Man sieht keine Menschen mehr

FukoshimareaktorMan sieht keine Menschen mehr, man hört noch manchmal dies und das, wie etwa, dass die vorrübergehende Kernschmelze „sicher“ in den Griff zu bekommen sei, dies aber dauern würde und jüngst wurde auch von 30.000 Toten gesprochen. Doch man sieht keine Bilder mehr. Man sieht einfach keine Bilder mehr. Nicht aus den entsprechenden Gebieten, keine Häuser, keine Rettunsgmannschaften, keine Menschen mehr, was ist los?

Es scheint mir eine der unsichtbaren Wirkungen der Todesstrahlen zu sein, die dort unten, bei hellem Sonnenschein alle Kameramänner vertrieben hat, auch könnte Zensur mitspielen, Infosperre, Ende, nichts geht mehr, aber wer wagt sich, außer Selbstmördern, auch noch dorthin? Unklar ist mir auch, mit welchen Menschen dort die Arbeiten an den schmelzenden Reaktorkernen stattfinden. Angeblich mit welchen, die man „austauscht“, aber wohin? Die russischen Liquidatoren konnte man nach 12 Stunden 3000 km weiter weg fliegen, sie sind trotzdem gestorben, meist qualvoll, aber wohin mit den japanischen Liquidatoren? Mir schwindelt, so wird es also sein, falls sowas mal hier passiert, die übrige Welt wird sich, nach einiger Zeit hilflosen Bedauerns, schon rein aus Selbstschutz wieder mit anderen Dingen beschäftigen.

Meine Fähigkeit mich mit anderen Dingen zu beschäftigen hält sich momentan in Grenzen, nicht nur, weil mich die Sache schon krank an Hals und Bronchen gemacht hat, sondern auch, weil ich die Gedanken an die Menschen dort unten einfach nicht los werden kann, es gelingt mir nicht, ich sehe sie Tag und Nacht vor mir, sie bevölkern meine Träume, wie auch meine Wohnung.

Zusammen mit ihnen sehe ich die Reihe unserer Nachkommen bis ins Fünfte oder zehnte Glied, sie sind alle schon erwachsen und wie auf einer langen Straße, stehen sie nur stumm da und schauen mich an und das alles zusammen lastet auf mir wie ein Felsblock. Doch kann ich auch nicht darüber weinen, da es keinen Trost gibt. Und die ungeweinten Tränen quälen mich nun und formen sich in mir zu einem harten Brocken voller Wut um. Wut auf die Profitwirtschaft, die wir seit über 40 Jahren, die ich schon am Protest beteiligt bin, nicht geschafft haben, auch nur in den Grundfesten ein wenig zu erschüttern, obgleich doch jeder weiß, wie viele Verbrechen in ihrem Namen jeden Tag passieren. Wut auf die Verantwortlichen, die trotz Tschernobyl und Kinderkrebsstudie immer noch von Sicherheit faselten und unseren Protest mürbe kochten, die immer noch von natürlicher Strahlung zu reden wagen und sie mit der künstlichen vergleichen, die doch aus strahlenden Kleinteilchen besteht, die das Kind mit Calcium und Wasser verwechselnd aufnimmt und die dann deren Knochen und Blut millimetergenau bestrahlen, dort Krebs und Immunschwächen auslösen, die das Kind als sein persönliches Schicksal nehmen wird.

Aus dieser Wut speist sich unsere Kraft zum Protest und Widerstand. Das ist wichtig, denn das hilft den Menschen in Fukoshima, da sie merken, wir haben sie nicht vergessen. Und dass wir das nie tun werden, über Jahrhunderte nicht, das sagt dieser Protest auch, denn wir wollen dafür sorgen, dass sich das nie mehr wiederholen darf und dafür unseren Kindern und Nachkommen Vorbilder sein.

Heute hieß es, die Menschen kehrten trotz Strahlung in ihre Wohngebiete zurück, ich sehe sie in langen schweigenden Reihen ziehen, die Köpfe vor Trauer gesenkt, man bekommt ja keine Bilder mehr, also entstehen diese in meinem Kopf, lieber wollen sie, da sie so und so sterben müssen, da sterben, wo sie es sich noch ein letztes Mal, falls noch was steht, oder sie was hervorfischen können, gemütlich machen können, wo sie wenigstens eine warme Decke, ein Federbett, eine Jacke gegen die Kälte haben und finden könnten, als elendiglich in den Lagern auf Plastikplanen auszuharren.

