Arzt aus dem Klassenzimmer geschickt. Ich weiß bis heute den Grund nicht. Das Gesundheitsamt konnte mir auch keine Auskunft geben. Vielleicht gibt es einen, der das gleiche Problem hat. Leider finde ich meine Karte vom Heim nicht mehr.

    1. Das ist seltsam, lässt darauf schließen, dass Sie dort geimpft wurden und eine Impfreaktion entwickelt haben. In den Verschickungsheimen fanden Testungen mit Impfstoffen statt, man testete die Dosierung. Wichtig, dem nachzugehen!

    2. Eventuell wurde mit Ihnen dort ein Impfversuch vorgenommen, wir haben Belege darüber, dass in Verschickungs-Kinderheimen sowas gemacht wurde, es wurde experimentiert mit Impfungen an Kindern, die man bis dahin nur an Tieren “ausprobiert” hatte. Vielleicht wurde ihnen eine zu hohe Dosis verabreicht, vielleicht haben sie mit einem Schock reagiert. Ich würde dieses Gebot von heute aus stark anzweifeln, denn alle Impfungen enthalten ja andere Elemente, ich würde mich aber an Ihrer Stelle darüber unbedingt mal mit einem Arzt ihres Vertrauens beraten. Verlangen Sie von ihrer Krankenkasse darüber eine Auskunft, es kann nicht sein, dass selbst Ihre lehrer etwas wussten, was Ihnen selbst bis heute nicht zugänglich ist.

  219. Hallo Frau Röhl,

    die Berichte hier überraschen und schockieren mich, denn ich kann das so überhaupt nicht bestätigen !
    Ich war in meiner Kindheit mit meiner Schwester 2 mal in Kindererholungsheimen. Einmal in Travemünde-Niendorf und einmal in St. Peter Ording – dort wurden wir etwa 1978 im Kinderkurheim Quisisana untergebracht.
    An ein paar Dinge kann ich mich noch erinnern, aber an nichts Schlimmes. Qualen und Folter hatten wir nicht erlebt.

    Bei der Ankunft wurde alles erst mal erklärt und natürlich waren wir und auch andere Kinder erst mal traurig, dass die Eltern weg waren. Das ging dann aber mit der Zeit. Es war alles recht gut organisiert und neben Ausflügen gab es auch wöchentlich einen Spiele- und einen Schreibtag. Ein Zimmernachbar hatte mir Schach beigebracht, ein anderer konnte Klavier spielen und durfte das Klavier im Gemeinschaftsraum auch nutzen.

    Auch das Essen war gar nicht sooo schlecht. Etwas anders als gewohnt, aber reichlich und Rote Grütze mit Vanillepudding kannte ich bis dahin noch gar nicht. An einem Mittag hatte mal jemand mit Sauerkraut auf mich “geschossen”, da hab ich dann zurück gefeuert, was leider daneben ging. Dann hatte plötzlich der halbe Saal mit Essen auf den Gabeln um sich geschossen. Im Nachhinein war das sehr lustig, aber auch hier wurde keiner grossartig bestraft oder gar gequält !

    Ein Kind dort hatte aber trotzdem sehr gelitten. Ein Junge mit einem Hautproblem, einer Art Ekzem am ganzen Körper und er musste täglich gebadet werden, damit sich das nicht weiter entzündet. Der hatte bei diesem Bad immer vor Schmerzen geschrien. Ich hatte ihn sogar mal dazu befragt und er sagte, dass dieses Bad notwendig sei, damit das besser wird. Den Geruch von diesem Bad würde ich jederzeit wieder erkennen. Gewalteinwirkung oder Ähnliches waren aber auch hier auf keinen Fall im Spiel !

    Wir hatten öfters einen Strandspaziergang gemacht, Muscheln gesammelt, einmal einen Leuchtturm besucht und auch sonst war irgendwie immer etwas geboten. In der Summe betrachtet, hat mir und meiner Schwester der Aufenthalt nicht geschadet, sondern eher bereichert und unsere Selbstständigkeit ein wenig gefördert.

    Michael

  220. Ich habe schon mehrfach Berichte über diese schrecklichen Vorkommnisse gesehen und bin immer wieder schockiert und erschüttert.
    Eine Frage beschäftigt mich nach wie vor. In den Reportagen hört man nichts darüber, ob die betroffenen Kinder sich nicht ihren Eltern anvertraut und darüber gesprochen haben, was mit ihnen passiert ist. Die Eltern müssten doch bemerkt haben, dass ihre Kinder verändert zurückgekommen sind. Dazu würde ich gerne ernsthaft etwas erfahren.
    Mit freundlichen Grüßen, Martina Köhler

    1. Vielen wurde wohl schlicht nicht geglaubt.
      Andere hatten erst Jahre später den Mut, darüber zu sprechen.
      Die Erfahrung, dass die eigenen Empfindungen keinerlei Bedeutung für Andere haben, war zu tief.
      Viele waren auch so traumatisiert, dass sie die Erinnerungen für Jahrzehnte weggesperrt haben in einen Winkel des Gehirns, zu dem sie selbst keinen Zugang hatten.
      Bei mir war es so, dass es meine Eltern schlicht auch gar nicht interessiert hätte. Sie hätten mir gar nicht zugehört und mich schon gar nicht ernst genommen.
      Erst jetzt, mit 63 Jahren, 54 Jahre und einige Therapien später, fange ich an, mich zu erinnern und sehe endlich, dass es nicht meine Schuld ist, dass so vieles in meinem Leben schief gegangen ist.

  221. Ich bin 1962 im Alter von drei Jahren zusammen mit meinen beiden Schwestern (6 und 8 Jahre) nach Roggenzell im Allgäu in ein Kinderheim zur Erholung verschickt worden. Es geschah auf Anraten unseres Hausarztes, obwohl ich ein fröhliches und gesundes Kind war, wie man auf einigen Fotos von damals sehen kann. Angeblich sollte damit meine Mutter entlastet werden. Ich kann meine Eltern bis heute nicht verstehen, dass sie mich in diesem schutzbedürftigen Alter für die Dauer von 6 Wochen in eine fremde Welt geschickt haben. Was dann in den Wochen in Roggenzell passierte, hatte allerdings noch einmal eine ganz andere Qualität.

    Ich war das jüngste aller Kinder im Heim, alle anderen waren mindestens schon Schulkinder. Der Horror für mich begann am ersten Abend, als wir zum Schlafen in unsere Bettchen mußten. Ich wurde zu wildfremden Jungen im Schlafsaal gelegt, ich durfte nicht bei meiner 8 jährigen Schwester bleiben, die in der kalten Ferne für mich der Mutter-Ersatz war. Ich wurde mit Gewalt von ihr getrennt und in mein Bett zu den Jungen gelegt. So einsam wie in diesem Moment habe ich mich mein Leben lang nicht gefühlt. Meine Schwester sagt, dass ich unglaublich geschrien habe und es nicht gelang mich zu beruhigen.

    Die Betreuerinnen in dem Heim waren katholische Schwestern, die für mich zuständige war die Schwester Ingrid. Sie hat mein Schreien mit einem Kissen erstickt, und das Abend für Abend. Bei den Mahlzeiten wurde ich unter Tränen gezwungen den Teller zu leeren. Meine Schwester sagt, die Schwester Ingrid hätte mich gehasst. Das ging etwa 3 Wochen lang so, danach wurde Schwester Ingrid durch eine andere ersetzt. Von da an ging es mir etwas besser, denn ich durfte im Bettchen meiner Schwester schlafen.

    Ich hatte nach der Rückkehr von den “Erholungswochen” einiges an Gewicht verloren und hatte mehrere Jahre keinen Appetit, vor allem konnte ich kein Fleisch essen. Durch den Gewichtsverlust und die mangelhafte Ernährung bekam ich Rachitis, eine Krankheit, die normalerweise in Hungergebieten z.B. in Afrika auftritt. Ich hatte regelmäßig Krampfanfälle und schreckliche Fieberträume, an die ich mich heute noch mit Schrecken erinnere und die meine Eltern damals total überforderten. Ich fühlte immer eine tiefe Schuld in diesen schrecklichen Träumen.

    Auch später, als Jugendlicher habe ich sporadisch immer wieder mal einen dieser Krampanfälle gehabt, die oft in einer Ohnmacht endeten. Die Ärzte konnte nicht feststellen, was die Ursache der Anfälle war.

    Für eine Phase als junger Erwachsener habe ich die Erlebnisse verdrängen können, ich konnte mich auch nicht mehr daran erinnern. Nach ein paar Jahren kamen die Symptome aber zurück, schlimmer als zuvor. Panikattacken, die oft mit einem Kreislaufkollaps endeten. Ich wurde sehr klaustrophobisch, konnte in keinem Fahrstuhl fahren, in keinem Bus oder mit der Bahn. Ich hatte riesige Probleme, vor Menschen zu sprechen. Ich habe mein Studium abgebrochen, als ich es nicht mehr vermeiden konnte, ein Referat zu halten. Ich konnte niemandem in die Augen schauen. Alles das führte dazu, dass ich mich sehr zurück zog.

    Ich war schon über 50 Jahre alt, da kam es durch Zufall zu einem Gespräch mit meiner Schwester zu dem Thema Erholung in Roggenzell. Sie erzählte mir, was damals alles passiert war und wie es mir ergangen war. Sie war ja damals schon 8 Jahre und konnte sich noch sehr gut an alle Details erinnern. Mit einem Schlag waren all diese Erinnerungen wieder da und mir wurde klar, woher meine Problem kommen.

    Interessant ist, was meine (heute noch lebende Mutter) dazu sagt: in Telefonaten mit der besagten Schwester Ingrid, wurde ihr versichert, dass es uns allen sehr gut ging. Briefe meiner Schwester nach Hause wurden kontrolliert und ihr wurde verboten, von den Vorfällen zu berichten. Mein Eltern erfuhren davon erst nach unserer Rückkehr.

    Heute ist mir klar, dass ich damals mein Grundvertrauen in die Welt verloren habe. Ich habe es bis heute nicht mehr vollständig zurück erlangt, was u.a. auch zur Folge hat, dass alle meine Beziehungen zu Frauen schief gegangen sind. Ich konnte kein Vertrauen aufbringen und habe damit meine Partnerinnen immer wieder überfordert. Langjährige Therapien haben es mir ermöglicht, halbwegs mit meinen Problem klar zu kommen. Ich bin mir sicher, wenn ich die Erfahrungen in Roggenzell nicht gemacht hätte, wäre mein Leben anders verlaufen.

    Ich habe schon daran gedacht, die Schwester Ingrid einmal ausfindig zu machen und sie damit zu konfrontieren, was sie bei mir angerichtet hat. Es könnte sein, dass sie noch lebt, denn nach Auskunft meiner Schwester war sie damals eine junge Frau. Irgendetwas hält mich davon ab, vielleicht sehe ich einfach keinen Sinn darin. Es würde im Grunde nichts von alldem wieder gut machen können.

  222. Auch ich würde als Kind verschickt. Ich kam nach Ratzenried. Das Heim war in einer alten Burg/Schloss und wurde von Nonnen geleitet. Ich war ungefähr 6 Jahre ( Jahrgang 1966 )alt und hatte meines Wissens keine körperlichen Beschwerden. Meine Erinnerungen sind nur wage da ich noch sehr klein war. Was sich allerdings in mein Bewusstsein eingeprägt hat, sind die Lieblosigkeiten und Grausamkeiten der Nonnen.
    Ich litt sehr unter meiner Einsamkeit, meiner Hilflosigkeit und meinem Heimweh.
    Ein wenig Trost fand man nur bei den nichtkirchlichen Haushaltsgehilfinnen. Die nahmen einen auch mal in den Arm wenn man weinte.
    An zwei Dinge kann ich mich aber noch recht gut erinnern.
    Bei einer Mahlzeit erbrach sich der Junge der mir gegenüber saß und schob das Erbrochene aus Angst vor den Nonnen, mir unter dem Tisch zu.
    Eine Nonne die bemerkte das zu meinen Füßen Erbrochenes lag und Zwang mich dazu, Diese aufzuessen. Ich habe unter den Leserkommentaren gesehen das es auch andere so ergangen ist. Somit vermute ich, das meine Erinnerung wohl der Wahrheit entspricht.
    Die zweite Erinnerung bezieht sich auf das Bettnässen. In der Burg gab es noch Verließe, in die man musste wenn man ins Bett gemacht hat. Die Angst sich in die Hose zu machen war ein täglicher Begleiter. Ich hatte fast mein ganzes Leben keine Ahnung mehr, wo dieses verfluchte Ratzenried überhaupt war, bis ich mit meiner Familie von Bielefeld nach Ravensburg gezogen bin. Meine Frau und ich beschlossen eine kleine Ausfahrt zu unternehmen um uns die Umgebung anzuschauen. Plötzlich rief meine Frau, schau mal da geht es nach Ratzenried. Ich wahr geschockt und wurde wieder in die Zeit zurückversetzt wie ich als kleiner Junge, 6 Woche unter den Nonnen Terror gelitten habe.
    1976 oder 1977 wurde ich dann noch einmal nach Niendorf geschickt. Hierzu sind meine Erinnerungen allerdings nicht so traumatisch. Keine Nonnen. Ein Glück. Ich weiss nur noch das ich nicht mit meinen Freund, auch aus einer Postlerfamilie, nicht zusammen in die gleich Gruppe durfte. Das hat mich die ersten Wochen sehr traurig gemacht.
    Auch kann ich mich noch daran erinnern das es da so einen grossen Rasenplatz gab, wohl ein Bolzplatz, der an einer oder zwei Seiten durch einen kleinen Wald gesäumt war. Dort taucht immer wieder ein Kerl auf der sich vor den Kindern entblösste auf.
    Tja und an das Lied

    Willst du mal mein Niendorf sehen, Faria Faria Ho
    Musst du erst zu Doktor gehen Faria usw
    Der verschreibt dir nen Krankenschein
    für das Hamburger Kinderheim
    Faria usw

    Mittagsschlaf ist großer Mist Faria usw
    weil da eine Wache ist Faria usw
    machst du mal die Äuglein auf
    kommt die Wache im Dauerlauf
    Faria usw

    Ich kann mir gut vorstellen, das dieser Song so manchen Leuten auf immer und ewig eingeprägt bleibt.

