Almanya – Berlinale Rezension

Großes Lob an die beiden Enkellinnen Samdereli, die einen Teil der deutschen Geschichte gestaltet haben, die in Deutschland heute unsere Politiker so gern vergessen möchten, unsere „Gastarbeitergeschichte“. Deutschland hat gerufen und sie sind gekommen, nicht Ausländer, sondern Menschen, nach dem berühmten Zitat von Max Frisch, das im Abspann des Films eingeblendet wird. Ein wunderschöner Film,…

Die Vaterlosen – Berlinale-Rezension

Marie Kreutzers Geschwisterdrama „Die Vaterlosen“ feiert am 13.2.11. in der Panorama-Reihe der 61. Berlinale (10. bis 20. Februar) seine Uraufführung. Das Spielfilmdebüt der Grazerin hat viele schöne Bilder und gestaltet Probleme, die zwischen Kindern und Eltern manchmal entstehen können. Als „vaterlos“ wird in Mitscherlichs Buch „Die Unfähigkeit zu trauern“ die Generation aus den 40er Jahren bezeichnet, die in…

Tomboy – Berlinale – Rezension

Kein Western – Ein anderer Eröffnungsfilm –  Tomboy: Da ich auf Western keine Lust habe, auf John Wayne schon gar nicht, habe ich mir den Kindereröffnungsfilm ausgesucht, Tomboy, ein Mädchen gibt sich als Junge aus. Aus dem finsteren, schon schlafen gegangenen Neukölln per U-Bahn anreisend, blenden mich Kosmetikreklamen, als ich mit dem Fahrstuhl vom Bahnsteig…

Verrücktes Blut im Ballhaus Naunynstraße – Rezension

Postmigranten im Theater haben jüngst eine Antwort auf die Sarrazin-Thesen gegeben, allerdings nicht ethnisch sondern sozial  (im Programmheft durch Schiller-, Marx- und Gramscizitate untermauert).  Sie haben dabei etwas Erstaunliches geschafft:  Die sozialen Probleme in ihrer eigenen postmigrantischen Gesellschaft extrem scharf zu skizzieren und dann die Bühne zu einem überraschenden Ort des sozialen Wandels zu machen….

Ballhaus Naunynstraße Festival – Rezension

Kulturelle Bildung in der Naunynstraße ist die Selbstermächtigung der Ausgegrenzten! Es gibt verschiedene Möglichkeiten auf soziale Ausgrenzung zu reagieren, man kann sich einen Panzer anschaffen und in der Gegend herumballern, man kann traurig werden, oder man kann ins Ballhaus Naunynstraße gehen und dort zum Theaterregisseur werden. Ayhan Sönmez, wählte in seinem Stück „Tag für Tag“, wo…

Freischuss in Neukölln – Rezension

31.1.11 / jw Feuilleton Das Stück »Der Freischuß«, das gegenwärtig in der Neuköllner Oper in Berlin gegeben wird, ist angelehnt an die bekannteste Oper von Carl Maria von Weber, »Der Freischütz« von Anfang des 19. Jahrhunderts. Geht es bei Weber um einen »Probeschuss«, mit dem sich ein beim Schützenfest Gedemütigter bewähren soll und hiervor große…

Julius und die Geister im Grips – Rezension

28.1.11/ jw-Feuilleton Auf der abgedunkelten Bühne im Berliner Grips-Theater steht ein hellblaues Rondell mit Bett, Schrank und Nachttisch, ein Kinderzimmer. Links daneben Thomas Keller am Akkordeon und Bettina Koch am Piano, sichtbar. Ein Erwachsener tritt langsam an das noch dunkle Bett heran. Das Licht geht an und es beginnt eine packende Vorführung kindlichen Rollenspiels mit…

Die Weber am DT – Rezension

Im DT wird seit 20.1. 11 „Die Weber“ in der Regie von Michael Thalheimer aufgeführt, wird der beschwerlich zu verstehende Dialekt des alten Naturalisten aus seiner Frühzeit, heute, in einer Großstadt, noch ankommen? So hätte man vor 20 Jahren  gesagt und nirgends wäre dieses düstere Stück mit seinen Elendsgemälden gespielt worden. Hier nun aber staunt man,…

Nur ein Schritt bis zur Grenze – Theater im Bus – Rezension

Ich habe schon Theaterbühnen sich verkleinern sehen bis zur Hinterhof-Wohngemeinschaft, in einem Bus sah ich es noch nie. Der Bus heißt „Utopia“ , wurde vom Hamburger jungen Schauspielhaus umgebaut und soll deutlich machen, dass die Zeit der Utopien, Ideen und Träume nach Gerechtigkeit keineswegs im Meer der Konsumvernebelungen versunken sind.  Ein Bus, mit dem Schüler…

„Funk is not dead“ im Ballhaus Naunynstraße – Rezension – Theater der zweiten und dritten Generation Deutschländer

jw 15.1.11/Feuilleton Deutschländer nennt man in der Türkei jene, die durch einen langen Aufenthalt in Deutschland die Sprache, die Gewohnheiten, die Eigenarten und Bewegungen ihres Gastlandes so stark übernommen haben, daß sie in der Türkei wie Ausländer wirken. Was nichts daran ändert, daß dieselben Personen bei uns, trotz aller Angepaßtheit, immer noch als Ausländer gelten….