Ich weiß nicht, wie es andern geht, ich vermute mal, ähnlich traurig wie mir, es fällt mir auch schwer zu arbeiten wie gewohnt, damals zur Zeit von Tschernobyl fiel es mir so unsagbar schwer, noch mit meinen Kindern schöne Bücher zu lesen, mit ihnen zu lachen, ein schönes Essen zu genießen, ich spürte mich kaum noch, hatte weder Hunger noch Durst, sah nur die Kinder vor mir dort, wie man sie spätere Jahrzehnte dann ewig auf Bildern und Fotos sah, ohne Haare, an Tröpfen, in Kliniken, die ihr zweites Zuhause wurden. Und doch habe ich mit meinen Kindern gelacht und schöne Bücher gelesen, denn sie brauchten das und ich war es ihnen schuldig und habe es gern für sie getan, aber auch für mich, denn es gab mir Kraft mit ihnen trotzdem noch zu lachen.

Heute wird mir erschreckend klar: Wir haben unser damaliges Ziel nicht erreicht, später haben wir es sogar ein wenig aus den Augen verloren, wir wollten es doch geschafft haben, die Abschaltung und Abschaffung, aber irgendwann hatte uns der Alltag wieder, doch ich hoffe, die AntiAtom-Bewegung ist auch durch uns mit ein wenig stärker und größer geworden, es geht eben manchmal nur in Halb-Jahrhundertschritten voran, und dann geht es plötzlich auch mal schnell, sich überschlagend, in Sprüngen und Jahrhunderte überspringend voran, man weiß nie, in welcher Zeit man gerade ist und ich finde immer, jeder kann das auch mit entscheiden, wie schnell etwas voran oder eben nicht voran geht.

Heute sollten wir uns sagen, auf, treiben wir das Rad der Geschichte an, dann wird es schneller voran gehen, mit weniger Opfern, das haben einzig wir in der Hand.  Du und ich, wir alle, wir haben es in der Hand in welche Richtung es weiter geht. Vertrauen wir auf „die da oben“, lassen wir uns fallen in die gewohnte obrigkeitshörige Starre, Profit vor Menschenleben, oder beginnen wir selber nachzudenken, zu zweifeln an dem, was man uns auftischt, machen wir uns selbst Gedanken, selbst Vorschläge, verweigern wir uns, zum Beispiel den Stromerzeugern?

Glauben wir an unsere Kraft! Das allein schon wird uns Flügel verleihen. Lasst uns eine große Bewegung anschieben, die nicht eher ruht, bis Gerechtigkeit einzieht und menschenfeindliche Todestechniken noch auf friedliche Weise abgeschafft werden können. Verpassen wir diesen Zeitpunkt, so weissagte uns einst Robert Jungk in „Der Atomstaat“, dann werden wir bald in einer weltweiten Atom-Diktatur leben. Versuchen wird dem vorzubeugen, es ist fünf vor zwölf!  

Deshalb: Tägliche Mahnwache Bundeskanzleramt 18-19 Uhr, Trauerbekundung für die Fukoshima-Opfer und Forderung nach sofortiger Abschaltung aller Atomanlagen, einschließlich der Forschungsreaktoren, wie etwa den in Berlin Wannsee, dem höhere Emissionen als jedem Atomkraftwerk erlaubt sind, obgleich sein Dach seit 30 Jahren nur gegen Schneelasten ausgelegt ist.

Deshalb:  “Die In” / Flash mob – Aktion am 12.4. 18.30 – 18.33 Uhr
http://www.youtube.com/watch?v=QxXh0yURd3Q

Unabhängige Informationen: http://www.greenpeace.de/themen/atomkraft/nachrichten/artikel/greenpeace_verseuchung_erfordert_weitere_evakuierungen/

Ein Gedanke zu “Man sieht keine Menschen mehr

  1. das ist Plan durch HAARP, der Bilderberger, mit Henry Kissinger und Roggefeller,
    sowie Monsanto und den Trilateralen die Weltbevölkerung auf 20 %
    zu reduzieren. Erst New Orlins, Thailand,Haiti, Japan, wo wird das nächste
    stattfinden?

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