  223. Ich war 1971 für 6 Wochen in Wessobrunn/Oberbayern. Vergessen kann ich es nie. Gemeinsam mit zwei Freundinnen und vielen anderen Kindern wurden wir von Heidelberg mit dem Bus dorthin gefahren. Unsere Verschickung wurde durch den Caritasverband organisiert. Dort angekommen gab es zum Vesper Ziegenmilch und Butterbrote. Ich ekelte mich vor der Milch. Natürlich musste ich sie trinken. Der Schlafsaal war ein Ort des Grauens. Besonders schlimm waren die Totenabbildungen von einer Kreuzigung an der Decke. Keine Kunst sondern nur Horror. Nach dem Essen wurde ein Mittagsschlaf gemacht. Toilettengang war nicht möglich. Nach dem Mittagsschlaf durfte man nicht sofort auf die Toilette. Man musste warten bis die Gruppe aufgerufen wurde. Das war mein Pech. Ich flehte die Nonne an mich auf die Toilette zu lassen. Doch ich musste warten bis meine Gruppe an der Reihe war. Zu spät. Ich fühlte mich sehr gedemütigt. Natürlich musste ich selbst alles wegputzen. Meine Freundin und ich waren etwas pummelig. Also mussten wir abnehmen. An das Essen kann ich mich nicht mehr erinnern, aber wir wurden ständig gewogen und mussten wöchentlich ins Krankenzimmer. Dort wurde uns Blut abgenommen und so weit ich mich erinnern kann, wurde uns auch etwas gespritzt. Auch bekamen wir ein riesiges Glas mit “Traubenzuckerlösung”, das erzählte man uns so. Die Nonnen auf der Krankenstation waren die angenehmsten im ganzen Kloster. Der Rest nur Menschen ohne Lachen. Natürlich wollte ich nach Hause. Aber keine Chance. Die Briefe wurden zensiert. Auf einer Tafel war vorgeschrieben was man zu schreiben hatte. Zum Geburtstag schickten mir meine Eltern ein Päckchen mit Süßigkeiten. Natürlich bekam ich nichts davon, ich war ja zu dick. Aber es gab auch Schönes. Wir machten einen gemeinsamen Ausflug nach Garmisch. Dort besuchten wird die Sprungschanze , den Eibsee und das Eiszentrum. Auch machten wir eine Wanderung zum Engelsrieder See. Dort durften wir 15 Minuten ins Wasser. Na ja, besser als nichts.
    Auf alle Fälle war ich froh als die 6 Wochen vorbei waren. Zu Hause angekommen wunderte sich meine Mutter über mein Verhalten. Ich war sehr ruhig geworden und beängstigend höflich. Natürlich erzählte ich alles meinen Eltern aber “Schwestertanten” sind lieb und machen so etwas nicht.

    1. Liebe Monika, es gibt bei uns(www.verschickungsheime.de) schon eine Gruppe zu Wessobrunn, Birgit würde sich freuen, wenn du dich bei ihr meldest, sie bat mich, dir ihre Adresse zu schicken: Verschickung-wessobrunn@gmx.de, viel Erfolg! Und komme gern zu unserem Kongress im September!

  224. Sabine R.

    Ich war 1984 in Nienhagen im Heim. Es war Unerträglich.
    Im Badezimmer war eine große Holztreppe, die in die Badewanne führte. Die Kinder wurden in Sekundentakt dort reingestellt und mit Wasser übergossen.
    Wir standen in einer Reihe, nackt. Die Kinder in der Reihe weinten vor Angst. Das Wasser war viel zu heiß. Alle Kinder, die bereits diese Tortur bewältigt hatten, waren von Kopf bis Fuß rot. Danach, in einem weiteren Raum, saß eine Frau auf der Bank. Sie zog die Kinder am Arm und legte sie über ihren Schoß. Dann cremte sie die Kinder, die blauen Popos ein. Blau geschlagen. Jedes Kind. Anschließend wurde gegessen. Auch da würde man gezwungen und die Pflicht zu gehorchen. Sie schlugen uns auf den Hinterkopf oder rückten uns gerade zum Sitzen. Die Hände neben dem Teller. Sie ließen nicht ab. Ich war 3 1/2 Jahre. Anschließend im Bett, sofort Ruhe. Im Zimmer ein großer Sessel mit Lehne. Wenn wir nicht leise waren, viele weinten, wurden die Kinder am Arm aus dem Bett gezogen. Über die Lehne vom Sessel gelegt und mit Stock oder Hand auf dem po verhauen.
    Am Tag, wenn man eingepullert hat, wurde man nackt auf die Fensterbank gestellt. Direkt an der Straße. Lange musste man stehen und nicht weinen. Mehrmals wurde ich mit anderen Kindern zu einem Auto gebracht. Das brachte uns wohin. Als wir angekommen waren, in ein Zimmer gebracht mit Männern. Jeder musste sich auf den Schoß von jemandem setzen. Es gab Cola. Dann schlief ich ein und wachte erst wieder in meinem Bett im Heim auf. Sehr schwere Bauchschmerzen hatte ich immer hinterher. Es wurde keine Rücksicht genommen.
    Ich kam nach vielen Monaten in ein anderes heim. Mir wurde erzählt, das das Heim aufgrund von Mißhandlungen geschlossen wurde.

    Ich habe psychische Probleme und kann mein Leben nicht gesund leben. Bekomme keine Entschädigung.

    Nach dem Heim auch keine psychologische Aufarbeitung. Nichts. Leb damit.

    1. Nienhagen ist ja ein Kurheim in der DDR, falls du Kontakt haben möchtest mit anderen DDR-Kurkindern, kannst du dazu etwas auf unserer Webseite finden: http://www.verschickungsheime.de, unter Kontakten im Menü findest du die Arbeistgruppe DDR Kurkinder, viel Erfolg bei der Aufarbeitung, jede Erinnerung ist ein wichtiger Puzzelstein!

  225. Liebe Frau Röhl! War in Röt im Murgtal in so einem Heim!Das muß 1955 oder 56 gewesen sein!Mußten das erbrochene im Teller aufessen oder sich auf den kalten Steinboden im Waschraum ohne Strümpfe Stundenlang stellen!Ohrfeigen gab es jeden Tag!Wir hatten als Kleinkinder Angst!War ca 6 Wochen in den sogenannten Erholungsheim!Der Grund war Unterernährung!Bekamen als Kind keine Vitamine und wenig zu Essen!Mein Vater war arbeitslos und wir hatten wenig Geld!Deshalb wollten meine Eltern wahrscheinlich mir etwas Gutes tun und wanden sich an die AOK oder Arbeiterwohlfahrt!Kann meine Eltern leider nicht mehr fragen ,da sie schon verstorben sind!Ich bin 1951 geboren und habe heute noch Aplpträume von der schlimmen Zeit!

    1. Hallo Wolfgang, 1963 bin ich im November als fast 8-jähriger nach Röt gekommen.
      Ich war vom 09.11. bis 21.12.1963 dort.
      Warum ich das weiß? Ich bin am 21.12.1963 in Nürnberg von meinen Eltern und Geschwistern abgeholt worden und wir waren dann auf dem Christkindlmarkt – ein Traum. Und am nächsten Tag feierte ich , endlich zu Hause, meinen achten Geburtstag.

      Wieso schreibe ich erst jetzt? Gerade habe ich den ersten Teil des Schwarzwaldkrimis gesehen. Ich merkte, wie Erinnerungen an meine 6 Wochen im Haus am Berg plötzlich hochkamen. Die Abholung in Würzburg von einer riesigen Dampflok gezogenem Zug. Ein Herr würde während der Einfahrt mit einer Zeitung aus dem Fenster winken. Dies wäre der Mann, der uns ins Kinderheim mitnehmen würde…..
      Nun lese ich schon über eine Stunde in den Berichten der Kinder und merke, dass ich, wie mein Bruder in Bairisch Gmein vorher ebenfalls, 85 % Übereinstimmung erlebt habe, wie man mit uns umgegangen ist.
      Was mich jetzt brutal wütend macht, ist, wie gleichgültig meine Eltern, besonders meine Mutter, meine Erlebnisse einfach weggewischt hat, das könnte ja gar nicht sein…
      Gerade meine Eltern, die uns Kindern erzählt haben, wie schlimm die Russen und die Amerikaner seien.
      Ich fasse es nicht.
      Meiner Mutter habe ich viel erzählt, fand aber keinen Glauben. Ichzeigte ihr, wie man mit uns im Badezimmer umging. Ich habe ihr, so wie wir es in Röt “gelernt” haben, im Bad mit kaltem Wasser den Rücken gewaschen, worauf ich sofort eine geknallt bekommen habe.
      Natürlich waren meine Erzählungen über meine Zeit im Kinderheim als völlig abwegig bezeichnet und beendet erklärt worden. Meine Wut darüber hat mir den Rest an Vertrauen in meine Eltern genommen, obwohl ich gehofft hatte, im Kinderheim den unberechenbaren Attacken meiner Eltern entkommen zu können.

      Manche Gesichter von Tischgenossen könnte ich vielleicht auf Bildern wiedererkennen.
      War jemand in dieser Zeit dort?
      Wir haben Anfang Dezember das Begräbnis von J.F. Kennedy im Fernsehen geschaut.
      Den auf schwarzem Papier gestickten Weihnachtsengel, den jeder machen musste, habe ich häufig verschickt und viel Lob dafür bekommen. Das wahrscheinlich Einzige, was mich an einen schönen Moment erinnerte.

      Vielleicht kann sich jemand erinnern.

      Liebe Grüße
      Ulli Stolze

  226. Liebe Frau Röhl!
    Ich habe Ihren Beitrag über die NICHT -Sendung des NDR z.B. über das DRK Verschickungsheim auf Amrum gelesen.
    Ich war damals ca. 5-6 Jahre alt, als ich dort im DRK Heim gewesen bin (Jahrgang Sept. 1947). Für mich gilt diese Insel immer noch als Verbannungsort. – Ich habe nur wenige Erinnerungen an diese Zeit, außer 1.) das ich stundenlang im Speiseraum sitzen musste, weil ich das Essen nicht mochte & das ich 2.) auf der Krankenstation war und es einmal mittags Kartoffeln mit Schweinefleisch in Aspik ab, wo noch die Borsten herausschauten! Ich war mutig genug, dieses Aspik im hohen Bogen aus dem Fenster zu werfen!
    Wenn Sie wissen, wann dieser NDR Beitrag gesendet wird, würde ich mich über eine kleine Info sehr freuen. – Wünsche Ihnen ein gutes Händchen bei den weiteren Recherchen.
    Mit freundlichem Gruß
    Claus Baumgarten (ich stehe zu meinen Angaben und Namen!9

  227. Jürgen Lenz. Die Berichte und Kommentar, die ich (zufällig) entdeckt habe lassen vermuten, dass ich im selben Heim (Kinderverschickung) auf Wittdün war. Ich suche eine Astrid. Sie war in 1964 (muss im Fj. vor meiner Einschulung gewesen sein) auch mit dabei (vermutllicher Jahrgang so um 1950). Einige Berichte zeigen mir, dass der Aufenthalt für die Berichtenden ein Horror war. Ich hab’s so nur am Abend der Ankuft erlebt. Die “restliche” Zeit war für mich aber eine gute. Dazu hat sicherlich “Astrid” beigetragen. Irgendwie war ihre Nähe eine heilsame und ich fühlte mich (rd. 60 Jahre später) immer noch behütet und bewahrt. Ein weiteres Stichwort, das bei/m dem/der anderen eine Verbindung schafft ist “Schwester Wilduda” eine strenge Betreuerin – eher Bewacherin/Wächterin – ist mir noch in Erinnerung. Herzliche Grüße an alle. Ich würde mich sehr freuen, wenn ein Kommentar/Info zurückkommt.

  228. Info: Ich bin Jahrgang 1957.
    Info: Es gab zum Abschied ein Foto-Leporello. Das waren sämtlich Teilnehmer abgebildet. Hat das noch jemand? Ich würde darauf Astrid sofort wiedererkennen.

  229. “Kinderheilstätte Altburghaus, Huntlosen”.
    Ein Vater schrieb im September 1945 aus dem bisherigen “NSV Kindererholungsheim Bremen” (Im Borntal, Bad Sachsa) an seinen Sohn in der “Kinderheilstätte Altburghaus” in Huntlosen. Zu dem “Altburghaus” kann ich bisher nichts finden – können Sie mir helfen?

