Der Baader-Meinhof-Komplex Rezension

Die Personen sind so unglaubwürdig und flach gespielt, als hätten Abiturienten ein Thema zur Aufführung bekommen, mit dem sie nicht einverstanden waren.Viel Blut, wenig Wirkung. Artig werden die bekannten Stationen abgearbeitet, exakt entlang der von Aust gewälzten Ermittlungsakten, wie der Staatsschutz sich die RAF vorgestellt hat. Genauso lebendig wirken die Figuren. Keinerlei Innenschau. Keine Charaktere, nur Masken. Den Schauspielern merkt man in jeder Bewegung, in jedem Satz, in jedem Schweigen den Auftrag an.

Man merkt die Absicht und man ist verstimmt.

Die Verrücktheit, die man den Personen zuschreibt, wirkt künstlich, politische Aussagen gelingen nicht, wirken gewollt, völlig verflacht, unglaubwürdig, echte Betroffenheit ist weder geschildert, noch wird sie erreicht. Da hilft auch noch so viel Blut nicht, wo immer es in diesem Film fließt, es berührt nicht. Jedes Gefühl ist falsch, jedes Weinen wirkt albern, jeder Satz wirkt wie vorgesagt und nachgesprochen.Sie können es nicht spielen, weil sie es nicht nachfühlen können.  Und Nachfühlung soll vermieden werden. Dieses Stück hätte vielleicht von HartzIV-Empfängern aufgeführt werden sollen, die ihren eigenen Text dazu gesprochen hätten, dann hätte sich einem vielleicht etwas Wesentliches mitgeteilt.

Man sieht dort Moritz Bleibtreu

bleibtreu, gedeck

Man sieht dort nicht Ulrike Meinhof, Gudrun Ensslin, Andreas Baader, man sieht dort Moritz Bleibtreu, Johanna Bokalek, Martina Gedeck. Man sieht verkleidete Schauspieler, wie sie sich abmühen, einen Stoff hinzubekommen, den sie weder erlebt, noch begriffen haben, noch auch nur in Ansätzen nachvollziehen können. Gewollt war Abschreckung, Entmystifizierung. Doch wo man jemals eine wirklich abschreckende Wirkung erreichen wollte, stets gelang dieses Anliegen nur durch nachfühlende Darstellung. Nie hätten sich Macbeth, Jago und Richard III.  über die Jahrhunderte erhalten, wären sie nicht nachfühlend geschildert worden. Der Film hat sein eigenes Ziel verfehlt. Alles bleibt leer, emotionslos, langweilig.

Weder aus Sicht der Opfer noch aus Sicht der Täter

Der Film ist in Wahrheit weder aus dem Blickwinkel der Opfer, noch der Täter gemacht, er ist bemüht um eine bestimmte Wirkung und die tritt nicht ein. Es bleibt eine Verfilmung von Ermittlungsakten und daher trocken. Die zynischen Mundwinkel, die Martina Gedeck ihrer Person Ulrike Meinhof andichtet, sollen Abschreckung und Entmystifizierung bewirken, aber es schlägt nur negativ auf Martina Gedeck selbst zurück, was sie da spielt. Und so bleibt gottlob vom ganzen Film nur die Eingangszene übrig, die wirklich ihr Publikum erreicht. Die Szene des 2. Juni 1967, an dem Benno Ohnesorg durch die Kugel des Kurras starb.  Diese Szene, wo die Jubelperser über die Demonstranten herfallen und die Brutalität, mit der die Polizisten die am Boden liegenden treten, besticht tatsächlich durch gute Darstellung. Insofern versteht man, warum die Konservativen nicht zufrieden sind mit diesem Film, dafür ist die Eingangsszene zu gut, sie allein ist nachvollziehbar gespielt. Dumm gelaufen. Nicht sehenswert. Hoffnungslose Gewolltheit.

Ähnliche Beiträge

  • Vergissmeinnicht – Filmrezension

    Der Film eines Sohnes (David Sieveking) über seine an Alzheimer erkrankte Mutter ist besonders, nicht wegen der Schilderung der Alzheimer-Symptome, sondern von der Darstellung des familiär-schützenden Beziehungsgeflechts her, das hier indirekt immer mehr Präsenz der gezeigten Hauptperson aufschimmern lässt. Wir lernen sie kennen als schon sehr stark erkrankte Frau, die ihre Wohnung nicht mehr erkennt…

  • Und dann der Regen – Rezension

    Die spanische Regisseurin Iciar Bollain ist eine, deren Name man sich merken muss, ihre Filme sind von erstklassiger Qualität, ungeheurer Sensibilität und sozialpolitischer  Parteinahme für die Schwachen ganz und gar durchdrungen. Der Film „Öffne meine Augen“ von 2004 geht zB den Fragen nach, warum eine Frau mit einem Mann zusammen bleibt, der sie schlägt, warum sie ihn…

  • Lornas Schweigen Rezension

    Die Brüder Jean-Pierre und Luc Dardenne hatte ich mir immer ganz jung vorgestellt, wahrscheinlich weil ihre Filme so modern, so besonders, so sozialkritisch und so sehr der unmittelbaren Neuzeit verhaftet, ihre Protagonisten ausnahmslos ganz junge Menschen, ihre Probleme immer die Probleme der heutigen Jugend, ob in Arbeitslosigkeit, in Elendsvierteln, in Ghettos sind, dass man sich…

  • Boxhagener Platz

    Der wichtigste Satz im DDR-68iger Film „Boxhagener Platz“ ist der, dass die wahren Kommunisten unter Stalin verfolgt und umgebracht wurden, der Spitzbart schon mit den Nazis auf einer Tribünde gestanden habe, im Krieg dann im Moskau in Sicherheit war und all dies gefährlich sei, auszusprechen. Nun seien die wahren Kommunisten, raunt ein alter „Spartakist“ dem ewig beobachtenden Enkel zu, vielleicht…

  • Das Schwein von Gaza – Filmrezension

    Ein armer Fischer (einmalig gegeben von Sasson Gabai) scheint vom Pech verfolgt, sein Fang bringt nichts als Plastikschuhe, Flipflops, Müll hoch. Fische findet er nur Winzlinge, ganz im Gegensatz zu seinen Marktnachbarn, von denen je einer einen Riesenfisch, ein anderer einen Oktopus neben seinem Stück Zeitung ausbreitet, logisch kauft keiner die Makrelen des Fischers. Oben…

  • Ziemlich beste Freunde – Rezension

    `Ziemlich beste Freunde´ ist eine Filmkomödie der Regisseure Olivier Nakache und Eric Toledano mit Francois Cluzet und Omar Sy, die momentan in Paris Bestnoten einfährt.  Kunststück, der Film  ist ein Klassenversöhnlerfilm, denn der reiche Körperbehinderte freundet sich mit dem schroffen, schwarzen Proletarier der Pariser Banlieue an und beide lernen dabei fremde Welten kennen. Der,wie Millionen anderer Proletarier, seit Langem schon…

2 Kommentare

  1. „Politische Gefangene “ die Leute sind echt krank. Massenmörder wäre der richtige Ausdruck. Aber was schreibe ich hier, wird sowieso nicht freigeschaltet.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert