Theater auf Hallig Hooge
Wer hätte das gedacht, dass es ein Theater auf Hallig Hooge gibt? Und dieses Theater auch noch genau an dem Tag spielt, wo ich dort mit meiner besten Freundin aus Kindergartenzeiten eine kleine Nostalgiereise hin mache.
Aber zunächst: Was ist Hallig Hogge?
Keine „Insel“ im Wattenmeer, sondern ein Stückchen Land, was oft mehrmals im Monat total überspült wird und nur die Häuser schauen raus. Eine Ansammlung von Warften im nordfriesischem Meer (aufgeschüttete Hügel, auf denen Häuseransammlungen stehen) die bei Ebbe und schönem Wetter durch einen grasbewachsenen Wattboden miteinander verbunden sind, auf dem friedlich Kühe grasen. Kleine Straßen ziehen dort von Warft zu Warft und der Wattgrasboden ist von malerisch schön geschwungenen Prilen durchzogen. Kaum gibt es einen kleinen Sturm und das Wasser überwindet den kleinen Deich rund um die Hallig, so läuft diese wie eine Suppenschüssel voll mit Wasser, und die Häuser stehen scheinbar allein im tosenden Meer, die Straßen und der Grasboden stehen „Land unter“. Das ist für die Halligbewohner ganz normal, jeder hat hier seine Gummihose mit Stiefeln dran im Haus, sie finden sich auch mittels Stöcken in der mit Wasser vollgelaufenden Suppenschüssel zurecht, für die Gäste ein interessanter Gänsehautkick. Gäste gibt es hier reichlich, in diesem, wie ein kleiner Irlandsplitter aussehenden grünen Flecken, wo die Bauernhöfe mit ihren Kühen, Schafen, Pferden, Kleintieren und Federvieh und dem einen Kutschwagen, wie vor 100 Jahren anmuten. Die Gastfreundschaft ist groß, das Erlebnis „Land unter“, worauf alle Gäste heimlich lauern, kommt nicht immer passend zum eigenen Aufenthalt. Wir zum Beispiel hatten es nicht, wir durchwanderten die grüne Flur von rechts nach links und rundherum, besuchten alle Warften, schossen Fotos von grasenden Rindern und bewunderten die glitzernden Himmelsspiegelungen in den malerischen Prilen. Abends saßen wir im „Friesenpesel“, tagsüber besuchten wir die Halligmuseen, und die kleine Schifferkirche, oftmals rutschte uns das verbotene Wort „Insel“ heraus, das wird hier streng gerügt, denn eine Insel hat nie „Land unter“, sondern ist ein festes, niemals überflutetes Stück Land, von dem man nicht alle paar Wochen innerhalb von wenigen Stunden sämtliche Tiere, Autos, Geräte auf die Warft hochholen muss, damit sie nicht ertrinken oder von den Fluten zerdonnert werden.
Neuerdings freuen sich die überaus tapferen Halligbewohner, wie wir fanden, als wir alles über sie gelesen hatten, über Zuwachs (zwei Frauen sind schwanger), im Kindergarten sind grade nur noch zwei Kinder, die freuen sich auch, in die Schulwarft gehen 8 Kinder, das ist eine tolle kleine Lerngruppe, da kann es zu optimaler Förderung aller Talente kommen, und das kulturelle Leben blüht offenbar auch. Es gibt u.a. eine Theatergruppe für die Inselbewohner. Da muss u.U. schon mal der Theaterbeginn um 30 Minuten verschoben werden, weil erst noch ein Kalb auf die Welt geholt werden muss, da muss, auch wegen des Wassers, immer eingeplant werden, dass es so, aber auch anders kommen kann.
Als wir auf der Hallig zu Gast waren, gab es das plattdeutsche Theaterstück der Schweizer Erfolgsautorin: …. Zum goldenen Uhu, (tu´n güllen Uhu), das an der Rezeption eines Hotels spielt, die Gäste und Gastgeber köstlich auf die Schippe nimmt, und einen kleinen Krimi präsentiert. Die Zuschauer bogen sich vor Lachen und ich verstand tatsächlich jedes Wort, es war nur nötig, sich, wie auf eine Geheimsprache, auf den Code des Plattdeutschen einzulassen. Was mir sehr dabei gefiel, war das völlige Vermeiden jeglicher formalen Aufgeblasenheit, wie man sie an den großen Theatern oft vorfindet, und was sich dort oft als große Kunst ausgibt, manieriert und gekünstelt. Das Gegenteil hier. Unsere Pensionswirtin, die grade noch die Hunde spazieren führte, spielte auch mit, eine Frau, mit der wir noch grade vor ihrem Haus geplaudert hatten, sahen wir auch später unter den Spielerinnen.
De Hooger Speeldeel
Bereits 1912 wurde nachweislich (Niederschrift einer Versammlung) die Hooger Speeldeel erwähnt. Seitdem erfreuen sich die Halligbewohner am Theaterspiel, sowohl als Zuschauer, als auch als Mitspieler. Regelmäßig spielen ca. 10 Halligbewohner mit, dass sind ca 10 % aller Bewohner auf hallig Hooge. Man versuche das mal auf dem Festland zu erreichen!
Das Stück war eine Komödie um ein Hotel, dass Vicki Baum alle Ehre gemacht hätte. Die Autorin ist eine Österreicherische Vielschreiberin, auf ihrer Webseite finden sich zahllose Komödien für kleinere und größere Bühnen. Ohne Probleme hat sie selbst das Stück vom Österreichischen ins Plattdeutsche übersetzen lassen, was die Muttersprache der Halligbewohner zu sein scheint. Sie spielten es jedenfalls so überzeugend, dass es eine Freude war. Das Beste: Es wurde so lebendig gespielt, dass man auch als Nicht-Muttersprachlerin alles verstehen konnte. Es ging um ein Hotel, in dessen Foyer sich die seltsamsten Menschen treffen, Titel des Stücks: Tüm güllen Uhu, übersetzt: Zum goldenen Uhu, dem Namen des Hotels. Es gab einige lustige Verwechslungsspiele, einen Mord, den die Mörderin so freimütig zugab, dass ihr keiner glauben mochte, einer Agentin, die als hysterische Diva daher kam und einigen anderen komischen Figuren. Glänzende Dialoge, Spannungsbogen gut gehalten, tolles Stück, brechend voller Saal, standing ovations auf der Hanswarft auf Hallig Hooge. Von der Nachbarhallig Langeness waren an dem Tag auch Besucherinnen rübergekommen. Mit dem Schiff natürlich, sie mussten noch zurück, das schönste war zu sehen, was für eine große tolle Familie die Halligbewohner darstellen, die kurze Zeit später mal wieder Land unter hatten, wo sie dann jede Familie nur noch allein auf ihren Warften sitzen und rundum nur noch das Meer an die Zäune schwappt. Einer spielte einen Selbstmörder, der koordiniert die Spielenden des Theaters, Regie führen sie alle zusammen, und senden an alle Leserinnen und Leser „Liebe Grüße zum Festland“, Vorbestellungen für die kommende Spielzeit einfach via facebook oder über Erco (Lars Jacobsen), auf der Hanswarft 19 c, in 25859 Hallig Hooge, Tel. 0 48 49 – 2 98, E-Mail: e.jacobsen@lammliebe.de, Internet: www.lammliebe.de, Facebook: www.facebook.com/lammliebe
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