  230. Ich wurde mit 6 Jahren eingeschult, also war ich sechs (1977) als ich wegen Asthma sechs Wochen zur Kur nach Sangt Peter Ording musste. (Na ja, als Geschichte geschrieben)
    Es war einmal vor 45 Jahren, da gab es einen Jungen, der musste wegen seines Asthmas in Kur nach Sangt Peter Ording. Das Kurhaus ist mir nicht mehr bekannt. Nicht das er schon alleine dort angekommen ist, denn seine Mutter musste ihn am vorletzten Bahnhof zurück lassen, wollte er wenigstens seinem Affen (Teddybär) das Gesicht einkremen, da dies in der ersten Nacht geschah und er mit den anderen Jungen im Zimmer nicht schlafen konnte kam die Schwester und mahnte alle ins Bett und nahm dem Jungen den Affen ab, der Junge sah den Affen nie wieder. Der Junge war 6 Jahre und hatte noch keine Kinderkrankheiten aber in den 6 Wochen Aufenthalt in der Kurklinik bekam er die Masern und wurde von den anderen isoliert, ein, zwei Wochen. Währenddessen haben alle Ausflüge gemacht und waren auch einkaufen, sogar extra Geld dafür mitgebracht um ein Souvenir von der Nord-See mit nachhause zu nehmen, aber zum Einkaufen konnte er nicht mit, da er Krank isoliert war. Er sah den anderen Draußen beim Spielen durch das Fenster seines Zimmers zu und vor Langeweile hat er sich das Flaschenschiff seines Zimmerfreundes genommen, ohne zu fragen, dass er von ihm nach dem Einkauf gezeigt bekommen hatte. Er baute es auf, stellte ein paar Hocker aufeinander und legte das Flaschenschiff in die Griffmulde des obersten Hockers, damit es nicht herunterrollt und kaputt geht, doch trotz aller Vorsicht fiel es dem Jungen beim zurück räumen aus der Hand oder vom Hocker und es ging kaputt, alle waren sauer auf ihn, die Schwestern und sein Zimmerfreund der nun kein Souvenir mehr hatte, als Ausgleich gab ihm der Junge das Geld das es gekostet hatte. Heute kann sich der nun erwachsene nicht mehr deutlich daran erinnern, keine Erinnerung an, wie er vom Bahnhof zum Kurhaus gekommen ist, Essen, Trinken, Schlafen, Zimmerkameraden, Zimmer, Umgang, Unternehmungen, nur noch an einen Spaziergang oder Wanderung, wo es zu Hageln angefangen hatte (der erste Hagel seines Lebens), die Körner taten sehr weh auf der ungeschützten Haut, im Gesicht, trotz Ölzeug. Alles ganz tief vergraben nur noch Lauras Stern (Lauras Stern, Kinder Sendung, Sandmännchen) erinnerte an das Gefühl der Hilflosigkeit des alleine Seins, der unbändigen Verzweiflung nach Zuhause, nach Mama. Der Junge muss bei Lauras Stern immer weinen. Der nun alte Junge (51) hat dieser Zeit keine Aufmerksamkeit zugeteilt, es war lange zurück und es war halt eben so. Doch nun brachte die Schwester des nun alten Jungen mit der Aussage, dass der Junge seine Mutter bei der Abholung siezte, zum Nachdenken. Alles, das Ganze In sich gekehrte, zurückhaltende, die Bedürftigkeit nach Zuwendung, es allen recht zu machen, das Gefühl nach Draußen gehen zu müssen aber nicht zu können, bloß nicht Auffallen, all dass, aus diesen 6 Wochen? Seit dieser Aussage, liegt ein untröstlicher kleiner Junge in dem alten Jungen, der verzweifelt versuche Trost zu geben und das Gefühl zu geben nie wieder so alleine gelassen zu werden. Und doch ist er nun alleine, fühlt sich nicht zugehörig.

  231. Guten Tag Frau Röhl,

    ich bin 1959er Jahrgang und erlebte vier Kuraufenthalte:
    Im Winter 1967 im Schwarzwald/Caritas Haus Feldberg
    Im Sommer 1970 irgendwo in Franken
    Im Sommer 1972 in Arrach/Bayern
    Im Sommer 1974 irgendwo in Franken.
    Bei den vielen schlimmen Berichten schätze ich mich außerordentlich glücklich, absolut keine solchen Erfahrungen zu teilen und mit allen Aufenthalten mehr oder weniger, immer jedoch positive Erinnerungen zu verbinden.

    Das hilft Betroffenen nicht weiter. Jedoch sagten Sie im Beitrag “Verschickungskinder” dass auch positive Rückmeldungen willkommen seien. Freundliche Grüße und gutes Gelingen mit Ihrer Arbeit.

  232. Liebe Frau Röhl, liebe Mitbetroffene,

    ich habe gestern ein Hörbuch auf WDR5 gehört und mir ist der Atem gestockt. Meine Erinnerungen an die Kinderkur auf Borkum waren wieder da. Ich glaube ich war damals 7 oder 8 Jahre alt und wurde wegen Bronchitis in diese Kur geschickt.
    Der “Trip” startete schon mit einer verängstigten Zugfahrt. Niemand kümmerte sich um uns. Die Stimmung war schrecklich, voll von Angst. Zum Glück hatten meine Eltern mich mit einem anderen Mädchen am Kölner Bahnhof bekannt gemacht mit der ich dann die Zugfahrt einigermaßen gemeistert habe. Eine der schrecklichsten Erinnerung sind die Nächte im Heim, in denen die anderen Kinder sowie auch ich vor Angst und Heimweh geweint haben. Die Betreuerin warnte uns in eine Mülltone zu stecken, wenn wir nicht sofort aufhörten zu weinen. Ab und an nahm sie auch ein Kind mit, zerrte es aus dem Bett, dass nicht zur Ruhe kam. Als Kind sprach man aber nicht darüber, was wirklich mit dem anderen Kind “da draussen” passiert war. Somit wurde die Angst immer größer der Nächste zu sein. Die Nächte waren quasi schlaflos. Ich erinnere mich an die Schritte der Betreuerin, die an den Zimmern auf und ab ging und uns kontrollierte. Und an das rote Licht an der Tür, dass gefühlt einfach nicht ausging. Bettruhe. Toilettenverbot. Dann erinner ich mich, dass wir fast täglich zum Arzt mussten. Uns komplett ausziehen mussten, in die Reihe aufstellen mussten und wie ein Stück “Vieh” untersucht wurden in einem kalten, gefliesten Raum. Ich hatte Angst, dass der Arzt etwas bei mir finden würde. Dass er mich vor den anderen bestrafen würde. Ich glaube wir bekamen da auch Medikamente sowie Spritzen. Gegen was und warum, daran erinner ich mich nicht mehr. Dann musste eine bestimmte Gruppe, zu der auch ich gehörte, in einen “Salzbad-Raum”. Auch wieder alles weiß gefliest. Uns wurde befohlen den Mund geschlossen zu halten. In der Mitte stand ein Wasserbad mit Salz. Wir durften nur durch die Nase atmen, nicht reden. Saßen dort verängstigt im “weißen” Nebel, wussten nicht was mit uns passiert. Der Gedanke war immer nur… ich darf mich nicht bewegen, muss es irgendwie durchstehen. Keine Ahnung, gefühlt waren es Stunden. Das weitere Schlimme war, dass wir nur 1x alle 2 Wochen bei unseren Eltern anrufen durften. Der Anruf durfte nicht allein erfolgen. Eine Betreuerin saß neben mir und passte auf, dass ich nichts Negatives berichtete. So dass ich meinen Eltern meine Angst nicht mitteilen konnte. Auch durften mich meine Eltern nicht besuchen oder anrufen. Der einzige Kontakt neben Briefen (1x / Woche) war das eine Telefonat (alle 2 Wochen). Und ja, die Briefe mussten von uns unverschlossen abgegeben werden, so dass sie von den Betreuern gelesen und kontrolliert werden konnten. Auch da keine Möglichkeit sich mitzuteilen. Ich erinnere mich auch an “Brieftage”. Wir haben die Briefe nicht täglich bekommen, sie wurden gesammelt … und uns 1x / Woche oder sogar seltener ausgehändigt..? An das Essen erinner ich mich nicht mehr genau. Ich weiß nur noch, dass man brav alles aufessen sollte. Und dass es nicht wirklich lecker war. Meine einzigen schönen Erinnerungen waren die Zeiten draussen im “Dünengarten”, direkt hinter dem Haus. Wo man mal freier spielen konnte. Aber das waren immer nur kurze Zeitabschnitte. Oder aber kreatives Basteln in einem anderen kleinen Gebäude (Art Scheune) mit anderen Betreuerinnen. Doch war das gefühlt viel zu selten. Irgendwie war jeder Tag zugetaktet, hatten einen straffen Zeitplan, an den wir uns halten mussten. Bei dem die unerträglichen Arztbesuche, Salzraum und die schlimmen Nächte sowie Mittagsruhen im Vordergrund waren. Als ich nach 6 Wochen zurückkam, meine Eltern mich am Kölner HBF abgeholt hatten, waren sie vollkommen geschockt. Mein Rock hing mir quasi bis zu den Knien, vollkommen ausgehungert. Meine Mutter erzählte mir im Nachhinein immer und immer wieder, dass ich sie verängstigt ganz doll festhielt und nie mehr loslassen wollte. Keine Ahnung. Ich glaube ich habe erst nach Jahren Kleckschen für Kleckschen erzählt, was dort mit uns geschah.

    Vielen Dank für Ihre unsagbar tolle und aufklärende Arbeit .. Frau Röhl.

  233. Ich wurde im Jahre 94 oder 95 zur Kur nach Niendorf am Timmendorfer Strand geschickt.Lange Zeit dachte ich, es wäre normal was mir dort passiert ist.
    Auch ich musste in der Kur Nahrung zu nehmen, die ich nicht essen wollte. Ich musste stundenlang alleine im Esszimmer sitzen und durfte erst aufstehen, wenn der Teller leer war. Einmal kam zufällig ein Junge und sagte mir, da ich würgen musste, ich solle das Essen in die Hosentaschen stecken, was ich dann auch tat.
    Meine Briefe nach Hause wurden mir diktiert, ich musste schreiben was die Angestellten mir vorsagten.
    Mein Taschengeld wurde einbehalten und ich durfte mir letztendlich nur ein Teil kaufen, das andere Geld blieb verschwunden.
    Die Kur war kaltherzig und bis heute kann ich die Speisen zu denen ich damals zum essen gezwungen wurde nicht essen.

  234. Hallo, bin vor kurzem per Zufall auf Ihre Seite aufmerksam geworden, da ich über verschiedene Fernsehberichte auf die teils schrecklichen Umstände der Kinderkuren
    erfahren habe.
    Auch ich, Jahrgang 1964, war Anfang der 1970er Jahre für 6 Wochen zur Kur in
    St. Peter-Ording im Kinderkurheim Lorentzen, da ich untergewichtig war, wie der Kinder-arzt zu meinen Eltern meinte. An das genaue Datum kann ich mich nicht mehr erinnern, und meine Eltern sind schon verstorben, sonst hätte ich sie dazu befragen können.
    Aus dieser Zeit habe ich nur noch eine Ansichtskarte des Heims und zwei Fotos, ein Gruppenfoto mit allen Kindern und ein Portrait von mir.
    Ich habe einige Berichte in den Fernsehsendungen gesehen und bei Ihnen auf der Seite gelesen. So schlimm, wie es einige beschrieben haben, ging es mir nicht, aber es war trotzdem traumatisierend. Schon die Hinfahrt war super erschreckend, da ich das Erste Mal allein mit lauter Fremden im Zug gefahren bin. Ich war ein relativ ruhiger Typ, also machte ich kein großes Theater, und nahm alles stoisch hin.
    Ich kann mich noch erinnern, dass ich mit fünf anderen Mädchen ein Zimmer teilte; wir schliefen in Stockbetten.
    Das Schlimmste, dass ich erlebt habe, war, dass wir Kinder uns jeden Morgen vor dem Frühstück in einer Reihe aufstellen mussten, um einen großen Esslöffel puren Lebertran
    verabreicht zu bekommen. Ich habe mich das erste Mal danach übergeben, was mir großen Ärger einbrachte. Danach konnte ich kein Frühstück mehr zu mir nehmen. Dann musste ich so lange am Frühstückstisch sitzen bleiben, bis ich was gegessen hatte. Das hat Stunden gedauert! Danach bin ich vor dem Frühstück einfach mehrmals abgehauen, was allerdings auch zu Ärger führte. Davon habe ich mich aber nicht umstimmen lassen, den Lebertran weiter zu mir zu nehmen. Irgendwann haben sie es dann auch aufgegeben.
    Das Essen war auf jeden Fall eine Riesenqual für viele Kinder, da ich zum Beispiel immer wenig und nicht alles gegessen habe.
    Unsere Eltern schickten uns immer wieder mal Pakete mit Süßigkeiten, die uns gleich abgenommen wurden. Ich habe dann einmal beobachtet, wie eine sogenannte Betreuerin diese in einen riesigen Schrank, der von oben bis unten voller Süßigkeiten war, verstaut hat. Sie wollten uns die Süßigkeiten nach und nach wiedergeben, wie sie sagten, damit wir nicht gleich alles aufessen, was sie aber nie getan haben.
    Auch die Korrespondenz nach Hause wurde kontrolliert und zensiert, dem kann ich nur zustimmen.
    Ich habe mich immer wieder quer gestellt, was mir Ärger, Hausarrest und regelmäßiges Ohrläppchen-Umdrehen und -ziehen einbrachte, was sehr schmerzhaft war. Wir wurden immer wieder eingehend instruiert, über manche Dinge nie zu sprechen, da “wir sonst großen Ärger bekommen würden. Das wäre alles ganz normal, weil wir schließlich Problemkinder seien, denn sonst wären wir ja nicht hier”, wurde uns dazu gesagt.
    Und wir glaubten das.
    Ich kann nur bestätigen, dass die sogenannten “Tanten” pädagogisch eine Katastrophe waren. Sie haben uns oft angebrüllt und waren immer in Eile.
    In den ganzen Jahren habe ich diese Erinnerungen verdrängt, habe nie mit jemanden darüber gesprochen, bis ich was über das Thema im TV gesehen und hier gelesen habe.
    Vielen Dank, das es nun ein Forum gibt, um dieses Trauma publik zu machen.

  235. Ich bin durch die Sendung Planet Wissen auf das Thema aufmerksam geworden und wollte mal von einem positiven Kurerlebnis berichten.

    Ich bin ca. im Jahre 78 mit 6 oder 7 Jahren fuer 6 Wochen nach Borkum gefahren. Den Namen vom Heim weiss ich allerdings nicht mehr. Bei mir war es allerdings so, dass mein Vater mich hingebracht hat und abgeholt hat. Wir haben in Suedhessen gewohnt. Meine Eltern sind verstorben, ich kann jetzt auch gar nicht mehr nach Einzelheiten fragen…

    Ich war vorher noch nie am Meer gewesen. Ich kann mich an die Faehre erinnern und das eine Gruppe von aelteren Kindern Santa Maria gesungen hat und dann gab es noch eine kleinere Zugfahrt auf der Insel bis man dann dort war.

    Am ersten Abend ist man einen Gang langgelaufen mit Schlafzimmern und bei jedem Zimmer wurde gefragt wer dort hinein moechte und wer sich zuerst gemeldet hat, der kam dann ins Zimmer. Ich war dann mit 3 gleichaltrigen Maedchen in einem Zimmer und habe rechts vorne am Fenster geschlafen. Heimweh hatte ich ganz Anfang aber das ist dann recht schnell verflogen.

    Ich war auch ein stilles/schuechternes Kind und war am Anfang unsicher was da jetzt alles kommt. Ich weiss noch das wir uns anziehen sollten und ich zu der Erzieherin gesagt habe, dass meine Mutter mir immer meine Sachen rauslegt und sie mir dann gesagt hat, dass ich ja mal in meinem Schrank schauen kann, was ich anziehen moechte. Das fand ich ganz toll, dass ich mir meine Sachen aussuchen durfte und als ich wieder daheim war, habe ich das gleich zu meiner Mutter gesagt und eine zeitlang durfte ich das dann auch daheim…

    Es gab einen grossen Speisesaal in dem wir dann in unseren Gruppen gesessen haben und ich war in der juengsten Gruppe. Das juengste Kind war vier Jahre und ein Gewisterkind ansonsten waren wir alle so im gleichen Alter. Den Pudding mit der Haut fand ich furchtbar und ich hatte dann auch das Gefuehl ich hatte Haare im Mund (vermute mal, dass es auch Griesspudding war) und den habe ich mir immer irgendwie reingezwaengt. Ich meine mich auch dunkel erinnern zu koennen, dass wenn man einen Teil gegessen hat, dann war das auch ok. Ich muss auch dazu sagen, dass es in meinem Elternhaus Konflikte gab mit dem Essen und ich auch mal 2 Stunden vor meinem Teller sitzen musste, aber kann mich jetzt nicht erinnern, dass es aehnliches in der Kur gab.

    Jeden Morgen gabs dann Spaziergaenge zum Strand und davor mussten wir alle auf Toilette. Dann durfte man sich aussuchen ob man Wollmuetze oder ein Kopftuch aufhaben moechte und dann sind wir da rumgerannt und haben gespielt und Muscheln gesammelt. Ich kann mich auch noch erinnern als ich das erste Mal, dass Meer gesehen habe. Ich hatte mir das eher so tropenmaessig und blau vorgestellt und es war dann grau und wild. Irgendwie beaengstigend aber gleichzeitig hat es mich auch fasziniert. Ich mag auch heute noch das Meer total gerne. Es gab fuer jedes Kind einen Schuhkarton im Heim und da kamen die Muscheln dann rein und den durfte man dann auch mit nach Hause nehmen. Ich kann mich auch erinnern, dass uns mal ein Mann angesprochen hat, der ganz besondere Muscheln gefunden hat und die hat er dann an uns verteilt, da haben wir uns total gefreut.

    Ich kann mich an zwei Erzieher erinnern, eine war etwas aelter und die habe ich ein bisschen schroff in Erinnerung und eine juengerer, die sehr nett war und die jeder gemocht hat. Einmal gabs im Schlafsaal eine Pruegelei zwischen zwei kleinen Maedchen und da sind auch Haarbueschel geflogen und die wurden auseinandergerissen und es hiess, dass man den Eltern Bescheid sagt.

    Ich kann mich an einen Ausflug in ein Naturmuseum erinnern und auch einen netten Leuchtturmwaerter habe ich dumpf in Erinnerung. Ich habe noch zwei Postkarten und auf einer erwaehne ich ein Fraeulein Ruth mit der ich gebastelt habe. Ich konnte ja noch nicht schreiben und ich habe das dann diktiert und die anderen Kinder haben zum Teil selber geschrieben und gemalt.

    Kurz vor Ende der Kur durften wir uns auch ein Andenken aussuchen, da gabs ein Punktesystem d.h. statt den Geldbetrag wurde gesagt was man an Punkten hat und wieviele Punkte die einzelnen Sachen hatten. Ich hatte mir ein Muschelschiff ausgesucht.

    Mein Vater hat mich dann auch wieder abgeholt aber er kam frueher und wurde dann wieder weggeschickt und es hiess, dass wir gleich fertig waeren und ob er nochmal warten kann. Und da fing ich dann an zu weinen und weiss noch das die Erzieherin mich getroestet hat und auch die anderen Kinder. Details weiss ich da jetzt keine mehr aber kann mich noch dunkel erinnern, dass ich mich dann noch von den Kindern verabschiedet habe. Ich habe auch noch ein Gruppenbild aus der Zeit in dem wir alle am Strand sind und zwei Kinder machen dann auch faxen beim Foto. Ich denke das ist auch nochmal ein Zeichen, dass wir da nicht unterdrueckt worden sind.

    Mit ca. 11-12 haetten meine Eltern mich gerne nochmal in Kur geschickt. Ich war beim ersten Mal wegen haeufigen Atemwegsinfektionen dort gewesen und es hatte auch tatsaechlich eine Besserung gebracht. Aber der zweite Aufenthalt waere nicht mehr voll bezahlt worden von der Krankenversicherung und das war meinen Eltern dann zu teuer. Ich war dann total enttaeuscht gewesen.

    Das wollte ich einfach mal berichten, da ich denke, dass es auch wichtig ist zu erwaehnen, dass es auch Heime gab in denen es anders lief. Strafen und Misshandlungen musste ich gottseidank nicht erleben.

  236. Liebe Frau Röhl,

    meine Tochter wurde durch Zufall auf Sie aufmerksam und fragte mich, ob ich als Kind auch mal verschickt wurde.
    Ja, das wurde ich. Nur hatte ich das bis dato verdrängt oder bewusst vergessen.
    Nun öffnete sich wieder eine Schublade, immer nur Millimeterweise. Stück für Stück kamen einzelne Erinnerungen zurück.
    Ich bin 1959 geboren und Anfang der 60iger Jahre, aus welchem Grund kann mir niemand mehr sagen ( meine Mutter verstarb vor fast 14 Jahren ), ins Kindererholungsheim nach Hanstedt in der Nordheide, verschickt worden.
    Ich kann mich nicht daran erinnern, kränklich, unterernährt oder übergewichtig gewesen zu sein.
    Vielleicht, weil ich Einzelkind war und unter Kinder sollte ?
    Bruchstückhaft tauchen Bilder vor meinen Augen auf.
    Ich sehe einen Reisebus, in dem schon einige Kinder saßen. Ich musste einsteigen, weinte, wollte nicht von zu Hause weg, hatte einen kleinen Rucksack dabei. An einen Koffer oder Reisetasche erinnere ich mich nicht. Die traurige, stille Busfahrt kam mir ewig vor, obwohl das Heim nur ca 2 Stunden entfernt lag. Kann mich an keine Betreuer im Bus erinnern, wird wohl welche gegeben haben, nur an die Stille während der Fahrt.
    Endlich angekommen, stieg man aus und sah ein altes Gebäude, das einem Krankenhaus oder einer Lungenheilanstalt ähnelte, die ich aus meinem Heimatort kannte und mit viel kindlicher Neugierde, aber auch Angsteinflößend wirkte.
    Das nächste an was ich mich erinnere ist, das ich in einem Mehrbettzimmer war, mein Rucksack war verschwunden, es kam eine Erzieherin die uns den riesigen Waschraum zeigte,2 Reihen Waschbecken in Reih und Glied. Für jedes Kind wurde ein Plastikbecher und eine Zahnbürste gestellt. Kleine Toilettenkabinen ohne Türen waren ebenso da. Kann mich nicht im Entferntesten daran erinnern diese jemals benutzt zu haben, aber wird ja wohl so gewesen sein. An das morgen- und abendliche Zähneputzen unter Aufsicht kann ich mich jedenfalls gut erinnern.
    Es gab einen riesigen Schlafsaal mit Feldbetten und dünnen Wolldecken, auch ein abgetrenntes Schlafabteil, für Kinder die unter besonderer Aufsicht standen. Unter jedem 2.oder dritten Feldbett standen altertümliche Pinkeltöpfe, die aber nicht während des erzwungenen Mittagsschlafs, der 2 Stunden dauerte, benutzt werden durften. Ich weiß noch, man musste sich hinlegen, zudecken und durfte sich nicht rühren. Wirklich gar nicht bewegen. Habe dort regungslos verharrt, weil Kinder die das nicht taten, rausgerissen wurden und an einer Wand stehen mussten, frierend, weil es sehr kalt in diesem Saal war. Oder aber in das abgetrennte Abteil gebracht wurden. Habe mich damals nicht mal getraut zu blinzeln. Zu den Mahlzeiten musste man in Zweierreihen in einen großen Saal mit vielen langen Tischen auf immer dem selben Platz sitzen. Es gab lauwarme Milchsuppe oder Grießsuppe mit Rosinen drin. Einen anderen Tag gab es säuerlichen Bratfisch mit einem Klacks Püree. Alles in allem widerlich. Jetzt weiß ich auch warum ich das alles bis heute nicht essen kann, keinen Fisch oder eben solche beschriebenen Suppen. Auch kann ich entsinnen das sich ein Mädchen neben mir erbrach, über meinen linken Ärmel. Das wurde sofort gesehen, das Mädchen vom Stuhl gerissen, ihr wurde ein Eimer unters Kinn gehalten bis sie mit Erbrechen fertig war. Dann musste sie sich wieder hinsetzen und weiter essen. Um meinen vollgespuckten Ärmel wurde sich nicht gekümmert. Alles roch säuerlich und trotzdem musste man aufessen.
    Das alleine war der reinste Alptraum. Alle Kinder waren so verängstigt, und wie hätte man sich auch wehren sollen im Alter von 5-6 Jahren. Im Gegensatz zu den heutigen Kindern waren wir wirklich klein und nicht so selbstbewusst wie die 5 oder 6jährigen heutzutage.
    Besuche von der Mutter bzw Eltern gab es in diesen 6 Wochen nicht. Briefe oder Päckchen wurden abgefangen und geöffnet, laut vorgelesen und die Inhalte der Päckchen waren entweder komplett verschwunden oder wurden an alle verteilt. Das war so dermaßen verletzend und erniedrigend, das man seine Tränen nicht zurück halten konnte. Dafür aber wurde man bestraft, indem man lange in einer Ecke stehen musste oder man wurde gehänselt.
    Dann kann ich mich daran erinnern das ältere Kinder Nachts in die Zimmer der kleineren kamen mit einer Schüssel warmen Wasser, die Füße der kleinen schlafenden Kinder eintauchten und es am nächsten Morgen so aussah als ob diese eingenässt hätten. Auch verteilten sie ein bisschen Wasser unter den Bettdecken. Ich weiß nicht mehr ob mir das auch passiert ist, ich weiß nur noch das ich es nachts, weil ich nicht schlafen konnte, mitbekommen habe bei den anderen Kindern. Die größeren liefen kichernd aus dem Zimmer, niemand traute sich auch nur ein Wort zu sagen. Die sogenannten Bettnässer ( die ja nichts dafür konnten), waren dann stundenlang verschwunden am nächsten Morgen. Ich war wohl noch zu klein um das alles zu realisieren was mit denen geschah. Desweiteren wurden stundenlange Spaziergänge gemacht. Unsere kleinen Füße waren danach wund und voller Blasen. Jammern half nicht, man musste gehorchen.
    Als ich nach endlos langen Wochen wieder nach Hause durfte war ich wohl ein sehr ruhiges in sich gekehrtes Kind. Über sehr viele Jahre hinweg kaute ich danach meine Fingernägel bis zum Bluten.
    Habe bis heute Verlassungsängste. Da uns während der Heimzeit der Mund verboten wurde, erzählte ich meiner Mutter nie was ich dort erlebt hatte. Zum Glück wurde ich nie wieder weggeschickt.
    Habe selbst drei erwachsene Kinder, diese nie in fremde Obhut gegeben, habe sie zur Selbstständigkeit erzogen und ein sehr liebevolles Verhältnis, wir wohnen alle im selben Ort.
    Aber im Rückblick, nachdem die bruchstückhaften Erinnerungen daran wieder hochkamen, wird das wohl viel mit meinem Leben gemacht haben.
    Vielleicht wäre vieles anders, besser verlaufen, man weiß es nicht.
    Jetzt bin ich im 64 zigsten Lebensjahr, glückliche Oma, arbeite noch und freue mich auf meine Rente.
    Aufarbeiten brauchte ich nichts, bin eine selbstbewusste gestandene Frau. Woher sollte man auch noch wissen, das einige Macken vielleicht aus diesem Heimerlebnis stammen, das man bis dato komplett verdrängt oder vergessen hatte.

