Sommertheater in Rostock
Das Sommertheater in Rostock auf der Freiluftbühne im Klostergarten arbeitet mit einfachen Mitteln, mit wenig Spielern, mit aktuell verändertem Text, äußerst komödiantisch und witzig, zur größten Freude seiner Liebhaber. Der Erfolg der Aufführungen liegt in der Tatsache begründet, dass hier der echte, der einzig wahre, der alten „Onkel Shakespeare“ ernst genommen wird, ernst in seinem Witz und seinem Schalk und seiner Eulenspiegelei.
Shakespeare so bringen, wie er ursprünglich gemeint war, als einen Kritiker, als einen tiefen Menschenkenner und Psychologen, als einen Freund des einfachen Menschen, als einen Scharlatan, der die Machthaber mit Witz und Verve zu entlarven sucht, das ist eine Kunst, die diese kleine Truppe zur Freude ihres Publikums blendend beherrscht. Da Shakespeares Figuren sich meist schonungsloser Ehrlichkeit und Wahrhaftigkeit verpflichtet fühlen, vertragen sie keinen Tand, keine Aufgeblasenheit, kein Pathos. Auch singt der Dichter der Liebe ein Hohes Lied und die ist auch nur sehr selten pompös denkbar. So versteht sich die Compagnie de Comedie‘ aus Rostock, die in fast jedem Sommer in Rostock einen neuen Shakespeare auf die Bretter der hölzernen Bühne im alten Klostergarten bringt. Alles ist in Art einer Brechtsche Verknappung des Shakespearschen Ursprungswerkes konzipiert.
In diesem Sommer werden Romeo und Julia in einer wunderbar unsentimentalen Fassung gespielt, wie immer werden die dramatischen Zuspitzungen, die auf anderen Bühnen eher überhöht oder hochgesteigert gegeben werden, hier unerwartet abgeflacht, so dass das Ironisierende meist überwiegt und dazu unglaublich gute Schauspielende, denen die Freude am Spiel unglaublich echt anzumerken ist. Jedes Stück dort ist nicht nur eine große Freude, sondern auch eine Weiterbildung in moderner Dramatik im Sinne Brechts.
Auch die Aufführung: „Katharina“, die im letzten Jahr konzipiert wurde, wird noch gespielt und lohnt sehr. Eine Security-Truppe spielt das Stück als Spiel im Spiel, sehr passend, wirklich! Hier wird aus dem Werk „Der Widerspenstigen Zähmung“, nur die Figur und tragische Geschichte der Brechung des Willens der aufmüpfigen Katharina gezeigt. Wie sie am Ende an die Leiter gefesselt kreuz und quer über die Bühne gezerrt wird, das geht unter die Haut. Ebenso die Figur ihres Peinigers. Wie er sich die Tatoos „anzieht“, indem er sich bemalte Strümpfe über die Arme streift, ist zu komisch, danach wirkt er unglaublich echt. Man meint diesen köstlichen Macho noch in derselben Nacht auf der Straße zu treffen. Diesen besonderen Ausschnitt zu wählen, ist eine künstlerische Entscheidung, die reizvoll ist, sie steht sinnbildlich für die noch immer vorhandene Gewalt, Entwürdigung und Demütigung, die auch heute noch, besonders von starken Frauen erlebt werden kann. Es lohnt in jedem FLl die regnerisch-lauen Nächte im Klostergarten mit dieser starken Truppe zu verbringen. Dach über der Zuschauertribühne ist vorhanden, Bier und Wein im Pausenkiosk auch, Decken sind mitzubringen. Viel Spaß in Rostock!