Boxhagener Platz
Der wichtigste Satz im DDR-68iger Film “Boxhagener Platz” ist der, dass die wahren Kommunisten unter Stalin verfolgt und umgebracht wurden, der Spitzbart schon mit den Nazis auf einer Tribünde gestanden habe, im Krieg dann im Moskau in Sicherheit war und all dies gefährlich sei, auszusprechen. Nun seien die wahren Kommunisten, raunt ein alter “Spartakist” dem ewig beobachtenden Enkel zu, vielleicht unter den Studenten von drüben zu finden.
Gut deutlich wird, wie die Zeit noch den Odem des Faschismus aus allen Löchern schwitzt, da 99 % der Menschen in Deutschland nach 45 eben leider nicht über Nacht von Kommunistenfressern zu Kommunistenfreunden mutiert sind, allenfalls haben die im Osten sich den Herrschenden zähneknirschend angepasst. Abgesehen von dem kleinen Häuflein überlebender KZ-Häftlinge, Exilanten, von Moskau unterstützter kommunistisch ausgebildeter Funktionäre und der kulturellen Elite Europas, die die Hoffnung auf eine emanzipative Literatur und Kunst im Rahmen der Erziehung eines “Neuen Menschen” im Sozialismus verwirklichen wollten, von denen hier aber leider nicht die Rede ist.
Bespitzelung, Gehorsamsforderungen, Zwanghaftigkeit in Staat und Verwaltung, in Schulen und Polizei werden geschildert und es wird klar, sie sind beibehalten und im Sinne des Stalinismus, später der Ulbricht-Ähra nutzbringend eingesetzt worden, dem Ruf des Sozialismus und Kommunismus sehr zum Schaden. Nur langsam wird dies von Nachfragen nach dem demokratischen, befreienden Wesen des Sozialismus/Kommunismus unterspült.
Man hätte aus der Idee einen guten Film machen können, aber das ist nicht gelungen. Der Spartakist hat zu wenig Tiefgang, die Großmutter ist gänzlich künstlich geraten in ihrer Männerverschleißrolle, der Enkel ist zu blass, zu passiv-naiv und zu gleichbleibend. Als es spannend zu werden droht, stirbt die Hauptperson und die Großmutter geht wieder auf den Friedhof, den nächsten Mann ausgucken.
Leider keine Aufarbeitung der 68-iger Geschichte in der DDR, da mit zu vielen Nebensächlichkeiten beschäftigt. Es reicht gerade für die schon sattsam bekannte, platte Kommunistenhatz a la: Der wahre Kommunismus ist mit Menschen nicht zu machen. Da wären wir mal wieder beim Hauptziel: Die jetztige Gesellschaftsordnung als die einzig wahre zu preisen, schade, Chance vertan.
es freut mich, eine solche Rezension zu lesen. Ich hatte eine ganz andere Vorstellung von Anja Roehl, aber der heutige Artikel in der JW machte mich eben ein bisschen neugierig
Was denn für eine Vorstellung? Jetzt bin ich aber neugierig, Anja