Don Juan kommt aus dem Krieg – Rezension

Bei Öden von Horwárth, einem Dichter des „Hin und Her“ unter der Nazizeit, war ich skeptisch, aber von Luc Bondy (Regie) hatte ich doch etwas erwartet, also ging ich hin.

Als ich später als erste das Theater verließ, begegnete mir, aus dem Parkett kommend, schnellen Schrittes Rolf Hochhuth. Ich fragte ihn, was er von der Inszenierung halte: „Sterbenslangweilig“, war sein Kommentar und wo sei denn hier in der Nähe ein Briefkasten? Ich musste lachen und fühlte mich gut, denn ich hatte es schon auf den Rangplatz zurückführen wollen, dass ich die ganze Zeit über Mühe hatte, gegen den Schlaf anzukämpfen.

Samuel Finzi ist ein guter Schauspieler

Schade, man hätte aus dem Stoff etwas machen können. Samuel Finzi ist ein guter Schauspieler, wirklich, was kann er nicht für Gesichter ziehen. Aber hier ist der Darsteller des Don Juan auch im Programmheft immer nur mit dem einen schmerzgequälten, selbstmitleidigen Gesicht zu sehen. Auch seine Gestik, sein Auf- und Abgang, seine Bewegungen, sie sind zu eintönig, zu gleichbleibend, zu starr.  Doch liegt es nicht an ihm, aus ihm hätte man unbedingt mehr herausholen können.  Es liegt an der Figur, sie ist so angelegt, eindimensional, ebenso wie das Stück.

Auf der Bühne wirkt es operettenhaft

Die Bühne ist meist ein dunkelvioletter Teppich, im Programmheft sehen die Zeichnungen dazu gut aus, melancholisch-düster, dem Stoff angemessen, gekonnt skizziert. Doch auf der Bühne wirkt es operettenhaft, ebenso wie die Kostümierung der Frauen, zu viel, zu blumig, zu schwülstig, auch dies ist zu eindimensional. Dagegen konnten die im dumpfigen Dämmerlicht liegenden Lazarettszenen nicht an, das gab kein Gegengewicht, auch nicht die rachsüchtige Großmutter im Zeitungsberg.

Politische Dimension fehlt

Manchmal erinnerte ich mich während dieses verunglückten Heimkehrerstücks aus dem ersten des großen Borchardt-Werks „Draußen vor der Tür“ aus dem zweiten Weltkrieg und es wurde mir ein großer Unterschied bewusst. Der lag in der politischen Dimension. Hier fehlte sie.

Frauen: gierig, klebrig, umschlingend

Die durch das Stück geisternden leichten Mädchen, Witwen, illusionslosen Schauspielerinnen, zusammen 35 Frauen,  sind in einer Welt übrig geblieben, die keine Männer mehr hat und angeblich auch nicht braucht, wie die Frauen zunächst finden. Doch dann stürzen sie sich allesamt gierig, klebrig, umschlingend, besitzergreifend und hemmungslos auf den armen, im grauen Militärmantel müde zurückgekehrten Heimkommenden, der den Krieg sogar verteidigt.  Er will die Frauen gar nicht, er will sie abschütteln, sie sind ihm lästig. Brieflich, pro forma trauert er der einen, die er zurückließ, hinterher, doch auch das bleibt falsch, flach, wie gespielt.

Nicht er, das wird klar, die Frauen reißen sich um ihn, da sie durch den Männermangel ausgehungert sind. Danach ist das Weinen groß, aber alles findet man nur albern. Kein Gefühl, das überzeugt, alles Plattitüde.

Bei den Nazibehörden um Anerkennung gebuhlt

Nichts wird im übrigen von der großen Land- und Menschenzerstörung gezeigt, einzig, dass man große Opfer gebracht hätte und nun alles nur schlechter geworden sei, wird einmal, wo Frauen in einer Warteschlange stehen, gesagt, das kann man auch anders auslegen. Selten merkt man einem Stück so sehr an, dass es bei den Nazibehörden nach 1933 noch um Anerkennung buhlte.

Nacktheit muss gezeigt werden

Deshalb müssen auch die Frauen enorm ausgeschmückt werden, Masken müssen her, Nacktheit muss gezeigt werden, kleine Mädchen müssen verführt, alte Frauen brüskiert werden und alle werden sexuell gebraucht, was nur auf sie selbst negativ zurückschlägt, nachher werden sie alle zu kriechenden, bettelnden, jammernden Lemuren, über die man bestenfalls lachen kann.

Er habe sich geärgert, nicht rausgehen zu können, sagt Hochhuth dazu, so ging es mir auch, schlechtes Stück, die Regie hat es nicht wesentlich verbessert.  Schade. Ich mag das BE sonst durchaus.

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