Lisa Politt & Gunter Schmidt im Polittbüro in Hamburg – Kabarett – Rezension
jw / Feuilleton / 4.4.13
Ab und zu treten Lisa Politt und Gunter Schmidt auch mal wieder in alter Manier auf, als Herrchens Frauchen, ihrem in den 1980er Jahren formierten Kabarett-Duo.
Das sind dann die großen Highlights im Hamburger Polittbüro zu Weihnachten und zu Ostern. So auch dieses Jahr, als die beiden österliches Familienleben präsentierten: »Putz die Nase, zieh nicht immer hoch, geh endlich zum Friseur, stör nicht hier rum…«, bzw. »Was du nicht ändern kannst, das nimm endlich hin!« lauten die Worte an die Jugend. Ja, so eine Familienstimmung kann nett sein. Nacheinander trat Lisa Politt nun in ihrer unverwechselbar monologisierenden, leicht ermahnenden Art vor das Publikum und wurde um so ernster, je mehr sie amüsierte. Gunter Schmidt virutos an Piano, Schifferklavier und Orgel. Er sang das Lied vom sterbenden Pferd von Brecht so getragen, wie ich es lange nicht mehr hörte. Politt spielt zunächst die schöne Frau, (»Rat an die Frauen: Sei einfach jung und schön!«), dann den »Chef«, der arbeiten gehen dämlich findet (»Ich kauf mir Häuser, weil ich Chef bin, wieso sind Sie nicht Chef? Warum tun Sie sich das an?«), um schließlich zu bekennen: »Im Grunde meines Herzens bin ich Putzfrau« – in Rap.
Niedrig gilt das Geld auf dieser Erde
Überhaupt war es wieder sehr abwechslungsreich: Es gab einfache Sprechmonologe, wütende Deklamationen, viele Lieder, selbstgedichtet oder von Kästner, Kreisler und Brecht (wunderschön war das von Politt gesungene »Niedrig gilt das Geld auf dieser Erde«). Kapitalisten wurden bemitleidet, wie der kürzlich gestorbene Aldi-Erbe oder Frau Schickedanz. Das Mitleid trieb Lisa Politt fast Tränen in die Augen, weil doch diese Dame nun »alles«, ganz Quelle und auch noch ihr Geld, verloren hatte, so daß sie nun den ellenlangen Weg von ihrem Haustor bis zu ihrer Haustür ganz allein gehen muß (»Und das ist ein Weg!«)
Die Großen lächerlich
Wenig Bemerkungen, sparsamste Musik, großer Ernst im Witz – und wenn man nach der Vorstellung auf die Straße tritt, dann wirken die Großen und Mächtigen auf wundersame Weise nur noch lächerlich und klein. Wie geht moderne Isolation? »Koch-, Koch-, Koch-, Ei-pot«. Gesenkten Hauptes sitzen die Jugendlichen beisammen und tippen in ihre elektronischen Geräte, um sich zu trainieren für künftige Kriege, wo sie Drohnen zu bedienen haben werden. Ach nein, das letztere hörte ich auf einem Friedensfest-Vortrag, wozu sich eine »Anti-Drohnen-Arbeitsgruppe« gegründet hatte, das war auch an diesem Wochenende, aber das paßte bestens zueinander.
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