Hedda Gabler im DT – Rezension

16.5.13 /

Hedda Gabler in der Regie von Stefan Pucher, in der deutschen Textfassung von Peter Zadek.

Hedda leider etwas  zu modernistisch,  zu steif,  zu maniriert

Doch Margit Bendokat in einer Nebenrolle, die im Lehnstuhl sitzende Tante Juju spielend, schafft Großes: Als eine Vertreterin einengender, kleinkarierter Aufstiegswünsche von abstiegsgefährdeten Neureichenschafft sie eine feine ironische Subtilität, und hat dabei die Absurdität Ibsenscher Figuren wirklich erfasst.

Klassencharakter deutlich gemacht

Dabei bewegt sie sich kaum, spricht fast immer nur scharf lautierend, in prononcierter Aussprache ins Publikum und wirkt bewegungsmäßig starr. Doch sie spielt nur eine Nebenrolle im ganzen Drama. Alle Achtung. Sie versteht es wie Käthe Reichel und Carmen Maja-Antoni eine Figur dialektisch auszugestalten und damit, nach Brecht, ihren Klassencharakter deutlich zu machen.

Brav das Stück abspielen

Die anderen Spieler, die äußerlich, in Bühne und Kostümierung, durch die verschiedenen Jahrzehnte aus dem letzten Jahrhundert bis in unsere Zeit geführt werden, bleiben doch immer dieselben und leider auch etwas flach und zweidimensional. Sie spielen brav das Stück ab, aber der Bezug zu dem meisten, was heutzutage bewegt, fehlt.

Zu wenig subtil, nur gewollt

Hedda Gabler selbst ( Nina Hoss, sehr kalt) spielt die mehr als gelangweilte Ehrgeizomanin, die mangels eigener Sinnhaftigkeit, Spaß am Quälen bis zum Tod findet, zu echt, zu wenig ironisch, daher wenig subtil.  Ihr Mann ( Felix Goeser) reizt das zweitrangige Kind der Tante, der überall zu gefallen versucht, einfach zu sehr aus und die Nebenbuhlerin (Anita Vulesica) ist nichts als naiv und dumm, wie es die Rolle eben vorschreibt. Der aufmüpfige Schriftsteller (Alexander Khuon) ist als Cowboyheld sogar nur noch holzschnittartig skizziert.

Zuviel Flachheit hinter der Maske

Das Maskenhafte der Figuren hat Ibsen gewollt, die Flachheit hinter der Maske sicher nicht. Das Stück krankt leider an einer formalen Überfrachtung durch Bühne und Kostümierung, die beide mit großer Sorgfalt und großem Ideenreichtum angelegt sind. Ausgehend davon hätte das Stück dann lieber vielleicht  pantomimisch, dokumentarisch unterlegt, wie auch immer aufgeführt werden können, aber niemals in dieser konservativen, eindeutigen und eintönigen, schon immer erwarteten Art, ohne Aktualitätsbezug, wenn man vom Konkurrenzdruck auf Wissenschaftler einmal absieht, was aber nicht weiter vertieft und in keinem Punkt assoziativ ins Heute übertragen wurde.

Die Hauptperson blieb zu kühl

Das Schwierigste aber blieb, dass man der Hauptperson keinerlei Verzweiflung abnahm, das war alles kühl, blieb kühl und ließ die Zuschauer ebenfalls kühl. Die Langeweile übertrug sich aufs Publikum und man kämpfte sich durch das Stück hindurch, was weder mit Witz, noch mit Ironie, noch mit Doppeldeutigkeit, erst recht nicht mit Dialektik ausgestattet war. Dafür konnte man seine Augen an den interessanten Verkleidungen und Wandbeschaffenheiten laben, mal altbacken, Waldhausathmosphäre, mal modernistisch, an Prager U-Bahnhöfe erinnernd. Die tiefgründige Gesellschaftskritik des Ibsen, die er gerade an der Frauenrolle personifiziert festmacht, erschien einem dabei überholt bis verschlafen. Leider stimmt das nicht mit der Wirklichkeit überein, aber diesen Spagat schaffte das Stück nicht. Fazit: Die Bühne interessant, Margit Bendokat toll, aber sonst eher konventionelles Spiel mit wenig Nachwirkung.

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