    1. Liebe Uta Bodmann, Sie haben mir wirklich einen sehr eindrucksvollen Bericht geschrieben, vielen Dank dafür! Ich hoffe, dass wir bald viele Ausstellungen und später ein Dokuzentrum eröffnen können, siehe alle Forderungen hier: http://www.verschickungsheime.de, denn die unterschiedlichen Berichte sind so aussagekräftig, in ihrer Art so typisch, so seelenzerstörend für Kinder- und doch, es sind viele Menschen stark aus diesen Erlebnissen hervorgegangen und haben sich nicht brechen lassen. Die meisten haben vor allem vermieden, ihre eigenen Kinder dasselbe erleiden zu lassen, so wie sie, das ist besonders wertvoll. Danke dafür! Aufgearbeitet werden muss das Phänomen vor allem gesellschaftlich und historisch, dafür setze ich mich ein: change.org/verschickungskinder, Grüße, Anja

    2. Danke für Ihren eindrucksvollen Bericht! Vielen Dank! Wir sammeln auch auf: http://www.Verschickungsheime.de Betroffenenberichte und haben auch eine Fragebogenaktion, an der Sie gern teilnehmen können, vielen Dank! Sie helfen mit, dass das Thema nicht mehr vergessen werden kann und auch historisch aufgearbeitet wird.

  237. Hallo, habe vor kurzem meinen Bericht hier geschrieben zur Kinderkur-Verschickung nach St. Peter-Ording Anfang der 1970er Jahre. Habe mir auch nochmal alle Beiträge auf dieser Seite genau durchgelesen. Yvonne Muth hat am 19.06.2021 einen kurzen Bericht über ihren Aufenthalt 1965 in St. Peter-Ording in einem Heim mit Pool geschrieben. Es könnte das Kinderkurheim Lorentzen gewesen sein, denn es hatte ein Schwimmbecken im Garten, dass allerdings zu meiner Zeit nicht mehr benutzt wurde, Dieses Anwesen bestand aus zwei nebeneinanderstehenden Backsteinhäusern, eins für Jungen, eins für Mädchen, und war recht klein und übersichtlich. Die Verschickung wurde durch die Barmer Krankenkasse organisiert. Ich bin damals von Kassel mit der Bahn nach St. Peter-Ording gefahren.
    Ich habe aber leider keine weiteren Berichte von anderen Betroffenen gelesen, die auch im Kinderkurheim Lorentzen gewesen sind. Vielleicht meldet sich der ein oder andere noch auf dieser Seite. Ist sicherlich interessant, weiteres darüber zu erfahren.

  238. Ich war Anfang 1972 als angehender 12jähriger im Kinderheim Jungborn in Wyk auf Föhr.
    Zusammen mit meinem damals 8jährigen Bruder, der in eine andere Gruppe musste.
    Die Anfahrt war aufregend, ab Hamburg noch mit einer Dampflok bis Niebüll.
    Das erste Mal ohne Eltern unterwegs, und noch nie so weit weg – natürlich gab es Fremdeln und Heimweh.
    Am 1. Abend kollektives Duschen – erstmals nackt vor allen anderen – ohne jede Rücksicht.
    Ich konnte dann doch noch erreichen, in die kleine Gruppe von meinem Bruder zu kommen in den sog. Pavillon (Fertigbaucontainer im Garten), wo ich dann “der Große” unter sonst 6-8jährigen war und
    ein wenig “bei der Aufsicht mithelfen durfte”.
    Ätzend: Essenszwang (ich musste mich bei Senfsoße mit gekochtem Ei fast übergeben, esse bis heute keine Senfsoße oder Meerrettich).
    Mittagsschlafzwang. Auch wenn man überhaupt nicht müde war (mit fast 12!).
    Naja, man lag halt herum und glotzte an die Decke.
    Doch gab es auch vieles Schöne: Ich lernte erstmals Cornflakes kennen, war zum 1.Mal in einem Wellenbad, es gab täglich Spaziergänge (“Hand in Hand” – naja) und auch einen Ausflug in ein Meeresmuseum in Nieblum, und sogar eine Fährenfahrt aufs benachbarte Amrum (mit Herumtollen in den Dünen, damals noch ohne jede Zutrittsbeschränkung wie heute).
    Die 6 Wochen waren lang. Doch die damaligen beiden noch jungen “Tanten” im Pavillon waren “fair bis freundlich”, wogegen im Haupthaus eine Art “Oberschwester Hildegard” herrschte.
    Ich habe keinen psychischen Schaden zurückbehalten, vielleicht auch, weil ich weder krank noch unterernährt war, sondern einfach nur deshalb “verschickt” wurde, weil das damals weitgehend “üblich” und nichts Außergewöhnliches war, weil wir 5 Geschwister waren, weil mein Vater nicht viel verdiente, und weil die Krankenkasse den Aufenthalt bezahlte.
    Ich habe später in den 80er Jahren nochmal Föhr besucht, das Heim aber nicht mehr gefunden. Entweder abgerissen oder umgestaltet zu Ferienwohnungen? Waren ja damals vor 50 Jahren schon alte Gemäuer.

  239. Hallo zusammen.
    Hier habe ich jetzt so viel negatives gelesen, das finde ich ganz schlimm.
    Darum möchte ich mal etwas positives zum Besten geben.
    Man hat mich im Jahr 1967 mit ca. 14 Jahren nach Hochried in Murnau “verschickt”. Die Reise war wohl, so wie in den Jahren üblich, ein großer Sammeltransport. Nach etlichen Stunden kamen wir am Abend in Murnau an und wurden dann in die Klink Hochried gebracht. Als erstes gab es eine Suppe zu essen. OK, wir alle ahhten natürlich auch Hunger und ich habe dann auch gleich zur Begeisterung aller 3 große Teller Suppe aufgegessen. War gar kein Problem. Die Zimmeraufteilung ging dann wahrscheinlich auch nach altem Routineplan vonstatten. Ein anderer Junge und ich hatten das Glück, dass in den normalen Schlafräumen kein Platz mehr für uns war und somit durften wir dann auf der Krankenstation ein kleines Doppelzimmer bewohnen. Dann begann natürlich auch der Klinikalltag. Ich muss sagen, den hat man schon recht gut gestaltet. Wir hatten Gruppenstunden, Freistunden und eben auch Spielstunden auf dem Hof und das sogar mit den anwesenden Mädchen zusammen. Gut, Mittagsschlaf musste ja offiziell auch gehalten werden, aber unsere Stationsschwester (habe leider den Namen vergessen) war dann immer so nett und brachte uns ein paar Zeitungen oder Comics zu lesen und oftmals bekamen wir dann auch noch eine Extraportion Pudding. Schlafen mussten wir nicht. Wir konnten auch jederzeit aus dem Haus raus auf das Gelände. Da mussten man natürlich höllisch aufpassen, dass man nicht von einer anderen Betreuerin gesehen wurde, denn das wäre auf unsere Krankenpflegerin zurück gefallen. Bei der Nachtschwester musste man schon erheblich vorsichtiger sein, die war nicht so gutmütig, liess uns aber auch in Ruhe.
    Wir sind auch sehr häufig mit der gesamten Gruppe nach Murnau oder zum See spazieren gegangen oder auch mal mit dem Bus in die umliegende Gegend gefahren.
    Langeweile oder ähnliches kam wirklich nicht auf.
    Meine Erinnerung an das Essen kann ich auch nur als positiv bezeichnen. Ich durfte meist auch noch Nachschlag besorgen den ich auch fast immer bekam.
    Eigentlich sollte ich zur Gewichtszunahme auch irgendwelche Tabletten bekommen. Ich habe in der ganzen Zeit nicht eine einzige bekommen. Die standen vom ersten bis zum letzten Tag verschlossen im Schrank.
    Natürlich gibt es auch Regeln an die man sich halten musste, das geht ja gar nicht anders in einer Gruppe, aber unsere Betreuerin hat uns das nie spüren lassen.
    OK, die Heimleiterin war schon sehr seltsam, aber auch sie hat im Großen und Ganzen ihrem Personal freie Hand gelassen.
    Also, alles in allem war es (für mich) eine sehr schöne Zeit und ich möchte mich einfach noch einmal auf diesem Wege bei unserer Betreuerin Frau Wolf für die angenehmen 6 Wochen in Murnau bedanken.
    Ich bin jetzt 70 Jahre alt und denke immer noch gerne an die Zeit in Hochried zurück.

    1. Lieber Rolf, du warst da 14 Jahre alt, da sind manche der Praktikantinnen kaum älter als du gewesen. Für 14-jährige war es viel besser, natürlich mussten sie nicht mehr schlafen, und auch zum Aufessen kann man 14-jährige nicht mehr zwingen. 14-jährige leiden auch nicht unter Elterntrennung, dh sie benehmen sich adäquat und vernünftig. Die meisten der Verschickungskinder, von denen hier die Rede ist, waren 4,5,6 Jahre alt. Für die war es viel schlimmer. Sie haben auch oft ein Trennungsschmerzverhalten ( weinen, einnässen, sich übergeben…) gezeigt, für dass sie statt Strafen aber Verständnis hätten bekommen müssen. Das haben natürlich 14-jährige nicht gezeigt.

  240. Guten Tag Frau Röhl
    in der Kommentarspalte habe ich am 27 .04 .23 den Kommentar von Frau Pia Lacher gefunden, sie war, ebenso wie ich, im Posterholungsheim in Niendorf Ostsee. Sie hatte Fragen, welche ich über die angegebene Emailadresse beantworten wollte. Leider kommt die Email zurück. Vielleicht könnten Sie Ihr meine Nachricht weiterleiten. Sie dürfen ihr meine Emailadresse weitergeben!
    Mit freundlichen Grüssen
    Walter Müller
    ——————————————————————-

    11.06.2023
    Guten Tag Pia,

    heute finde ich endlich Zeit Dir zu schreiben, mein Name ist Walter Müller bin 58 J. und ich komme aus Baden-Württemberg. Deine Email Adresse habe ich aus dem Blog von Anja Röhl; Verschickungskinder. Du hattest da Ende April 23 einen Kommentar geschrieben und Deine Email hinterlassen. Da dies zeitlich noch ziemlich aktuell ist, möchte ich Dir schreiben was ich noch weiss. Vielleicht hast Du auch noch Erinnerungen, die mir auf die Sprünge helfen. Aber der Reihe nach.

    Beim Internetsurfen mit der Google Earth Funktion bin ich irgendwann vor einem Jahr auch mal in Niendorf /Ostsee gelandet. Dabei fiel mir wie Schuppen von den Augen, dass ich Ende 1973, also fast genau vor 50 Jahren auch für 6 Wochen in einem Erholungsheim der Post gewesen war. Ich hatte als Kind immer Bronchitis und war auch immer zu dünn, also quasi „die“ Symptome für eine Kur. Meine Eltern waren Postler, also das passte auch.

    Mit Google Earth habe ich dann versucht die Lokalität des Heimes wiederzufinden, aber meine Erinnerung hat mich sehr im Stich gelassen, das einzige was ich noch weiss ist, dass es ein Ensemble von drei Gebäuden gab, darunter ein älteres grösseres Gebäude ( Geb. 1) mit unseren Schlaf- und Aufenthaltsträumen sowie ein neueres Gebäude mit Flachdach ( Geb. 2) mit den Speiseräumen als auch Aufenthaltsräumen. Im dritten Gebäude ( Geb. 3) gab es Schlafräume, ich meine, da mal für 2 Tage untergebracht gewesen zu sein, glaube weil ich mal krank war, komme später nochmal darauf zurück.
    Wie gesagt, da mir meine Erinnerung nicht weitergeholfen hat, habe dann ich dann über die Suchmaschine versucht, mehr zu erfahren.

