Maria Flint, Die Geschichte einer Kindsmörderin in Stralsund – Rezension

Maria Flint, die ungewollt von einem schwedischen Offizier schwanger wird, tötet aus Verzweiflung ihr Neugeborenes. Um Maria Flint der Strafe zu entziehen, entführten schwedische Offiziere Maria. Doch diese kehrt voll Reue zurück, um sich dem Stralsunder Gericht zu stellen.

Wer die Schauspielerin der Maria aus dem täglichen Behindertentreff  “Bleicheneck” kennt, staunt, wenn er sie als Maria Flint auf der Bühne wiedersieht:  Die sonst eher burschikose Frau, die oft rauchend und flachsend vor dem Tor des Speichers, dem Jugendkunsthof und Mehrgenerationenhaus in Stralsund zu sehen ist, schafft es, in ihrer Rolle der Maria Verzweiflung und Not, Schuld und Sühne in vollendeter Körpersprache zum Ausdruck zu bringen. Da sieht man plötzlich ein zartes, junges Mädchen, das herumgeworfen und herumgestoßen wird, dass sich nach Liebe sehnt und enttäuscht wird, scheitert und am Ende auf dem Boden liegt. All das. Nur eine  kleine regionale Geschichte um ein ausgenutztes Mädchen und doch Spuren großer Weltliteratur: Maria Flint ist hier als eine Schwester von Goethes Gretchen konzipiert, als Geschichte des immer gleichen Ringens um Recht und Gerechtigkeit. Die Ausgeliefertheit ist es, die die tagsüber in einer Behindertenwerkstatt arbeitende Frau so perfekt gestalten kann, dass es einem gar nicht mehr aus dem Kopf gehen will. Ebenso wie ihre männlichen Freunde aus dem Bleicheneck Gewalt, Verachtung,  Spott und Demütigung darstellen können.

In der Werkstatt, wo die Schauspieler tagsüber arbeiten, sitzen die Betreuer nicht mit ihnen beim Mittagessen  zusammen, sie sitzen an getrennten Tischen, die Behinderten zusammen, die Betreuer am oberen Ende.

In dieser Produktion werden „Die Eckigen“ von überdimensionierten Großpuppen der Birgit Schuster und des Uwe Albrecht unterstützt.  Sehr besondere Musik macht dazu der Percussionist Wieland Möller. Alltagsgerassel, feine Töne, große Bandbreite von Ausdruck, ein gelungener Abend

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