Endlich Frauengeschichten! Luise Pusch und Joey Horsley mit ihrem neuesten Buch “Frauengeschichten” Rezension
Luise Pusch kennen wir von “Wahnsinnsfrauen” und anderen klugen Büchern, die feministische Sprachforscherin hat sich verdient gemacht um die Infragestellung der männlich getönten Sprachgrammatik, mit der Frauen durch schlichte Nichtbenennung an den Rand gedrängt und vergessen werden. So verschwinden sie aus der Wahrnehmung, sogar aus ihrer eigenen und es erscheint schon als Einseitigkeit, wenn “man” sie einmal zufällig in irgendeinem verlorenen Wort explizit benennt. Luise Pusch hat immer wieder wie eine Löwin gekämpft, dass dieser Umstand wenigstens bewusst, wenn nicht verändert wird und zwar zugunsten der Frauen, die dadurch mehr Eigen- un Fremdwahrnehmung in der Öffentlichkeit, in der Sprache und im Denken erfahren.
Auch hat Luise Pusch unendlich viel dafür getan, dass den Menschen bewusst wurde, dass es neben Tausenden von berühmten Männern auch ebensoviele Frauen gab, die Besonderes geleistet haben. Seit Jahrzehnten gibt sie den “berühmten Frauenkalender” heraus. Nun hat sie ein neues Buch herausgebracht, dass sie, zusammen mit der Mitautorin Joey Horsley, gestern Abend (31.3.) im Frauencafe´endlich in Hamburg vorstellte: Frauengeschichten berühmter Frauen (Nicht nur Männer haben Frauengeschichten).
Dabei bringt sie auch Überraschugen ans Licht. Was war mit Erika Mann 1957 los? Hatte sie doch auch ein eigenes Leben, neben dem ihres Vaters? Die Autorinnen sind allesamt akribisch arbeitende Historikerinnen und haben die zusammengetragenen Fakten sehr bewegend und gut lesbar in einem unterhaltsamen Buch zusammengefasst. Beeindruckend die Geschichte einer in Männerkleidern durchkommenden Frau ( Catharina Margareta Linck), die 1721 auf dem Schafott ihr Ende fand, einzig für die Freveltat, dass sie mit einer Frau verheiratet war und sich als Mann verkleidet und ausgegeben hatte. Ihr damaliger Kommentar, als man sie verhaftete: Das machen doch viele. Bemerkenswert.
Interessant wurde von Joey Horsley bei der Lesung herausgearbeitet, wie es das Leben einer Frau enorm vereinfachte, als Mann herumzulaufen, so dass die Catharina es immer und immer wieder tat und es sicher stimmte, dass es viele andere frauen ebenso wie sie taten. Als Frau zu leben, wäre ihrer Meinung nach einer Versklavung gleichgekommen. Man sollte auch heute mal herumumfragen, welcher Mann gern als Frau geboren sein möchte? Es wird sich keine Mehrheit finden. Ganz im Gegenteil dazu aber, wird für die entsprechende Gegenfrage unter Frauen sicher eine Mehrheit zusammenkommen, auch heute noch, selbst hier bei uns. Es gibt also noch viel zu tun, nicht nur die quotierte Doppelspitze bei den Linken durchzusetzen!
Frauengeschichten waren immer auch politische Geschichten, der Kampf um ihre Emanzipation durchzieht alle gesammelten Biografien. nebenbei wird deutlich, wie groß und vielfältig die Freundschaftsfähigkeit der Frauen ist: “Wenn´s überhaupt angeht, die verschiedenen Stadien der liebenden Verhältnisse und die Kategorien von Freundschaft und Liebe einzuteilen” (Mathilda Franziska Anneke, 1817-1884).
Isofern ist diesmal das Buch nicht mehr auf Frauenpaare (Berühmte Frauenpaare, 2005, diesselben Herausgeberinnen) festgelegt, in diesem Fortsetzungsbuch von 2005 habe man den starren Rahmen der Paarbeziehungen verlassen und daher den Begriff ” Frauengeschichten” gewählt, da er doppeldeutiger und spannender ist. “I love you and other people”, sagte zB die berühmte Forscherin Margret Mead, deren Leben und enormen Verdienste um die Wissenschaft aus Frauensicht hier nochmal in Erinnerung gerufen werden.
Ein lohnenswertes Buch, das fanden auch die anderen Frauen, die im kleinen Hamburger Frauencafe´ Endlich zusammengekommen waren und bis an die Tür in dicken Trauben zusammengeballt saßen. Standing ovations für Luise Pusch und Joey Horsley. Weiter so! Wir brauchen noch viele Frauen, die Frauenforschung betreiben. Immerhin hört man erst in den letzten Jahren auch mal etwas von Clara Schumann im Radio, viele berühmte Frauen sind nur durch die Arbeit von Frauen wie Luise Pusch aus dem Dornröschenschlaf der Geschichte gerissen worden. Junge Frauen sind immer gefragt, weitere Frauen aus der Geschichte zu erforschen. Garantiert nicht langweilig!
Ja, es war ein wunderbarer Abend im Café endlich! Danke für diese freundliche Rezension und Dank an alle, die den Abend ermöglicht haben – allen voran Karin und Linda vom Café endlich.
Hier gibt es Ingrid R. Olufs’ schöne Fotos zu sehen – von Birgit Kiupel, unserer Mitautorin, die den Abend gewohnt spritzig und souverän moderiert hat, sowie von Joey, mir und dem liebenswürdigen Publikum: http://www.endlich.fw-hh.de/Pusch-Horsley/index.html.
Danke an Anja Röhl für diese wunderbare Rezension, denn genau die feministische Aufarbeitung von Historikerinnen , das Sichtbarmachen und das heutige Wissen um die Frauen-Historie , das Aufzeigen all der gesellschaftl. Unterdrückungsmechanismen , die FrauenWirken und die Stärken der Frauen fast unsichtbar gemacht haben, durch die unermüdliche Arbeit von Feministinnen ( auch was die berechtigte Kritik an der deutschen Sprache als Männersprache betrifft ) sind für Frauen bestärkend – als Frau geboren zu werden, sollten wir mit Stolz annehmen – genau das macht die Frauenbewegung aus. Eine Aufgabe, die noch viel feminist. Engagement , Aufklärung und Durchhaltevermögen bedarf..