    Dabei bin ich dann auf diese ganzen Erfahrungsberichte gestossen, was mich sehr schockiert hat.
    Eigentlich haben mich nur die ehemaligen Örtlichkeiten interessiert, über Misshandlungen kann ich mich glücklicherweise nicht beklagen. Das hätte ich bestimmt nicht vergessen.
    Das einzig unangenehme waren kalte Wassergüsse mit dem Eimer oder Schlauch beim Duschen. Das konnten wir aber sehr gut ab, wir waren eine Stube (Schlafraum) von 4 Jungs, einer war „schon“ 13 Jahre alt. Er war der „Stubenchef „und hat abends immer von sich erzählt und eine gewissen Zusammenhalt erzeugt, dadurch haben wir das als Spass aufgefasst. Einmal hatte mich eine Aufsichtsperson (ältere Dame) in die Ecke gestellt, weil ich abends während der „Sperrzeit“ ( 21 Uhr, alle im Bett, Ruhe, Zimmertüre offen, Aufsicht im Flur) aus Übermut immer aus dem Bett gestiegen und im Zimmer rumgelaufen bin. Da war ich aber selber schuld, weil ichs provoziert hatte.
    Tagsüber hatte wir nette junge Damen als Betreuerinnen. Mein 9. Geburtstag fiel in den Heimaufenthalt, eine der jungen Damen hat mir sehr herzlich gratuliert, das weiss ich noch.
    Wie ich oben schon erwähnt hatte war ich mal 2 Nächte in dem Geb. 3 zum Schlafen untergebracht. Da habe ich nachts mal bemerkt, dass ein anderer Junge aus der Stube mal ins Waschbecken gepinkelt hat. Weiss jetzt nicht mehr, ob es nachts verboten war, aufs WC zu gehen oder ob der Junge einfach nur faul war.

    Was das Essen anbetrifft, kann ich mich an viel grünen Wackelpudding und Brotsuppen sowie viel Rote Beete erinnern, da ich aber aus einer Familie mit 4 Kindern stamme, wo es nicht üppig zuging, hatte ich da kein Problem mit. Morgens gab es unter anderem warme Milch, da bei mir aber Milchhaut Brechreiz erzeugt, bekam ich dann einfach immer kalte Milch zum Frühstück. Problem schnell gelöst. Über Exzesse mit Erbrochenem ist mir nichts bekannt. Ab und zu gab es auch Kakao. Als Trinkbecher hatten wir rote Kunststoffbecher, welche zum Teil etwas abgewetzt aussahen. ( Ich weiss gar nicht, warum ich das noch weiss !) In diesem Gebäude war im Flur eine grosse Karte von Schleswig Holstein im Eingangsbereich.

    Nachmittags haben wir immer lange Strandwanderungen gemacht, dabei gesungen und wir durften Donnerkeile und Muscheln sammeln.
    Zwei oder drei mal die Woche mussten wir im UG des grossen Gebäudes zur Infrarot Bestrahlung ( den Geruch kenne ich heute noch) und zum wiegen. Abends durften wir fernsehen, Sesamstrasse usw.. Einmal war eine königliche Hochzeit bei den Briten, das wollten unsere Betreuerinnen sehen. Prinzessin Anne und Mark Philips. 14.11.1973
    Ansonsten gab es Schallplatten zu hören, Lukas und Jim Knopf.
    Einmal haben wir ein Theaterstück ( Peter und der Wolf ) einstudiert und gespielt, so gut es jedenfalls ging!
    Briefe schreiben war auch möglich, dass die Betreuerinnen da mitgelesen haben ist möglich, sofern sie meine Sauklaue lesen konnten. Die Pakete welche ich bekam, erhielt ich auch wirklich, und wurden nicht an alle verteilt.

    Zur Örtlichkeit habe ich jetzt was gefunden. Erholungsheime gab es einige in Niendorf, aber ein Posterholungsheim gab es, denke, ich nur eines.

    Im Netz habe ich folgendes gefunden, ich kopiere mal die wichtigen Daten hier rein.:
    Gemeindearchiv Niendorf; Zeitleiste:

    -1963/1964; Erweiterungsbau „Erholungsheim der deutschen
    Postgewerkschaft“, An der Acht …………………(sic: das ist die Strasse)

    -30. November 1964; Wiederinbetriebnahme Postheim nach Um- und Ausbau
    unter dem Namen „Schulungs- und Erholungsheim der
    Deutschen Postgewerkschaft Haus Niendorf“, An der
    Acht

    Der oben beschriebene Erweiterungsbau ist bestimmt das von mir beschriebene Geb. 2; Dieses war damals noch entsprechend neu. Dieses und das Geb. 3 kann ich heute in Google Earth nicht mehr erkennen.

    Das von mir bezeichnete grosse Gebäude findest Du in Google Earth . Es ist jetzt ein Lehr- Tagungsgebäude der Arbeitsagentur. Rodenbergstrasse, Ecke , An der Acht.

    So, nun habe ich alles geschrieben was ich noch weiss. Ich würde mich freuen von Dir zu hören was Du noch weisst, und hoffe dass Dir da nicht übel mitgespielt wurde. Nun muss ich schliessen, muss morgen wieder malochen!

    Viele Grüße Grüße aus Baden-Württemberg

    Walter Müller

  241. Liebe Frau Röhl,
    die Seite ‘Verschickungskinder.de’ ist seit einiger Zeit ‘Locked’.
    Ich weiß gar nicht, ob die auch in Ihr Refugium gehört? Habe dort immer gerne mitgelesen.
    Wissen Sie genaueres?
    Abgeschafft? Bearbeitung?
    Lieber Gruß an Sie und Dank für Alles!

  242. Hallo zusammen
    Ich bin Schweizerin und auch bei uns gab es sehr schlimme Zustände mit Kindern. Unsere Vergehen wurden unter den folgenden Bezeichnungen begangen: Verdingkinder/Verdingbub – übrigens wurde ein sehr guter Film mit diesem Titel gedreht, Zwangs-Administrativ Versorgte – das waren oft junge Menschen die in der Pubertät waren und die sich einem System nicht unterordnen wollten, Heimkinder uä.
    Als Heimkind habe ich auch einiges erlebt, aber nie so extremes, weil ich aus einer späteren Generation bin.
    Vor paar Jahren hat ein Unternehmer der selber viel erlebt hat, Herr Guido Fluri, dieses Thema in der Politik öffentlich machen können und mit seiner Stiftung konnte er vom Bundesrat wenigstens eine kleine Entschädigung erreichen. Aber mit Geld kann man dieses Leid auch nicht ungeschehen machen und wenn ich denke, dass unsere Politik über ein Wochenende Hunderte von Millionen an die Bankenrettung sprechen konnte und diese Leidgeprüften Menschen einen so kleinen Betrag erhielten als Wiedergutmachung, dann frage ich mich, wo eigentlich unser Demokratieverständnis hingekommen ist. Aber dieses Thema wurde wenigstens im grossen Stil aufgearbeitet und hat somit ein Gesicht erhalten, was da passiert ist.
    Jedes Jahr wird ein Treffen für die Betroffenen organisiert von dieser Stiftung und es wurde ein sogenanntes ” Erzählbistro” gegründet, wo sich Menschen austauschen können. Vielleicht auch eine Idee für Euch in Deutschland.
    Ich habe heute in der Sendung Planet-Wissen diesen erschütternden Beitrag gesehen. Dabei ist das Ganze ja noch nicht solange her, umso wichtiger die Öffentlichkeitsaufgabe.
    Herr Fluri wurde von der EU angefragt ob er seine Erfahrungen an die Politik weiter geben kann, weil anscheinend die EU auch etwas unternehmen will in Sachen von diesen schlimmen Geschehnissen in der Vergangenheit. Ich finde dies grossartig, dass man so auch mit anderen Menschen sich austauschen kann und sieht, dass es vermutlich in sehr vielen Ländern solche grausamen Sachen gegeben hat und sicher auch noch bis heute. Wenn ich zb an die vielen aktiven Sekten denke, die jetzt im 2023 immer noch Kinder auf’s schlimmste behandeln, und niemand unternimmt was dagegen!!!
    Es ist manchmal unglaublich dass es möglich ist, dass solche Sachen einfach verjähren können, von Gesetzes wegen. Ebenso gibt es bei uns in der Schweiz kein Gesetz mit dem man gegen solche Sekten vorgehen könnte. Solche Gesetze muss man überall ändern. Auch deshalb, weil diese Sekten mittlerweile immer grösser und einflussreicher werden bis zur Einnahme von PolitikerInnen und sehr Rechtsextremistisch unterwegs sind. Solches Gedankengut ist also keineswegs ausgestorben. Bleiben wir alle sehr wachsam und engagieren wir uns für eine gerechtere Sache.
    Ich wünsche allen viel Kraft und grüsse Euch alle ganz herzlich. Liebe Grüsse Jeannette

  243. Sehr geehrte Frau Röhl,
    auch ich kann Positives berichten:
    1945 in Berlin geboren habe ich als Berliner Ferienkind zwei Heimaufenthalte erlebt:
    1. Mit 9 Jahren in Wenningstedt auf Sylt im Haus Albatros. Dort gab es keine körperliche Züchtigung aber sehr wenig zu essen. Das hatte ich meiner Mutter geschrieben und ihre Päckchen kamen dann aber auch alle bei mir an.
    2. Mit 10 Jahren war ich in einem Kinderheim in Vöhl am Edersee. Das ist bis heute einer der schönsten Ferienaufenthalte meines Lebens. Die Erzieherinnen waren sehr nett. Am beliebtesten war allerdings die Köchin, die im Keller arbeitete und abends “heimlich” einen großen Teller mit Schmalzbroten am offenen Kellerfenster plazierte. Oft sammelten wir im Wald Pilze, die wir in einer Kinderküche selbst zubereiten konnten. Damals begann mich das Kochen zu interssieren. Sonntags besuchte uns der Besitzer des Heimes. Jeder bekam ein Geschenk. Mal einen Riegel mit 5 Sahnebonbons, mal eine Handvoll Kirschen. Es war eine glückliche Zeit in der ich als Einzelkind mit den anderen herumtoben konnte.

    Ich schreibe Ihnen das weil ich (auch heute aus der Sendung Planet Wissen) von den schrecklichen Erfahrungen so vieler Heimkinder erfahren habe.

  244. Hallo Frau Röhl,
    auch ich wurde als Kind zweimal verschickt. Ich bin Jahrgang 1972 und komme aus Hamburg. Leider weiß ich nicht mehr, wo die Heime waren und zu meiner Mutter habe ich keinen Kontakt mehr.
    Bei meiner ersten Verschickung muss ich fünf bis sechs Jahre alt gewesen sein. Ich war die jüngst dort, deshalb kam ich in ein Zimmer mit Jungen.
    Ich erinnere mich an einen langen Flur, rechts gingen alle Zimmer ab, links ging es zu den Toiletten und Duschen.
    Jeden Morgen heute mir einer der Jungen mit der Faust auf den Kopf, wenn er wach war. Ich erinnere mich, dass wir duschen sollten, ich wollte in meinem Badeanzug duschen, dies war nicht erlaubt. Ich musste vor versammelter Mannschaft den Badeanzug ausziehen und wurde mit einem kalten Schlauch abgespritzt.
    Ich konnte noch nicht lesen, meine Mutter schickte mir regelmäßig Pakete mit Süßigkeiten, die unter allen aufgeteilt wurden. Das Paket enthielt immer eine Postkarte, die mir vorgelesen wurde.
    Mein Zimmer war ganz am Ende des Flures. Ganz am Anfang des Flures waren zwei Zimmer für die Erzieher, in diesen Zimmern standen Stockbetten. Ich erinnere mich, dass ich abends vor den Zimmern stand und in den Betten bei den Erziehern Kinder neben den Erziehern lagen.
    Wieder zurück zu Hause habe ich wochenlang wieder in die Hose gemacht.
    Bei meiner zweiten Verschickung muss ich so 10 oder 11 Jahre gewesen sein. Der Schularzt hatte die Verschickung verordnet, da ich stark untergewichtig war. Wenn ich mich richtig erinnere, waren dort auch übergewichtige Kinder, die anderes Essen bekamen.
    Wir wurden regelmäßig gewogen, am Ende der Zeit dort musste ich in Unterwäsche auf die Waage und es wurde festgestellt, dass ich weniger wiege als vorher. An diese Verschickung habe ich sonst gar keine Erinnerung mehr.
    Mir ist bis heute schleierhaft, warum meine Mutter das zugelassen hat. Meinem Sohn hätte ich so etwas nie angetan.
    Jedesmal wenn ich mich versuche zu erinnern habe ich sehr negative Gefühle.
    Viele Grüße aus Hamburg

  245. Ich war 1975 mit 6 Jahren im Erholungsheim Allerheiligen im Schwarzwald. Ich hatte Untergewicht und eine Gallenwegserkrankung.Kann auch bestätigen, keine tolle Erinnerung daran zu haben.
    Ich hatte die Mittagsschlafzeiten gehasst, durften nicht während dessen nicht zur Toilette, sich nicht rühren…. ein Mädchen bei mir im Schlafraum machte deshalb ins Bett und sie wurde entsprechend bestraft.
    Verabscheute die Sammelduschräume in denen Kleinkinder und Jugendliche zusammen duschen mussten, Jungs und Mädchen geneinsam. Ich schämte mich so sehr, mich nackt vor den großen Jungs auszuziehen. Und das Essen unter Zwang….was aufgrund meine Erkrankung ein Horror war. Konnte nicht alles Essen, musste mich oft übergeben.
    Heimweh durfte man nicht haben, ich zeigte es nicht, aus Angst vor Bestrafung. Als ich eine Mittelohrentzündung hatte, kam ich auf die Krankenstation. Dort war ich ganz alleine und gekümmert hat sich keiner um mich. In dem Raum konnte ich zumindest weinen, da mich ja keiner gesehen hatte.
    Zu meinem Geburtstag hatte meine Mutter mir dorthin ein Paket mit Süßigkeiten und Kuchen geschickt. Die Betreuerin hat es im Gemeinschaftsraum geöffnet, den Inhalt an alle anwesenden Kinder verteilt und ich bekam nichts.
    Ein Vorfall, der eines Nachts passierte. Ein Polizeiaufgebot im Hof, viel Aufregung, Suchaktion. Ein Mädchen aus dem Heim hat sich bei den Wasserfällen, unweit des Heimes, das Leben genommen.
    Genaueres habe ich nicht mitbekommen.

