Le havre von Aki Kaurismäki – Filmrezension

In: Ossietzky 20

Dieser Film widmet sich dem unsichtbaren Widerstand im Alltag, den eine entrechtete Gruppe für eine andere leistet, sie spielt in Frankreich, dem Land, in der das Volk durch die Französische Revolution gelernt hat, dass die Menschen ein Recht auf Widerstand gegen die Obrigkeit haben, versteckt oder offen, je nach Stärke der Bewegung, je nach Situation. Er lebt durch die Gesichter, die bei Kaurismäki nie normiert sind, immer gezeichnet, immer außergewöhnlich und doch typisch, aber nicht für die Oberschicht, die sonst die Masse der Schauspieler stellt, sondern für die Unterschichten, denen man ihr Leben ansieht, ebenso ihre Armut, die Dürftigkeit ihrer Ernährung, die wenige frische Luft, das fehlende Licht, den Alkohol- und Zigarrettengenuss. Und  da diese Menschen in der Regel einen anderen Code als den elaborierten der Ober-und Mittelschichten sprechen, nämlich sich einer Sprache mit wenigen Andeutungen bedienen, mit wenig Erklärungen auskommen, „nicht viel Gerede machen“, wie der Volksmund sagt, so  lebt der Film außerdem von seinen Handlungen. Gleichzeitig ist es ein Märchen, ein Märchen der Solidarität, ein Bild, wie unsere Gesellschaft aussehen könnte, wenn sie sich nicht spalten ließe in weiße und schwarze Proletarier, „arbeitswillige“ und „arbeitsscheue“ Mitbürger, in solche, die sich der Obrigkeit andienen und solche, die sich „in front of“  stellen.  Die Handlung in Kürze: Ein kleiner schwarzer Junge entkommt einer „Festsetzung“ von in einem Lastwagencontainer versteckt reisenden Menschen, nun wird er mit großem Polizeiaufgebot gesucht. Doch er will nur zu seiner Mutter, hat keine Waffen dabei und ist nur hungrig. Die Übermacht der Staatsapparate, ihre Menschenfeindlichkeit, ihre Institutionen, ihre Handlungen werden schonungslos an Originalschauplätzen vorgeführt, die ganze Absurdität wird sichtbar. Der Junge läuft dem Schuhputzerchlochard zu, der selbst jemandem zugelaufen ist, einer einsamen Frau, die ihn „versorgt, weil er sonst wie ein Kind wäre“, dieser hilft ihm auf mutige und eindrucksvolle Weise, das ganze Viertel beteiligt sich. Die Hilfsaktion ist unspektakulär, einfach und gewitzt.

Niemand teilt die Auffassung, dass ein Kind einzuknasten sei und mittels Polizeiüberfallskommandos gefangen gehört.   Einen Verräter gibt es auch, einen zuückgezogenen Mann, der mit Fernrohr in seiner Wohnung sitzt und Leute ausspioniert, doch das Viertel ist stärker.

Der Film ist eine Ode an die kleinen Leute in den noch kleineren Gassen, sie leben zurückgezogen wie die Maulwürfe, aber haben auch wie sie, ein scheinbar unterirdisches Netz der Hilfeleistung.

Wenn internationale Filmemacher Partei nehmen für Erniedrigte und Beleidigte, dann kann es Kourismäki auf die Leinwand bringen, großartiges Kino, dass es gerade solch einen Erfolg feiert, zeigt die wahre Sehnsucht der Menschen, die sich nicht auf Geld und die Finanzmärkte beziehen, sondern auf andere Werte.

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