  246. Da ich ein sehr zierlichen Kind war wurde ich zur Kur nach Bad Sassendorf geschickt, ins Haus Hamburg. Ich bin Jahrgang 1953 und war dort im November 1960. Eingeschult wurde ich dann mit 7 1/2 Jahren, also 1961. Geplant war der Aufenthalt für ca. 6 Wochen, wurde aber zeitiger beendet, da der Ausbruch von Windpocken die Krankenstation überfordert hat. Die Doku in der ARD am 3.7.23 über Verschickungskinder hat mich sehr betroffen gemacht, auch wenn ich solche Untaten nicht erlebt habe. In negativer Erinnerung ist mir nur eine Sache geblieben, ich MUSSTE meinen süßen Karottensalat essen, alleine im großen Essraum. Er schmeckte fürchterlich, die anderen Kinder durften derweil schon in ihren Bettchen Mittagsschlaf halten. Ich mag bis heute keinen derartigen Karottensalat. Großes Heimweh hatte ich auch, aber ich glaube, dass war damals nicht unnormal in diesem Alter. Dies war mein 2.Kuraufenthalt, 1958 war ich mit meinen 2 älteren Brüdern in Blockwiesen im Allgäu ( Nähe Leutkirch) verschickt. Auf Grund des jungen Alters habe ich leider keine Erinnerungen mehr an diese Zeit, ebenso auch meine Brüder.

  247. Hallo Anjo Roehl, mein Name is Samvada Hilow (geb: Manuela Hartmann) und ich lebe in Neuseeland.
    Mein Bruder hat mir Ihr Interview mit Planet Wissen geschickt und es hat alte Erinnerungen stimuliert.

    Ich war das erste mal zur Kur in Wangerooge mit 4 Jahren und das zweite mal mit 6 Jahren auf Norderney. Von der ersten Kur habe ich wenig Erinnerungen, mehr Gefühle von Angst, Heimweh, riesige Schlafsäle und ich bin in einem Gitterbett.
    Norderney ist mehr eingeprägt da ich dort klare Bilder und Erinnerungen im Kopf habe.
    Beide male wurde ich allein am Zug abgeliefert und es war eine lange Reise.
    Als wir dort ankamen wurden wir alle entlaust und dann ins Bett gesteckt, es war mitten am Tag. Meine Bett Nachbarin war 5 oder 6 Jahre alt und wir wachten in der Nacht auf. Da war ein Fieber Thermometer im Raum und wir wollten Schwester spielen und habe es geschüttelt. Es flog aus meiner Hand und zerbrach am Boden. Quecksilber war überall, es wurde am nächsten Morgen entdeckt und wir mussten es aufsammeln.
    Ein anderes Erlebnis war das ich einmal Wackelpeter erbrochen hatte, da ich gezwungen wurde es zu essen. Dann wurde das erbrochene mir wieder in den Mund gezwungen – ich kann bis heute keinen Wackelpeter mit Zitrone essen.
    Die Schwestern auf Norderney waren sehr kalt und herzlos und ich erinner mich an mein Heimweh und die vielen Tränen die ich abends im Bett allein fliessen liess.
    Ich wurde über die Jahre oft verschickt, nicht immer zur Kur – manchmal war es zur Erholung. Mit 8 Jahren war ich für 6 Wochen im Kinderheim Demant (?) im Schwarzwald und dort waren Stadtkinder (ich war dort verschickt bei der Stadt Essen) und private Kinder. Wir waren in unterschiedlichen Häusern untergebracht und waren separat. Meine Gruppe bestand aus 30 taubstummen Kindern und 5 Jungen und ich als einziges Mädchen die höhren konnten. Dort wurden wir geschlagen zur Bestrafung und übel behandelt. Wieder wurden viele Tränen verschüttet, oft im Arm einer Küchenhilfe die für mich präsent war. Als ich wieder zuhause war habe ich meinen Eltern davon erzählt und ich glaube sie haben sich bei der Stadt beschwert.
    Als Erwachsener Mensch habe ich viele Jahre verschiedene Therapien versucht, hatte Schwierigkeiten Beziehungen zu erlauben. Sehr viel Separations Ängste die mein Leben dominiert haben.
    Das Interview hat Tränen in meine Augen gebracht, da ich immer noch um das kleine Mädchen Trauer.
    Danke für die Arbeit die sie für uns alle tun, Samvada

  248. Liebe Frau Röhl,
    mittlerweile bin ich Rentner, und ich versuche, die jetzt dauerhaft freie Zeit zu genießen. Dies gelingt mir aber nicht, denn mich verfolgen noch immer die grauenhaften Erinnerungen aus dem Sommer 1967, als ich im Kinderheim “Haus am Berg” in Röt bei Baiersbronn im Schwarzwald untergebracht war. Ich habe mir soeben die SWR-Doku vom 27.06.2023 angesehen, in der Sie erwähnten, dass es möglich sei, Treffen von Betroffenen an den jeweiligen Orten dieser “Erholungsheime” zu organisieren. Ich wäre über Kontaktdaten sehr dankbar!

  249. Meine letzte email erschien leider nicht. Ich versuche es daher nochmals.
    Ich war März 1957 6 Wochen lang im Posterholungsheim(?) Niendorf/Timmendorfer Strand.
    Hinter den Baracken wo wir zu den Mahlzeiten aßen und uns tagsüber aufhielten begann schon der Strand. Meine Erinnerungen daran sind aber wegen meines damaligen Alters (4+1/2 Jahre) nur sehr rudimentär. Daher bin ich mir auch nicht sicher ob es wirklich das Posterholungsheim war.
    Ich suche daher Fotografien und andere Daten über das Posterholungsheim(?) i.d. Hoffnung meine Erinnerungen vervollständigen zu können. Im Nachlass meiner Eltern habe ich nichts über diese Zeit gefunden.
    Im Jahre 2000 war ich nochmals dort um mich umzuschauen. Wiedererkannt habe ich eine einzelne Holzbaracke, die auf dem Gelände anscheinend denkmalgeschützt erhalten geblieben ist. Damals (2000) befand sich auf dem Gelände wohl ein Müttergenesungswerk(?). Ich hatte keinen Fotoapparat bei mir. Das Haupthaus meine ich wiedererkannt zu haben. Dort schliefen wir um die Mittagszeit und Nachts in einem recht großen Schlafsaal. Aber merkwürdig: 2000 gab es dort ebenfalls ein Posterholungsheim, das aber ganz woanders stand, weit weg vom Strand.
    Ich hatte einen Freund der deutlich älter war als ich: Heinrich Kötter(?) oder so ähnlich. Unsere Betten standen beieinander, Kopf an Kopf. Alles in Allem stimmen meine Erlebniss mit denen Walter Müllers gut überein. Allerdings hatte ich viel Heimweh und nach meiner Rückkehr nach Frankfurt total abgekaute Fingernägel, die schon zu eitern begannen. Meine Mutter hat meine Finger dann eine Weile in einer Emulsion gebadet, bis die Spuren verschwunden waren.

    Ich hoffe dass ich mit meiner email jetzt durchdringe.

    mfg Heinz

  250. Ich hatte 1955 das “Vergnügen” einer sogenannten Erholungsreise in eine kirchliche Stätte in Boltenhagen. Geführt wurde das Heim von einer Schwester Hannah. Eine widerliche Frau, die Strafecken einführte, Kinder ohrfeigte und auch sonst extrem streng alles regelte.
    Am schlimmsten war das Essen. Es gab dreimal täglich fürchterliche Milchsuppen. Wer es nicht mehr ertrug und sich in das Essen übergab, musste es trotzdem aufessen … danach Strafecke usw.
    Seitens der Kirche wurde alles abgeleugnet.

  251. Moin, nachdem ich eine Doku im Fernsehen über Verschickungskinder und deren Leid gesehen hatte, kamen meine Erinnerungen wieder ganz stark hoch. Ich wurde Anfang/Mitte der 60iger Jahre verschickt, weil ich immer so kränklich war. Ich wohnte damals in Hamburg und mein Reiseziel war St. Peter-Ording.
    Ich glaube mich zu erinnern, dass den Zug eine Dampflok zog. Das war toll.
    Das Ziel war das Weberhäuschen, Westmarken 43 in SPO, an das ich keine guten Erinnerungen habe.
    Wie das dort im Einzelnen aussah, weiß ich leider nicht mehr. Mein Zimmer war im 1.Stock, und jeden morgen wurden wir mit einem sehr rauen Waschlappen abgerubbelt, bis wir Kinder überall rote Haut hatten: sollte wohl der Durchblutung gelten. Nachts durften wir nur auf Toilette gehen, wenn über der Tür ein Licht brannte: da ging dann hin und wieder was in die Büx.
    Über Verpflegung kann ich nur sagen, dass die nicht Kindgerecht war. Einmal gab es Klöße, Riesendinger, die mochte keiner. Und da noch so viele vorhanden waren, bekam derjenige einen Nachschlag, wer am Tisch geredet hatte. Zum Frühstück oder Abendbrot fehlen mir leider die Erinnerungen. Wenn es mal was zum “Kaffee” gab, dann war es doch recht trockener Kuchen und Zuckerwasser oder ganz dünner Früchtetee.
    Wenn Post von Mama und Papa kam, mussten wir immer ein Lied vorsingen, sonst keine Post!
    Da flossen sehr oft die Tränen.
    Ja, es wurden auch sehr lange Spaziergänge gemacht, wobei es auch schon mal das eine oder andere Malheur gab. Derjenige wurde dann von den anderen Kinder ganz schön geärgert.
    Man sollte ja auch ein bisschen Taschengeld von den Eltern mitbekommen, und beim Stadtbummel bekamen die Meisten doch leuchtende Augen vor dem Schaufenster eines Spielzeugladens: aber nein, das Taschengeld wurde uns für irgendwelche Bastelutensilien abgenommen.
    Nachdem ich hier sehr viele Berichte gelesen hatte, drehte sich mir teilweise der Magen um. Wie konnte das nur geschehen, fanden die Betreuer daran Gefallen oder was war da damals bloß los.
    An körperliche Züchtigungen gibt es keine Erinnerungen. Ich kam noch kranker wieder nach Hause, dabei sollte es mir doch helfen. Tja, war wohl nichts.
    In meinem diesjährigen Urlaub kam ich irgendwie auf dieses Thema und diskutierte darüber mit meiner Frau. Sie riet mir hier meine Erlebnisse zu erzählen.
    Mittlerweile bin ich 65 Jahre alt und in Rente, aber diese Sache lässt mich nicht los. Sie kommt immer mal wieder hoch und das ärgert mich, dass diese “Betreuer” uns so mies behandelt haben, dass man dieses Erlebnis nicht los wird.
    Ich habe mal ein wenig im Internet geforscht, und einiges zu dem Weberhäuschen gefunden. Wenn ich bereit bin, dann möchte ich dort mal hinfahren. Knapp 140 Km und ca. 1,5 Std. von uns aus.
    Schaun mer mal.
    Danke Patrik

  252. Das, was ich auf der Seite verschickungsheime.de von Betroffenen lese, berührt mich sehr tief.
    Auch, wenn frühere Zeiten andere pädagogische Sitten hatten, sage ich ganz klar:
    was dort in den Heimen Kindern oftmals angetan wurde,
    darf kein fühlendes Wesen einem anderen jemals antun.

    Allein, Erbrochenes wieder essen zu müssen, ist für mich so unvorstellbar
    schrecklich, dass ich keine Worte mehr finde.
    Und vieles andere mehr.
    Ihr durfet meist nachts nicht auf die Toilette gehen, aber auch nicht einnässen,
    und wenn es doch passierte, gab es Schläge, Demütigungen etc..
    Was hat man denn dann als kleines Kind noch für eine Wahl?????
    Ich finde solche Methoden äußerst grausam. Sowas kann man nicht verzeihen.

    Schlimm finde ich es auch, wenn ich auf verschiedene Websites von ehemaligen
    Kinder”erholungs”heimen klicke, dass dort oft die Einrichtung in den höchsten Tönen
    gelobt wird. Ohne jeglichen Bezug auf die Verschickungen, die ja immerhin von Ende
    der 1940er bis in die 1990er Jahre stattfanden.
    Womöglich muss denen erst richtig journalistisch auf die Schliche gekommen werden,
    bis die irgendetwas zugeben. ERBÄRMLICH.
    Ich hoffe sehr, dass sich das ändert. Es ist wirklich an der Zeit.

    Ihr alle, die in diesen “Kur”heimen so schrecklich negative Dinge erlebt haben,
    habt mein tiefstes Mitgefühl.

  253. Liebe Anja Röhl,
    ich möchte meinem Kommentar vom 07.10.2023 noch gern etwas hinzufügen,
    denn ich bin ja selbst kein Verschickungskind:
    In meinem Geburtsjahr 1966 war ich unmittelbar nach meiner Geburt etwa
    3 – 4 Monate in einem Säuglingsheim (gab es in Westdeutschland bis Mitte der
    1970er, in Ostdeutschland bis Ende der 1980er Jahre).
    Später wurde ich dann zwar adoptiert, doch durch die Zeit im Säuglingsheim
    muss ich einen erheblichen “Knacks”mitgekriegt haben. Leider kann man sich
    als Säugling i.d.R. bewusst an nichts erinnern.
    Doch nur so kann ich mir extreme Ängste ab ca. meinem 10. Lebensjahr
    erklären. Diese Ängste haben sich Zeit meines Lebens auf immer wieder andere Dinge
    gesetzt. Depressionen kenne ich auch in extremer Weise.
    Aufgrund all dessen habe ich mehrere Therapien hinter mir, doch richtig geholfen hat
    mir keine.
    Ich möchte damit verdeutlichen, dass ich weiss, wie schlimm es ist, innere tiefe Einsamkeit
    zu verspüren. Vielleicht kann ich gerade deshalb so mit Euch Verschickungskindern so mitfühlen.
    Ein Kind braucht, insbesondere in frühen Jahren, bedingungslose Liebe, Wertschätzung, Zuwendung,
    Akzeptanz…
    Wenn da etwas schiefgeht, hat man oftmals sein Leben lang Probleme damit.

  254. Hallo Uwe Lindhorst, ich war mit 9 Jahren im Kinderkurheim Waldmühle in Braunlage. Bei uns in der Zeitung ist heute 28. November 2023 ein Bericht über das Schicksal der Verschickungskinder. Seit einigen Jahren denk ich öfter darüber nach und habe mit meiner Frau 2020 Braunlage und auch das umgebaute Kurheim Waldmühle besucht. Die Tür stand offen und ich bin an der Stelle gewesen wo der Speisesaal war, heute ein schmaler überdachte Übergang über den Bach. Eine Frau kam auf mich zu, ich hatte ihr erzählt das ich als Kind schon mal hier war, hab aber keine Auskünfte mehr bekommen. Ein Bild von dieser Stelle habe ich aber gemacht. Hier mein Bericht wie es mir 1969 ergangen ist. Von der Mutter meines Freundes habe ich gehört das ich 6 Wochen in Kur nach Braunlage muss. Ich 9 Jahre, bin dann nach Hause gesaust und wollte das von meiner Mutter selber hören, ich weiß noch genau die Stelle wo meine Mutter gestanden hat und das sie am Fenster putzen war, wo ich sie fragte ob das stimmt. Aus unserem Ort musste auch noch ein Mädchen nach Braunlage. Ich würde gerne wissen wer da neben mir gesessen hat und suche jetzt danach. Wir wurden nach Münster gebracht, von dort ging es mit dem Zug und jemand der uns ab und zu auf passte bis Walkenried am Harz. Von da aus mit dem Bus nach Braunlage und unendlichen vielen Kurven, Autofahren kann ich nicht haben und mir flog das Essen sofort raus und der Bus stank nach erbrochenem, anderen Kindern gings genauso viele haben geweint wo es wohl hin geht. Während der Fahrt hab ich noch nie soviel Schnee gesehen. (Es war der schneereichste Winter 1969 Februar bis April den Braunlage jemals erlebt hat) Als wir ausstiegen konnten wir nicht über die aufgetürmten Schneeberge links und rechts der Straße schauen. Ich kann mich seltsamerweise nur darin erinnern das am nächsten Tag viele Kinder geweint haben wie wir in Unterhose in einer Reihe vor dem Doktor stehen mussten der uns untersuchte, war total unangenehm. Auch das einige Kinder erbrochen haben und das erbrochene wieder mit auf essen mussten, mein ich mich zu erinnern. Unter dem Speisesaal floss ein Bach ( Brunnenbach) Ich kann mich daran erinnern, das das Essen wenn es nicht schmeckte, wir das Fenster öffneten auch schon mal aus dem Fenster in den Bach geworfen haben wenn die Tanten nicht in der Nähe waren. Ich weiß noch das wir eine Tour auf dem Wurmberg gemacht haben und auch an der Zonengrenze waren. Dazu haben wir auch von der Waldmühle eine Wanderung zum Silbersee gemacht ca. 3km weg. Jeden Tag viel neuer Schnee, unsere Stiefel waren viel zu klein, nach ein paar Meter hatten wir schon Schnee in den kurzen Stiefeln, als wir zurück waren hatten wir eiskalte Füße. Am Dach des Kurheimes Waldmühle hingen Meterlange Eiszapfen direkt über der Eingangstür, war sehr gefährlich immer fielen welche runter und wir sollten immer schnell drunter weg gehen. Jeden morgen wieder neuer Schnee und nach ein paar Meter wieder Schnee in den Schuhen und wieder eiskalte Füße. Wir waren so nach Braunlage gelaufen und ich hatte überlegt nach Hause ab zu hauen, aber in Braunlage stand kein Straßenschild mit einem Ort, was in meiner Heimat führte. Und wieder diesen kalten Füße, da kann ich mich gut dran erinnern das das ganz vielen Kinder so gegangen ist und viele geweint haben weil der Weg so weit war. Ich habe heute noch meinen Koffer, für einen 9 jährigen, den ich damals mit nach Braunlage dabei hatte. Was hatte ich an Klamotten wohl dabei für einen solchen so starken Winter, bei diesem so kleinen Koffer? Wie haben wir Kinder die 6 Wochen bei dem schneereichsten Winter 1969 den Braunlage jemals gehabt, hat das ausgehalten? Womit haben wir uns die ganze Zeit, die langen 6 Wochen beschäftigt? Ich bin krank geworden eine Frau Günther hatte auf mich aufgepasst und ich musste einige Tage oder auch länger im Bett liegen. Ich kann mich nicht erinnern, das man mich geschlagen hat und glaube eher das ich einigermaßen gut behandelt worden bin. Einen Ausflug gab es nach ST. Andreasberg in einem Bergwerkstollen, fand ich sehr spannend. In den 6 Wochen haben wir auch mitbekommen, wie langsam der Frühling kam und der verhasste Schnee schmolz. Ich habe viele Briefe geschrieben. Ich kann mich an die Apollo 9 Mission vom 9. März bis 13 März 1969 erinnern. Ich habe davon ein Bild gemalt weil ich in Braunlage eine Zeitung davon gesehen habe und mit vielen Zeilen wie es mir geht auch geschrieben habe. Meine Mutter sagte später, das sie keine Briefe von mir bekommen hatte. Wurden unsere Briefe gelesen und weggeworfen? Am Ende der Kur mussten wir Kinder wieder vor dem Doktor erscheinen, wieder in Unterhose, wieder dieses Scheiß Gefühl und dann auf die Waage stellen. Ich weiß noch wie der Doktor sagte, das die Kur nichts gebracht hätte, ich hätte nur ein Marmeladenglas, 200 Gramm zugenommen. An die Rückfahrt kann ich mich seltsamerweise überhaupt nicht erinnern, auch nicht wer und wie man mich von welchem Bahnhof abgeholt hatte. Meine Eltern haben es wohl gut mit mir gemeint, der Arzt hatte das mit der Kur geraten. Nachher habe ich gehört das meine Eltern sowas nie wieder machen würden. Gerne hätte ich Bilder wie es von innen im Kurheim Waldmühle in Braunlage ausgesehen hat. Wäre schön wenn Uwe Lindhorst mir da helfen könnte.

  255. Ich muss meinen Bericht noch etwas ändern. Ich war 1970 im Kurheim Waldmühle in Braunlage. Ich kann mich an die Apollo 13 Mission vom 11.April 1970 erinnern, denn in Braunlage gab es Zeitungen, die davon berichtet haben und standen draußen vor einem Geschäft. Und der schneereichste Winter in Braunlage war 1970, zu der Zeit war ich 9 Jahre. Vielleicht können sie meinen Bericht noch dahin gehend ändern. Vielen Dank.

  256. Ich war als Verschickungskind im Alter von 4 Jahren !!!von Jan 1965-April 1965 in Freundenstadt /Schwarzwald für 12 Wochen–Unfassbar!!Von der Mutter weggerissen und mit meiner Zwillingsschwester dort gestrandet….Hatte sogar schon “schwäbisch” gelernt.
    Es gab eine Tante Bärbel und eine Tante Karin…Habe auch etliche Fotos als Erinnerung mitbekommen–Mein Elternhaus war eine Katastrophe ,eine überaus überforderte Mutter ,die uns Kinder einfach mal weghaben wollte…Also von Elend in die Not gelandet….Grausam .Bin selbst Mutter von 2 Töchtern und hätte solche abartigen Verschickungen NIEMALS übers Herz gebracht….Verstehe bis heute diese Eltern nicht ,die ihre Kinder wie Tiere weggegeben haben ohne zu wissen wie es ihnen geht..das ist unvorstellbar für mich HEUTE!!!

  257. Ich habe gestern in der Mediathek die Sendungen gesehen und hatte die eine oder andere Erinnerung plötzlich. Ich weiß, dass ich mit 3 Jahren das erste Mal verschickt wurde. Mein Bruder war 1 Jahr älter als ich und war auch dabei. Meine Mutter tat das, damit sie Zeit für sich hatte. Sie hat mit 17 meinen Vater geheiratet (und mit knapp 18 meinen Bruder bekommen), der ebenfalls ein emotionaler Tiefflieger war und hat glaube ich auch ihre Scheidung zeitig vorbereitet. Wie gesagt, wurde ich mit meinem Bruder dann, ich denke 1965, nach Sankt Peter Ording verschickt. Ich hing an ihm wie eine Klette und ihm war es eher lästig. Als wir angekommen sind, wurden wir sofort getrennt. Ich habe die ganze Zeit nur geweint. Das war die einsamste Zeit in meinem Leben. Es gibt ein Foto, da hat man mich kurzzeitig zu meinem Bruder aufs Bett gesetzt weil ich so fürchterlich geweint habe die ganze Zeit. Die Freude sieht man in meinem Gesicht ganz deutlich, mein Bruder guckt nicht ganz so fröhlich. Ich glaube er hatte es auch sehr schwer, er musste immer den starken spielen, er war ja der “große” Bruder dabei war er ja selbst erst 4 Jahre alt.
    Wir wurden öfter verschickt, irgendwie einmal im Jahr mindestens, damit meine Mutter “Urlaub” hatte. Ich glaube, sie musste nichts zahlen für diese Verschickungen.
    Ich kann mich erinnern, dass wir Mittags immer schlafen mussten in diesen Heimen. Es gab eine Aufsicht (auch abends) die aufgepasst hat, dass keiner das Bett verlässt und das alle ruhig sind.
    Ich durfte auch nicht zur Toilette und ich kann mich erinnern, dass ich einmal das Laken zur Seite geschoben habe, mich ganz an den Rand des Bettes gelegt habe und dann gepullert habe. Ich wollte nicht im Nassen liegen.
    Immer alles aufessen, daran kann ich mich auch erinnern.
    Mich würde interessieren ob man vielleicht jemanden finden kann, der auch 1965 (1966?)in Sankt Peter Ording war. Sehr gerne würde ich Kontakt aufnehmen. Ich bekomme sonst nirgendwo Informationen, meine Mutter weigert sich über Dinge zu sprechen die mich belasten und an denen sie evt. ihren Anteil beigetragen hat und mein Bruder ist mit 46 Jahren an Krebs verstorben. Das macht mich noch immer sehr traurig, wenn ich daran denke.

    1. Liebe Petra
      Deinen ergreifenden Beitrag finde ich jetzt erst, bei mir war die Webseite von einer Flut von 1900 Spam-Kommentaren geflutet worden, daher konnte ich wochenlang nicht auf die echten Kommentare zurückgreifen, das war keine Ignoranz oder böse Absicht. Ich lese wirklich alle Kommentare, aber kann leider nicht immer gleich antworten. Es lässt sich bestimmt jemand finden aus St. Peter-Ording, denn da gibt es eine eigene Heimortseite und ein ganzes Team. Falls du magst, kannst du dich gern dorthin wenden, und dort mal nachfragen, ich habe den Kontakt, glaube ich, jetzt eben schon geschickt, ganz ganz viel Erfolg! Auch kannst du dich an Stefan Müller wenden und dich selbst mit deinem Kontaktwunsch bei uns auf der Seite eintragen lassen. das wäre über die Seite erreichbar, Stefan: buko-orga-st@verschickungsheime.de

  258. Liebe Frau Röhl, supersuperherzlichen Dank für Ihre Arbeit! Ich selbst wurde auch bei einer Verschickung traumatisiert, ich kann mich aber nicht daran erinnern, was genau vorgefallen ist, da ich erst 3 Jahre alt war. Ich hatte eigentlich auch ein ziemlich normales Leben, nur ab und zu unterbrochen von schwersten Depressionen und der einen oder anderen Psychose. Mit Meditation und TaiChi (also Körperarbeit) gelang es mir, mich über die Jahre zu stabilisieren. Ich habe heute planet-wissen gesehen und war sehr sehr berührt. Nochmals Ihnen aufrichtigen Dank! Alles gute!!!

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